'Menon' - Seiten 01 - 39

  • Zitat

    Original von Delphin
    Beim Lesen wusste ich es, glaub ich, kurz mal, aber danach war es wieder entfleucht. :lache


    Sieh 's doch mal so: Eine Nußecke ist ein Dreieck, nicht das Dreieck (jedenfalls solange man nicht abbeißt). Dieses Gebäck ist schlichtweg nicht der Archetyp für "Dreieck", nach dem alle Dreiecke der Welt gemodelt sind, und sie ist auch nicht das einzige "Dreieck" in der Welt (so daß es, wenn ich die Nußecke auffräße, keine Dreiecke mehr gäbe).

  • delphin, das gefühl hab ich andauernd*g*!
    ungemein beruhigend, dass es anderen auch so geht.
    manchmal denke ich *aha!!" - und kurz danach habe ich dann wieder ein totales bahnhof-feeling...
    @ iris: DU hast zu "aha" beigetragen :grin, danke! :anbet :knuddel1
    :wave


    nach edit; NEIN!! ICH zumindest BRAUCHE solche bildhaften vorstellungen!
    (@ iris in sachen nussecke. obwohl - etwas kalorienärmeres könntest du dir bitte das nächste mal schon ausdenken*g*)

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

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  • Zitat

    Original von Charlotte
    Also wir suchen nach dem was DAS Dreieck ausmacht. Auf ALLE Dreiecke zutrifft. Damit wir uns auf diese Weise auch irgendwann auch DER Tugend (als Beispiel) annähern können.


    Im Grunde genommen suchen wir etwas, das für jede Art von Tugend zutrifft. Nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern das Wesentliche, das jede Tugend ausmacht.


    In der Philosophie nennt man dieses allen gemeinsam zutreffende Wesentliche den hinreichenden Grund.

  • Zitat

    Original von Iris
    [Sieh 's doch mal so: Eine Nußecke ist ein Dreieck, nicht das Dreieck (jedenfalls solange man nicht abbeißt). Dieses Gebäck ist schlichtweg nicht der Archetyp für "Dreieck", nach dem alle Dreiecke der Welt gemodelt sind, und sie ist auch nicht das einzige "Dreieck" in der Welt (so daß es, wenn ich die Nußecke auffräße, keine Dreiecke mehr gäbe).


    Das hab ich soweit verstanden, hatte ich ja auch vorher erklärt, auch wenn ich Doc von einem roten Plastikdreieck abbeissen lassen wollte. :lache Aber mit der Zahl Drei ist das doch schon wieder ein Schritt weiter oder nicht? Ich mein, eine Nussecke ist ein Abbild eines Dreiecks, aber die Zahl Drei ist doch irgendwie was anderes. Drei Äpfel wären ein Abbild der Zahl Drei, aber die Zahl steht da schon wieder drüber und da sagt Sokrates nun, dass in der Zahl Drei auch die Eigenschaft "ungerade" drinsteckt. Das verstehe ich schon nur wollte er dann irgendwo hin, wo ich ausgestiegen bin...also danach erst, da ging es irgendwie darum, dass dass eine Idee das Entgegengesetzte nicht annimmt, sondern sich davon macht. Oder so. Der Satz war viel länger. Aber dass die Zwei, obwohl sie gerade ist nicht das Gegenteil der Drei ist, die ungerade ist und die Drei niemals die Zwei sein kann und es deshalb nicht nur entgegengesetzte Ideen sind, die einander nicht aushalten.



    Aber ich glaub, das besprechen wir dann in der Phaidon-Leserunde.


    lg Iris

  • Zitat

    Original von Delphin
    Aber ich glaub, das besprechen wir dann in der Phaidon-Leserunde.


    Ich wollt grad sagen ...! :lache


    Übrigens ist das einer der besten Lacher in Griechisch-Lektüren, wenn man diese paar Sätze mit demselben (augenzwinkenrden) Brustton der Überzeugung vorträgt wie Sokrates das tut. Die müssen gewiehert haben beim Zuhören! :lache
    Man hört förmlich den Fröschechor des Aristophanes im Hintergrund: "Brekkekkkekkéx koáx koáx ..."

  • "Man hört förmlich den Fröschechor des Aristophanes im Hintergrund: "Brekkekkkekkéx koáx koáx ..."


    ich muss doch sehr bitten! :lache
    @ delphin: du hast mich eben wieder auf den bahnhof katapultiert! :lache


    -> sich mit dreieckiger toblerone und ihrem reclamheftchen zurückzieht
    :wave

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • Zitat

    Original von Delphin
    Den Platon hätt ich ja gern auch mal live erlebt. :lache Ob der wirklich im richtigen Leben auch so humorvoll war?


    Die Akademie war ein Tummelplatz, die konnten sich vor Studenten gar nicht retten! Also muß er selbst gut gewesen sein und das Talent gehabt haben, gute Lehrer an sich zu ziehen. Sein Nachfolger Speusippos soll dagegen eine eher lahme Veranstaltung geboten haben, aber der Vergleich muß vermutlich in jedem Fall unfair ausfallen.
    Aristoteles ist ja gegangen und hat seine eigene "Uni" aufgemacht. Und mit den herumziehenden Sophisten, den Kynikern, ein paar freischaffenden Naturphilosophen und einigen anderen Sektierern verfügte Athen schon zu Platons Lebzeiten über jede Menge Konkurrenten zur Akademie. :grin


    Zitat

    Manche schreiben ja auch nur witzig und wenn man sie trifft, sind sie ganz anders.


    Bei Kant soll es umgekehrt gewesen sein: eine Schreibe wie Barbiturate (stimmt!), und er ist nie aus Königsberg rausgekommen -- dabei geht man heute davon aus, daß er gerne auf Partys gegangen und (obwohl zeitlebens Junggeselle) dem schönen Geschlecht so gar nicht abgeneigt gewesen sei.
    Allerdings wurde er äußerst schrullig auf seine alten Tage! :lache

  • Mal eine eher literarische Frage dazu. Platon hat Menon verfasst und gibt darin den Dialog zwischen Sokrates und Menon wieder.


    Bei diesen Dialogen kommt es ja auf viele sprachliche und gedankliche Feinheiten an. Wie konnte Platon solche "schwierigen" Dialoge so präzise wiedergeben? Wie wurde so etwas über so lange Zeit überliefert? Wie authentisch ist das überhaupt einzustufen?


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc als Gast
    Wie authentisch ist das überhaupt einzustufen?


    Gut, daß die Frage endlich kommt! :wave


    "Protokollhafte" Authentizität ist eine moderne Vorstellung. :-)


    Wir wissen nicht, ob ein solches Gespräch zwischen Sokrates und Menon tatsächlich stattgefunden hat. Aber selbst wenn es stattgefunden hat, enthält dieser Dialog Platons nicht den Wortlaut des Gesprächs, aber den Inhalt. Das Wesen eines Gesprächs machen schließlich nicht die einzelnen Worte aus, sondern der Inhalt der Aussagen in Entsprechung zu den Charakteren der Gesprächspartner.


    Womit wir beim Wesen wären -- aber vorher noch eine kleine Anmerkung, was an Platons Sokrates denn nun Sokrates und was platonisch sei:
    Sicherlich war Platon, in seiner Jugend ein Schüler des Sokrates, nicht der Protokollant sokratischen Philosophierens, sondern er hat die Thesen des Sokrates weiterentwickelt. Nebenbei bemerkt war Platon "ausgebildeter Tragödiendichter", kannte sich in der Juristerei Athens aus, verfügte als Sproß einer noblen Familie über eine umfassende Bildung. Der "platonische Sokrates" ist kein protokollhaftes Abbild" des "historischen Sokrates" -- er ist eine Mischung aus der historischen Person und platonischer Philosophie, wie sie sich dem Laien darstellt; denn Sokrates war schließlich der Mann, der "die Philosophie vom Himmel herunter auf den Marktplatz" holte.


    Zurück zum Wesen:
    Zur Erklärung, was "Wesen" (ousía) bei Platon bedeutet, taugt das Beispiel mit dem Bienenschwarm hervorragend: Die vielen Bienen in einem Bienenschwarm unterscheiden sich alle irgendwie, jede ist ein Indivisuum -- aber insofern sie Bienen sind, sind sie einander gleich.
    Und was jede einzelnen zur Biene macht, das ist das Wesen der Biene.


    Übertragen auf die Tugenden bedeutet das:
    Es gibt unzählige Tugenden, die sich alle untereinander unterscheiden -- aber insofern sie Tugenden sind, gleichen sie einander.
    Danach muß man also suchen, wenn man nach der Tugend bzw. besser nach dem Wesen der Tugend fragt, nämlich dem was eine Tugend als Tugend ausmacht.


    Und was die Authentizität -- oder sagen wir besser Wahrhaftigkeit des Gesprächs zwischen Sokrates und Menon über die Tugend angeht: Wenn es so ein Gespräch gegeben hätte, dann wäre das, was Platon schreibt (nach seinem Verständnis) eine Rekonstruktion des Gespräches im Sinne des Wesens dieses Gespräches. Er würde also das Wesentliche in diesem Gespräch wiedergeben.
    Und das unter den Voraussetzungen, daß Menon so redet und handelt, wie Menon reden und handeln würde, weil er eben diese Person namens Menon ist, und Sokrates so redet und handelt, wie Sokrates reden und handeln würde, weil er eben diese Person namens Sokrates ist. :-)


    Alle Klarheiten beseitigt? :grin

  • abgesehen davon, dass ich das letzte mit der voraussetzung 3x lesen musste (was an mir, nicht an dir liegt, iris, da war ich jetzt nicht tugendhaft genug*g*) - hast du das meiner meinung nach wundervoll erläutert, dankeschön.

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • Iris
    Klarheiten? Der Platon und Du zertrümmern noch mein ganzes Weltverständnis, wenn das so weitergeht. :-)


    Um aber das Wesen von Tugend zu beschreiben, gebraucht man aber doch auch wiederum Eigenschaften, die ebenfalls nicht absolut sind. Und da unterscheidet sich eben so ein Begriff wie Tugend deutlich von einer mathematisch fassbaren Sache, wie ein Dreieck oder ein Quadrat.


    Wenn das Wesen der Biene nur mit dem zu beschreiben ist, was Bienen eben so tun, dann ist das mit Menschlichkeit doch analog, oder? Das Wesen der Menschlichkeit ist demnach sehr einfach mit dem zu definieren, was eben Menschen so tun.


    Wie es das nun aber mit dem Wesen der Tugend? Eine Tugend tut an sich ja nichts. Tugend ist eine Zusammenfassung vieler erstrebenswerter Eigenschaften. Doch was ist erstrebenswert?


    Gruss,


    Doc, der sich langsam überlegt, ob er nicht auch zu den Mördern Sokrates' gehört hätte ;-)

  • Zitat

    Original von Doc als Gast
    Klarheiten? Der Platon und Du zertrümmern noch mein ganzes Weltverständnis, wenn das so weitergeht. :-)


    Gut so!
    Dann kannste die Trümmer hernach prüfen und aus den guten ein neues bauen und die schlechten tonnen. :grin


    Zitat

    Um aber das Wesen von Tugend zu beschreiben, gebraucht man aber doch auch wiederum Eigenschaften, die ebenfalls nicht absolut sind. Und da unterscheidet sich eben so ein Begriff wie Tugend deutlich von einer mathematisch fassbaren Sache, wie ein Dreieck oder ein Quadrat.


    Hatte ich nicht bereits erwähnt, daß der Umgang mit Mathematik, Geometrie, Astronomie, Musik, Gymnastik etc. nur die Propedeutik für das Philosophieren ist? Wir stümpern hier also ganz schön herum, wenn wir aus dem Stand an die großen Probleme rangehen. :grin


    Zitat

    Wenn das Wesen der Biene nur mit dem zu beschreiben ist, was Bienen eben so tun, dann ist das mit Menschlichkeit doch analog, oder? Das Wesen der Menschlichkeit ist demnach sehr einfach mit dem zu definieren, was eben Menschen so tun.


    Sehr einfach?
    Also ... Menon hat das versucht und stand schon nach wenigen Minuten mit heruntergelassenen Hosen da.


    Zitat

    Wie es das nun aber mit dem Wesen der Tugend? Eine Tugend tut an sich ja nichts. Tugend ist eine Zusammenfassung vieler erstrebenswerter Eigenschaften.


    Du beharrst auf deiner (entspricht Menons erster) Definition von Tugend - dem Bienenschwarm. ;-)


    Zitat

    Doch was ist erstrebenswert?


    Nein, das beantworte ich jetzt nicht, denn sonst drehen wir uns nur im Kreis. Das machen wir, wenn du einfach mal nur akpeptierst, daß für Platon Tugend eben nicht ein schwirrender Schwarm von guten Taten ist, sondern das, was diese guten Taten im wesentlichen ausmacht.


    Zitat

    Doc, der sich langsam überlegt, ob er nicht auch zu den Mördern Sokrates' gehört hätte ;-)


    Ich schlage vor, du wechselst dann deinen Nick in Anytos oder Meletes. :lache

  • Iris
    Also heisst die zentrale Frage: Was machen gute Taten im Wesentlichen aus?


    Oder stehe ich dann damit immer noch alleine mit heruntergelassenen Hosen im Forum herum?


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc als Gast
    Also heisst die zentrale Frage: Was machen gute Taten im Wesentlichen aus?


    JAAA!
    Wie ich oben schon schrub:

    Zitat

    Es gibt unzählige Tugenden, die sich alle untereinander unterscheiden -- aber insofern sie Tugenden sind, gleichen sie einander.
    Danach muß man also suchen, wenn man nach der Tugend bzw. besser nach dem Wesen der Tugend fragt, nämlich dem was eine Tugend als Tugend ausmacht.


    Zitat

    Original von Doc als Gast
    Oder stehe ich dann damit immer noch alleine mit heruntergelassenen Hosen im Forum herum?


    Nee, du hast sie im letzten Moment elegant über den Popo gezogen. :knuddel1

  • Zitat

    Original von Doc als Gast
    Doc, der sich langsam überlegt, ob er nicht auch zu den Mördern Sokrates' gehört hätte ;-)


    Deswegen meinte ich, dass man die Apologie des Sokrates erst lesen sollte, wenn man schon andere Dialoge gelesen hat. :lache


    Zur Authenzität fällt mir noch ein, dass es einen Dialog (Phaidon) gibt, in dem Platon einen Dialogteilnehmer sagen lässt, dass Platon nicht dabei war, weil er krank war. Also, da hat er praktisch selbst in den Dialog reingeschrieben, dass er nicht dabei gewesen ist.


    Und zu den Personen: ich glaub, Platon sucht die immer ziemlich gezielt aus nach ihren Eigenschaften oder Beziehungen zueinander. Also, das sind nicht irgendwelche Personen, sondern zum Beispiel im Gorgias heisst einer "Polos" und das heisst (glaub ich) "Fohlen" und der benimmt sich im Dialog auch wie ein junges Fohlen. :lache Ich glaub, Platon versucht immer auf verschiedenen Ebenen zu vermitteln, was er sagen will, nicht nur durch die Worte, sondern auch das Verhalten der Gesprächsteilnehmer, ihre Beziehungen zueinander, ihr Hintergrund und das ganze Setting vermitteln etwas, das zum Thema des Dialogs passt.
    Also, ich kann mir vorstellen, dass er unter Umständen auch viele Gespräche zu einem verdichtet.


    lg Iris