Wallstein, März 2013
Gebundene Ausgabe,
272 Seiten
Kurzbeschreibung:
Ein Roman über Kindheit, Krankheit und Kunst. Über die Wunden des Exils in Paris, die Ohnmacht des Buchstabens und die überwältigende Macht der Bilder.Chaim Soutine, der weißrussisch-jüdische Maler und Zeitgenosse von Chagall, Modigliani und Picasso, fährt am 6. August 1943 in einem Leichenwagen versteckt von der Stadt Chinon an der Loire ins besetzte Paris. Die Operation seines Magengeschwürs ist unaufschiebbar, aber die Fahrt dauert aufgrund der Umwege - um die Kontrollposten der Besatzungsmacht zu meiden viel zu lange, nämlich 24 Stunden. In einem Strom bizarrer Bilder, die der verfolgte Maler im zeitweiligen Morphin-Delirium vor sich auftauchen sieht, erzählt der Roman halb historisch, halb fiktiv Episoden aus Soutines Kindheit in Smilowitschi bei Minsk, die ersten Malversuche in Wilna, den beharrlichen Traum von Paris, der Welthauptstadt der Malerei. Er beschwört die unwahrscheinliche Freundschaft mit Modigliani, den plötzlichen Erfolg und das Ende der goldenen Pariser Jahre. Der Maler, der an die Macht der Milch als einziges Heilmittel glaubt, fährt aber auch in ein "weißes Paradies", eine Mischung von Klinik und Gefängnis, in der es zu merkwürdigen Begegnungen und Ereignissen kommt. Ein mysteriöser "Gott in Weiß" erklärt ihn für geheilt, verbietet ihm aber das Malen. Doch in einem Paradies ohne Malerei ist dem Künstler nicht zu helfen. Er beginnt heimlich wieder zu malen und ist bereit, dafür den geforderten Preis zu zahlen
Über den Autor:
Ralph Dutli, geb. 1954, studierte in Zürich und Paris Romanistik und Russistik, lebt las freier Autor in Heidelberg. Er ist Lyriker, Essayist, Übersetzer und Herausgeber u.a. der zehnbändigen Ossip-Mandelstamm-Gesamtausgabe. Er erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. den Johann-Heinrich-Voss-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und den Rheingau-Literaturpreis.
Mein Eindruck:
Dieses Buch hatte ich kurz nach Erscheinen gekauft und als es jetzt sogar auf die Longlist des Deutschen Buchpreises kam, habe ich es auch gelesen. Es ist ein faszinierender Roman mit experimenteller Sprache, die sich an die abstrakten Gemälde Soutines anlehnt. Ungewöhnlich, dennoch habe ich das Buch nicht als schwierig zu lesen empfunden. Dieser Stil hat mich absolut fasziniert.
Der jüdische Maler Chaim Soutine wird während der Besetzung in Frankreich verfolgt, seine Kunst gilt den Nazis als entartet.
Mit einem durchgebrochenen Magengeschwür wird er heimlich in einem Leichenwagen in ein Pariser Krankenhaus gefahren. Die lange beschwerliche Fahrt ist der Zeitpunkt der Erinnerungen und Reflektierungen, bei denen Soutines Lebensstationen betrachtet werden. Seine Frauen, sein Erfolg und Misserfolg. Soutine war nicht nur lange krank und getrieben sondern auch extrem selbstkritisch. Regelmäßig zerstörte er in wütenden Messerangriffen sein eigenes Werk.
Auf Soutines Beerdigung waren wenig Leute, doch immerhin Picasso war unter ihnen.
Chaim Soutine und seine Bilder waren mir bisher kaum bekannt, durch Ralph Dutlis Roman gelingt es, ihn zu entdecken. Zu gerne würde ich mal Bilder von ihm in einem Museum sehen.
Das Buch hat der Literaturkritik bisher hauptsächlich positive Besprechungen bekommen, da kann ich mich nur anschließen.
Ein Kommentar vom Literaturclub ist mir im Gedächtnis geblieben, die sagten, dass Ralph Dutlis jahrelange Beschäftigung mit wichtigen kulturwissenschaftlichen Themen (z.B. Mandelstamm) sich im Ergebnis deutlich niederschlagen. So ist sein spätes Debüt als Romanautor und dem herausragendem Ergebnis kein Zufall, sondern folgelogisch.
Ich glaube und hoffe, dass der Roman es auf die Short-List schafft, für den Preis selbst wird es wohl nicht langen, da das Buch zu ungewöhnlich ist. Obwohl, ich würde mich für Ralph Dutli freuen.