'In einem Boot' - Seiten 155 - 241

  • Zitat

    Original von Roma


    Aber alle an der selben Stelle und direkt über dem Boot? Würden mein Mann und ich übers Meer fliegen, würde ich sicher schon Hunderte Kilometer vor ihm abstürzen :lache


    Als liebender Ehemann würd er doch aber sicher aus Solidartät mir Dir an der gleichen Stelle abstürzen, damit Du nicht alleine bist. :grin

  • Ich habe auch so meine Probleme mit einigen Teilen dieses Abschnittes.
    Grace enthält sich selbst der Stimme, redet aber Mary Ann ein, dass es für alle die richtige Entscheidung ist, wenn sie für den Tod von Mr. Hardie stimmt.


    Sie enthält sich, ist aber nach der Abstimmung aktiv an der Überwältigung von Mr. Hardie beteiligt, drückt ihm den Hals zu, während die anderen beiden Frauen ihn festhalten.


    Einiges Verhalten ist tatsächlich nicht mehr rational, hysterisch, abartig. Sicher, es geht um das blanke Überleben, wer bleibt da tatsächlich realistisch, berechenbar?


    Das Buch ist doch ganz schön hart - ich kann nur hoffen, dass die Szenen nicht noch grausamer werden.

  • Zitat

    Original von Johanna


    Als liebender Ehemann würd er doch aber sicher aus Solidartät mir Dir an der gleichen Stelle abstürzen, damit Du nicht alleine bist. :grin


    Johanna, nach 36 Jahren sollte er wissen, dass er ohne mich eh aufgeschmissen ist :grin :lache

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Kein Schreien, kein ums Leben kämpfen. Seltsam!


    Das fand ich auch seltsam. Selbst wenn man sich vormacht, man würde das zum Gemeinwohl der Anderen tun und dass es ja praktisch "heldenhaft" wäre, in dem Moment wo man im Wasser ist, kämpft man doch um das bisschen Leben, dass man hat. Ich kann mir nur vorstellen, dass Grace das für sich einfach ausgeblendet hat, bzw. in der Erzählung nur grob andeutet. Geschichten mit Ich-Erzähler sind eben immer irgendwie unvollständig für den Leser.


    Die Bereitschaft der Männer, das unter sich auszumachen erkläre ich mir auch ein bisschen mit dem damals herrschenden Weltbild. Es gilt sicher nicht für jeden Mann, aber ich denke, dass doch viele (z.B. der Colonel) das als eine Ehrenpflicht gesehen haben. Hoffman und Nilson wussten möglicherweise, dass Hardie vorhat die Ziehung zu manipulieren (den Gedanken hatte ich auch sofort, es ist auch ziemlich leicht, denke ich, bei den betreffenden Leuten den Splitter etwas fester zu halten, damit er abbricht wenn sie ziehen).
    Das Schlimme an der Sache ist... unter den gegebenen Umständen, war es tatsächlich die logischste Auswahl. Der alte Mann und der "Krüppel", die körperlich schwächsten Mitglieder der Gruppe (zumindest bei den Männern). Der Diakon hat sich ja praktisch freiwillig geopfert, als noch zwei Splitter übrig waren und ich habe das Gefühl, Sinclair wusste was da vor sich geht und hat sich stillschweigend in sein Schicksal ergeben (deshalb ist er auch nachgesprungen).
    Heftige Szene. Moralisch kann ich darüber nicht urteilen, nicht von einem gemütlichen Platz im Trockenen aus.
    Ich kann nur sagen, als Hannah Grace recht angegiftet hat von wegen "Sie sanktionieren also Mord, wenn es ihre eigene Haut rettet?" hätte ich definitiv mit "JA!!!" geantwortet. Im Überlebensfall bin ich mir selbst das Wichtigste, das ist einfach so.


    Was dagegen wirklich immer unverständlicher und undurchschaubarer wird, ist Grace's Verhalten. Sie wird immer widersprüchlicher, ist genervt und angewidert von Mary Ann, will ihr sogar einreden sie solle doch freiwillig springen, dann widerum tröstete sie sie doch, zieht Kraft aus ihrer Schwäche (und der der Anderen). Am Schlimmsten ist es im Bezug auf Hardie. Sie hat den Mann zu einem Gott überhöht, als Herr über Leben und Tod. Und nun ist er ein gefallener Gott, in ihren Augen hat er versagt und sie enttäuscht. Und daran gibt sie ihm die Schuld und beginnt ihn zu hassen. Bis zur letzten Sekunde hofft sie ja, dass er sich noch einmal zu alter Größe erhebt, sie anspricht als eine Art "Auserwählte" (die Option hält sie sich durch die Stimmenthaltung offen), als das ausbleibt hört sie auf diejenigen, die ihr Zuspruch geben. Bei jedem Auftauchen von Hardie dachte ich, "Jetzt kommt er wieder zurück ins Boot!", aber er hat es doch nicht geschafft. Vielleicht konnte er es ja irgendwie zum anderen Boot schaffen.
    Jetzt überlege ich, ob es die ganze Zeit Mrs Grants Plan war ("Grace wird uns noch von Nutzen sein" :gruebel ), dass Grace von Anfang an als Sündenbock geplant war, auf die im Falle des Überlebens, die Schuld abgewälzt werden soll. Die Aussagen von Hannah sind ja bisher nicht sehr positiv für Grace.
    Ich bin mal gespannt, wie genau eigentlich die Anklage lautet, aber wenn es um den Mord an Hardie geht, dann muss man wohl oder übel sagen, dass sie gerechtfertigt ist. Es ging hier nicht unmittelbar ums Überleben. Selbst Grace erkennt im Nachhinein mit etwas Bitterkeit wie es scheint, dass sie gerade den einzigen Menschen getötet haben, der sich mit Meeresströmungen und Segeln etc. auskannte. Gerade das Schicksal der Leute im anderen Rettungsboot hätte ihnen doch eigentlich zeigen müssen, dass Hardie sie bisher gut angeführt hat. *kopfschüttel*
    Und was in dem Kästchen war, werden wir das jetzt nie mehr erfahren? :cry


    Die Sache mit dem Vogelschwarm. Das hab ich einfach so hingenommen. Ich hab schon häufiger von Vögeln gehört, die durch Überanstrengung bei längeren Reisen einfach einen Herzinfarkt oder sowas bekommen haben und vom Himmel fielen. Das kann auch bei mehreren passieren (wer weiß ob es wirklich ein ganzer "Schwarm" war, einige hätten ja gereicht).
    Die Vorstellung, wie diese Bande Überlebender in dem Boot hockt, mit vor schleimigem Blut und Federn verklebten Gesichtern, ist schon etwas, dass einen um die Nachtruhe bringen könnte. Sicher würde ich das gleiche machen in der Situation, aber die optische Vorstellung wie das wohl aussehen mag... *grusel*
    Was ich allerdings fast noch gruseliger fand in diesem Zusammenhang, war so eine eingeschobene Bemerkung von Grace, dass der Staatsanwalt die Sache mit den Vögeln als Beweis nehmen will "dass wir uns nicht gegenseitig hätten umbringen müssen." Das deutet für mich sehr stark auf Kannibalismus zum Schluss hin. *schauder*


    Wie geht es jetzt weiter? Können die Frauen es irgendwie schaffen, das Boot zurück nach England zu steuern? Oder haben sie Glück und werden unterwegs von irgendjemandem aufgelesen? Wer zeigt sie an? Gibt es außer Mrs Grant, Hannah und Grace noch weitere Überlebende? Und falls man sie als schuldig des Mordes verurteilt... werden sie dann gehängt und niemand bleibt mehr übrig? (würde mir fast als passendes Ende erscheinen)
    Am Ende dieses Abschnitts hab ich mich irgendwie leer gefühlt. Es war sehr düster und deprimierend zu lesen. Die Worte, die ihn am besten zusammenfassen waren für mich: "Wir waren jeglicher Anständigkeit beraubt. In uns war nichts Gutes oder Edles mehr"


    Ein kleiner Logikfehler ist mir an einer Stelle noch aufgefallen. Zu dem Zeitpunkt waren drei Leute tot, am Anfang war von 39 Leuten im Boot die Rede. Und Grace schaut in "36 Gesichter". Rein rechnerisch stimmt es zwar, aber sie schaut von außen auch in ihr eigenes Gesicht? :gruebel

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Ein kleiner Logikfehler ist mir an einer Stelle noch aufgefallen. Zu dem Zeitpunkt waren drei Leute tot, am Anfang war von 39 Leuten im Boot die Rede. Und Grace schaut in "36 Gesichter". Rein rechnerisch stimmt es zwar, aber sie schaut von außen auch in ihr eigenes Gesicht? :gruebel


    Bist du sicher? Ich weiß nämlich noch ganz genau, dass ich an so einer Stelle extra im Geiste nachgezählt hab und da hatte die Autorin richtig gerechnet. Da hatte sie nämlich Grace' Gesicht extra weggelassen.
    Kann allerdings auch sein, dass das zu einem anderen Zeitpunkt gewesen ist... :gruebel

    "Katzen achten nicht drauf, welche Namen wir ihnen geben. Sie haben ihre eigenen Namen und brauchen unsre nicht. Darum schaut einen eine Katze auch immer so mitleidig an, wenn man sie beim Namen ruft, den man ihr gegeben hat, als ob man es nie lernt.

  • Zitat

    Original von Baby_Tizz
    Bist du sicher? Ich weiß nämlich noch ganz genau, dass ich an so einer Stelle extra im Geiste nachgezählt hab und da hatte die Autorin richtig gerechnet. Da hatte sie nämlich Grace' Gesicht extra weggelassen.
    Kann allerdings auch sein, dass das zu einem anderen Zeitpunkt gewesen ist... :gruebel


    Hab's gerade nochmal rausgesucht, S.174, Zehnter Tag Morgen
    "Ich schaute mich um, schaute in die verbliebenen sechsunddreißig Gesichter [...]."
    Da ist gerade Mrs Cook gestorben und davor schon Mrs Flemming und Rebecca Frost.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Enchantress
    Bei den Vögeln wäre es mir sicher schwerer gefallen. Ich finde das Rupfen auch bei Hühnern schon nicht wirklich erbaulich, aber in einer Notsituation ... :gruebel


    Das erinnert mich an ein faszinierendes Buch von Gabriel Garcia Marquez: Bericht eines Schiffbrüchigen
    Das basiert auf ein reales Ereignis. Der Schiffbrüchige war aber alleine, 10 Tage befand er sich ohne Nahrung auf dem Meer.


    Ausgehungert schaffte er es schließlich, einen Vogel zu fangen, den er essen will.
    Schon dem Vogel die Federn auszurupfen, erweist sich als schwieriges Unterfangen.
    Schließlich ist der Schiffbrüchige, obwohl halb verhungert, so angeekelt davon, dass er den Vogel ins Meer wirft.


    Es gibt also doch eine Grenze, die ein Mensch für sich ziehen muss, selbst in Extremsituationen!

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Ich bin mal gespannt, wie genau eigentlich die Anklage lautet, aber wenn es um den Mord an Hardie geht, dann muss man wohl oder übel sagen, dass sie gerechtfertigt ist. Es ging hier nicht unmittelbar ums Überleben.


    Vor allen war das auch ziemlich undankbar!


    Da schöpft man Wasser, kümmert sich, fängt sogar Fische für die feinen Herrschaften!
    Und zum Dank wird man gewürgt und über Bord geworfen! :pille

  • Segel nicht setzen zu können, da das Boot überfüllt ist, kann nur bedeuten, dass bald wieder einer verschwinden muss. Ich bleibe gespannt!


    Was ist Henry denn für ein Schlappschwanz, so dass er seinen Eltern nichts von der Heirat mit Grace erzählt hat. Und welche geschäftlichen Probleme hat er?


    Ich habe immer noch mit der Szene zu kämpfen, als die Lossplitter gezogen werden, wer somit also über Bord gehen muss. Da läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Diese nüchterne Betrachtungsweise kann nur von einem Erzählenden kommen.


    War das Gold in dem Fass? Oder was war es sonst? Und was erzählt Mr Preston da im Traum, von Juwelen? Befinden sich im Fass Juwelen?


    8 der 39 Insassen sind tot. Die zwei Freiwilligen hätten nicht sterben müssen. Zum Glück hatten wir den Prolog, sonst wäre das Buch ja noch düsterer.


    Hardie hat seine Rolle als Retter verloren. Zu nichts mehr nutze, wurde er misshandelt und danach tot oder lebendig ins Wasser geworfen. Ich bin gespannt, wer jetzt die Führung auf dem Boot übernimmt.


    Zitat

    Original von Enchantress
    ..... Letztlich habe ich auch nicht verstanden, warum Hardie nun unbedingt sterben musste. Ob es nun tatsächlich Hardies Tod zu verdanken ist, dass das Loch im Boot geflickt wurde (das hätte man doch auch in Angriff nehmen können, ohne ihn über Bord zu werfen) und dass die Bootsinsassen gerettet wurden.


    Das ging mir sehr ähnlich. :write


    Hat man Hardie auch nicht mehr vertraut, weil er vor den anderen den Inhalt des Wasserfasses geheim hielt?


  • :write Blödes Weibsvolk! :hau

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich bin gerade bei der Szene am zehnten Morgen als mit Holzsplittern ausgelost wird, wer freiwillig über Bord springt.


    Mit dieser Szene habe ich so meine Probleme. Das ganze kommt mir nicht so glaubhaft vor. Müsste nicht der eine oder andere bei der Auslosung zaudern? Aber nein, alle Männer machen bei dieser Auslosung soi schnell mit und einige setzen die Tat dann sofort ohne Verzug um. Turner und Sinclair springen fast sofort.
    Nur der Diakon betet und diskutiert die damit verbundenen Themen Selbstmord und Paradies. Dann geht er auch wie ein Stein unter. Kein Schreien, kein ums Leben kämpfen. Seltsam!


    Davon abgesehen, ist diese Passage schon wirkungsvoll gestaltet.


    Hm , ich denke auch das ist son "Männer-Ehrensache-Stolz-Ding"


  • Plausibel Ja, aber ausgerechnet in der Nähe vom Boot ?
    und die haben alle kein Problem zu rupfen und roh zu essen ??
    Kann ich mir kaum vorstellen, dann eher das Grace Wahrnehmung zu dem Zeitpunkt nich mehr die Beste war.

  • Zitat

    Original von piper1981


    Hm , ich denke auch das ist son "Männer-Ehrensache-Stolz-Ding"


    Ja, 19xx und der Mann ist der tolle Beschützer und opfert sich. In der Realität werden die qualvoll ertrinken und schreien. Dies war aber für die Geschichte nicht notwendig.

  • Zitat

    Original von piper1981


    Plausibel Ja, aber ausgerechnet in der Nähe vom Boot ?
    und die haben alle kein Problem zu rupfen und roh zu essen ??
    Kann ich mir kaum vorstellen, dann eher das Grace Wahrnehmung zu dem Zeitpunkt nich mehr die Beste war.


    Es steht da ja nicht, aus wie vielen Tieren der Schwarm bestand und wo die anderen heruntergefallen sind. Grundsätzlich halte ich das für möglich.

  • Zitat

    Original von Baby_Tizz
    Kann sich von euch eigentlich jemand vorstellen, diese Tiere zu essen? In rohem Zustand? Und selbst auszunehmen?


    Vorstellen nur schwierig. Aber im Russlandkrieg haben die Soldaten Leder gekocht und gegessen, Eingesperrte essen die Tapeten von der Wand und in "Entdeckung der Langsamkeit" haben sich die ausgehungerten Matrosen gegenseitig aufgefressen. Im Extremen macht man vieles. Aber mir vorstellen und erleben will ich es sicher nicht.

  • Mich wundert es nur, dass der Krankheits-Aspekt so außen vor gelassen wurde. Kann mir kaum vorstellen, dass dieses vom Himmel gefallene Fleisch so gesund ist für den menschlichen Magen... :gruebel

    "Katzen achten nicht drauf, welche Namen wir ihnen geben. Sie haben ihre eigenen Namen und brauchen unsre nicht. Darum schaut einen eine Katze auch immer so mitleidig an, wenn man sie beim Namen ruft, den man ihr gegeben hat, als ob man es nie lernt.

  • Zitat

    Mich wundert es nur, dass der Krankheits-Aspekt so außen vor gelassen wurde. Kann mir kaum vorstellen, dass dieses vom Himmel gefallene Fleisch so gesund ist für den menschlichen Magen


    Wieso Krankheits-Aspekt?
    Wenn die Vögel gerade noch lebend rumgeflogen sind und nur wegen Entkräftung runtergefallen und gestorben, dann ist dass doch so was von frisch. Da gibt es nichts, was krank macht - es sei denn, sie sind wegen Vogelgrippe oder ähnlichem runtergefallen. :grin
    Rohes Fleisch ist prinzipiell nicht schädlich, wie roher Fisch ja auch. Wichtig ist nur: Frisch und wenn nötig mit perfekter Kühlkette. Und Haut, Fell und Gefieder haben ja alles Schlechte vom Fleisch abgehalten, da kann man auf manchen Früchten und Gemüsen mehr Keime oder Pestizide finden, glaub ich.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Hexenholzkrone 1 - Tad Williams



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)