Dreck muss weg - Linda Conrads, Alexandra Richter

  • Dreck muss weg von Linda Conrads und Alexandra Richter
    Knaur Taschenbuch, 393 Seiten, €8,99
    erschienen 07/2013


    Klappentext:
    Mord im hohen Norden
    In Hamburg und Uttum, Ostfriesland, werden die Leichen eines älteren Schwesternpaares gefunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel, denn beiden Opfern wurde der Mund mit Dreck zugestopft, und keiner will etwas gesehen haben.
    Die selbstbewusste Kommissarin Marga Terbeek und der griesgnaddelige Kalle Bärwolff müssen zum ersten Mal gemeinsam ermitteln - und das mit Hochdruck!

    Die Autorinnen:

    Linda Conrads, Jahrgang 1972, ist gelernte Gärnterin und Frisörin und schneidet immer noch mit Vorliebe Hecken und Haare. Bestimmt wären weitere Handwerke hinzugekommen, wenn sie nicht irgendwann begonnen hätte zu schreiben. Sie lebt mit Mann und Kindern in Ostfriesland.
    Alexandra Richter ist Diplom-Ingenieurin für Verfahrenstechnik und weiß, wie aus Erdöl Benzin gemacht wird oder Antifaltencreme. Mit ihrem Mann und ihren Söhnen lebt sie im buntesten Viertel Hamburgs und ist immer mit Stift und Notizblock unterwegs.

    Meine Meinung:

    In Uttum, Ostfriesland, wird eine demente alte Frau in einem baufälligen Gebäude ermordet aufgefunden, den Mund mit Dreck zugestopft. Die ermittelnde Kommissarin Marga Terbeek und ihr Kollege Johann stehen vor einem Rätsel, da es keine Zeugen gibt und auch sonst niemand eine Erklärung weiß, wen sich die alte Dame zum Feind gemacht haben könnte.
    Fast zeitgleich wird auf die selbe Art und Weise auch in Hamburg eine alte Frau ermordet, wie sich später herausstellt, die ältere Schwester der in Ostfriesland Ermordeten.
    Marga Terbeek wird nach Hamburg bestellt, um dort gemeinsam mit Kalle Bärwolff und seinem Team zu ermitteln und gleichzeitig die Verbindung nach Ostfriesland aufrecht zu erhalten.
    Die beiden stürzen sich in die Ermittlungen, v.a. die ehrgeizige junge Marga ist hochmotiviert und setzt alles daran, endlich mal einen "richtigen" Mordfall zu lösen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, da es kaum Zeugen gibt und auch sonst wenig Ansatzpunkte bzgl. möglicher Täter oder Motive. Die einzigen Hinweise für den Leser sind immer wieder eingestreute Flashbacks in die Vergangenheit der Mordopfer, erzählt aus der Perspektive der jüngeren Schwester.


    Für mich war das Buch an sich spannend zu lesen, jedoch fand ich das Ende ziemlich unbefriedigend.


    Der Mordfall wird aufgeklärt, aber auch irgendwie wieder nicht und für mich blieben einfach zu viele Fragen offen.


    Dafür werden im Verlauf der Handlung jede Menge weiterer Themen und Problembereiche angerissen, aus denen man gut und gern eigene, selbstständige Geschichten hätte machen können. Dazu noch das Privatleben der Ermittler... im Nachhinein hatte ich das Gefühl, dass der eigentliche Fall manchmal etwas zu kurz gekommen ist.


    Meiner Meinung nach wäre es besser gewesen, den einen oder anderen Nebenkriegsschauplatz wegzulassen, und dafür die vielen losen Enden der Haupthandlung am Schluss zusammenzuführen, damit weniger Fragen unbeantwortet bleiben und der Fall auch wirklich geklärt wird.


    Die beiden Ermittler jedoch fand ich sehr sympathisch, auch das immer wieder einfließende ostfriesische Lokalkolorit inklusive Plattdeutsch und Teestündchen, sodass ich mir durchaus vorstellen könnte, auch einen weiteren Krimi mit Marga Terbeek und Kalle Bärwolff zu lesen!
    Kalle Bärwolff mit seinen ewigen Gewichtsproblemen hat mich übrigens manchmal an Kommissar Wallander erinnert und so griesgrämig, wie auf dem Klappentext angekündigt, fand ich ihn eigentlich gar nicht.


    Fazit:
    Ein flüssig geschriebener, durchaus spannender Kriminalroman mit zwei sympathischen Ermittlern, bei dem leider die Auflösung durch zu viele Nebenkriegsschauplätze etwas zu kurz kommt.


    7 von 10 Eulenpunkten!


    LG, Bella

  • Ich durfte das Buch ebenfalls in der Wanderrunde lesen .. dankeschön :-)


    Mir ging es ähnlich wie Belladonna. Ich fand die Geschichten um die Ermittler unterhaltsam und es gab auch manche Passage zum Schmunzeln. Das Buch ist flüssig und auch spannend geschrieben.Die Rückblenden hab ich nicht so ganz als selbsterklärend gefunden da fehlte mir etwas.
    Obwohl ja die Morde aufgeklärt wurden fehlte mir doch sehr das erklärende Ende.



    Eigentlich ein spannender Krimi mit Ermittlern mit menschlichen Schwächen :grin... nur leider war für mich die Lösung des Falls dann doch eher undurchsichtig. Es hat trotzdem Spaß gemacht das Buch zu lesen .


    Für das Platt wären ein paar Erklärungen für nicht Norddeutsche das eine oder andere mal hilfreich gewesen ;-) :-)

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    Chroniken von Deverry 2 --Katharine Kerr
    Drachenelfen , die Windgängerin -- Bernhard Hennen

  • Auch ich durfte dieses Buch lesen, vielen Dank!


    Leider muss ich mich den vor allem in den Spoilern von meinen beiden Vorrednerinnen geäußerten Kritikpunkten anschließen: Ich fand die Auflösung, so man es denn überhaupt so nennen kann, total unbefriedigend.
    Auch die Geschichte als solche wäre, wie belladonna schon schrieb, besser bedient, wenn weniger Themen angerissen und dafür die angerissenen konsequenter beendet worden wären.
    Mit den Rückblenden wurde zT auf ein mE derzeit ohnehin überstrapaziertes Thema hingewiesen, den Kursivtext ganz am Ende habe ich überhaupt nicht einordnen können.
    Ich mag plattdeutsch eigentlich recht gern, aber einige Stellen waren für mich leider unverständlich.
    Die beiden Hauptdarsteller Marga und Kalle waren sehr interessant und einnehmend geschildert, allerdings hatte ich mit Letzterem gelegentlich meine Probleme, da ich den Bruch zwischen einem liebevoll besorgten Vater und Sohn und dem fast alle weiblichen Personen, seien es Kollegen, Mediziner oder Tatverdächtige, sozusagen durch eine - pardon! - schwanzorientierte Brille sehenden und dann auch noch prollige Gedanken ("Hupen, Glocken"...) formulierenden Typen recht unpassend fand. Aber das ist gewiss Geschmackssache.
    Das Drumherum und die Atmosphäre hingegen gefielen mir sehr gut.
    Ich würde von den Autorinnen jederzeit erneut ein Buch lesen und könnte mir durchaus vorstellen, dass es mir bei einer gestrafteren Handlung und einer nachvollziehbareren Auflösung gefallen könnte.
    6 Eulenpunkte

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ich habe Dreck muss weg inzwischen auch gelesen - er wurde mir von Alex Richter als Wanderbuch zur Verfügung gestellt im Rahmen der Leserunde zu Lausige Liebe.
    Ich kann mich den genannten Kritikpunkten anschließen, die Belladonna und Maikäfer schon geäußert haben. Überstrapaziertes Thema, recht viel Personal, ein paar lose Enden- daher ist es ganz gut, sich vielleicht anfangs ein paar Namen zu notieren. Doch das allein sind für mich noch keine alles entscheidenden Qualitätskriterium, es kommt für mich auf anderes an.


    Mir hat es sehr gut gefallen, dass ich es mit zwei sehr lebendigen, sympathischen Protagonisten und allerhand anderen Figuren zu tun hatte, die überwiegend liebevoll, oft aber auch überspitzt und witzig gezeichnet werden.


    Außerdem hat dieser Krimi einen großen Vorzug gegenüber der gewöhnlichen Krimi- oder Thriller-Massenware: Der Krimi hat Atmosphäre, denn beide Autorinnen schreiben einfach gut! Nicht das übliche Krimi-Minimal-Deutsch, diese extra reduzierte Schlichtheit, die als Mittel eingesetzt wird, um bloß das Tempo hiochzujagen und Hochspannung zu erzeugen, sondern knackig, witzig, liebevoll und frech. Und manchmal auch stimmungsvoll, ohne langatmige düstere Landschaftsbeschreibungen, sondern immer genau richtig. das muss man erstmal können!
    Ich habe noch nie einen Krimi gelesen, der so leicht und mit so viel gut beobachteten menschlichen Stärken und Schwächen in leicht überspitzter Weise daherkam. Das alles mit einem gut dosiertem Hamburger Flair bzw. ostfriesischen Temperament und etwas Plattdeutsch. Auch wenn ich nicht alles ganz genau verstehen konnte, was an plattdütschen Bemerkungen eingeflochten war, so kam ich dennoch gut damit klar, weil die nicht verständlichen Worte für den Fortgang der Handlung unwichtig waren. Es macht aber einfach Stimmung, wenn ich die Leute so sprechen höre, wie sie eben dort sprechen. All die pointierten Sprüche und lustigen Situationen der beiden ineinander verflochtenen Krimis zusammen ergeben einen Wirbelwind von Kriminalroman. Mit Betonung auf Roman. Selbst wenn ich manchmal aufgrund der vielen Personen und wechselnden Orte ein wenig den Überblick verloren habe, ging mir zu keiner Ziet die Lust zum Weiterlesen verloren. Ich hatte meinen Spaß beim Lesen.


    Da ist es dann auch nicht so dramatisch, wenn mir ein paar Ungereimtheiten auffalllen oder der Schluss etwas mager daherkam. Das überstrapazierte Thema wurde übrigens überraschend sensibel angegangen, so dass ich eigentlich nur mit dem Prolog ein Problem hatte, mich nach anfänglichem Widerstand aber nicht genervt fühlte.


    Trotz einiger Ungereimtheiten möchte ich 8/10 Punkten geben, denn gut gezeichnete Charaktere, der klasse Humor und die gut pointierte Sprache mit echt schönen frechen neuen Metaphern machen diesen Krimi zu einem besonderen Erlebnis. Man sollte ihn vielleicht mehr als Roman lesen. Auch ist es der Debüt-Kriminalroman dieser beiden Autorinnen, und ich denke, da entwickelt sich noch mehr.


    Anmerkung:
    Ich habe nun auch den Folgeband Lausige Liebe gelesen und werde auch den 3.Band lesen, der hoffentlich bald rauskommt, denn ich möchte unbedingt wissen, wie es mit Kalle, Eliza und Marga weitergeht.