Irmtrud Wojak - Fritz Bauer 1903-1968. Eine Biographie

  • Titel: Fritz Bauer 1903-1968. Eine Biographie
    Autorin: Irmtrud Wojak
    Verlag: C.H. Beck
    Erschienen: Juli 2011
    Seitenzahl: 638
    ISBN-10: 3406623921
    ISBN-13: 978-3406623929
    Preis: 28.00 EUR


    Dieses Buch ist mehr als eine Biographie. Dieses Buch beschreibt auch einen Abschnitt deutscher Zeitgeschichte. Fritz Bauer war Generalstaatsanwalt des Landes Hessen und sein Name steht für die juristische Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Dritten Reiches. Es war Fritz Bauer der den Auschwitz-Prozeß ins Rollen gebracht, es war Fritz Bauer der entscheidend dafür gesorgt hat, dass der israelische Geheimdienst Mossad auf die Spur von Adolf Eichmann und ihn in nach Israel entführen konnte, es war Fritz Bauer der den Euthanasie-Prozeß initiierte.


    Fritz Bauer war Jude und wurde nach der Machtübername der Nazis aus seinem Richteramt entfernt. Er wurde verhaftet und konnte dann aber nach Dänemark emigrieren und später nach Schweden. Nach dem Kriege wurde er erst Leitender Staatsanwalt in Braunschweig und einige Zeit später Generalstaatsanwalt in Hessen.


    Es ist Fritz Bauer zu verdanken das wenigstens der Versuch unternommen wurde, die Verbrechen des Dritten Reiches juristisch aufzuarbeiten. Auch wenn er immer wieder in seinen Bemühungen gestoppt wurde - insbesondere vom Bundesgerichtshof - so ließ er doch niemals in seinen Bemühungen nach. Doch irgendwann resignierte er auch. Verbittert musste er einsehen, dass er mit seinem Ansinnen oftmals allein auf weiter Flur stand. Mit den Knüppeln die man ihm zwischen die Beine warf, hätte so manche Holzhütte gebaut werden können. Immer wieder wurde Bauer von der politischen Führung ausgebremst. Und in den Gerichten sprachen jetzt sehr oft dieselben Richter Recht, die während der Zeit des Nationalsozialismus in Diensten der Nazis gestanden hatten. So wurde beispielsweise aufgrund eines Urteil des Bundesgerichtshofes niemals ein Richter des Volksgerichtshofes oder irgendeines NS-Sondergerichtes wegen der dort ergangenen Terrorurteile verurteilt. Der BGH bescheinigte den Nazi-Richtern eine ordnungsgemäße "Rechtsprechung". Der BGH ließ keine Zweifel daran, dass diese Urteile im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit "rechtens" waren.


    Dieses Buch ist unglaublich interessant. Es zeigt das Taktieren der Justiz, es zeigt wie Juristen etwas zu rechtfertigen versuchten, was nicht zu rechtfertigen war. Wo man objektives juristisches Denken und Handeln erwartete, wurde nur vertuscht, verschleppt und eingestellt.


    Hans-Jochen Vogel hat über Fritz Bauer die richtigen und zutreffenden Worte gefunden:
    "Ein Jurist, der seiner Verantwortung gerecht wurde und handelte, als die meisten seiner Kollegen beiseite standen."


    Es ist aber auch ein Buch, dass denjenigen Juristen beschämen muss, der seinen Beruf ernst nimmt und für den der Begriff der Gerechtigkeit mehr ist als nur ein Wort. 10 Eulenpunkte für ein großartiges zeitgeschichtliches Werk, eingebunden in einer Biographie über Dr. Fritz Bauer.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire



    Dieses Buch ist unglaublich interessant. Es zeigt das Taktieren der Justiz, es zeigt wie Juristen etwas zu rechtfertigen versuchten, was nicht zu rechtfertigen war. Wo man objektives juristisches Denken und Handeln erwartete, wurde nur vertuscht, verschleppt und eingestellt.


    Und deshalb erstaunte es mich auch so überhaupt nicht, dass er lange Jahre so sehr "beschwiegen" wurde.


    Nur noch so ein Gedanke: Sind die Ausführungen zu seinen Überlegungen einer Strafrechtsreform nicht unglaublich interessant? Und kommen sie einem nicht ein wenig bekannt vor?


    Und noch ein Gedanke: War es nicht Hans von Dohnanyi, der - Edit ergänzt: dessen Schicksal - die höchsten Richter zu deutlichen Worten veranlasste? Solche hätte man sich mehr, früher und öfter gewünscht.
    Gemeint ist unter anderem dies


    Edit sagt, dass da dringend ein wichtiges Wort ergänzt werden muss.