Mini-Leserunde Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer von Alex Capus - Achtung Spoiler

  • Kapitel 4:


    Immerhin arbeitet Laura nach ihrem abgebrochenem Studium am Konserveratorium in einer Musikhandlung die die Eltern geerbt haben.
    Interessant ist auch der Hinweis auf die Schiffe nach den Kriegen - alte Holzschiffe. Da die jungen Seemänner getötet wurden, werden alte Männer aus dem Altersasyl geholt.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Kapitel 6:


    Laura bürgerliches Ehe-Leben währt nur wenige Jahre bis sie nach einem banalen Streit Mann und Kinder verlässt.


    Die Diskussion über sichtbar an der Wäscheleine hängende Unterwäsche ist ein Auslöser. Laura interpretiert das anscheinend als symbolisch für Verhaltensweisen von kleinbürgerlicher Verklemmtheit und Zwängen, die sie für sich nicht akzeptieren kann.
    Zudem hat sie auch einen Drang zum Alleinsein.
    Daher ist bei ihrem stark ausgeprägten Individualismus ihr weggehen auch verständlich.
    Ich hatte jedoch überlegt, warum sie ihre Kinder nicht mitgenommen hat?

  • Kapitel 5


    Bloch experimentiert weiter und geht nach Leipzig als Assistent von Heisenberg. Hier sind auch sehr interessante Ortsbeschreibungen für Leipzig-Kenner. Auch die anderen Kollegen und der Arbeiten kommen zur Sprache. Carl von Weizsäcker ist auch mit auf der Fahrt. Interessant, die Namen, die alle mehr oder weniger im Einzelnen ein Begriff sind, hier gemeinsam erleben zu dürfen.


    Und Laura heiratet Fraunhofer und erwartet ihr erstes Kind.

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    Wendy Wasserstein

  • Die Szene, wie Emil und Laura sich kennen lernten, war ganz amüsant.
    12 mal Elise von Beethoven zu kaufen, ist zwar übertrieben, aber immerhin beeindruckte er sie damit.
    Eigentlich sollte man denken, dass Emil gut zu ihr passt, Pech nur, dass sie heiraten mussten, weil Laura schwanger wurde.
    Mit ihren Auftritten ist jetzt Schluß! Schade.

  • Eigentlich war es "verünftig" die Kinder nicht mitzunehmen. Sie hatte ja noch keine klare Vorstellung von ihrer Zukunft und auch ihr Nomadenleben wäre nichts für Kinder gewesen. Bei der Schwiegermutter waren sie zwar im verhaßten Dorf, bestimmt besser aufgehoben.

  • Vermutlich wäre es dann anstatt der Wäschefrage ein anderer, ähnlich banaler Vorfall gewesen. So würde ich es einschätzen.


    Kapitel 7:
    Mit dem britischen Archäologen Arthur Evans, der mit Emilie Gillieron bekannt war, führt Alex Capus tatsächlich noch eine weitere spannende, reale Persönlichkeit ein.


    Wikipedia schreibt:

    Zitat

    Evans gilt als Entdecker der minoischen Kultur. Bekannt wurde er vor allem durch die Ausgrabung und Erforschung des minoischen Palastes von Knossos zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Kreta.


    Vestehe ich das richtig, das Emile Gillieron mit seiner Malerei in die entdeckten Fresken eingriff und veränderte, eigentlich sogar verfälschte?

  • @ Herr Palomar


    So habe ich es verstanden, Emile war glaube ich sehr kreativ :chen



    Nochmal zu Laura. Ich denke mit 2 Kindern hätte sie auch nicht heimlich bei Nacht und Nebel verschwinden können. Vermutlich wollte sie aber auch Diskussionen vermeiden.

  • Zitat

    Original von Richie
    @ Herr Palomar


    So habe ich es verstanden, Emile war glaube ich sehr kreativ :chen
    .


    Dann kann man ja froh sein, dass er der Mona Lisa nicht auch noch einen Bart dazugemalt hat!


    Aber das Publikum war solchen Fälschungen anscheinend zugeneigt
    Seite 155:

    Zitat

    Für das technikmüde Europa war es eine Wohltat, seine kulturellen Wurzeln in einer derart verfeinerten, fröhlichen und lebenslustigen Zivilisation wiederzufinden, der die Strenge des klassischen Griechenlands so fremd war.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Vestehe ich das richtig, das Emile Gillieron mit seiner Malerei in die entdeckten Fresken eingriff und veränderte, eigentlich sogar verfälschte?


    Ich habe es so verstanden, dass sie nur Bruchstücke ausgegraben haben, die er dann zunächst mit dem Zeichenstift zu Fresken ergänzte. So gab es mehr als eine Interpetationsmöglichkeit, was die Fresken mal gezeigt haben. Möglich wurde diese freie Interpretation, weil die Museen alles kauften ohne wissenschaftliche Ansprüche. Mit der Professionalisierung der Museumsleitungen in aller Welt versiegte dann diese tolle Einnahmequelle. Möglicherweise war das Publikum auch nicht mehr so leicht zufriedenzustellen wie anfangs. Die moralische Frage, wem die Ausgrabungen gehören und ob sie in ausländische Museen gehören, wurde ja erst viel später gestellt.

  • Ich habe das auch so verstanden, dass er die Bruchstücke zeichnerisch ergänzt hatte, wie Schliemann es sich vorstellte. Da die Originale nur einmal ausgestellt wurden, hat er davon etliche Kopien gefertigt für andere Museen. Bis zu seiner Tätigkeit mit Evans waren es wohl Kopien. Wie aus Kopien Fälschungen werden :gruebel werden wir hoffentlich noch erfahren.

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  • Ich habe jetzt ein gutes Stück weiter gelesen und im neunten Kapitel wird mir klar, wie weit Arthur Evans Eingriffe in den Palast von Knossos gingen, allerdings hauptsächlich erst nach Emile Gillieron Seniors Tod und mit Hilfe des Juniors.


    Wieder ist auffällig, wie Alex Capus sich ausdrückt,
    z.B. beim Gespräch Evans mit den Gillierons :
    Niemand kann wissen, ob sich dieses Gespräch so zugetragen hat ...
    Historisch gesichert hingegen ist ...


    Durch diese Form sind sowohl historische Fakten aber auch Capus erzählerische Gestaltung stilprägend.

  • 9. Kapitel:
    Felix Bloch ist in den USA und der Leser erhält einen Eindruck eines Mannes im Exil, aber er ist in Kalifornien sehr privilegiert, fährt z.B. einen Chevrolet. Dennoch quälen ihn das Schicksal der Verfolgten und ihm fehlt die Familie in Zürich.
    Ich musste an die Beschreibungen über Künstler in dieser Zeit denken, die emigrieren mussten, wie Thomas Mann oder Feuchtwanger.


    10 Kap.: Für einen kurzen Besuch reist Bloch noch einmal nach Zürich, um dann wieder Richtung USA abzulegen. Im zehnten Kapitel gelingt es ihm, einige seiner Theorien zum Magnetismus der Neuronen zu entwickeln


    11, Kapitel: Emile stirbt überraschend im Schlaf.
    Laura hat das Pech, von einem Kommissar aufgesucht zu werden, der sie zur Mitarbeit zwingen will.
    Inzwischen arbeitet Bloch, wie auch andere Wissenschaftler, an der Entwicklung der Atombombe mit.


    Diese Abschnitte haben mir auch wieder gut gefallen, weil sie so gut geschrieben sind.

  • Mir hat die gesamte Handlung, die Felix' Entwicklung als Forscher betrifft, ausnehmend gut gefallen. Zunächst die paradiesische Freiheit, zu studieren und zu entwickeln, was ihn interessiert, die Zusammenarbeit mit anderen schlauen Köpfen und schließlich die Leichtigkeit des Lebens an der US-Westküste und die finanzielle Absicherung durch seine Stelle in den USA. Wenn diese naturwissenschafltichen Überflieger zusammenarbeiten, kann man fast die Funken zwischen ihnen fliegen sehen. Anfangs gibt es ein schönes Bild, wie Felix "Wissen" sieht: eine Meereslandschaft mit schwimmenden Eisschollen, in der sich die Wasserrinnen mit der Zeit schließen und die Lücken allmählich weniger werden.


    Bevor ich das Buch beendet hatte, habe ich nicht nachgeschlagen, welche der drei Personen real waren. Dass Felix real war, schien mir aufgrund der Einbindung in die Zusammenarbeit mit der versammelten Prominenz von Weizsäcker, Schrödinger, Bohr und Heisenberg sehr sicher. Sie würden gemeinsam "die physikalische Weltordnung erschüttern". So blieb bis zum Schluss die Möglichkeit, dass Laura oder Emile oder beide fiktiv sein könnten. Ein Genuss war die augenzwinkernde Ironie, mit der erzählt wird, die hochgezogene Augenbraue beim Erzählen. Sie wirkte wie eine Warnung: die Figuren sind keine Idole, sie haben Stärken und Schwächen!


    Dass Felix jüdische Großeltern hat, zieht wie eine schwarze Wolke über der Handlung auf. Er ist zwar in Sicherheit vor den Nazis, aber seine Angehörigen in Europa nicht.