Klappentext
Ein Skandal erschüttert das Städtchen Aurora an der Ostküste der USA: 33 Jahre nachdem die zauberhafte Nola dort spurlos verschwand, taucht sie wieder auf. Als Skelett im Garten ihres einstigen Geliebten ..
.Dieser raffinierte, anspielungsreiche Roman liest sich wie ein Krimi und ist doch viel mehr! Es ist der Aufmacher jeder Nachrichtensendung. Im Garten des hochangesehenen Schriftstellers Harry Quebert wurde eine Leiche entdeckt. Und in einer Ledertasche direkt daneben: das Originalmanuskript des Romans, mit dem er berühmt wurde. Als sich herausstellt, dass es sich bei der Leiche um die sterblichen Überreste der vor 33 Jahren verschollenen Nola handelt und Quebert auch noch zugibt, ein Verhältnis mit ihr gehabt zu haben, ist der Skandal perfekt. Quebert wird verhaftet und des Mordes angeklagt. Der einzige, der noch zu ihm hält, ist sein ehemaliger Schüler und Freund Marcus Goldman, inzwischen selbst ein erfolgreicher Schriftsteller. Überzeugt von der Unschuld seines Mentors - und auf der Suche nach einer Inspiration für seinen nächsten Roman - fährt Goldman nach Aurora und beginnt auf eigene Faust im Fall Nola zu ermitteln ...
Der Autor
Joël Dicker wurde 1985 in Genf geboren. Der studierte Jurist hat bislang zwei Romane geschrieben, »Les Derniers Jours de nos Pères« und »La Vérité su l'Affaire Harry Quebert«. Für letzteren bekam er in den Grand Prix du Roman der Académie Française zugesprochen, sowie den Prix Goncourt des Lycéens. Das bei einem winzigen Verlag erschienene Buch wurde in Frankreich zu der literarischen Sensation des Jahres 2012, die Übersetzungsrechte wurden mittlerweile in über 30 Sprachen verkauft.
Der etwas sperrige Titel des Buches hat mich nicht ahnen lassen, in welch für eine Geschichte ich da stürzen würde. Joel Dickers Roman hat mich von der ersten Seite an gepackt. Zwar ist die Geschichte um ein totes Mädchen und ein Verbrechen, das erst nach 30 Jahren aufgeklärt wird, nicht wirklich neu, aber wie es erzählt wird, war für mich eine komplett neue Leseerfahrung.
Schon die Aufmachung des Buches ist bemerkenswert. Das Cover zeigt ein zerrissenes Blatt. Durch das Loch wird eine Bild einer Kleinstadt sichtbar. Diese Darstellung wird immer wieder aufgegriffen bei den verschiedenen Teilen des Buches. Das Deckblatt scheint von unten durchbrochen, so das die nachfolgende Seite zu sehen ist. So als ob die dahinter verborgene Geschichte nach draußen drängt.
Joel Dickers Hauptperson, Marcus Goldman, erscheint wie ein alter ego des Autors. Marcus genießt noch die Folgen seines plötzlichen Autorenruhms, als ihn sein Verleger daran erinnert, das er einen Vertrag über 5 Bücher hat und denn nun bald einen neuen Roman schreiben müsste. Aber Marcus leidet unter einer Schreibblockade. In seiner Verzweiflung fährt er zu seinem alten Mentor Harry Quebert.Von Harry lernte er, wie man schreibt, wie man ein Buch aufbaut. Harry gab ihm Richtlinien, die als Zitate auftauchen. Und in der Tat folgt das Buch diesen Ratschlägen.
Leider war Marcus Ausflug zu Harry erfolglos. Aber ein paar Wochen später wird die Leiche der vor 30 Jahren verschwundenen Nola auf Harrys Grundstück gefunden. Bei Nolas Leiche wird das Originalmanuskript von Harrys eigenem Buch gefunden, das ihn vor Jahren berühmt machte. Harry gibt zu, eine Liebesbeziehung zu dem jungen Mädchen gehabt zu haben. Der Skandal ist perfekt. Marcus reist zurück in die kleine Stadt um Harry beizustehen. Er ist überzeugt davon, das sein Freund unschuldig ist. Und seine Nachforschungen bringen einiges zu Tage.
"Die Wahrheit über den Fall Harry Querbert" ist in erster Linie schon ein Krimi. Es geht um den Mord an der jungen Nola. Aber es steckt auf diesen 725 Seiten eine Menge mehr drin. Es geht ums Schreiben, das Ringen von Autoren um das nächste Buch, die nächste Idee; es geht ums Boxen, um Schuld, Sühne, Freundschaft und natürlich Liebe. Joel Dicker verwebt diese vielen Themen mit leichter Hand. Das macht er sehr geschickt. Das macht das Buch sehr vielschichtig und könnte auch Lesern gefallen, die mit Krimis nichts anzufangen wissen.
Auf den letzten 150 Seiten überschlagen sich die Dinge und einer nach dem anderen gerät in Verdacht. Kaum glaubt man, das man weiß, wer der Täter war, gibt es schon wieder eine neue Entwicklung. Dabei spielt auch Marcus' Buch, welches er über Harrys Fall schrieb und von dem wir schon im ersten Kapitel erfahren, eine wichtige Rolle.
Ein wenig eigenartig sind auch die Parallelen zum echten Autor Joel Dicker. Marcus Karriere als Autor spiegelt fast die seines Erfinders. So als hätte Joel Dicker gewusst, welchen Erfolg sein Buch haben würde.
Mir hat es großen Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Es ist flott geschrieben, die Kapitel sind kurz und die Dinge in der kleinen Stadt Aurora entwickeln sich zunehmend kompliziert. Dem Autor gelingen sehr eindrucksvolle Charaktere, die oft eine ungewöhnliche Tiefe gewinnen. Die Auflösung ist schlüssig. Seltsamerweise habe ich in der Tat richtig getippt beim Täter, jedenfalls irgendwie, allerdings waren die Verwicklungen nicht absehbar.
Bei so einem dicken Buch gibt es natürlich auch den ein oder anderen Kritikpunkt. Zum einen sind alle Mütter, die in diesem Buch (lebend) vorkommen, sehr eigenartig. Das war wirklich seltsam. In diesem Buch geht es viel ums Schreiben, vor allem um das Schreiben eines "Meisterwerks". Harrys Meisterwerk, das jeder in Amerika kennt, wird passagenweise zitiert. Ebenso ein wenig aus Marcus Buch, das er während seiner Untersuchungen verfasst und als sein Meisterwerk gilt. Diese Pasagen aus den beiden "Meisterwerken" sind ziemlich..hm..schlecht geschrieben. Anscheinend hat sich Dicker da um einen anderen Ton bemühen wollen, aber gerade die Briefzitate aus Harrys Buch sind echt schlecht. Zum Glück sind diese Einschübe nur kurz.
Ich merke gerade, das mir diese Rezension vor Begeisterung längenmäßig völlig aus dem Ruder läuft, obwohl ich noch eine Menge mehr darüber schreiben könnte, wie verwoben das Buch aufgebaut ist.
"Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" ist ein verschachtelter Krimi, aber auch ein Buch-im-Buch, ein Buch das mit der Realität spielt. Das setzt sich fort bis zur Danksagung am Schluss. Ich bin hellauf begeistert. Das Buch war ein großes Leseerlebnis für mich und hat mir viel Spaß gemacht. Ich bin beeindruckt von diesem Autor und seiner Begabung, derartig verschachtelt seine Geschichte zu erzählen.