Der Autor: Tom Reiss ist ein preisgekrönter Autor, Journalist und Historiker, der mit seinem Buch über den jüdischen Weltenbummler Lev Nussibaum aufsehen erregte und das, neben dem Vorliegenden Buch, zu seinen bekanntesten Arbeiten zählt.
Das Buch: Wer ist nicht mit glühenden Ohren den Musketieren des Königs in so manches Gefecht gefolgt, wer hat nicht mit dem im Kerker schmachtenden Edmond Dantes gelitten, um dann seiner gerechten Rache die Absolution des Lesers zuteil werden zu lassen?
Vieles des dort geschilderten geht zurück auf Ereignisse, die dem jungen Alexandre Dumas von seinem Vater, und nach dessen frühen Tod von Weggefährten und Kameraden des Generals erzählt wurden.
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Sein Vater war ein französischer Adliger, welcher vor seinen Gläubigern selbst am Ende der Welt, der Tropeninsel Saint Domingue noch zu fliehen gezwungen war, seine Mutter war eine schwarze Sklavin, mit welcher der Flüchtige im Hinterland der Insel zusammenlebte.
Hier wuchs der Junge auf, fernab des europäischen Landes, für dessen Wohlergehen er dereinst kämpfen und zu Ruhm und Ehre gelangen sollte, dessen höchster Repräsentant ihn aber später darob schändlich im Stich lassen und sein Andenken fast tilgen sollte.
Irgendwann konnte der flüchtige Adlige seine Heimat Frankreich nicht nur gefahrlos wieder betreten, sondern auch sein Erbe und erhebliche Summen Geldes an sich bringen.
Im Schlepptau hatte er einen halbwüchsigen schwarzen Jungen.
Die Sklaverei war in vielen mühsamen Schritten in Frankreich nicht nur abgeschafft und geächtet worden, sie stellte neben den verachteten Schwarzen auch die bisher verfolgten und ausgeschlossenen Juden mit allen anderen Bewohnern Frankreichs gleich und ermöglichte jedem, unabhängig von Herkunft und Vermögen, ein Emporkommen durch eigene Kraft und Leistung, Jahrhunderte bevor dieses im Land der Freien und Tapferen auch nur theoretisch ernsthaft erörtert wurde setzte Frankreich diese Idee tatkräftig um.
Der Junge erhielt eine standesgemäße erstklassige Erziehung und Ausbildung, welche ihm, nachdem er sich mit dem Vater überworfen und als einfacher Soldat in die Armee eingetreten war sehr zum Vorteil gereichte. Sein Mut und seine an Selbstaufgabe grenzende Tapferkeit auf der einen, sein Menschlichkeit und Großzügigkeit auch gegenüber seinen Feinden auf der anderen Seite machten den farbigen Soldaten schnell zu einer legendären Gestalt und ermöglichten ihm eine raschen Aufstieg durch die Ränge der Armee.
Ein glühender Verfechter der Ideale der Französischen Revolution kämpfte er immer da, wo es am heißesten herging, sein tadelloser Ruf sorgte dafür, das ihm Aufgaben dieser – der schwierigsten – Art immer wieder übertragen wurden
Dann wurde ein ehemaliger Artillerieoffizier aus Korsika sein Vorgesetzter.....
Meine Rezension: Allein der ungeheure Aufwand an Nachforschungen, den Reiss betrieb um dieses Buch schreiben zu können verdient unsere Anerkennung! Mit einer ungeheuren Akribie spürte er unzählige, für sein Unterfangen notwendige Manuskripte, Briefe und andere schriftliche Zeugnisse der Zeit des „Schwarzen Generals“ auf und ließ einmal sogar einen Safe aufbrechen, um an wertvolle Unterlagen zu gelangen – eine der einleitenden Episoden die er in seinem Buch schildert.
„Der schwarze General“ ist eine geschichtliche Biographie, ein Sachbuch.....
.. und trotzdem habe ich nicht das Gefühl ein solches gelesen zu haben – womöglich weil ich einen Haufen Negativbeispiele für diese Gattung als repräsentativ angenommen hatte.
Mein Fehler....
Tom Reiss’ Buch liest sich wie ein historischer Abenteuerroman, es ist aufregend und spannend und wahnwitzig gut erzählt – die Tatsache das er hier wahre Ereignisse schildert verlor bei mir immer ein wenig an Wichtigkeit – selbst wenn der Autor die eigentliche Handlung unterbrach um mich, den Leser, über geschichtliche Hintergründe zu informieren, deren Kenntnis notwendig ist um dem Buche folgen zu können.
Reiss schweift immer wieder ab, um politische und gesellschaftliche Geschehnisse zu erläutern, doch nie gerieten diese Exkursionen der eigentlichen Erzählung in den Weg, sie bereicherten sie und machten sie verständlicher für all diejenigen, die in französischer Geschichte ebenso wenig bewandert sind wie ich es bin. Doch auch so mancher, der sich auszukennen glaubte, wird hier vieles aufregend Neues erfahren.
Wie fortschrittlich die Franzosen nicht nur im Denken, sondern auch im Handeln waren hat mich einigermaßen überrascht! Wie außergewöhnlich ihr Umgang mit den als „Amerikanern“ bezeichneten farbigen Mitgliedern ihrer Gesellschaft der Zeit voraus war, wie wenig die Hautfarbe eine Rolle spielte – außer es galt den Schilderungen und Beschreibungen des Helden ein I-Tüpfelchen in positiver Hinsicht hinzuzufügen – erstaunte mich immer wieder, ebenso wie die Wehementz und Nachdrücklichkeit, mit welcher der Korsische Artillerist auf all die Errungenschaften schiss und die Uhr wieder im Einklang mit den Nachbarstaaten ticken ließ.
Mögen auch die Schilderungen Napoleons durch die Sympathie für die Hauptfigur dieses Husarenstückes geprägt sein – für mich bleibt er ein Arschloch.
(Man möge mir diese Wortwahl verzeihen und ersteinmal das Buch lesen,)
Wir stoßen in der Weltgeschichte immer wieder auf Heldengestalten, Menschen die uns faszinieren und als Vorbild dienen und die sich, bei näherer Betrachtung als Menschen mit Schwächen und Fehlern herausstellen, die sie zwar als Helden nicht disqualifizieren, die ihnen aber jene Reinheit rauben, nach denen unserer jungenhafter Drang zur Idealisierung verlangt.
In Alex Dumas scheinen wir allerdings jenen Helden gefunden zu haben, dessen fiktiven Nachgestaltungen wir seit frühster Kindheit an so willig durch so manche Gefahr gefolgt sind. Und ebenso willig folgen wir diesen scheinbar makellosen Helden durch tatsächlich erlebte Abenteuer, welche der Autor immer wieder durch Augenzeugenberichte zu untermauern versteht. Mag die Begeisterung auch so manchen Zeugen der Ereignisse zu einer literarischen Überhöhung veranlasst haben so besteht für mich kein Zweifel an der menschlichen und charakterlichen Integrität des Alex Dumas.