"Wer morgens lacht" von Mirjam Pressler (ab 14J.)

  • Gebundene Ausgabe: 264 Seiten
    Verlag: Beltz & Gelberg; Auflage: Originalausgabe (15. Juli 2013)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3407811438
    ISBN-13: 978-3407811431
    Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre


    Kurzinhalt:
    Feinfühlig und intensiv wie selten erzählt Mirjam Pressler von zwei ungleichen Schwestern: Erst jetzt, Jahre nach Maries spurlosem Verschwinden, wagt Anne, sich den Erinnerungen zu stellen, die ihr fast den Atmen nehmen. Sie will der Wahrheit ins Gesicht sehen, will endlich wissen, was damals geschah. Dabei treten Familiengeheimnisse zutage, von denen sie nicht wusste. Doch wie weit kann man der eigenen Erinnerung wirklich trauen? »Ich muss sie loswerden, das ist meine einzige Chance, wieder nur ich zu sein. Bis heute sitzt sie mir im Genick, und wenn es mir mal gelingt, sie ein paar Tage zu verdrängen, taucht sie in meinen Träumen auf.« ANNE war erst fünfzehn, als ihre ältere Schwester Marie spurlos verschwand. Doch in Annes Gedanken ist sie geradezu unheimlich präsent. Marie war immer die, die alles bekam. Zu schön, zu besonders und zu willensstark. Anne war immer nur die Vernünftige und Unscheinbare. Jetzt, als Biologie-Studentin – sie forscht über die symbiotischen und parasitären Beziehungen der Pilze -, möchte sie endlich aus Maries Schatten treten. Anne weiß, es gibt nicht nur eine einzige Wahrheit. Und tatsächlich werfen ihre Nachforschungen ein neues Licht auf die beiden Schwestern und ihre Kindheit, die kein Paradies war.


    Autoreninfo:
    Mirjam Pressler, geb. 1940 in Darmstadt, besuchte die Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt und lebt heute als freie Autorin und Übersetzerin in Landshut. Sie veröffentlichte zahlreiche Kinder- und Jugendbücher bei Beltz & Gelberg, darunter die Romane "Bitterschokolade", "Novemberkatzen", "Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen" (Deutscher Jugendliteraturpreis) "Malka Mai" (Deutscher Bücherpreis), "Die Zeit der schlafenden Hunde", "Wundertütentage", "Golem stiller Bruder" und zuletzt "Nathan und seine Kinder". Mit "Ich sehne mich so. Die Lebensgeschichte der Anna Frank" schrieb sie eine eindrucksvolle Biographie von Anne Frank, deren Tagebuch sie neu übersetzt hat. Ihre Bücher wurden mit vielen Preisen ausgezeichnet, für ihre "Verdienste an der deutschen Sprache" wurde sie 2001 mit der Carl-Zuckmayer-Medaille geehrt; für ihr Gesamtwerk als Autorin und Übersetzerin mit dem Deutschen Bücherpreis; für ihr Gesamtwerk als Übersetzerin mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises.


    Eigene Meinung:


    Titel: Wenn Erinnerungen trügen...


    Anne, die uns hier ihre Geschichte erzählt, ist 22 Jahre alt und hat ein Problem: ihr seelisches Gleichgewicht ist gestört. Warum? Weil vor einigen Jahren ihre drei Jahre ältere Schwester Marie spurlos verschwand und keiner weiß, ob sie lebt oder tot ist. Was ist damals wirklich geschehen und warum verfolgt das Andenken an Marie Anne wie ein schwarzer Schatten?


    Mirjam Pressler schafft es den Leser in eine andere Welt eintauchen zu lassen. Das Jugendbuch, welches sehr düster beginnt, nimmt einen mit auf eine Reise in die Persönlichkeit und die Gefühle eines jungen Menschen, den ein Ereignis die Gefühlswelt zerrüttet hat. Sie erzählt dabei aber immer nur so viel wie nötig und lässt dem Leser genug Interpretationsspielraum.


    Ein Jugendbuch, das sehr persönlich daher kommt, aktuelle Themen anspricht und bewegt.


    Mir hat an dem Buch besonders gefallen, dass es mich in meine eigene Kindheit zurück versetzt hat und die Erinnerung an meine eigene Großmutter wieder zum Leben erweckt hat. Als Leser fühlte ich mich direkt angesprochen.


    Fazit: Ein gefühlvoller Jugendroman, der es schafft auch Erwachsene zu begeistern und in den Bann zu ziehen. Empfehlenswert!


    Bewertung: 9/10 Eulenpunkte

  • Anne und ihre große Schwester Marie hatten kein besonders gutes Verhältnis. Zu unterschiedlich waren die beiden Mädchen in ihrem Wesen und ihrer ganzen Art.
    Doch als Marie eines Tages spurlos verschwindet, hinterlässt dies einen dunklen Schatten auf der ganzen Familie und insbesondere auch auf Anne, die unterbewusst den Gedanken an Marie noch viele Jahre mit sich herumschleppt, immer ist Marie in ihrem Leben irgendwie noch präsent.


    Erst nachdem sie von zuhause ausgezogen ist und in ihrer Wohngemeinschaft zum ersten Mal echte Freunde findet, lässt sie die Erinnerungen an ihre Schwester zu und setzt sich endlich mit ihnen auseinander.


    Anne war immer die Brave, die zu allem Ja sagt, Marie die Rebellin, die sich überhaupt nichts sagen lässt und immer ihren Willen durchsetzt. Die Eltern stehen ihrer älteren Tochter eher hilflos gegenüber und geben ihr meistens nach. Die jüngere, unproblematische Anne hingegen findet nur wenig Beachtung. Sie hat eine enge Beziehung zu ihrer Großmutter, diese vermittelt ihr allerdings ein ziemlich negatives Bild auf die Welt, sie lebt immer noch in Gedanken an ihre alte Heimat, die sie nach dem Krieg verlassen musste und die sie bis heute in ihren Erinnerungen als Paradies verklärt. Der Gegenwart gibt sie kaum eine Chance, Spaß und Freude am Leben sind für sie Fremdwörter. „Wer morgens lacht, und mittags singt am Abend in die Hölle springt“ ist die Einstellung, die sie ihrer Enkelin Anne mitgibt und von der diese sich lange nicht befreien kann.


    In diesem bedrückenden Umfeld wachsen Anne und Marie auf und entwickeln sich völlig unterschiedlich. Anfangs haben sie noch eine recht enge Beziehung, doch je älter sie werden, desto mehr entfremden sich die Schwestern und werden immer distanzierter zueinander. Als Marie dann schließlich verschwindet, ist Anne nicht besonders traurig – doch in ihrem Kopf bleibt Marie immer präsent und sie wird sie einfach nicht los.


    Im Verlauf des Buches stellt sich Anne all diesen Erinnerungen, fängt an, ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Wird sie ihren Frieden mit ihrer Schwester machen können und endlich anfangen, ihr eigenes Leben ohne den Schatten von Marie zu leben?


    Mirjam Pressler hat hier eine sehr eindringliche, ruhige und berührende Geschichte über zwei ungleiche Schwestern geschrieben, die man nicht mal einfach so nebenbei lesen kann, sondern auf sich wirken lassen sollte. Obwohl das Buch nur gut 250 Seiten umfasst, hat es mich lange beschäftigt und zum Nachdenken gebracht.