Allgemeines
Gebundene Ausgabe: 231 Seiten
Verlag: Onkel & Onkel; Auflage: 1 (Mai 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3940029904
ISBN-13: 978-3940029904
Originaltitel: Johnny got his gun
Preis: 24, 95 € - teuer, aber in meinen Augen wegen der Illustrationen gerechtfertigt
Inhalt
Der 20-jährige Johnny zieht in den (ersten Welt-) Krieg. Freiwillig, denn dies wurde ihm so eingeimpft, dass man für sein Vaterland zu kämpfen hat und es nichts Ehrenvolleres für einen Mann gibt. Er wird von einer Granate verletzt und verliert beide Arme, beide Beine, Augen, Ohren und auch Nase und Mund. Er ist eigentlich nur noch Geist in einem völlig unbrauchbaren, ja eigentlich "toten" Körper.
Er erwacht im Krankenhaus und erst nach für nach versteht er, in welchem Zustand sein Körper ist. Dieser Prozess dauert sehr lange. Am Ende ist ihm das ganze Ausmaß seiner Lage bewusst. Und dann versucht er verzweifelt, sich irgendwie abzulenken. Denn ihm bleibt keine Wahl, er kann sich ja noch nicht einmal das Leben nehmen. Er erinnert sich. An seine Jugend, die Familie, seine Freundin Kareen, die daheim auf ihn wartet. Und natürlich auch immer wieder an den Krieg. Und er "spricht" mit den Ärzten und schimpft, dass sie ihm doch nicht einfach Arme und Beine nehmen können ohne sein Einverständnis! Und er beginnt, die Ärzte und Pfleger zu unterscheiden an ihren Schritten, die er durch die Schwingungen spürt, und anhand ihrer Berührungen, denn als einziges Sinnesorgan ist ihm noch seine Haut geblieben.
Nachdem er sich einigermaßen arrangiert hat mit seiner Situation, ist sein sehnlichster Wunsch, mit den Leuten zu reden. Also sendet er Morsezeichen, indem er mit seinem Kopf auf das Kissen klopft. Zunächst wird dies missverstanden und er sediert. Bis eine gute Krankenschwester es erkennt und einen Arzt holt, der das Morsealphabet beherrscht.
Und Johnny hat einen Wunsch. Er möchte, damit sein Leben überhaupt noch einen Sinn hat, ausgestellt werden im ganzen Land. Als Mahnung an alle, niemals in den Krieg zu ziehen. Doch dieser Wunsch bleibt ihm verwehrt, denn dem Militär liegt sehr daran, ihn zu verstecken, am Leben gehalten wird er nur, um zu erforschen, wie so ein Körper überhaupt noch weiterleben kann. Und so hat Johnny nur noch einen letzten Wunsch ... , doch auch dieser wird ihm verwehrt.
Meine Meinung
Ein wunderbares und wichtiges Buch, auch über 70 Jahre nach der Erstveröffentlichung 1939. Selten habe ich ein "Anti-Kriegsbuch", wenn man es so nennen will, gelesen, das derart ergreifend ist. Ich sehe das Buch auf gleicher Höhe mit "Im Westen nichts Neues" oder auch "Catch 22".
Das Buch ist auch sarkastisch. Allein der Titel. Im Original heißt das Buch "Johnny got his gun". Und dies spielt darauf an, dass Anfang des 20. Jahrhunderts junge Männer in den USA zum Militärdienst geworben wurden mit dem Slogan: "Johny get your gun". Auch der Name ist natürlich bezeichnend, der Average Joe, der Jedermann.
Es gibt auch kleinere Seitenhiebe. Z.B. trägt Johnny eine Maske über dem Gesicht, aber nicht, wie man denken könnte, um sein Gesicht zu schützen vor Infektionen z.B., sondern damit die Schwestern sich bei dem Anblick nicht erbrechen müssen. Das Buch ist voll von solchen Seitenhieben, ganz ähnlich wie eben auch Catch 22.
Dennoch ist natürlich das Schicksal von Johnny sehr ergreifend und man mag sich gar nicht so recht hineinversetzen, wie das sein muss, wenn man wirklich völlig abgeschottet ist von der Umwelt. Hier muss man klar sagen, dass es ein Segen gewesen wäre, ihn sterben zu lassen. Aber man wollte ja forschen an ihm und war überzeugt, dass er eh nichts mehr fühlt und denkt.
Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, aber absolut passend. Es gibt außer Punkten keine Satzzeichen. Dies finde ich sehr stimmig, denn wir lesen hier Johnnys Gedanken und Erinnerungen. Und man denkt nun mal ohne Punkt und Komma. Aber zur besseren Lesbarkeit gibt es wenigstens Punkte, obwohl die Gedanken ja eigentlich eher so dahin fließen, manchmal sogar abrupt enden und man springt über zu etwas ganz anderem. So ist es hier in diesem Roman und daher finde ich, dass der ungewöhnliche Stil nur noch mehr unterstützt und verdeutlicht, dass man hier keine richtige Handlung präsentiert bekommt, sondern lediglich seine Gedanken, die eben oft nicht unbedingt komplett ausformuliert sind oder stilistisch auf einem hohen Niveau und sich häufig auch mal wiederholen.
Mich hat das Buch sehr berührt. Und viele andere offenbar auch. Denn erschienen ist es 1939 und während des zweiten Weltkrieges war es in den USA zensiert. Während des Golfkrieges ebenfalls. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Denn auch wenn Johnny irgendwie übertrieben wirkt, wenn man das so hört, was er alles verloren hat und trotzdem lebt er noch weiter, im Buch wirkt es absolut glaubhaft. Aber darum geht es ja auch gar nicht, sondern es geht eher darum zu verdeutlichen, was der Krieg anrichtet. Und man könnte Johnnys Verletzungen ja auch als Metapher deuten. So mancher Soldat kommt aus dem Krieg heim und ist körperlich relativ unversehrt und sieht, hört und fühlt außer seinen Erinnerungen trotzdem nicht mehr viel und ist nicht mehr wirklich handlungsfähig.
In meinen Augen ein tolles Buch, das man ruhig öfter lesen kann, und für mich klar 10 Punkte verdient.