Das Erwachen der Senorita Prim
Natalia Sanmartin Fenollera
ISBN: 978-3-85179-252-2
Thiele Verlag
363 Seiten, 18 Euro
Über die Autorin: Natalia Sanmartin Fenollera ist - wie ihre Heldin Senorita Prim – eine Frau mit mehreren Abschlüssen. Sie ist gelernte Wirtschaftsjournalistin, studierte Juristin und hat die Journalistenschule der spanischen Zeitung El Pais an der Universidad Autonoma de Madrid mit dem Mastertitel abgeschlossen. Heute ist sie Journalistin bei der Wirtschaftszeitung Cinco Dias. „Das Erwachen der Senorita Prim“ ist ihr erster Roman, der in der Verlagswelt international spontane Begeisterung auslöste und in zahlreichen Ländern erscheint.
Klappentext: Angelockt durch eine ungewöhnliche Stellenanzeige kommt Prudencia Prim, eine unabhängige, gebildete, moderene und mit zahlreichen Titeln versehene junge Frau in San Ireneo de Arnois an, um dort „einem höflichen Mann und seinen Büchern als Bibliothekarin zur Seite zu stehen“. Zwar hat Senorita Prim, die Bücher liebt, Taktgefühl schätzt und selbst auf der Flucht ist, vor dem Getöse der Welt, das gute Gefühl, dass dies der Tag ist, auf den sie ihr Leben lang gewartet hat, doch wie nachhaltig sich ihr Leben verändern wird, weiß sie nicht. Denn in San Ireneo ist nichts, wie es scheint...Das Erwachen der Senorita Prim erzählt die wundersame Geschichte eines kleinen Dorfes, das der modernen Welt den Rücken gekehrt hat und wieder zu den essentiellen Dingen zurückgekehrt ist. Ein Roman über wahre Schönheit und alte Werte, der uns die Langsamkeit neu entdecken lässt. Gern wäre man selbst zu Gast in dieser Gesellschaft von freundlichen Verweigerern, einem wundersamen Ort, wo die Uhren anders gehen und man viel von dem hat, was wir Heutigen so schmerzlich vermissen – Zeit!
Meine Meinung: Prudencia Prim (Prüdencia würde eigentlich noch besser passen), scheint dem zukünftig gelangweilten Leser schon vom Cover erwartungsvoll und irgendwie verträumt und müde entgegenzublicken. Sie wird ja auch erst im Laufe des Romanes erwachen, so denkt man und beginnt zu lesen. Doch das, was ich las, schien nicht dazu geeignet jemanden, geschweige die brave Prudencia, erwachen zu lassen, sondern erst einmal wirkte der Schreibstil ermüdend; man fühlt sich durch die vielen absichtlich altbackenen Formulierungen zurück versetzt in ein anderes Jahrhundert. Kämen nicht Begriffe wie Auto und Computer vor, so könnte man schnell den Eindruck gewinnen, man lese einen Roman, der in der Zeit Jane Austens spiele.
Überhaupt scheint die gute Prudencia dieser Zeit entsprungen zu sein. Zwar hat sie viele verschiedene Abschlüsse und Titel, doch wirkt dieses ältliche „Fräulein“ so verklemmt, dass sie ständig aus jeglicher Diskussion mit ihrem Arbeitgeber, der das ganze Buch über nur „der Mann im Armsessel“ genannt wird, errötend und voller Scham in ihre Gemächer flieht.
Der Ort, in dem die weltfremde Senorita Prim fortan leben und arbeiten wird, besteht aus Menschen, die den „guten alten“ Zeiten und Werten nachtrauern und so finden sich in San Ireneo nur liebenswürdige Bewohner, die aus einem anderen Jahrhundert zu stammen scheinen. Möglicherweise wäre es interessant gewesen, dieses Lebensmodell ausführlicher zu beschreiben, doch da es um das Erwachen einer einzigen Dame gehen soll, wird auch fast nur auf deren Befindlichkeiten eingegangen. Und so lernt man die Menschen in ihrem Umfeld immer nur kurz kennen. Alle sind natürlich sehr weise und geben kurze und sehr philosophische Sätze von sich – und auch die Kinder des Ortes sind äußerst wohlerzogen und gebildet und geben sich zum Frühstück mit Vergil ab oder debattieren über den Konflikt zwischen Antonius und Octavian.
Der Mann im Armsessel, auch wenn er selten in selbigem sitzt, diskutiert gern mit Prüdenicia und lässt sie immer wieder errötend und grübelnd zurück. Das könnte schon die Zusammenfassung dieses Romanes sein. Von einer „modernen“ Frau, wie der Klappentext es beschreibt, findet sich bei der Hauptfigur auch nicht der Hauch einer Spur.
Die handelnden Personen sind fast alle nur oberflächlich geschildert, auch wenn viel Wert auf Dialoge gelegt wird; die Sprache wirkt überholt, bzw. absichtlich altmodisch verschwurbelt und am Ende habe ich mich dann gefragt, warum dieser Roman geschrieben wurde.
Mein Fazit: Wer auf der Suche nach außergewöhnlichem Lesestoff ist, Fan von altbackener Literatur ist und gerne etwas über errötende junge Frauen abseits von Shades of Grey lesen möchte, sollte versuchen, diesen Roman zu lesen. Möglicherweise hat er auch nur mir nicht gefallen... 2 von 10 Eulenpünktchen