'Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown' - Seiten 096 - 187

  • Liebe Eulen.


    Erstmal muss ich euch ein Kompliment machen - ich finde es klasse, wie ihr hier diskutiert und euch austauscht.
    Eure Kommentare zu den ersten hundert Seiten, auch die kritischen, geben dem Recht, was ich selbst empfinde, wenn ich das Buch heute zur Hand nehme: Es hätte am Anfang womöglich ein bisschen Straffung verdient. Mit ein bisschen Abstand sieht man das deutlicher. Während des Schreibens sucht man am Anfang vor allem nach dem richtigen Ton, nach dem Stil und der Identität der Figuren, was dann möglicherweise zu Längen führt, die man selbst nicht wahrnimmt. Mit der Zeit wird man dann vertrauter und routinierter.
    Das Schreiben ist ein Prozess, der viel Selbstkritik erfordert. Und ich kann euch sagen, sich selbst zu redigieren, zu kürzen und von liebgewonnenen Ideen Abschied zu nehmen ist verdammt schwierig. Heute würde mir das sicher leichter fallen ...
    Aber das soll keine Entschuldigung sein, nur vielleicht eine Erklärung.


    Besonders schön finde ich, dass Henry die hier Mitlesenden offenbar animiert, sich an ihre eigenen Teddys zu erinnern. Und wenn ein Buch bewirkt, dass Menschen sich mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzen, dann hat es schon viel erreicht. Danke für eure Kommentare.

  • Ich fand es eigentlich gerade schön, langsam in die Geschichte eingeführt zu werden, sich langsam an eine völlig andere Sichtweise zu gewöhnen - eben an eine ganz ruhige "Zuschauerposition".


    Es fällt mir noch ein wenig schwer, immer wieder "Abschied" zu nehmen von den Personen und das die Fäden so offen, locker bleiben ...

  • Als die englischen Kinder Lili und Leo zu erwachsen für ihren "Puddly" waren, kommt Henry auf Umwegen als "Doudou" zu einem sehr phantasiereichen Jungen namens Robert Bouvier, mit dem er aufregende Spiele spielt. Währenddessen wird das Leben immer mehr von der Angst vor den herannahenden Deutschen geprägt. Als die Familie fliehen muss, will der kleine Robert nicht mit und versteckt sich mit Doudou in einem Keller. Doch die Mutter findet ihn noch gerade rechtzeitig vor dem geplanten Aufbruch. Henry-Doudou aber bleibt allein im Keller zurück. Robert fällt dies zwar noch in Hörweite auf, aber die Mutter weiß, dass keine Minute mehr zu verlieren ist, und lässt ihren kleinen Ausreißer nicht mehr von der Hand.
    Auch dieser Abschnitt hat mich gut unterhalten und sehr bewegt, ganz besonders die Stellen, an denen Henry uns seine Gedanken mitteilt.:-)

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Mir geht eine Menge im Kopf herum...
    Zuerst einmal finde ich Beos Teddy-Geschichte unglaublich traurig. Ich weiß auch gar nicht, was man dazu sagen kann, und reiche mal an Anne weiter, vielleicht hat sie eine Idee, was Henry dazu gesagt hätte. Er ist ja hier der große Tröster, ich bin da eher ein Weichei*g*.
    Zu Annes posting: Ja, vielleicht sind manche Passagen tatsächlich etwas lang, ich denke da auch an die Sache mit dem Spiel mit Robert. Andererseits passt es mE ganz gut, selbst über die von Nick erwähnte Eingewöhnungsphase hinaus.
    Ich meine, was IST denn ein Teddy? Ein Teddy ist keine überdürre hektische Barbie-Puppe (ich möchte - vielleicht auch lieber nicht - mal wissen, ob so eine Geschichte auch mit so einem Luxusweibchen - man merkt, ich konnte mit dem Barbie-Hype nicht warmwerden - funktionieren würde)! Ein Teddy ist rund. Runde Leute erwecken Vertrauen. Kohl :grin, Otti Fischer :grin Hoss Cartwright :grin Korrigiert mich, aber forderte nicht schon Caesar: "Lasst dicke Männer um mich sein!" ? Runde Leute sind nun mal etwas langsamer, das liegt in der Natur der Sache. Außerdem: Vom Verstand her ist Henry blitzschnell (auch wenn er manches erst lernen muss). Neeneee, das passt schon alles. Jedenfalls für mich. :grin :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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  • Zitat

    Original von maikaefer


    Zuerst einmal finde ich Beos Teddy-Geschichte unglaublich traurig. Ich weiß auch gar nicht, was man dazu sagen kann, und reiche mal an Anne weiter, vielleicht hat sie eine Idee, was Henry dazu gesagt hätte.


    Henry würde sagen: Es ist ganz und gar unverständlich, warum einem Bären so ein Schicksal widerfahren muss. Gerecht ist es auf keinen Fall. Aber dass Beo sich an seinen Bären erinnert und ihn noch heute im Herzen trägt, ist vielleicht sogar wichtiger. Denn dann hat der Bär eine Bedeutung gehabt, seine Existenz hat einen Unterschied gemacht. Und das ist für einen Bären das größte Lob.

  • Zitat

    Original von Findus
    Und sind wir mal ehrlich, wer hat zuhause noch seinen Teddy aus Kindertagen?


    Hier! :wave Ich gehöre auch zur Teddy-Fraktion! ;-)


    Meinen Nounours habe ich seit ich denken kann und er war mein bester Freund. Ihm konnte ich alles anvertrauen und ohne ihn ging nichts. Ich erinnere mich daran, dass ich ihn in einer Bahnhofswartehalle vergessen hatte (wie das passieren konnte, weiss ich heute noch nicht :-() und wir dann mit dem Zug nach Hause gefahren sind (ca. 50 km). An Schlafen war an dem Abend nicht zu denken. Meine Mutter hat am Startbahnhof angerufen und der Teddy wurde zum Glück gefunden und er wurde mit dem nächsten Zug zum Zielbahnhof geschickt. Meine Mutter musste dann noch spätabends mit dem Roller zum Bahnhof fahren, um Nounours abzuholen. Ihr könnte euch vorstellen, wie gross die Wiedersehensfreude war und ich danach habe ich ihn nie, nie wieder irgendwo vergessen. :-]


    Zitat

    Original von Findus
    Sind denn alle von c dem Buch begeistert?? ich meine nach gut 100 Seiten hat man sich doch eingelesen. Ich werde immer noch nicht recht warm mit der Geschichte.


    Begeistert ja - aber auf eine ganz besondere Art. Es ist für mich nicht ein Buch, das ich unbedingt in einem Rutsch durchlesen muss (wie z.B. einen spannenden Thriller). Ich lese ein ein bisschen weiter und lasse dann gerne das Gelesene auf mich wirken. Es ist mehr so ein Wohlfühlbuch. Es gab doch Mal einen Thread mit Büchern, die "wie eine warme Wolldecke" sind (oder so ähnlich). Ich muss den Mal raussuchen - denn dieses Buch würde in diese Rubrik sehr gut reinpassen. :-)


    Zitat

    Original von maikaefer
    Ein Teddy ist keine überdürre hektische Barbie-Puppe (ich möchte - vielleicht auch lieber nicht - mal wissen, ob so eine Geschichte auch mit so einem Luxusweibchen - man merkt, ich konnte mit dem Barbie-Hype nicht warmwerden - funktionieren würde)!


    Ich gebe zu, dass ich auch mit Barbies gespielt habe. Aber das kann man überhaupt nicht mit der Beziehung, die ich zu meinem Teddy hatte/habe vergleichen. Mit der Barbie habe ich gespielt und so getan als ob - mit dem Teddy habe ich gelebt, gelacht, geweint. Ich finde, das sind zwei völlig verschiedene Ebenen und daher würde so ein Buch mit einer Barbie meiner Meinung nach nicht funktionieren.

  • Zitat

    Original von beowulf
    So ein bisschen habe ich das Gefühl im März hätte ich as Buch lieber gelesen, bei Sonne auf der Haut ist ein Sonne im Herzen Buch nicht unbedingt sinnvoll. Etwas zu viel Kitsch? Eigentlich nicht, aber besser zu trübem Wetter?


    So ein bisschen Kitsch und vor allem Balsam für die Seele passt doch eigentlich immer, oder? ;-)


    Zitat

    Original von beowulf
    Meinen Teddy hat der Hund verrissen. Ich war längst Student und fern der Heimat als meine Mutter auf die saudumme Idee kam, das alte abgeliebte, mit abgeschabtem Fell im Bücherregal ihres
    Sohnes sitzende Ding, das nur noch sehr entfernt an das vor Jahren teuer erworbene Spielzeug erinnerte dem Hund zum spielen zu geben. Als ich wieder nach Hause kam, war schon alles zu spät. ich habe es meiner Mutter nie verziehen.


    Das tut mir leid. :knuddel1


    Zitat

    Original von Abhabe
    Henry würde sagen: Es ist ganz und gar unverständlich, warum einem Bären so ein Schicksal widerfahren muss. Gerecht ist es auf keinen Fall. Aber dass Beo sich an seinen Bären erinnert und ihn noch heute im Herzen trägt, ist vielleicht sogar wichtiger. Denn dann hat der Bär eine Bedeutung gehabt, seine Existenz hat einen Unterschied gemacht. Und das ist für einen Bären das größte Lob.


    Wunderschön beschrieben! :anbet

  • Zitat

    Original von Ayasha
    Meinen Nounours habe ich seit ich denken kann


    Was bedeutet Nounours (wenn es nicht zu privat ist), bitte? Erinnert ein wenig an Roberts Doudou. Oder sind das nur so eine Art Lautmalereien?
    Ansonsten kann ich deine Ausführungen nur :write :knuddel1 :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Henry gehört ja auch ganz offensichtlich zu den Philosophenbären.
    Er muss ertragen, etwas zu erkennen und nichts tun zu können. Ganz schön schwierig!


    Ich glaube, das macht gerade einen Teddybär aus, oder? Andererseits tut der Bär dann doch etwas: er hört zu und tröstet. :-)


    Zitat

    Original von maikaefer
    Was bedeutet Nounours (wenn es nicht zu privat ist), bitte? Erinnert ein wenig an Roberts Doudou. Oder sind das nur so eine Art Lautmalereien?
    Ansonsten kann ich deine Ausführungen nur :write :knuddel1 :wave


    Erstmal :knuddel1 ich dich zurück! :-)


    Und es ist absolut nicht zu privat: Nounours ist das französische Wort für Teddybär. Und da meine erste Sprache, die ich gesprochen habe, Französisch ist, war das auch gleich der Name von meinem Teddy, der auch geblieben ist, als ich später dann mehr Deutsch sprach. Er war auch unter den Nachbarn (deutschsprachigen) als Nounours bekannt. :-]

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Henry gehört ja auch ganz offensichtlich zu den Philosophenbären.
    Er muss ertragen, etwas zu erkennen und nichts tun zu können. Ganz schön schwierig!


    Das habe ich auch schon gedacht, ganz schön philosophisch was der Bär manchmal für Gedankengänge hat und irgendwie erinnern mich di Erzählungen an Sofies Welt, allerdings ging es da nüchterner zu.
    ich weiß jetzt nicht mehr genau die Szene, ich glaube es war als er zusehen musste wie Robert mitten in der Nacht davon ging damit er nciht mit ins Burgund mitmusste. Er konnte nichts dagegen tun, Eltern ergeht es mitunter auch so, wenn ihre Kinder etwas unternehmen und man weiß genau das ist nicht gut für sie aber sie tun es trotzdem. Das kommt sehr gut rüber.


    Das Kapitel mit den Bouviers ist abgeschlossen und ich bin mit Henry bei den Deutschen gelandet.


    @ maikaefer, ich kann nicht später lesen, es kommen die nächsten LR und es warten jede Menge Wanderbücher auf mich im Regal. ich versuche einfach ein paar Nachtstunden zu nutzen, zum posten komme ich auch nur abends.

  • Zitat

    Original von Abhabe
    Liebe Eulen.


    Erstmal muss ich euch ein Kompliment machen - ich finde es klasse, wie ihr hier diskutiert und euch austauscht.
    Eure Kommentare zu den ersten hundert Seiten, auch die kritischen, geben dem Recht, was ich selbst empfinde, wenn ich das Buch heute zur Hand nehme: Es hätte am Anfang womöglich ein bisschen Straffung verdient. Mit ein bisschen Abstand sieht man das deutlicher.


    Besonders schön finde ich, dass Henry die hier Mitlesenden offenbar animiert, sich an ihre eigenen Teddys zu erinnern. Und wenn ein Buch bewirkt, dass Menschen sich mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzen, dann hat es schon viel erreicht. Danke für eure Kommentare.


    Danke, dass Du mit der Kritik so gut umgehst :anbet, das kann auch nicht jeder.


    Ich habe zwar keinen eigenen Teddy mehr ( ich kann mich nicht mal mehr erinnern ob ich je einen hatte) aber ich finde es sehr schön, dass meine Kinder ihre noch haben und wertschätzen.
    Und ja, ich finde es auch interessant die Teddygeschichten meiner Mitleser zu erfahren, das hat doch sehr viel herzerwärmendes.

  • Zitat

    Original von maikaefer
    @ Ayasha: Danke für deine Erklärung!
    @ Findus: Schön, dass du dabei bleibst!
    :wave


    warum denn nicht? und eins muss ich sagen: die Anne ist jetzt schon eine meiner Lieblingsautorinnen, nur wegen ihrer Kommentare, die sind so speziell. die muss man einfach gern haben, erinnert doch an Teddy´s Denkweise. Also irgenwas wollte ich sie auch noch fragen, aber ich habs wieder vergessen :pille das wird langsam bedenklich :rolleyes :rolleyes ?(

  • Jetzt komme ich auch endlich mal dazu, meine Meinung zu schreiben.


    Auf nach Amerika. Miss Hobhouse ist auch schon da. Und Mr. Wright trifft eine Entscheidung, die nicht „korrekt“ ist und ihm doch „richtig“ erscheint. Leider ist sie unumkehrbar. Was hätte es geändert, wenn Henry und er sich „rechtzeitig erkannt“ hätten (Seite 120) – hätte es etwas ändern können? Auch die Geschichte von und um Mortimer Wright bewegt und stimmt mich traurig. Henry muss noch lernen, das Liebe in ihrer Intensität oft genug situations- und zeitbedingt ist (Seite 125). Da ist er nicht der Erste und wird auch nicht der Letzte sein. Und trotzdem denkt man immer wieder „schade“.


    Mir gefällt übrigens, dass immer wieder der Bezug zur „jetzigen“ Situation Henrys hergestellt wird. Die kleinen Einschübe sind wesentlich mehr als Füller. Noch einmal ein „schade“, diesmal, dass Henry nicht die besten Erfahrungen mit Katzen macht. Da könnte ich ihm ganz andere Geschichten erzählen … aber das tut hier nichts zur Sache.


    Krieg in Europa, in Frankreich, in Paris. Und Robert und Henry mittendrin. Kann das gut gehen? Für mich ist das eigentlich das Schönste am Buch: Man bekommt etwas erzählt, man weiß etwas/einiges über das Vorher, so gut wie nichts über das Nachher, es sei denn, es betrifft Henry, und man hat Raum für die eigenen Wünsche und Hoffnungen. Man weiß um die Wirklichkeit der realen Roberts, Maurices, Nadines und wie sie alle hießen, aber man wünscht und hofft trotzdem. Und so lange man die Wirklichkeit nicht schwarz auf weiß vor Augen hat, darf man sich vorstellen, diesen wäre ein freundliches Schicksal beschieden gewesen.


    Zitat

    Original von Abhabe
    Es hätte am Anfang womöglich ein bisschen Straffung verdient.


    Ich war - und bin - im Gegenteil dankbar für die "Nichtstraffung", für das Ausführliche.


    Zur Erinnerung an eigene Teddys: Leider hab ich als Kind nie einen besessen. Dafür hab ich als Erwachsene ... äh ... nun ja: viele. Selbstgemachte. :-]