Lisa See - Tochter des Glücks (Band 2)

  • Klappentext:
    Joy ist in L.A. groß geworden und hat es sich in den Kopf gesetzt, in Shanghai nach ihrem leiblichen Vater zu suchen. Dort erlebt sie die Umbrüche der Kulturrevolution, erkennt aber nicht, wie gefährdet ihr Vater ist. Ein Ausweg für ihn, den Kunstmaler, ist es, der Landbevölkerung Malunterricht zu geben. Joy begleitet ihn begeistert und verliebt sich in einen Bauernsohn. Ihrer Mutter ist bewusst, wie schwierig die Situation geworden ist, sie setzt deshalb alles daran, Joy wieder nach Amerika zu bringen, obwohl Mao Chinas Grenzen geschlossen hat.



    Rezension:
    Das Leben der 19-jährigen Joy ist nur noch ein Scherbenhaufen. Ihre Mutter Pearl ist gar nicht ihre Mutter, sondern ihre Tante und ihre Tante May in Wahrheit ihre leibliche Mutter. Sam, Perls Ehemann, ist daher nicht ihr Vater, sondern ein chinesischer Maler namens Li Zhi-ge, mit dem ihre Tante/leibliche Mutter in Shanghai eine Affäre hatte. Auch der Selbstmord ihres "Vaters" Sam lastet schwer auf der jungen Frau. Sie will nur noch eines: Fliehen, weg von diesem verkorksten Leben und neu anfangen. Am 23. August 1957 macht sie sich auf nach China, um unter Mao mitzuhelfen, das Land aufzubauen und ihren leiblichen Vater zu finden.


    In China angekommen, gelingt es ihr erstaunlich schnell, ihren Vater ausfindig zu machen, der dort ein berühmter Künstler ist. Dieser nimmt sich ihrer an und zusammen fahren sie aufs Land, da ihr Vater den Auftrag hat, dort Kunstunterricht zu erteilen. So lernt Joy die Seite des Kommunismus kennen, von der sie immer geträumt hat und ist begeistert. Sie weiß eines: Sie will China nie wieder verlassen, sondern sich voll und ganz dem Aufbau widmen und als sie in Gründrachendorf auch noch den Bauern Tao kennen lernt und sich in ihn verliebt, scheint es das Schicksal überaus gut mit ihr zu meinen. Sie ist einfach nur glücklich.


    Derweil macht sich ihre "Mutter" Pearl die größten Vorwürfe und sobald sie weiß, wohin ihre Tochter unterwegs ist, macht sie sich umgehend auf den Weg nach China. Sie will um jeden Preis ihre Tochter finden und wieder nach Hause in die USA bringen, denn Pearl weiß, dass das, was man aus China hört, nicht immer der Wahrheit entspricht. Als sie jedoch in Shanghai ankommt, ist Pearl bereits auf dem Land, sodass sie sich ihr Leben vorerst in dieser Großstadt einrichten muss, bis ihre Tochter zurück kommt. Als dies nach einigen Wochen der Fall ist, muss sie feststellen, dass ihre Tochter ihr gegenüber sehr ablehnend reagiert und nicht gewillt ist, mit ihr das Land zu verlassen, sondern ihr Leben hin China zu beschließen. Pearl, die Joy mehr liebt als ihr Leben, gibt die Hoffnung nicht auf und beschließt, solange in Shanghai durchzuhalten, bis ihre Tochter es sich überlegt hat und wieder nach Hause will - oder bis zu ihrem Lebensende, aber eines weiß sie: Auch wenn sie nicht die leibliche Mutter ist - nie wird sie ihr Kind im Stich lassen. Doch unter Maos Herrschaft ist nicht alles so, wie es nach außen dargestellt wird ...


    Die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind kennt keine Grenzen! Der Plot wurde ausgesprochen realistisch und bildgewaltig erarbeitet. Ich konnte förmlich die Reisfelder vor mir sehen, als Joy sich auf dem Land aufgehalten hat und auch die dramatischen Zustände, als es mit Maos Regierung bergab ging, hatte ich jederzeit vor Augen. Die Figuren wurden facettenreich und tiefgründig erarbeitet, wobei mir hier ganz besonders gut die Wandlung von Joy, von einem verwöhnten Teenager zu einer reifen jungen Frau gefallen hat. Diese wurde ausgesprochen glaubhaft geschildert und ganz ehrlich, ich wäre wohl an diesem Schicksal zerbrochen. Den Schreibstil empfand ich, gerade auf Grund der bildhaften Darstellung, als sehr angenehm zu lesen, wobei ich bei den eher unangenehmeren Szenen lieber die Augen verschlossen hätte. An dieser Stelle hätte mich mir ein nicht ganz so gut ausgeprägte Kopfkino meinerseits gewünscht. Abschließend kann ich sagen, dass mir das Buch sehr schöne Lesestunden bereitet hat, ich es allerdings etwas bedauert habe, den 1. Teil "Töchter aus Shanghai" nicht gelesen zu haben, da ich das Gefühl hatte, das mir einige Details der Vergangenheit Pearls fehlten. Dennoch ist das Buch auch ohne Kenntnis des Vorgängerbandes sehr gut und verständlich lesbar.