Zwischen neun und neun - Leo Perutz

  • Allgemeines


    Taschenbuch: 224 Seiten
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag; Auflage: 2 (1. August 2004)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3423132299
    ISBN-13: 978-3423132299
    Preis: 8, 90 €


    Inhalt


    In Wien zur Zeit der k. u. k. Monarchie: Ein junger Student, Stanislaw Demba, hat aus der Bibliothek ein wertvolles Buch entwendet und versucht, dieses zu Geld zu machen. Leider wird er von der Polizei erwischt, er bekommt Handschellen angelegt, kann aber fliehen, indem er über ein Dachfenster sich aus dem Staub macht. Es ist 9 Uhr früh.


    Den ganzen Tag versucht er, die Handschellen loszuwerden, trifft dabei auf viele merkwürdige Gestalten. Außerdem ist er auf der Suche nach Geld.
    Dass er fliehen konnte, sieht er als Chance, sein Leben noch mal neu zu gestalten. Er hat merkwürdige Déjà-vu, so als hätte er diesen Tag zwischen 9 und 9 schon mal erlebt. Er will alles besser machen. Verfängt sich aber leider immer wieder in denselben Fallen, die ihm schon vorher das Leben schwer gemacht haben. Er kann nicht aus seiner Haut trotz des aufrichtigen Wunsches, alles zu ändern. Am nächsten Tag um 9 ist er wieder auf dem Dach ...


    Meinung


    Ich kenne viele Bücher von Perutz und stelle dieses hier stellvertretend für alle vor, weil es zum einen hier noch nicht vorgestellt wurde, aber hauptsächlich weil dieses mein Lieblingsbuch von Perutz ist.


    Die Sprache ist etwas "altertümlich", denn das Buch ist immerhin von 1918. Aber ich fand es nicht nur gut lesbar, sondern ich fand die Sprache sehr schön.
    Und das Tolle an Perutz ist bei fast all seinen Büchern, so auch hier, dass das Ende alles auf den Kopf stellt. Am Ende gibt es eine Überraschung, die den gesamten Roman in einem anderen Licht erscheinen lässt, und am liebsten möchte man - nein, man tut es sogar -, den Roman sofort noch mal von vorne lesen, denn wenn man um alle Umstände weiß, liest man etwas völlig anderes als beim ersten Mal.


    Der Humor kommt auch nicht zu kurz, denn Stanislaw versteckt natürlich seine Handschellen unter seiner Jacke und die Leute äußern die merkwürdigsten Vermutungen, warum er seine Hände wohl versteckt. Der Verdacht, er sei ein Räuber, der eine Pistole versteckt, ist da noch der nachvollziehbarste.
    Leo Perutz kann man immer recht vielfältig deuten. Seine Bücher enthalten - je nach Deutung - auch übernatürliche Elemente. Man kann sie so lesen, dass wirklich alles logisch nachvollziehbar ist. Man kann aber auch das Übernatürliche, ich möchte fast sagen das Göttliche, zulassen und dann ergibt sich noch mal ein ganz andere Deutung.


    Für mich ist Leo Perutz einer der ganz Großen. Schön geschrieben, spannend, der Humor kommt auch nicht zu kurz und am Ende die Wendung, die alles in einem anderen Licht erscheinen lässt. Und wie man es nun deuten mag: völlig rational oder doch mit göttlichem Einfluss? Das darf jeder selbst entscheiden, ich würde mir bei diesem Buch jedenfalls nicht erlauben zu sagen, nur meine Deutung (ich nehme die übernatürliche Variante) ist richtig.
    Ich glaube, aus diesem Buch kann jeder was für sich persönlich rausholen. Denn ganz grob gesagt geht es einfach darum, dass man eine zweite Chance erhält und ob man diese nutzt, nutzen kann, oder ob man als Mensch gefangen ist in seinen Verhaltensmustern und nicht so recht aus seiner Haut kann.


    Von mir 10 Punkte.


    ( Da andere Bücher von Perutz hier unter "Belletristik" rezensiert sind, passe ich mich da an. Aber ich hätte wohl eher die Kategorie "Klassiker" gewählt)

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Frettchen ()