Hier kann zu den Seiten 155 - 241 (Teil III) geschrieben werden.
'In einem Boot' - Seiten 155 - 241
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Ich bin gerade bei der Szene am zehnten Morgen als mit Holzsplittern ausgelost wird, wer freiwillig über Bord springt.
Mit dieser Szene habe ich so meine Probleme. Das ganze kommt mir nicht so glaubhaft vor. Müsste nicht der eine oder andere bei der Auslosung zaudern? Aber nein, alle Männer machen bei dieser Auslosung soi schnell mit und einige setzen die Tat dann sofort ohne Verzug um. Turner und Sinclair springen fast sofort.
Nur der Diakon betet und diskutiert die damit verbundenen Themen Selbstmord und Paradies. Dann geht er auch wie ein Stein unter. Kein Schreien, kein ums Leben kämpfen. Seltsam!Davon abgesehen, ist diese Passage schon wirkungsvoll gestaltet.
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Da Grace diese Geschichte ja aus ihrer Person wiedergibt, finde ich die fehlende Panik nicht sonderlich verwunderlich. Grace beschreibt alles, was mit dem Tod zusammenhängt sehr gefühlskalt...
Und dass ohne Murren ausgelost wird, finde ich auch nicht weiter seltsam, denn alle vertrauen Mr. Hardie ja auf eine fast erschreckende Art und Weise.Die Szene mit den vom Himmel fallenden Vögeln fand ich anfangs etwas skurril, aber Hardies Erklärung, diese Tiere sind aus Erschöpfung vom Himmel gefallen, schien ja dann doch recht plausibel.
Ich finde den Aspekt interessant, wie Menschen in so einer Notsituation beginnen Gott zu spielen. Und noch interessanter finde ich es, dass anfangs alle Leute im Rettungsboot ihr Schicksal sozusagen in die Hände von Hardie geben. Ohne großartig darüber nachzudenken. Was ich als kritischer Mensch sehr gefährlich finde. Nur Grace zweifelt ja immer wieder an seinen Beweggründen...
In diesem Abschnitt habe ich mich bisher am "wohlsten" gefühlt, denn es ist ziemlich actionlastig und ziemlich spannend! Als die Damen am Ende Mr. Hardie "entsorgen", scheint es fast so als würde Erleichterung über das gesamte Boot kommen, denn Probleme wie das Leck im Boot oder das ansteigende Wasser scheinen plötzlich durch weibliche Hände gelöst. Naja, ich weiß ja nicht so recht...
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Spätestens in diesem Teil habe ich mich davon verabschiedet, dass Grace eine vollkommen glaubwürdige Erzählerin ist.
Was für eine ambivalente Persönlichkeit Grace ist, wird dem Leser erst allmählich klar. Als sie auf Seite 177 der jammernden Mary Ann zuflüstert “Warum nicht, Mary Ann? Sie ersparen sich eine Menge Qual und Leid, wenn sie sich ins Meer stürzen”, bin ich von dieser manipulativen Äußerung überrascht. Schon vorher hat sie angedeutet, dass sie Mary Ann für schwach und nutzlos hält.
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Gruselig wie kalt Grace ist, vor allem gegenüber Mary Ann. Es ist völlig klar und nachvollziehbar, dass nicht jeder auf diesem Boot gleich stark ist und mit der Situation umgehen kann. Und dann ist es gerade Grace, die so etwas sagt.
Vielleicht sollten Menschen doch für ihre Gedanken bestraft werden und dann ist die Frage, ob sie vielleicht zu recht angeklagt ist.
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Aber es heißt doch nicht umsonst "Die Gedanken sind frei".
Dafür bestraft zu werden halte ich für völlig falsch, mal davon abgesehen, wer die Gedanken nachweisen möchte.Ich kann mich sehr gut in sie hineinversetzen und halte es auch nicht für abwegig, dass ein Großteil der Menschen so reagieren bzw. denken würden. In so einem Moment ist einem das eigene Hemd das nächste und ich glaube auch kaum, dass Grace manipulierend oder berechnend ist.
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Vielleicht verstehe ich das auch falsch?
Hat Grace diese Äußerung wirklich zu Mary Ann gesagt, oder waren es nur ihre Gedanken?
Dann wäre das unter diesen Umständen in Ordnung, denn solche Dinge zu denken ist wohl unvermeidlich. -
Dann nochmal hier:
Unrealistisch fand ich übrigens auch, dass die beiden Männer nach dem Losen einfach aus dem Boot hüpfen, ohne mit der Wimper zu zucken. Hallo?! Die sterben doch gerade! Ist denen ihr eigener Tod egal?
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Zitat
Original von Baby_Tizz
Die Szene mit den vom Himmel fallenden Vögeln fand ich anfangs etwas skurril, aber Hardies Erklärung, diese Tiere sind aus Erschöpfung vom Himmel gefallen, schien ja dann doch recht plausibel.
.... damit habe ich auch so meine Probleme gehabt, ob es sowas wirklich gibt ??
Vögel fliegen hunderte von Kilometern weit, rein instinktiv, also mir erscheint das nicht wirklich glaubhaft.Komisch fand ich auch die Auslosung - nur von den Männern, denn die hätten doch eher wahrscheinlich noch Kraft zum Rudern gehabt als die Frauen. Naja und das dann alle "Ausgelosten" so mir nichts dir nichts ins Wasser hüpfen. In der Realität hätte ich mir eher vorstellen können, daß man doch eher um sein Leben kämpft...
Trotzdem finde ich das Buch weiterhin spannend, glaube ich doch auch, daß da noch so Einiges aufgedeckt wird. Geheimniskrämereien um Geld/Gold gab es ja auf der Alexandra im Vorfeld eh...
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Herr Palomar, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie diesen Gedanken auch geäußert hatte, hatte diesen Satz nämlich extra nochmals gelesen.
Dennoch finde ich es nicht verwerflich in so einer Situation auch mal laut zu denken... -
Zitat
Original von Marita65
.... damit habe ich auch so meine Probleme gehabt, ob es sowas wirklich gibt ??
Vögel fliegen hunderte von Kilometern weit, rein instinktiv, also mir erscheint das nicht wirklich glaubhaft.Zumindest ist es ein Fakt, der nicht zum ersten Mal in einem Buch auftaucht.
In "meinem" schon oft erwähnten Schiffsjungen von Boyne - kommt eine ähnliche Szene vor.Ich kann mir durchaus vorstellen, daß da öfter mal Vögel vom Himmel plumpsen.
Erschöpfung, Altersschwäche oder ähnliches.Gabs nicht irgendwann vor einigen Jahren, Monaten oder was weiß ich wann, das Phänomen in einem Land - also über Land, nicht über dem Meer?
Ich erinnere mich ganz dunkel an Zeitungberichte, daß es eben ein unerklärliches Phänomen war, daß Vögel en masse übner irgendeiner Stadt von Himmel gefallen seien.
Trotzdem wirkliich gruselig, wie Menschen so viel "Menschsein" - zumindest dem, was man sich allgemein darunter vorstellt - verlieren in derartigen Exteremsituationen.
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Hab im Internet leider nur etwas über Vögel gefunden, die tot vom Himmel in irgendwelchen Städten fallen. Meist durch Hagel oder Böller verursacht. Das mit dem Meer kann ich leider nirgends finden.
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Zitat
Original von Baby_Tizz
Hab im Internet leider nur etwas über Vögel gefunden, die tot vom Himmel in irgendwelchen Städten fallen. Meist durch Hagel oder Böller verursacht. Das mit dem Meer kann ich leider nirgends finden.Nee, das mit dem Meer kenn ich auch nur aus dem anderen Buch - das mit den Städten aus irgendwelchen Nachrichten.
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Diesen Abschnitt finde ich insgesamt irgendwie merkwürdig. Die Männer, die sich ihrem (vermutlich manipulierten) Los einfach so ergeben, die vom Himmel stürzenden Vögel ... und vor allem, dass Grace auf Geheiß von Mrs. Grant auf Hardie zumarschiert und ihn würgt. Das erschließt sich mir alles nicht wirklich. Okay, bei Grace kann man natürlich von einer emotionalen Ausnahmesituation sprechen und vielleicht gibt es gar keine logische Erklärung für ihr Verhalten, aber auch vor diesem Hintergrund habe ich einfach Probleme, das Ganze nachzuvollziehen. Letztlich habe ich auch nicht verstanden, warum Hardie nun unbedingt sterben musste. Ob es nun tatsächlich Hardies Tod zu verdanken ist, dass das Loch im Boot geflickt wurde (das hätte man doch auch in Angriff nehmen können, ohne ihn über Bord zu werfen) und dass die Bootsinsassen gerettet wurden.
Irgendwie hab ich hier echt den Anschluss verloren, wo ich doch vorher noch das meiste, das auf dem Boot passierte, nachvollziehen konnte. In diesem Abschnitt finde ich einiges einfach nur merkwürdig.
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Dieser Abschnitt gefiel mir nicht so gut. Auch mir sind die bekannten Szenen sauer aufgestossen.
Als die Männer losen wurde mir so richtig bewusst, wie emotionslos und lückenhaft Grace erzählt. Auch wenn solche Begebenheiten sicherlich nicht leicht zu berichten sind, das Gedächtnis manches vergisst und der Verstand manches verdrängt, hier ging mir alles zu schnell. Die Männer waren wie hirnlose Maschinen, die wiederspruchlos (okay nach kurzem Gebet) ins Wasser und sofort untergingen.
Im Gegensatz zu Hardie, der tauchte immer wieder auf und ich fühlte mich an diverse Horrorfilme erinnert, wo der Tote nochmal die Augen aufmacht oder aus der Grube rausfährt, bevor er endgültig untergeht.Und die Sache mit den Vögeln fand ich auch seltsam. Auch wenn mir die Erklärung noch halbwegs einleuchete, dass die Viecher genau über dem Bord die Puste ausging und sie dann auch schon alle mausetot waren...
Ansonsten haben sich einige Dinge bestätigt, die ich schon so vermutet hatte. Grace ist für mich immer mehr ein kleines durchtriebenes Mädchen, welches nur an sich selber denkt. (arme Mary Anne) Sie hat einen übergroßes Überlebenswillen - angefangen vom Angeln eines sehr reichen Ehemannes über die Versuche mit Hardie und/oder Mrs. Grant ein Bündnis einzugehen, immer wieder die Überlegung, wer noch alles überflüssig an Bord ist, der Versuch Mary Anne zum Selbtmord zu überreden und am Schluss das Würgen des Mannes, der - aus welchen Beweggründen auch immer - sie mit seiner klugen Strategie bis jetzt hat überleben lassen.
Diesmal haben sie auch wirklich jemanden umgebracht - vorher war es ja immer Selbstmord oder ein Unglück oder Krankheit oder unterlassene Hilfeleistung.
Hier denke ich zum ersten mal wieder an die Gerichtsverhandlung und ich hoffe, das es dazu im Buch noch kommt.
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Kann sich von euch eigentlich jemand vorstellen, diese Tiere zu essen? In rohem Zustand? Und selbst auszunehmen?
Was ich als Veganerin tun würde in so einem Moment ist natürlich eine noch größere Frage
Ich glaube zwar, dass man diese Überzeugung, wenn es um Leben und Tod geht, aufgibt, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, diese Tiere selbst zu töten, bzw. auszunehmen... *grusel* -
Zitat
Kann sich von euch eigentlich jemand vorstellen, diese Tiere zu essen? In rohem Zustand? Und selbst auszunehmen?
Bin Fleischesser - also kein Problem mit dem Verzehr. Auch das Ausnehmen trau ich mir zu. Wer Leber und Herz schon mal für das Braten zubereitet hat und größere Fleischstücke zerteilt, der schafft das sicher auch. Mit dem Töten bin ich mir unsicher. Beim ersten Mal ist es sicher gruselig ein atmendes fühlendes Wesen vom Leben zum Tod zu befördern aber ich denke, auch das würde ich tun, um nicht sterben zu müssen.
Ich habe selbst noch erlebt, wie auf dem Bauernhof meiner Großeltern geschlachtet wurde. Dort gehörte das zum ganz normalen Alltag dazu und war ein durchaus positiv besetztes Ereignis. -
Puh, jetzt geht es aber rund auf dem Boot!
Die Spannung nimmt zu, aber die Emotionslosigkeit auch. Wie knallhart die "Damen" über Mr. Hardies "Entsorgung" reden. Wäre ich an Bord würde ich gerade auf ihn und seine Erfahrung Wert legenWie viele hier finde ich die Geschichte mit den Vögeln etwas absurd. Klar ist es denkbar, dass die irgendwann entkräftet vom Himmel fallen. Aber alle an der selben Stelle und direkt über dem Boot? Würden mein Mann und ich übers Meer fliegen, würde ich sicher schon Hunderte Kilometer vor ihm abstürzen
@ Herr Palomar, meiner Meinung nach hat Grace das tatsächlich gesagt, ich war nämlich an dieser Stelle auch ganz verblüfft, wie sie sich entwickelt.
In dem Roman gibt es für mich bisher keinen einzigen Sympathieträger und ich fürchte, das wird auch so bleiben.
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Hier ist übrigens ein ganz interessanter Artikel zum Thema sterbende Vögel:
http://www.n-tv.de/wissen/frag…oegel-article4847756.html
Beim Fisch hätte ich übrigens weniger Probleme, was das Ausnehmen und Essen betrifft (liegt vielleicht auch am heutigen Sushi und ausgenommen hab ich Fische auch schon häufiger). Bei den Vögeln wäre es mir sicher schwerer gefallen. Ich finde das Rupfen auch bei Hühnern schon nicht wirklich erbaulich, aber in einer Notsituation ...
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Danke, das ist interessant und das Sterben über dem Meer wird tatsächlich auch erwähnt