Astrid Fritz: Das Aschenkreuz

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    Blutmysterium und Aschenkreuz: Viel Wunderbares und viel Böses gibt es unter Gottes Himmel.
    Im Frühjahr 1415 tritt die kluge, vorwitzige und nicht mehr ganz junge Serafina in das Schwesternhaus Sankt Christoffel zu Freiburg ein, dessen fromme Bewohnerinnen sich den Armen, Kranken und Sterbenden unter den Bürgern widmen. Schnell lebt sich Serafina ein in der Stadt am Rande des Schwarzwalds. Wäre da nur nicht die Geschichte mit dem Sohn des Kaufherrn Pfefferkorn, an dessen Selbstmord sie zweifelt. Und wäre da erst recht nicht der neue Stadtarzt. Adalbert Achaz kennt Serafina. Und er weiß um ihr dunkles Geheimnis. Ein zweiter Toter findet sich. Auch er trägt ein Aschenkreuz auf der Stirn. Und Serafina fängt an nachzudenken …


    Autorin (Information auf der Verlagsseite)
    Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Heute lebt Astrid Fritz in der Nähe von Stuttgart.
    Mehr über die Autorin erfährt man auf www.Astrid-Fritz.de


    Allgemeines / Aufbau
    Erscheinungstermin: 1.Juli 2013 im rororo Verlag
    Taschenbuch 320 Seiten
    Prolog, 30 Kapitel, Glossar mittelalterlicher Bezeichnungen
    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive der Protagonistin Serafina Stadlerin


    Zum Inhalt
    Serafina Stadlerin ist 30 Jahre alt, als sie im Jahr 1415 Konstanz verlassen muss und nach Freiburg kommt, wo sie sich den Beginen im Haus Sankt Christoffel anschließt. Die Beginen führen als religiöse Schwesterngemeinschaft ein gottgefälliges Leben, sind aber im Gegensatz zu Nonnen nicht an ein Kloster gebunden, sondern können sich frei in der Stadt bewegen, wo sie karitativen Tätigkeiten nachgehen. Auf dem Heimweg von einer Pflegebedürftigen wird Serafina vom stadtbekannten Bettelzwerg Barnabas, der einen erhängten jungen Mann mit einem Aschenkreuz auf der Stirn aufgefunden hat, zu Hilfe gerufen. Bei dem Toten handelt es sich um Hannes, den fünfzehnjährigen Sohn des Kaufmanns Pfefferkorn, der sich nach Meinung des Büttels, des Leichenbeschauers und anderer Amtspersonen das Leben genommen hat. Serafina glaubt jedoch nicht an Selbstmord, da sie im Haar des Jungen eine blutverkrustete Wunde entdeckt hat. Von Mitleid mit der seelisch gebrochenen Mutter des Jungen getrieben, setzt sie sich für eine weitere Untersuchung des Toten ein, damit dieser nicht als Selbstmörder auf dem Schindanger verscharrt werden muss. Mit diesem Ansinnen macht sie sich unter den Mitgliedern des Stadtrats und der Geistlichkeit Feinde, nur der neue Stadtarzt Adalbert Achatz ist ihren Argumenten zugänglich. Der Arzt kennt Serafina allerdings aus Konstanz und weiß Dinge aus ihrer Vergangenheit, über die sie den Mantel des Schweigens gebreitet sehen will...
    Als ein weiterer Toter mit einem Aschenkreuz auf der Stirn, diesmal ganz offensichtlich kein Selbstmörder, aufgefunden wird und der vorlaute Bettelzwerg Barnabas, der als Kritiker der Geistlichkeit immer wieder Unmut erregt, des Mordes beschuldigt wird, beschließt Serafina, die mysteriösen Todesfälle aufzuklären und Barnabas zu retten. Ihre Ermittlungen konzentrieren sich auf eine nahe Freiburg gelegene Wallfahrtkapelle, die letzthin durch ein "Blutwunder" zu Berühmtheit und (Pilger)geld gekommen ist, seitdem der asketisch lebende Mönch Cyprian allwöchentlich im Gottesdienst die Wunden Christi erleidet. Der jugendliche "Selbstmörder" war in dieser Kapelle als Ministrant tätig, der andere Tote gehörte als Geistlicher zu dieser Gemeinde.
    Durch ihre hartnäckigen Ermittlungen bringt Serafina nicht nur sich selbst, sondern auch ihre frommen Mitschwestern in Gefahr.


    Persönliche Beurteilung
    Bei "Das Aschenkreuz" handelt es sich um einen historischen Krimi mit einer mittelalterlichen Miss Marple. Serafina Stadlerin ist keine weltfremde Ordensfrau, sondern hat vielmehr in ihrem Leben schon allerhand mitgemacht. Sie macht sich keine Illusionen über den Charakter der Menschen und hat der Religion bisher keinen großen Stellenwert in ihrem Leben eingeräumt, bis sie nach einem Schlüsselerlebnis, aus dem sie nur mit viel Glück unbeschadet hervorging, ihr Leben in neue Bahnen gelenkt hat.
    Auch in der kleinen Schwesterngemeinschaft im Beginen-Haus muss die selbstbewusste Frau sich erst ihren Platz erkämpfen, da ihr nicht alle Mitschwestern wohlgesonnen sind.
    Der größte Teil des Buchs ist eher historischer Roman als Krimi, erst gegen Ende, als Serafinas Ermittlungen immer prekärer werden, kommt es zu einem merklichen Spannungsanstieg. Der längste Abschnitt des Romans ist zwar nur mäßig spannend, dafür aber in seiner Darstellung mittelalterlichen Lebens und Denkens umso interessanter. Durch den der mittelalterlichen Ausdrucksweise angepassten Erzählstil wirkt die Geschichte sehr authentisch. Ein sehr umfangreiches, sich über zehn Seiten erstreckendes Glossar im Anhang erläutert Begriffe, die selbst dem routinierten Leser historischer Romane noch nicht bekannt sein dürften.
    Die Charakterisierung der Figuren ist gelungen, Serafina ist intelligent und selbstbewusst, aber nicht unrealistisch emanzipiert für ihre Zeit. Ihre Mitschwestern werden in ihren Eigenheiten sorgfältig charakterisiert und die einflussreichsten Bürger Freiburgs, die Ratsherren und Geistlichen, werden recht kritisch und zeitlos präsentiert: auch heute findet man unter Politikern nicht wenige, die sich selbst die Nächsten sind und gern in die eigene Tasche wirtschaften.
    Der Kriminalfall ist in sich abgeschlossen, in Bezug auf Serafinas weiteres Leben lässt das Ende dagegen unterschiedliche Möglichkeiten offen, sodass sich eine Fortsetzung durch weitere historische Krimis in einer Serafina-Reihe anbietet.


    Fazit
    "Das Aschenkreuz" ist ein unterhaltsamer historischer Kriminalroman um eine ebenso neugierige wie sozial engagierte Begine, die sich gut als Serienheldin weiterer Romane eignen würde. Für Freunde gut recherchierter historischer Romane und ruhigerer Kriminalromane empfehlenswert!
    8 Punkte

  • Das Buch hat mich mit sehr gemischten Gefühlen zurückgelassen:
    Es war nicht wirklich schlecht, hat mich aber auch nicht wirklich überzeugt oder gar begeistert.


    Wenn ich mit einem Buch eine solche Erfahrung habe, mache ich gewöhnlich nachher eine Buchanalyse, mit der sich immerhin einiges über die Qualität des Buches abklären lässt.


    Ergebnis:
    Von der Anlage her passt eigentlich alles.

    Das Buch ist als Beginn einer Buchserie angelegt, ob es sich um einen "Buchmehrteiler" oder um eine "Krimi-Endlos-Serie" handelt, ist noch nicht erkennbar, nach dem ersten Buch ist beides von der Anlage her vorstellbar und könnte auch funktionieren.


    Der Anspruch, dass es sich um einen historischen Kriminalroman (historischer Roman + Kriminalroman) handelt, wird in diesem Buch überzeugend eingelöst.
    Einerseits geht es um Alltagsleben in einer Stadt zu Anfang des 15. Jahrhunderts, wobei auch die Auswirkungen von historischen Geschehnissen auf diese Stadt (das Konzil von Konstanz) als auch regionale Besonderheiten einbezogen sind. Das wird auch genutzt, um Details der Geschichte zu motivieren.
    Auf der anderen Seite geht es um die Aufklärung eines Verbrechens, wobei es sich um einen "sanften" Kriminalroman (Whodunit) handelt. Trotz eines Showdowns, der eigentlich sehr grausamen Verbrechen und dem Umstand, dass Willkür und Folter drohen, liegt der Schwerpunkt hier doch auf dem Kriminalrätsel, die "unerfreulichen" Details werden nicht wirklich ausgestaltet (für mich kein Negativpunkt).


    Mit der Hauptfigur Serafina Stadlerin gibt es die Ermittlerfigur dieser Kriminalhandlung. Dass sie erst seit kurzen im Beginenhaus in Freiburg im Breisgau lebt, ist für einen Romaneinstieg optimal, was Astrid Fritz auch geschickt nützt, denn so lässt sie die Leser/innen auch gleich gemeinsam mit Serafina den historischen Schauplatz, hier die Stadt Freiburg im Jahr 1415, die Lebensbedingungen in dem Beginenhaus etc. näher erforschen, und gemeinsam wird auch die Bekanntschaft weiterer Figuren gemacht, die in den Folgebänden noch eine Rolle spielen dürften.


    Auch die Vergangenheit der Ermittlerfigur Serafina wird wohl in den Folgebänden noch genützt werden. Zwar hat Serafina selbst unter diese einen Schlussstrich gezogen, doch gibt es noch einige "Altlasten", die nicht bewältigt sind

    , und es ist auch vorstellbar, dass noch jemand versuchen wird, der Protagonistin (und den Beginen) daraus einen Strick zu drehen.


    Dass Serafina eine Begine und keine Nonne ist, dürfte vielleicht auch noch eine Rolle in Bezug auf ihren Bekannten, dem neuen Stadtarzt Achaz, spielen. Das könnte noch spannend werden, da nicht nur die Möglichkeit besteht, aus der Beziehung zwischen den beiden eine Liebesgeschichte zu entwickeln, sondern diese sogar ein Happyend haben könnte, ohne dass es unglaubwürdig wäre. (Die Gemeinschaft der Beginen könnte Serafina wieder verlassen, als Nonne wäre das dagegen kaum möglich.) Ebenso wäre eine "platonische" Liebesgeschichte möglich, oder es läuft auf eine Freundschaft hinaus.)

    Positiv ist auch, dass der Kriminalfall einen Mittelalterbezug aufweist, was in vielen historischen Kriminalromanen nicht selbstverständlich ist.


    Für weitere Bücher war es außerdem eine gute Idee, dass trotz Auflösung und Bestrafung nicht alle "Bösen" ausgeschaltet wurden,

    weitere Schwierigkeiten (und vielleicht nicht nur das) in den nächsten Büchern noch zu erwarten sind.


    Warum hat mich dieser Roman letztlich aber doch enttäuscht, obwohl ich, wie meine Handlungsanalyse zeigt, viel Gutes gefunden habe und ( "sanftere" ) Kriminalromane (und gerade Whodunits) sehr gerne lese?


    Von der Theorie her hat alles seine Richtigkeit, also dürfte es an der sprachlichen und / erzähltechnischen Umsetzung gelegen haben.


    Abschließend noch eine Frage an Leser/innen hier, die auch andere Bücher von Astrid Fritz gelesen haben:
    Würdet ihr "Das Aschenkreuz" als einen typischen Astrid Fritz-Roman einstufen, was die Erzähltechnik und den Erzählstil betrifft?

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

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  • Zitat

    Original von Teresa
    Abschließend noch eine Frage an Leser/innen hier, die auch andere Bücher von Astrid Fritz gelesen haben:
    Würdet ihr "Das Aschenkreuz" als einen typischen Astrid Fritz-Roman einstufen, was die Erzähltechnik und den Erzählstil betrifft?


    Leider kann ich dir auf diese Frage nicht antworten, da es mein erstes Buch der Autorin war. :-)


    Ich kann dir in all deinen Ansätzen zustimmen, jedoch muss ich sagen, dass ich das Buch in seiner Gesamtheit echt super fand. :frech
    Und ich werde weitere Bücher der Autorin lesen.


    Ich mochte Serafina und Adalbert echt gerne, obwohl ich anfangs dachte, dass Adalbert es nicht so gut mit der lieben Serafina meinte. Aber ich fand diese Wandlung sehr schön und konnte das Buch auch nicht mehr aus der Hand legen. Oftmals hat es mich an die Bücher von Ursula Neeb erinnert, in denen es um die Frauenhauswirtin Ursel Zimmer geht. Aber das hat mir um so besser gefallen, denn auch diese Bücher haben mir sehr gut gefallen. :-)


    Ich vergebe für das Buch 9 von 10 Punkten. Und was ich abschließend noch sagen muss - ich bin nicht auf den waren Täter gekommen.