'Die Tote im Nebel' - Prolog - Kapitel III

  • Danke Heike für den Link auf facebook, sonst hätte ich nicht hierher gefunden.


    Das Buch hatte mich sofort neugierig gemacht, durch zwei Dinge:
    das wunderbare Titelbild und der Button 'Wilhelm Grimm ermittelt'.


    Schon der Prolog hat mich direkt in die Geschichte gezogen, die Figuren sofort meine Neugierde geweckt (ein Personenregister vermisse ich gar nicht).


    Der Roman ist fesselnd geschrieben, und macht mir große Freude.

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL

  • Zitat

    Original von Ayasha



    Umso mehr habe ich mich darüber gefreut, Sophie und ihre Schwester kennen zu lernen. Vor allem Sophie fand ich gleich von Anfang an sympathisch. Ihr Wissensdurst macht aus ihr ein für die damalige Zeit aussergewöhnlich starkem und selbstbewussten Mädchen. (So ist zumindest mein erster Eindruck von ihr.) ...


    Ich denke, dass Sophies Freiheitsstrang und Wissensdurst für diese Zeit, kurz nach der französischen Revolution gar nicht so ungewöhnlich war. Damals herrschte doch eine gewisse Aufbruchsstimmung, warum sollten nicht auch junge Frauen versuchen die alten Fesseln zumindest teilweise, abzustreifen?


    Den Gegenpart bekommen wir mit Sophies Onkel ja auch gleich mitgeliefert :rolleyes

  • Zitat

    Original von Zwergin


    Ich denke, dass Sophies Freiheitsstrang und Wissensdurst für diese Zeit, kurz nach der französischen Revolution gar nicht so ungewöhnlich war. Damals herrschte doch eine gewisse Aufbruchsstimmung, warum sollten nicht auch junge Frauen versuchen die alten Fesseln zumindest teilweise, abzustreifen?


    Den Gegenpart bekommen wir mit Sophies Onkel ja auch gleich mitgeliefert :rolleyes


    So habe ich das noch gar nicht gesehen. Vielen Dank für den Hinweis, Zwergin. :wave Ich muss auch zugeben, dass ich ein Faible für solche Mädchen habe, die versuchten "auszubrechen". Ich finde, dass wir Frauen von heute ihnen viel zu verdanken haben. :-)

  • Polizey ist eine im 19. Jahrhundert übliche Schreibweise. :wave



    @ Torshavn: Herzlich willkommen :)


    Zum Thema "Frauen, die ausbrechen" - ich habe mich eine Weile sehr intensiv mit Olympe de Gouges (http://de.wikipedia.org/wiki/Olympe_de_Gouges) beschäftigt, die sicher eine der prominentesten Frauengestalten der Französischen Revolution ist (wobei sie auch schon vor der Revolution ein sehr selbstbestimmtes Leben führte). Die Dame steht immer noch auf meiner Liste der Themen, über die ich gerne einmal etwas machen würde, auch wenn ich ja sonst lieber männliche Protagonisten schreibe.


    :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

    Rabenerbe/ Rabenbund - DSA-Fantasyromane - 2017/2018 bei Ulisses

  • Bin ich die einzige, die jetzt erst einstiegt und alle anderen sind schon fertig?!? Schaut fast so aus ...


    Ich bin auf Seite 86, möchte aber trotzdem schon mal kurz schreiben, wie gut mir das Buch bisher gefällt! Ich bin wunderbar reingekommen und kann selbst beim Laufen zwischen U-Bahn und Büro nicht aufhören zu lesen!
    Heike, kommst du aus Marburg? Ist es immer noch so verwunschen wie zu Grimms Zeiten? Ich kenne Marburg gar nicht.
    Und Heike, falls es dir nicht zu privat ist: Die Widmung an deine Tochter Merle ist wunderschön! Wie alt ist sie? Magst du nicht mal eins ihrer Bilder hochladen? Wie gesagt, nur, wenn es dir nicht zu privat ist :-)


    Die erste Szene mit Julius finde ich ganz schön anstrengend. Er ist ja ein sehr selbstbewusster Mensch, aber kann er seinen Einstand nicht ein bisschen diplomatischer angehen? Ja gut, die Zustände an seinem zukünftigen Arbeitsplatz sind nicht die angenehmsten, aber immerhin ist er der neue...


    Doofe Frage, aber ist im Klappentext wirklich "Schwiegermutter" anstelle von "Stiefmutter" gemeint? Als mein Freund und ich zusammengekommen sind, haben wir lange über böse hexen- und märchenhafte Schwiegermütter geflachst, bis eben diese uns in Erinnerungen gerufen haben, dass es im Märchen doch Stiefmütter sind. ih weiß, ich bin noch nicht weit, aber bis jetzt weiß ich nur von einer jungen Stiefmutter :grin


    Im Moment würde ich gerne mehr über Sophies Oma und ihre Märchen erfahren :-)


    Über Tippfehler wurde ja schon geredet, ich spendiere ein R für Seite 77:"Ich habe Schreiben seineR akademischen Lehrer..."

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Zitat

    Original von kissy
    Bin ich die einzige, die jetzt erst einstiegt und alle anderen sind schon fertig?!? Schaut fast so aus ...


    Nein, bist Du nicht. Ich bin auch erst seit heute Morgen dabei, und habe mich schon ein bißchen erschreckt, das das Buch offensichtlich von einigen fast in einem Rutsch durchgelesen wurde.


    Den ersten Leseabschnitt habe ich jetzt durch. Ich bin wirklich fasziniert.
    Da mich beim Krimi eigentlich nie die Frage interessiert, wer es getan hat, sondern eher die Entwicklung der Figuren, bin ich nicht wirklich ein klassischer Krimileser.


    Der historische Hintergrund (Romantik trifft auf Aufklärung) ist in meinen Augen sehr gut gelungen.
    Die Charakterzeichnung ist überzeugend und glaubwürdig. Ich sehe die Figuren beim Lesen richtig vor mir. Sehr gelungen ist die Darstellung von Wilhelm und auch Jakob Grimm, deren Lebensumstände mir durch einige Biographien zwar vertraut sind, die mir hier aber zum ersten Mal richtig mit Leben erfüllt erscheinen (sogar überzeugender als in Kai Meyers Geisterseher).


    Was stand für dich Heike beim Schreiben eigentlich im Vordergrund: der Krimi, der historische Roman oder die Darstellung der Grimms (passend zum Grimmjahr 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen)?

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL

  • Zitat

    Original von bienchen69


    Das geht mir genauso.


    Die 'Jugendlichkeit' der Grimms ist schon richtig, wenn man im Auge behält, das sie von Anfang an zur Selbstständigkeit erzogen wurden. Und bereits mit 11, 12 Jahren von zu Hause weg sind, um zur Schule zu gehen. Sie waren also schon früh gezwungen auf eigenen Beinen zu stehen, und auch zum Familienunterhalt beizutragen.
    Die Grimms sind schon zwei interessante Typen.


    Eine meiner bisherigen Lieblingsszenen im Buch ist z.B. auch das Treffen zwischen Sophie und Wilhelm am 'maurisch anmutenden Gartenhaus' (S.118 ff).
    Eine Szene voller Naturromantik, zarter Liebesannäherung zwischen den beiden und Gedankenarbeit an der Lösung des Mordfalles. Eine großartige Stelle im Buch.


    Zitat

    Im Moment würde ich gerne mehr über Sophies Oma und ihre Märchen erfahren


    Ja Sophies Oma ist interessant. Irgendwie wirkt es immer 'richtig', wenn sie etwas sagt bzw. einwirft. Sie scheint die Welt der Märchen auf eine andere Art zu sehen, als die Menschen um sie herum. Sie scheint in ihnen die Wirklichkeit abgebildet zu sehen. Deshalb bleibt sie wohl auch im Wolfsbild.


    Interessant finde ich eh die eingestreuten Märchenelemente: der böse Wolf, die böse Stiefmutter, die Hexe. Ich bin gespannt, was sich davon bewahrheitet. Oder ob es wegen der offensichtlichen Assoziationen, vielleicht eine ganz andere Wendung mit diesen 'Märchentypen' gibt.



    Was mir wirklich fehlt ist ein historischer Stadtplan von Marburg und Umgebung. Mir fehlt so ein bißchen die Vorstellung, wie weit die einzelnen Orte von einander entfernt sind.

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL

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  • Zitat

    Original von kissy
    Bin ich die einzige, die jetzt erst einstiegt und alle anderen sind schon fertig?!? Schaut fast so aus ...


    Ich glaube nicht, dass du die Letzte bist :-) Laut Liste (und auch, wenn davon nicht alle mitmachen) sind noch einige dabei, die noch nicht eingestiegen sind.


    Zitat

    Ich bin auf Seite 86, möchte aber trotzdem schon mal kurz schreiben, wie gut mir das Buch bisher gefällt! Ich bin wunderbar reingekommen und kann selbst beim Laufen zwischen U-Bahn und Büro nicht aufhören zu lesen!
    Heike, kommst du aus Marburg? Ist es immer noch so verwunschen wie zu Grimms Zeiten? Ich kenne Marburg gar nicht.


    Ich komme aus Marburg, ja :-)
    Die Stadt hat das Glück, im Krieg nicht zerstört worden zu sein, sodass man das Marburg, das Wilhelm und Jakob Grimm 1803 erlebt haben, in der Oberstadt (=Altstadt) fast noch unverändert vorfindet. Es sind einige Häuser neu gebaut worden, und stellenweise findet man prachtvolle Fachwerkbauten, die neogothisch sind, aber die Atmosphäre, die Enge der Gassen und das Verwunschene hat die Stadt auch heute noch. Und die vielen Treppen :grin Jakobs Beschwerde über die vielen Treppen geht auf ein überliefertes Zitat zurück, in dem er sich darüber auslässt, dass es auf den Straßen mehr Treppen gäbe als in den Häusern.



    Zitat

    Und Heike, falls es dir nicht zu privat ist: Die Widmung an deine Tochter Merle ist wunderschön! Wie alt ist sie? Magst du nicht mal eins ihrer Bilder hochladen? Wie gesagt, nur, wenn es dir nicht zu privat ist :-)


    Danke :) Meine Tochter liebt Märchen und kennt inzwischen beinahe alle auswendig - einschließlich der klassischen Sprüche, mit denen wir hin und wieder ein Märchen-Ratequiz machen, um lange Autofahrten aufzulockern :lache Sie ist jetzt vier, und die Widmung geht auf ein Sterntaler-Bild zurück, das sie gezeichnet hat. Da sie vorher mein ZEIT-Magazin zu den Grimms in der Hand hatte und ich ihr ein wenig über die Grimms erzählt habe, hat sie die beiden dann an den Rand gemalt, wie sie Sterntaler zusehen.
    Bilder mag ich keine hochladen - ich achte sehr penibel darauf, dass es keine Bilder von ihr im Netz gibt. Aber ich zeige gerne welche beim Eulentreffen :-)


    Zitat


    Doofe Frage, aber ist im Klappentext wirklich "Schwiegermutter" anstelle von "Stiefmutter" gemeint? Als mein Freund und ich zusammengekommen sind, haben wir lange über böse hexen- und märchenhafte Schwiegermütter geflachst, bis eben diese uns in Erinnerungen gerufen haben, dass es im Märchen doch Stiefmütter sind. ih weiß, ich bin noch nicht weit, aber bis jetzt weiß ich nur von einer jungen Stiefmutter :grin


    Das ist in der Tat ein doofer Fehler, der mir aber leider erst aufgefallen ist, als das Buch schon erschienen war ... :bonk Es muss natürlich Stiefmutter heißen.


    :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

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  • Zitat

    Original von Torshavn


    Was stand für dich Heike beim Schreiben eigentlich im Vordergrund: der Krimi, der historische Roman oder die Darstellung der Grimms (passend zum Grimmjahr 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen)?


    Das ist eine schwere Frage - ich glaube, der historische Roman. Das ist ja mein eigentliches Genre (neben der Fantasy). "Die Tote im Nebel" ist mein erster Krimi. Dass der Roman gerade in der Grimm-Jahr fiel/ fällt, passte natürlich sehr gut :grin, aber auch unabhängig davon habe ich mich schon vorher eine Weile mit Marburg im frühen 19. Jahrhundert beschäftigt und hatte schon länger vor, einen Roman in dieser Zeit anzusiedeln. Ich finde die Zeit faszinierend, und Marburg hat den besonderen Reiz, dass hier auf kleinstem Raum einige wirklich bedeutende Geistesgrößen zusammengekommen sind, bzw. einige Jahre in der Stadt verbracht haben.


    Zur Entstehung des Romans habe ich übrigens einige bei dem Interview gesagt, das ich Birgit Borloni von der Histo-Couch zum Erscheinen des Romans gegeben habe (ich bin mal so frei und verlinke):


    http://www.histo-couch.de/interview-mit-heike-wolf.html


    :wave


    Heike

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  • Zitat

    Original von Torshavn


    Die 'Jugendlichkeit' der Grimms ist schon richtig, wenn man im Auge behält, das sie von Anfang an zur Selbstständigkeit erzogen wurden. Und bereits mit 11, 12 Jahren von zu Hause weg sind, um zur Schule zu gehen. Sie waren also schon früh gezwungen auf eigenen Beinen zu stehen, und auch zum Familienunterhalt beizutragen.
    Die Grimms sind schon zwei interessante Typen.


    Ihr Vater starb recht früh, und sie waren angehalten, möglichst rasch zum Unterhalt der Familie beizutragen. Schon auf dem Gymnasium in Kassel haben sie sich durch außergewöhnliche Leistungen hervorgetan und wenn ich es richtig im Kopf habe, haben sie die Schule schneller als gewöhnlich abgeschlossen.
    Friedrich Carl von Savigny ist übrigens auch so eine sehr junge (und für heutige Verhältnisse sehr ungewöhnliche) Gestalt. Er ist zum Zeitpunkt des Roman gerade einmal Anfang Zwanzig - und bereits Universitätsdozent und akademischer Lehrer der Grimms.


    Zitat

    Eine meiner bisherigen Lieblingsszenen im Buch ist z.B. auch das Treffen zwischen Sophie und Wilhelm am 'maurisch anmutenden Gartenhaus' (S.118 ff).
    Eine Szene voller Naturromantik, zarter Liebesannäherung zwischen den beiden und Gedankenarbeit an der Lösung des Mordfalles. Eine großartige Stelle im Buch.


    Danke :-) Die romantischen Motive waren an dieser Stelle beabsichtigt, und es freut mich, dass es dir gefällt.
    Das Gartenhaus gibt es heute noch. Zusammen mit dem alten Turm an der Stadtmauer taucht es in Bettine Brentanos Texte auf, die sie über ihre Zeit in Marburg geschrieben hat. Ich war zweimal dort, es ist ein wirklich schöner Ort.


    Zitat


    Was mir wirklich fehlt ist ein historischer Stadtplan von Marburg und Umgebung. Mir fehlt so ein bißchen die Vorstellung, wie weit die einzelnen Orte von einander entfernt sind.


    Das war leider etwas kompliziert. Es gibt einen Stadtplan von 175x, der den Bebauungsstand bis zur französischen Besatzung 1806 zeigt. Ich hätte den abzeichnen lassen können, aber dazu fehlte am Ende dann leider die Zeit, und zum Einscannen war die Vorlage zu groß. Leider finde ich diesen Plan nicht online, aber wenn ich morgen zu Hause bin, nehme ich mir ein Foto vor, das ich davon gemacht habe (bzw. von dem Plan, der in der Stadt aushängt), markiere die wichtigen Orte, und setze es hier rein.
    Die Marburger Innenstadt ist aber recht überschaubar. Innerhalb der Stadt kann man alles zu Fuß in ca. 10 Minuten erreichen. Zum Fundort der Leiche dürften es etwa 30-45 Minuten sein.


    :wave
    Heike

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  • Zitat

    Original von Torshavn


    Nein, bist Du nicht. Ich bin auch erst seit heute Morgen dabei, und habe mich schon ein bißchen erschreckt, das das Buch offensichtlich von einigen fast in einem Rutsch durchgelesen wurde.


    Ich bin auch noch dabei. Ich bin im dritten Abschnitt. Hatte zwei harte Arbeitstage und da war abends mit lesen nicht mehr viel. :wave

  • Zitat

    Original von Heike
    Zur Entstehung des Romans habe ich übrigens einige bei dem Interview gesagt, das ich Birgit Berloni von der Histo-Couch zum Erscheinen des Romans gegeben habe (ich bin mal so frei und verlinke):


    http://www.histo-couch.de/interview-mit-heike-wolf.html


    Vielen Dank für den Link. Das Interview ist recht aufschlussreich.


    Du spielst ja auch Rollenspiele (DSA) und schreibst Fantasy. Wie wird das denn von den Lesern historischer Romane aufgenommen, wenn sie hören, das Du von der Fantasy herkommst? Mußt Du dich dafür rechtfertigen?


    Zitat

    Ich finde die Zeit faszinierend, und Marburg hat den besonderen Reiz, dass hier auf kleinstem Raum einige wirklich bedeutende Geistesgrößen zusammengekommen sind, bzw. einige Jahre in der Stadt verbracht haben.


    Das ist ein Phänomen, das man ja öfter findet. Was meinst Du ist der Grund dafür, das sich Geistesgrößen zu bestimmten Zeiten am selben Ort treffen? Hast Du für Marburg speziell eine Antwort darauf?



    Gut gefällt mir beim Lesen, wenn immer mal wieder Wissen einfließt, das für die eigentliche Geschichte nicht relevant ist, wie z.B. im Gespräch zwischen Dr. Hinrichs und Julius am Frühstückstisch über Kaffee. Hast Du Spaß an solchen Szenen?


    Als Julius dann später vor der Medicinal Deputation stand, hatte ich ja einen Augenblick gedacht, er knickt wirklich ein. Die Szene war so dramatisch und packend erzählt, das ich am Ende wirklich das Gefühl hatte, ich stehe jetzt neben dem armen Kerl und leide mit.
    Gott sei Dank ist ja schon ein paar Seiten später klar, das er nicht aufgibt.
    Überings auch etwas, das ich Sophies Sturheit anrechne. Sie treibt dadurch die Aufklärung des Verbrechens voran, was sonst vielleicht langsamer gehen würde.


    Schön fand ich auch, etwas über den familären Hintergrund von Julius zu erfahren. Auch wenn mir die Szene beim Abendessen im Elternhaus zu kurz war. Sie ist meines Erachtens zu schnell eskaliert. Da hätte ich gerne noch mehr erfahren. Vielleicht noch eine intensivere Szene mit der Mutter.

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  • Ich habe inzwischen die ersten beiden Kapitel gelesen - eure Beiträge lese ich dann später, wenn ich auch mit dem dritten durch bin, aber ich wollte mich mal melden und Bescheid geben, dass ich auch fleißig lese! :wave


    Bisher gefällt mir das Buch gut, es sind ein bisschen viele Personen, aber noch nicht zu viele.


    Sophie ist mir auf Anhieb sympathisch, Julius finde ich noch ein bisschen zu sehr mit dem Kopf durch die Wand - für den Leser nicht weiter schlimm, aber dass er sich mit seinem Benehmen nicht viele Freunde macht, ist auch verständlich.

  • Ich war heute den ganzen Tag auf der Autobahn und komme daher erst jetzt zum Antworten :-)


    Zitat

    Original von Torshavn
    Vielen Dank für den Link. Das Interview ist recht aufschlussreich.


    Du spielst ja auch Rollenspiele (DSA) und schreibst Fantasy. Wie wird das denn von den Lesern historischer Romane aufgenommen, wenn sie hören, das Du von der Fantasy herkommst? Mußt Du dich dafür rechtfertigen?


    Bislang noch nie. Bei meinen historischen Sachen ist mir eine fundierte Recherche sehr wichtig, auch und vor allem, was die Mentalitäten der Zeit angeht. Auf der anderen Seite sind Fantasy und Historischer Roman m.E. aber auch zwei verwandte Genre. Nicht, dass ich Fantasyelemente in meine historischen Romane übertragen wollte - dazu bin ich als Historikerin viel zu pingelig :grin Aber umgekehrt sind für Fantasy gute Geschichtskenntnisse, Wissen um Staatstheorien, Soziologie, Mentalitäten etc. sehr hilfreich, um Fantasywelten glaubhaft und in sich schlüssig zu gestalten.


    Zitat

    Das ist ein Phänomen, das man ja öfter findet. Was meinst Du ist der Grund dafür, das sich Geistesgrößen zu bestimmten Zeiten am selben Ort treffen? Hast Du für Marburg speziell eine Antwort darauf?


    Um 1800 war Savigny die Figur, um die sich alles drehte und die die Leute zusammenzog - sei es, dass sie mit ihm befreudet waren (wie Clemens Brentano), sei es, dass sie als Schüler zu ihm kamen (wie die Grimms). Brentano brachte seinerseits seine Freunde mit, und in einer kleinen Stadt wie Marburg spricht sich das natürlich auch herum, wenn man sich abends zu interessanten Gesprächen trifft. Das zieht wiederum Ortsansässige an, die den Kreis erweitern. Dazu kommt, dass Marburg eine Universitätsstadt ist.
    In diesem Fall haben die Marburger Jahre Freundschaften geformt, die über Jahrzehnte hielten - obwohl die gemeinsame Zeit recht kurz war. Die Grimms unterhielten aber zeitlebends einen sehr regen Briefwechsel mit verschiedenen Leuten aus diesem Kreis, und als sie 1837 als "Mitglieder" der "Göttinger Sieben" eine neue Anstellung brauchten, hat Bettine Brentano (dann von Arnim) ihnen geholfen, in Berlin Fuß zu fassen.


    Zitat


    Gut gefällt mir beim Lesen, wenn immer mal wieder Wissen einfließt, das für die eigentliche Geschichte nicht relevant ist, wie z.B. im Gespräch zwischen Dr. Hinrichs und Julius am Frühstückstisch über Kaffee. Hast Du Spaß an solchen Szenen?


    Ich mag diese Anekdoten. Häufig stolpere ich bei der Recherche darüber und notiere sie mir, um sie vielleicht irgendwo einzubauen. Das gelingt nicht immer und wäre auch nicht immer sinnvoll, aber wenn es passt, mache ich das gerne. Ansonsten bemühe ich mich, historisches Wissen nicht oberlehrerhaft in Exkurse zu verpacken, sondern in die Geschichte beiläufig einzuweben - wie z.B. den korsischen General/ Konsul, der immer mal wieder Erwähnung findet ;-)


    Zitat


    Schön fand ich auch, etwas über den familären Hintergrund von Julius zu erfahren. Auch wenn mir die Szene beim Abendessen im Elternhaus zu kurz war. Sie ist meines Erachtens zu schnell eskaliert. Da hätte ich gerne noch mehr erfahren. Vielleicht noch eine intensivere Szene mit der Mutter.


    Ich glaube, da saß mir das "du hast nur 300 Seiten"-Teufelchen im Nacken :lache Ich neige dazu, Szenen lang auszugestalten, und das habe ich bei diesem Buch bewusst versucht zu vermeiden - einmal, um mehr Tempo reinzubringen, und dann auch, weil ich nicht am Ende 200 Seiten rauskürzen wollte, wenn es zu lang geworden wäre. Letztendlich sind es mehr als 300 Seiten geworden, aber zumindest das mit dem Tempo hat geklappt :grin Ich glaube, bei einer Familiensaga hätte ich der Szene mehr Raum gegeben.


    :wave
    Heike

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  • Eine Frage spukt mir schon die ganze Zeit beim Lesen im Kopf herum, und stellt sich jedesmal wieder, wenn Julius um eine Autopsie der toten Helene kämpft: Hätte er in der damaligen Zeit durch die Leichenöffnung denn die vermutete Vegiftung zweifelsfrei nachweisen können?

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL

  • Zitat

    Original von Gronik
    Sophie ist mir auf Anhieb sympathisch, Julius finde ich noch ein bisschen zu sehr mit dem Kopf durch die Wand


    Ich nehme Deine Bemerkung, Gronik, mal zum Anlass zu fragen:


    Wieso kommt Sophie bei den Sympathie- Werten so viel besser weg als Julius?
    In meinen Augen sind sich die beiden sehr ähnlich. Beide setzen ihre Denkweise gegen die herrschende Meinung von Familie, Freunde und Gesellschaft absolut durch. Den einzigen wirklichen Unterschied sehe ich darin, das Julius seine Meinung, seine Sicht mit Wissen füllen kann, während Sophie (da sie ja auch noch relativ jung ist) eher aus dem Bauch heraus argumentiert.

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL

  • Vielleicht weil wir hauptsächlich Leserinnen sind und Frauen damals ja noch deutlich eingeschränkter waren. Da bekommt Sophie für ihre (versuchte) Selbstständigkeit und ihre kleinen Ausbruchsversuche gleich mal einen Bonus.


    Von Julius, dem weitgereisten und studierten jungen Mann, erwarte ich hingegen ein bisschen mehr Vernunft und Bedacht in seinem Tun.

  • Zitat

    Original von Torshavn
    Eine Frage spukt mir schon die ganze Zeit beim Lesen im Kopf herum, und stellt sich jedesmal wieder, wenn Julius um eine Autopsie der toten Helene kämpft: Hätte er in der damaligen Zeit durch die Leichenöffnung denn die vermutete Vegiftung zweifelsfrei nachweisen können?


    Nein, Arsenikvergiftungen waren 1803 noch nicht nachweisbar. Er hoffte Hinweise/Beweise zu finden, dass Helene nicht ertrunken war. Und vielleicht noch anderes, was Hinweise auf ein mögliches Motiv gegeben hätte (z.B. eine mögliche Schwangerschaft oder so). Dinge, die er allein bei der äußeren Untersuchung nicht feststellen konnte. Seine Forderung nach einer Autopsie ist in den Augen der Zeitgenossen daher auch nicht so zwingend logisch wie sie es heutzutage wäre.


    http://de.wikipedia.org/wiki/A…hte.2C_Literatur_und_Film


    :wave


    Heike

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  • Ich wollte nur mal kurz anmerken, dass ich, obwohl das Buch bereits ausgelesen ist, hier immer wieder reinschaue und mitlese. Danke, liebe Heike, für deine stets interessanten Ausführungen! :knuddel1 :anbet :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Hier meldet sich die Leseschnecke, die ja auch noch da ist... :wave :-]


    Auch wenn ich nicht so schnell voran komme, geniesse ich doch jede Minute, die ich in Marburg verbringen kann. Es liegt definitiv nicht am Buch - sondern eher an der Zeit, die immer nicht so will, wie ich... ;-)


    Wie gesagt: ich geniesse die Lektüre sehr. Die Geschichte gefällt mir nach wie vor sehr gut. Sie wird immer spannender. So langsam suche ich in den mir vorgestellten Figuren den Mörder - aber sehr weit, bin ich noch nicht gekommen. :grin Wie auch anderen Eulen möchte ich mir aber nicht vorstellen, dass Hans der Mörder ist. Ich könnte mir eher vorstellen, dass er noch zur Schlüsselfigur wird. Er beobachtet die Menschen im Geheimen und hat bestimmt so einiges gesehen. :gruebel


    Mich faszinieren vor allem auch die Figuren. Sie sind so lebendig gezeichnet und es scheint mir kein wirkliches schwarz und weiss zu geben. Jeder hat seine Stärken und Schwächen - es sind einfach Menschen, wie du und ich. :anbet


    Heike :
    Vielen, herzlichen Dank für die vielen, tollen Zusatzinfos, die du uns hier gibst! Das macht die Leserunde zu etwas ganz Besonderem! :knuddel1