Still: Die Kraft der Introvertierten – Susan Cain

  • In einer lauten Welt werden stille Menschen meist überhört – sei es am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Privatleben. Susan Cain bricht eine Lanze für die Introvertierten und zeigt, wie wichtig sie für unsere Gesellschaft sind. Neueste Ergebnisse der Hirnforschung bezieht sie dabei ebenso ein wie historische Beispiele. Darwin, Einstein, Gandhi, Chopin, van Gogh, Bill Gates: Sie alle haben Großes vollbracht.
    Aus ihren Erkenntnissen leitet die Autorin auch konkrete Anregungen für alle sozialen Bereiche ab, von der Organisation des Berufslebens bis hin zur Konfliktlösung in der Partnerschaft. Susan Cain will stille Menschen dazu ermutigen, die eigene Introversion zu erkennen und anzunehmen, denn sie weiß: In der Stille liegt die Kraft!


    Susan Cain hat Jura in Harvard studiert, promoviert und danach an der Wall Street gearbeitet. Aber so richtig wohl gefühlt als Juristin im Haifischbecken hat sie sich nie und wäre eigentlich lieber Psychologin. Noch mal studiert hat sie nicht, aber aus der Juristerei hat sie sich zurückgezogen und arbeitet jetzt als Autorin und hat eine Consulting-Firma und sie versucht, introvertierten Menschen bei ihren Verhandlungs- und Kommunikationsfähigkeiten zu helfen.


    Mir hat dieses Buch ganz gut gefallen. Bisschen diagonal gelesen habe ich wenn es zuuuu psychologisch wurde und es um Dopamine im Gehirn und verschiedene Tests ging. Das liegt aber eher an mir, dass mich das nicht so sehr interessierte.


    Für ein rundes Bild und jemanden, der mehr an dem wissenschaftlichen Hintergrund interessiert ist, gehört es sicher dazu.


    Mir ging es mehr um Sätze wie diesen:


    Zitat

    „Now that you’re an adult, you might still feel a pang of guilt when you decline a dinner invitation in favor of a good book.“

    (S. 7).


    Interessant auch die Frage um die Debatte, nature vs. nurture. Kann man aus Kindern das Introvertiertsein raustherapieren? Cain sagt nein, ist doch auch gar nicht nötig, aber Eltern im sehr extrovertierten und im sehr therapiefreudigen Amerika denken oft ja, doch, mein Kind muss extrovertierter sein.


    Und ich liebe das Buch alleine schon für sein Fazit:

    Zitat

    „Spend your free time the way you like, not the way you think you’re supposed to. Stay home on New Year’s Eve if that’s what makes you happy. Skip the committee meeting.”

    (S. 265).


    Insgesamt flüssig und interessant geschrieben und als Introvertierte findet man sich definitive wieder. Sie erklärt die Unterschiede zwischen Extrovertierten und Introvertierten, wie man das wissenschaftlich testen kann (also nicht nur die "aus dem Bauch" Definition), sie erzählt von einigen berühmten Menschen und guckt auch über den amerikanischen Tellerrand. Dort guckt sie allerdings nur nach Asien. Zum Schluss dann wie man introvertierten Kindern helfen kann und wie eine "gemischte" Beziehung trotz dieser Unterschiede funktionieren kann.


    Ich habe ja die englische Originalausgabe gelesen, kann daher nichts zur Übersetzung sagen. Das Buch bezieht sich rein auf die USA. Jeder macht also irgendeine Art von Therapie oder hat einen Consultant. An High Schools haben die Football-Teams die Macht und jeder kennt seinen Myers-Briggs-Score ebenso wie seine Sozialversicherungsnummer.


    Vielleicht liest ja jemand das Buch auf Deutsch und kann etwas dazu sagen, ob es ein paar Zusatzworte gibt zu Europa.


    .

  • Ich kriege schon wieder die Krise, weil man überhaupt diskutiert Introvertiertheit therapieren zu müssen. Den Buchansatz finde ich interessant, mich würde aber auch eher ein die deutsche Perspektive reizen, gerade was das "heraustherapieren" betrifft. Das sehe ich hier nämlich auch gegeben.

  • Zitat

    Original von BelleMorte
    Ich kriege schon wieder die Krise, weil man überhaupt diskutiert Introvertiertheit therapieren zu müssen. Den Buchansatz finde ich interessant, mich würde aber auch eher ein die deutsche Perspektive reizen, gerade was das "heraustherapieren" betrifft. Das sehe ich hier nämlich auch gegeben.


    Gleich vorneweg, ich hab Null Ahnung :grin. Aber ich vermute mal, dass wir in Deutschland noch nicht so weit sind, da hier grundsätzlich Therapie nicht zum Lebensalltag gehört. Da aber über kurz oder lang vieles von den USA hier rüber schwappt, kann sich das ja noch ändern.


    Gerade im Kapitel über introvertierte Kinder kam das gut zum Vorschein, dieser Gedanke, die Introvertierheit wegtherapieren zu müssen. Bei Erwachsenen ist es dann schon eher so, dass man/frau "coping mechanisms" lernen will und das muss ja nicht unbedingt falsch sein und das macht aus einem Introvertierten auch noch keinen Extrovertierten (göttinseidank).


    Auf alle Fälle ein interessantes Thema.

  • Danke für die interessante Rezensionen. Ich gehöre selbst zu den eher stilleren Wassern. Wenn man so eine Persönlichkeit hat, versuchen heutzutage leider viele Leute einen extrovertierten Partylöwen aus einem zu machen, obwohl man das eigentlich nicht ist. Das fing bei mir schon bei den Eltern an und ging über Lehrer, Schulkameraden, Freunde, etc.


    Das Buch habe ich auf meine Wunschliste gesetzt. :wave