Autor
Halldór Laxness, geboren am 23. April 1902 in Reykjavík, gestorben am 8. Februar 1998 in Reykjalundur bei Mosfellsbær, war ein isländischer Schriftsteller. Er schrieb den Roman "Am Gletscher" 1968, 13 Jahre nach Erhalt des Literaturnobelpreises. Weitere wichtige Werke waren der Roman "Die Islandglocke", außerdem "Atomstation", in dem seine Neigung zum Kommunismus Ausdruck fand, sowie "Das Fischkonzert", "Das wiedergefundene Paradies", "Salka Valka" und "Sein eigener Herr".
Inhalt
Im Island der 1960-er Jahre schickt ein Bischof einen jungen Theologen in ein Dorf am Gletscher, um die Gerüchte bezüglich der dortigen Seelsorge zu überprüfen. Die Kirche ist verschlossen, Gottesdienste, auch Taufen oder Beerdigungen, werden nicht abgehalten. Der Pfarrer Sira repariert stattdessen in seiner Gemeinde zahlreiche Gegenstände und beschlägt Pferde. Seine Frau ist seit Jahrtzehnten verschwunden. Die Pfarrköchin backt nur Kuchen und kocht Kaffee, der Vorsteher der kleinen Kirchgemeinde glaubt an die Transzendenz.
Dazu tauchen einige sehr skurrile Gestalten auf, hippie-hinduistisch-buddhistische-"broncho"tragende Lebenserwecker, die einem Kalb auf einer Laute vorspielen, die den Gletscher als Ort einer hohen (esoterischen) Energiequelle aufsuchen wollen, um Tote wieder zum Leben zu erwecken, aber noch in der Versuchsphase stecken. Der Anführer verwandelt einen Menschen in einen Fisch und angelt ihn.
Der "Vebi" (Vertreter des Bischofs) erhält von den Dorfbewohnern nur sehr vage Aussagen auf seine Fragen, durchmischt mit Schilderungen von sagenhaften Wesen und Vorgängen. Dazu kommen philosophische Gespräche über die Wahrheit und Religion oder Gedanken über die Musik eines fallenden Tropfens in einer Höhle.
Meinung
Formell ist das Buch als Protokoll über die Nachforschungen aufgemacht, wobei der Verfasser ständig zwischen der ersten und dritten Person (der Unterzeichnete, Vebi, etc.) wechselt. Auch seine Gedanken über die Verfassung des Protokoll fließen ein. Darüber hinaus geht er inhaltlich weit über den Protokollstil hinaus, indem er auch Landschaftsbeschreibungen und eigene Gedanken mit aufnimmt.
Der Autor nimmt Bezug auf die Islandsagas, aber auch auf Jules Vernes "Reise zum Mittelpunkt der Erde".
Eine hintergründige Ironie lässt den Leser immer wieder schmunzeln. Andererseits wird auch Kritik an Politik, Kirche und Gesellschaft deutlich.
Ständig hatte ich das Gefühl, in einer nebligen Landschaft aus Fakten, Geschichten, Sagen und subjektiver Wahrheit herumzuirren. Immer wieder glaubte ich, endlich auf dem richtigen Weg zu sein, um dann festzustellen, dass ich mich wieder verlaufen hatte in dieser herrlichen Mischung aus Ironie, Kritik, Philosophie, Lebensweisheit, Naivität, Poesie, Sagen. Das ganze endet dann in einem völlig überraschenden Schluss.
Sicherlich ist das hier ein Buch, das man öfter lesen sollte, am besten in einer Leserunde.