Der Mann im Park - Pontus Ljunghill

  • Originaltitel: En Osynlig (2012) [auf deutsch: Der Unsichtbare]
    Heyne Verlag 2013, 560 S.


    Über den Inhalt:
    Die achtjährige Ingrid wird ermordet aufgefunden. Kommissar John Stierna verspricht der verzweifelten Mutter, den Mörder zu finden. Jahre später hat Stierna dem Kriminaldienst den Rücken gekehrt. Doch der Mord an der kleinen Ingrid hat sich in sein Gedächtnis gefräst. Als ihn ein Journalist kontaktiert, der über den Fall schreiben will, entflammt Stiernas Spürsinn erneut. Was ist damals wirklich passiert?


    Über den Autor:
    Pontus Ljunghill ist Kriminologe und arbeitet als Journalist für verschiedene Zeitungen. „Der Mann im Park“ ist sein erster Roman und hat in Schweden für Furore gesorgt. Pontus Ljunghill lebt in Stockholm.


    Meine Meinung:
    1953: Hauptkommissar John Stierna hat sich mit 59 Jahren in den Ruhestand versetzen lassen. Er beginnt gerade, sich in seinem neuen Leben einzurichten, da tritt ein Journalist an ihn heran, der über einen 25 Jahre alten Fall schreiben möchte, einen Fall, der trotz sorgfältiger Ermittlungsarbeit nicht aufgeklärt werden konnte und der Stierna nie losgelassen hat.
    Ihn und sein Team traf keine Schuld. Sie haben alles getan, um den Mörder der kleinen Ingrid zu finden. Das wird in Sienas Gesprächen mit dem Journalisten deutlich, in denen er den Fall noch einmal Revue passieren lässt. Stierna rafft sich auf und beginnt erneut zu ermitteln, denn der Mord verjährt in wenigen Tagen. Was also kann er heute tun, um die Tat doch noch aufzuklären?


    In eher nüchterner Sprache und gemächlichem Schreibstil beschreibt Ljunghill das Geschehen. Obwohl der Roman auf zwei Zeitebenen spielt, 1928 und 1953, wirkt er wie aus einem Guss geschrieben. In einem Interview beschreibt der Autor, wie ausführlich er über das Stockholm der 20er Jahre recherchiert hat und das merkt man dem Roman deutlich an. Man kann wieder einmal ausführlich über die Hand- und Fußarbeit staunen, die die Polizei damals leisten musste.

    Auf dem Cover wird das Buch als Thriller bezeichnet, ich würde es als Krimi einordnen, als ruhigen, typischen Schwedenkrimi. Wie es sich für einen solchen gehört, fehlt es nicht an Sozialkritik und melancholischer Stimmung. Action sucht man vergeblich, dagegen gibt es viel polizeiliche Ermittlungsarbeit und leider finden sich ein paar Längen, die an manchen Stellen zum Querlesen einladen. Die Passagen aus der Sicht des Mörders machen dessen Handeln nachvollziehbar. Spannung erhält der Roman nicht nur aus der Jagd nach dem Täter im Jahr 1928, sondern auch daraus, welchen Einfluss Stiernas Arbeit auf sein Berufs- und Privatleben hat. Der Fokus des Romans liegt eindeutig auf der Person Stierna, aus dem die zermürbende Polizeiarbeit, die vergebliche Täterjagd und das vernachlässigte Privatleben schließlich einen desillusionierten Polizisten gemacht haben.


    Über das Ende hatte ich eine gewisse Vorahnung, die Bestätigung kommt aber erst auf den letzten Seiten und bringt der Geschichte einen würdigen Abschluss. Wer die besondere Atmosphäre der Schwedenkrimis zu schätzen weiß, für den ist dieses Buch ein Muss.

    Anm.: Bis zum 1. Juli 2010 galt in Schweden eine Verjährungsfrist von 25 Jahren für Mord. Diese wurde abgeschafft, so dass ab dem 1. Juli 1985 begangene Morde nicht mehr verjähren.

  • Kommissar John Stierna geht im Jahr 1953 vorzeitig in Pension. Körperlich von einer Schussverletzung gezeichnet, hat der schwedische Ermittler nicht verwunden, dass ihm und seinem Team ein Täter entkommen konnte, der 1928 ein kleines Mädchen ermordet hatte. 1928 trug ein schwedischer Polizist noch Pickelhaube und Säbel. Der Besitz eines Autos oder eines Telefonanschluss war damals nicht selbstverständlich. Die Ermittlungsarbeiten wirken sorgfältig recherchiert und aus der heutigen Sicht erstaunlich modern. Spuren und Indizien werden gesichert, Täterskizzen gezeichnet, Schriftproben untersucht und mit immensem Aufwand von Tür zu Tür mögliche Augenzeugen befragt. Dass der Täter trotz dieser umfangreichen Fahndung nicht verhaftet werden konnte, ist vom Beginn der Handlung an klar; denn sonst würde Stierna sich nicht kurz vor der Verjährung des Mordes mit den Ermittlungsakten von damals auf die herbstliche Insel Gotland zurückziehen. Dem gemächlichen Erzähltempo, mit dem das Psychogramm eines Polizeikommissars am Ende seiner aktiven Karriere gezeichnet wird, bin ich über die gesamte Länge des Buches gern gefolgt. Zu den Gedanken des Täters haben nur die Leser Zugang, für Stierna und sein Team bleibt der Mann aus dem Park durch seine Unscheinbarkeit unsichtbar. Er kann noch in dem Moment spurlos von der Bildfläche verschwinden, als die Ermittler schon die Hand nach ihm ausstrecken.


    Unter der unpassenden Bezeichnung Thriller zeichnet Pontus Ljunghill das Schicksal eines Ermittlers auf, der durch sein berufliches Versagen auch als Privatperson geprägt wurde. Die Atmosphäre im Schweden der 20er Jahre und eine Generation später in den 50ern vermittelt Ljunghill in ruhigem, melancholischem Ton. Am unterschiedlichen Wissensstand in Kriminaltechnik in den beiden Epochen interessiert, hätte für mich diese Differenz z. B. in einem informativen Nachwort deutlicher herausgearbeitet werden können.


    8 von 10 Punkten


    [edit: Fehler]

  • So das lese ich jetzt, bin sehr gespannt, bin ja sonst nicht so der Schwedenkrimifan, aber das hier fand ich sehr reizvoll... :-]


    Edit
    Ich wurde nicht enttäuscht. Der Mann im Park ist ein sehr ruhiger und langsamer Krimi (als Thriller würde ich ihn nicht bezeichnen), die Spannung baut sich weniger über die Suche nach dem Täter oder drohender Gefahr auf, als mehr über den Wunsch des Lesers, zu erfahren, wie aus dem Ermittler wurde, was er nun ist.


    Die Sprache und der Erzählstil sind dabei durchaus anspruchsvoll, ich würde das Buch nicht als Urlaubslektür zum schnellen Weglesen bezeichnen. Es geht hier auch eigentlich weniger darum, was passiert ist und wer es war, als mehr darum, wie die Beamten mit den Dingen umgehen, die passieren, wie sie sie verarbeiten oder eben nicht.


    Ich fand das hoch interessant und der Autor trifft hier genau den richtigen Ton und die richtige Art zu erzählen. Er schildert ser einfühlsam und empathisch die Gedanken des Ermittlers zur Zeit des Mordes und 25 Jahre später. Ich habe mich da durchaus in dem ein oder anderen Gedanken und der ein oder anderen Überlegung wieder gefunden.
    Auch fand ich die Polizeiarbeit für die damalige Zeit als sehr realistisch geschildert. Hier und da war mir die Sprache etwas zu mordern und wie häufig bei den Schwedenkrimis kam der Übersetzer mit DU und SIE ein wenig ins Schleudern.
    Überhaupt fand ich die Übersetzung nicht immer ganz gut gelungen.


    Das Ende habe ich mir hier recht früh bereits zusammenreimen können, wirklich sicher war aber auch ich erst auf den letzten Seiten, das hat hier der Geschichte jedoch in keiner Weise geschadet.


    Trotzdem war das eins der besseren Bücher, die ich in den letzten Wochen gelesen habe.

  • 1953 lässt sich der Stockholmer Kommissar John Stierna in den vorgezogenen Ruhestand versetzten. Er zieht sich von Stockholm in das beschauliche Visby zurück. Dort sucht ihn der Journalist Börje Grönwall auf, der über den 25 Jahre alten, nicht gelösten Mord an der 8jährigen Ingrid Bengtsson berichten will. Das Mädchen wurde 1928 auf einer stillgelegten Werft in Stockholm erschlagen aufgefunden.
    Da dieser ungelöste Fall John Stierna nach wie vor beschäftigt, ausserdem die Verjährungsfrist für diesen Mord immer näher rückt, ist er bereit darüber mit dem Journalisten zu sprechen.


    Der Roman erstreckt sich über 2 Zeitebenen.
    In einem fast schon emotionslosen Schreibstil erzählt der Autor von dem Mord und den akribischen Ermittlungen im Jahre 1928, sowie über das Leben und die Erinnerungen des John Stierna in Gesprächen mit Björe Grönwall aus dem Jahr 1953. Eingeflochten sind kurze Kapitel aus der Sicht des Mörders.
    Der Spannungsbogen ist von Beginn an flach und steigt bis zum Ende nicht gravierend an.
    Obwohl es ab ungefähr der Mitte des Buches einige Längen gibt, ist es interessant über die damaligen Ermittlungsmethoden zu lesen. Am besten gefiel mir die Idee, zum Vergleich einer Handschrift auf einem Einkaufszettel, die handschriftlich verfassten Steuererklärungen durchzusehen.
    Trotz aller Ermittlungsideen tritt die Polizei auf der Stelle. Etwas Bewegung kommt dann wieder durch einige Ereignisse aus den Jahren 1934 und 1941 in die Geschichte,
    bis der Roman, pünktlich zur Verjährungsfrist, mit einem Paukenschlag endet.
    Seinen Reiz bezieht der Roman aus der gut geschilderten Atmosphäre der damaligen Zeit, und aus der Lebendigkeit der handelnden Figuren.
    Die Bezeichnung Thriller halte ich für reichlich überdimensioniert. Für meinen Geschmack ist es eher ein Kriminalroman in bewährter schwedischer Tradition, streckenweise fast düster und beklemmend.


    Trotz der Längen und der trockenen Erzählweise hat mich dieser Krimi gut unterhalten.
    Ich gebe 8 Punkte

  • 1928 wird die achtjährige Ingrid tot in einem leerstehenden Gebäude gefunden. Von dem Mörder fehlt zunächst jede offensichtliche Spur. Die Möglichkeiten Fingerabdrücke zu vergleichen oder Faserspuren zuzuordnen oder ähnliches gab es schon damals. Aber der Mörder hat am Tatort keine relevaten Spuren hinterlassen.
    Kommissar Stierna und seine Männer suchen nach Indizien wie die Nadel im Heuhaufen. Sie befragen Hunderte Menschen, machen Massentest, vergleichen Schriftproben, spüren jedem noch so kleinen Hinweis nach. Stierna entwickelt fast eine Manie für den Fall, vernachlässigt alles andere darüber, auch seine Frau. Erst Jahre später kommt er dem Täter wirklich auf die Spur.
    Der Autor schreibt in sehr ruhigem Erzählton. Man hat als Leser kein Problem mitzukommen. Er nimmt sich viel Zeit für die Beschreibung der Ermittlungen, für das Durchleuchten seiner Hauptpersonen. In kleinen Abschnitten lernen wir auch den Mörder etwas kennen. Das Buch ist nicht nur ein Krimi sondern auch eine Milieu- und Zeitstudie.
    Am besten gefielen mir eigentlich die Kleinigkeiten, die Land und Zeit beschreiben. Z.B., wie damals in Schweden rigide versucht wurde, den Alkohol zu einem schwer erreichbaren Genussmittel zu machen. Oder wie damals ohne die heutige Technik dennoch Fahndungserfolge erzielt wurden.
    Am Ende kommt es noch zu einer kleinen Überraschung für den Leser und einem zufriedenstellenden Ende. Fast alle Fäden werden genau aufgedröselt und es bleiben keine Fragen offen.
    Mir hat das Buch gut gefallen. Vor allem hat es für mich wieder mal den Beweis angetreten, dass auch ohne gewaltige Aktion eine leise stetige Spannung den Leser - mich zumindest - in Bann schlagen kann.


    Gute 8 Punkte dafür

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Wer einen actionreichen Thriller sucht, der seine gesamte Spannung lediglich durch viel Blutvergießen etc. aufbaut, wird hier nicht fündig. Dieser historische Krimi kann jedoch viel mehr, er fesselt gerade durch seinen detailreichen, ruhigen Erzählstil, der einen regelrechten Sog auf den Leser ausgeübt.


    1928 wird in Stockholm die kleine Ingrid erschlagen aufgefunden, der Mord kann nie aufgeklärt werden. Auch daran zerbricht der mit der Leitung der Ermittlungen beauftragte Kommissar John Stierna im Laufe der Jahre. 1953, das ungesühnte Verbrechen ist nach 25 Jahren fast verjährt, berichtet der inzwischen pensionierte Stierna einem Journalisten von den damaligen Ermittlungen. Jeden einzelnen Schritt der Ermittlungen hat sich die Polizei in mühsamer Kleinarbeit erkämpft, einzelne Details wie ein verwirrendes Puzzelspiel zusammengesetzt. Der Leser wird regelrecht mit in den Wettlauf gegen den Mörder eingebunden, dessen Gedanken immer wieder in den Roman eingestreut werden und der der Polizei immer einen Schritt voraus ist.


    Sehr interessant fand ich den Einblick in die schwedische Gesellschaft der 20iger Jahre sowie die damalige Polizeiarbeit und die Möglichkeiten der Kriminaltechnik, die der Autor sehr ausführlich und glaubwürdig schildert.
    Glaubwürdig sind auch die Personen des Romans, allen voran John Stierna, dargestellt. Er ist zerrissen von dem Drang den Täter zu fassen und damit das Versprechen, das er Ingrids Mutter gab, einzulösen und der genauso unlösbaren Aufgabe seine Ehe zu retten.


    Fazit: Wer über die Bezeichnung "Thriller" auf dem Cover hinwegsieht - denn das ist dieses Buch nicht - und sich auf den ruhigen Erzählstil von Pontus Ljunghill einlässt, wird mit einem atmosphärischen, typisch skandinavischen Krimi belohnt. Bis zum überraschenden Schluss steigert sich unmerklich die Spannung, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.
    Von mir gibt es neun Eulenpunkte.

  • Kommissar John Stierna bekommt wohl den schwersten Fall seiner Polizistenlaufbahn zu bearbeiten. Die achtjährige Ingrid wird ermordet in einer verlassenen Bootswerft aufgefunden.
    Es gibt so gut wie keine Spuren oder Hinweise, doch trotzdem hat Stierna der Mutter des Mädchens versprochen den Täter zu fassen damit er für das bestraft wird was er ihrer Tochter angetan hat.
    Nun ist ein Vierteljahrhundert vergangen und Stierna ist nun im Ruhestand, aber dieser eine Fall hat ihn nie in Ruhe gelassen und nun kontaktiert ihn auch noch ein Journalist der genau über diesen Fall eine Reportage schreiben will.
    Stierna willigt ein dem Reporter Frage und Antwort zu geben und lässt alles nochmal Revue passieren.


    Dies ist der Debütroman des Autoren Pontus Ljunghill aus Schweden.
    Eigentlich lese ich nur Regionalkrimis, aber der Klappentext dieses Thrillers hat mich angesprochen und so habe ich das Buch gelesen.
    Den Beginn fand ich etwas verwirrend und auch recht düster, deshalb habe ich auch etwas gebraucht bis ich mich in die Geschichte eingefunden hatte.
    Es gibt mehr oder weniger zwei Handlungsstränge, da man zwischen den Jahren 1928 und 1953 wechselt, da dies aber zu Beginn des Kapitels angezeigt war, waren diese Wechsel für mich als Leser gut einzuordnen.
    Wieso dieses Buch allerdings als Thriller ausgegeben ist weiß ich nicht, denn die Thriller die ich bisher gelesen habe waren immer blutrünstig was bei diesem Roman nicht wirklich der Fall war, für mich war es eher ein Krimi. Viellicht liegt es auch daran, dass ich bis jetzt noch keine Skandinavischen Kriminalromane gelesen habe.
    Nicht dass mir das Buch so nicht gefallen hat, im Gegenteil mir war es so sogar noch lieber.
    Es waren alle handelnden Personen in diesem Roman sehr gut beschrieben und man konnte sich so diese auch alle sehr gut beim Lesen vorstellen.
    Die Handlungsorte waren auch sehr gut beschrieben, zwar kenne ich Stockholm nicht, aber man konnte sich die Stadt doch recht gut vorstellen.
    Man hat aber auch sehr viel über die Lebensart der Schweden oder eher der Stockholmer gelernt, gut über die Alkoholläden weiß man einiges und auch das der Alkohol rationiert war, war bekannt nur eben nicht so im Detail.
    Von der Stockholmer Ehe hatte ich dagegen noch nie etwas gehört und ich war wirklich erstaunt wie locker das damals gesehen wurde wenn man da an Deutschland denkt wie lange dies hier gedauert hat bis dies als normal angesehen wurde. Auch wenn es dort nur unter den Arbeiten verbreitet war.
    Alles in allem hat mir der Krimi wirklich sehr gut gefallen und wer Krimis oder eben Thriller mag, der wird dieses Buch mögen. Ich jedenfalls kann es nur empfehlen.

  • Der vorliegende Kriminalroman spielt auf zwei Zeitebenen. Zuerst erfährt der Leser, daß in Stockholm 1928 auf einer Werft die 8-jährige Ingrid Bengtsson tot aufgefunden wurde. John Stierna von der Stockholmer Polizei ermittelt und verspricht der Mutter, daß er den Täter finden wird. Die Polizei ist dem Täter auch einige Male sehr nahe, aber er schafft es immer wieder einen Tick schneller zu sein. Sein Vorteil, er ist vom Aussehen her so durchschnittlich, daß er quasi unsichtbar ist und von Zeugen nur schemenhaft beschrieben werden kann.


    Der zweite Strang spielt in Visby 1953. Hier hat sich John Stierna in seinem Vorruhestand in ein Hotel zurückgezogen. Er konnte damals den Mord an Ingrid nicht aufklären, was ihm immer noch nachhängt und nicht zur Ruhe kommen lässt. Als der Journalist Grönwall mit ihm Kontakt aufnimmt, weil er an einer Artikelserie über spektakuläre Mordfälle schreibt, vertieft sich Stierna wieder in die Unterlagen. Er steht vor allem unter großem Zeitdruck, da der Mord in Kürze verjährt. Die Auflösung fand ich persönlich dann doch überraschend und sehr gut.


    Von Anfang an herrscht eine düstere, typisch nordische Stimmung. John Stierna ist meist depressiv dargestellt. Er lebt alleine, ist einsam, durch eine Schußverletzung humpelt er und es lässt ihm keine Ruhe, daß er der Mutter die Aufklärung des Mordes versprochen hat und dies bis heute nicht gehalten hat. Die einzige Anerkennung bekommt er im Moment durch die Hotelgäste, die gerne seinem Klavierspiel zuhören.


    Die Geschichte wird ruhig erzählt. Wer einen temporeichen und blutigen Krimi erwartet, wird ihn hier nicht finden. M. E. hat der Autor sehr gründlich recherchiert, um dem Leser die 20er bzw. 50er Jahre, die Lebensumstände in Schweden, die Wohnverhältnisse, der Umgang mit Alkohol und auch die Ermittlungsmethoden authentisch zu beschreiben. Einerseits konnten damals schon Fingerabdrücke und Faserspuren zu den Ermittlungen herangezogen und ausgewertet werden, aber andererseits wurde z. B. ein Künstler engagiert, um ein Phantombild zu zeichnen oder es sollte die Handschrift eines Einkaufszettels mit den abgegebenen Steuererklärungen verglichen werden.


    Für mich ein sehr beeindruckendes Buch, das man nicht schnell als Urlaubslektüre weglesen kann. Der Autor hat einen angenehmen Schreibstil und ich würde gerne ein weiteres Buch aus seiner Feder lesen. Von mir eine Leseempfehlung für alle Liebhaber nordischer Krimis!

  • Mein erster Kriminalroman und dann gleich ein skandinavischer. Der Mann im Park von Pontus Ljunghill macht aber Lust auf mehr!


    Ein sehr angenehmer Schreibstil und sehr gute Charakterzeichnungen der Protagonisten, lassen den Leser eintauchen ins Schweden der Jahre 1928, 1934, 1941 und 1953. Dabei gefällt mir der Wechsel der Zeitebenen sehr. Auch die Abschnitte in denen uns Ljunghill in die Gedankenwelt des Täters eintauchen lässt, sind außerordentlich gut gelungen. Die Story wird ruhig erzählt und viel Wert auf die ermittlerische Arbeit der Polizei gelegt, was nicht verwundern dürfte, da der Autor doch von Beruf Kriminologe ist und als Journalist arbeitet. Wer einen temporeichen und blutigen Krimi erwartet, wird ihn hier nicht finden, Action in Form von Schlägereien oder wilden Verfolgungsjagten – Fehlanzeige! Sieht man mal von einem Wettkampf im Dauerlaufen eines Kriminalbeamten mit dem Mörder ab.


    Die Atmosphäre des Romans ist typisch für skandinavische Krimis – düster und depressiv. Dies zeigt sich besonders am Protagonisten John Stierna, dem eigentlich eine großartige Karriere vorgezeichnet ist, der dann jedoch neben dem Scheitern seiner Ehe auch noch seine Karriere weg gibt. Stattdessen wird der Mordfall zu seiner Obsession. Zum Ende des Buches laufen dann alle Fäden zusammen und die letzten Seiten sorgen dann auch für einen finalen Überraschungseffekt.


    Fazit: ein lesenswerter Roman, der mich gut unterhalten hat.

    "Wyrd bid ful aræd"
    Das Schicksal ist unausweichlich
    :lesendLee Child: Sniper (Jack Reacher 9)

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  • Ein Krimi- kein Thriller. Ein Krimi, der dem Klischee des nordischen Krimis exakt entspricht, düster, depressiv, langsam, der Ermittler einsam und grübelnd, voller Selbstzweifel.

  • Über den Inhalt wurde bereits ausführlich geschrieben, daher hier meine Meinung zum Buch:


    Den Vergleich zu vielen bekannten skandinavischen Autoren braucht Pontus Ljunghill nicht zu scheuen. Er hat einen gut geschriebenen Kriminalroman abgeliefert. Auch die bekannt düster-nordische Stimmung findet sich hier wieder.
    Ljunghill hat es geschafft, dass ich den Roman nicht gleich nach 50 Seiten abgebrochen sondern bis zum Schluss durchgelesen habe. :anbet
    Das liegt (denke ich) vor allem an dem ruhigen Schreibstil und den Hintergrundinformationen, mit denen Ljunghill den Leser im Lauf des Buchs versorgt (Entwicklung der Alkoholbeschränkung in Schweden etc.).


    Mein Fazit: Gut, dass ich es gelesen habe, mir wäre sonst ein solider Krimi entgangen.
    Ich vergebe 7 Eulenpunkte.

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, die Gründe decken sich weitgehend mit den von euch schon aufgeführten.
    Oft habe ich so meine Probleme mit verschiedenen Zeitebenen, hier nicht.
    Der irgendwie ruhige Ton sagte mir zu, ebenso die Einblicke in die damalige Polizeiarbeit und Gebräuche ("Einkaufsbuch" :grin) und auch in das Gefühlsleben des Ermittlers und dessen Ehefrau.
    Mit dem Ende hätte ich auf keinen Fall gerechnet, aber es regte zum Nachdenken an.
    Ich gebe diesem Buch 9 von 10 möglichen Eulenpunkten!
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)