Hervé Le Tellier: Neun Tage in Lissabon

  • Hervé Le Tellier: Neun Tage in Lissabon
    dtv 2013. 280S.
    ISBN 978-3423249683. 14,90€
    Originaltitel: Eléctrico W
    Übersetzer: Jürgen und Romy Ritte


    Verlagstext
    Lissabon, 1985: Vincent Balmer, ein französischer Journalist, und der Fotograf António sollen gemeinsam über den Prozess gegen einen Serienmörder berichten. Doch interessiert die beiden vor allem ihr privates Lebensglück. António hat Erfolg bei Frauen und ist zudem in Vincents Ex-Freundin Irène verliebt. Vincent täuscht eine Liebschaft vor und flüchtet sich in die Bekanntschaft mit Manuela, die ihn jedoch bald abweist. Aus Neugier und aus Eifersucht macht sich Vincent auf, Antónios seit langem verschwundene Jugendliebe Pata in Lissabon aufzuspüren. Hintergründig erzählt Le Tellier vom Glück und Unglück in der Liebe.


    Der Autor
    Hervé Le Tellier wurde 1957 in Paris geboren. Er veröffentlichte viele sehr originelle Bücher, Romane, Erzählungen, Gedichte und Kolumnen. Seit 1992 ist er Mitglied der Autorengruppe OuLiPo (Ouvroir de Littérature Potentielle), die von François Le Lionnais und Raymond Queneau gegründet wurde und der Autoren wie Georges Perec, Italo Calvino oder auch Oskar Pastior angehörten. ›Kein Wort mehr über Liebe‹ ist das erste Buch von Hervé Le Tellier in deutscher Übersetzung.


    Inhalt
    Ein Fotograf und ein Journalist sollen für eine französische Zeitung aus Portugals Haupstadt Lissabon vom Prozess gegen einen Serienmörder berichten. Vincent, der diese Ereignisse von 1985 rückblickend erzählt, ist dieser Journalist, zugleich auch Autor und Übersetzer. António, der Fotograf, stammt aus Lissabon. Verbunden sind die beiden Männer nicht nur beruflich durch ihre Vergangenheit als Kriegsreporter, sondern auch durch Irene, die Vincent liebt und mit der António eine Beziehung hat. Der Prozessbeginn verzögert sich und so haben der Besucher und der Einheimische überraschend Zeit für die müßige Entdeckung der Stadt. Nach wenigen Tagen werden sich ihre Wege wieder trennen, ein Anlass für António, sich Vincent zu öffnen und von seiner Jugendliebe Pata zu erzählen. António hat Pata (die Ente) auf dem Schulweg kennengelernt. Das jüngere Mädchen verführt António in provozierender Weise, zu spät zur Schule zu kommen. Eine enge Freundschaft entwickelt sich. Als Pata 15 ist, wird der Kontakt zwischen beiden von den Eltern verhindert; sie verlieren sich aus den Augen. Vincent besetzt die Person Pata, deren wirklichen Namen er noch nicht einmal kennt, stellvertretend für António und sucht in der Stadt nach der Jugendliebe seines Kollegen. Beim Besuch des botanischen Gartens Estufa Fria taucht eine junge Geigerin auf, die ebensogut eine Phantasiegestalt Vincents sein und seine Vorstellungen von Irene überlagern könnte.


    Fazit
    Die Geschichte Vincents, der dreist die Erinnerungen Antónios an Pata okkupiert, nimmt Hervé Le Telliers Leser mit in das alte Viertel Lissabons, durch das sich die Straßenbahn (nach der der Originaltitel des Buches benannt ist) dicht an den Fenstern der Wohnhäuser entlang den Berg hinauf quält. Die Vermittlung der Atmosphäre Lissabons, wo die abblätternde Pracht der Paläste kurz nach dem Ende der Diktatur Salazars noch von der ehemaligen Kolonialmacht kündet, ist die Stärke diese Buches. Wie Vincent sich in Träumen von unerreichbaren Frauengestalten verliert, harmoniert in idealer Weise mit Lissabons melancholischer Ausstrahlung, konnte mich mit der verspielten Darstellung jedoch nicht erreichen.


    7 von 10 Punkten

  • Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. Trotz der leichten Vorbehalte der Rezensentin hört es sich nicht uninteressant an. Der Gesamteindruck von Buchdoktor ist aber positiv. Mal schauen wohin mit dem Buch. Wunschliste und SUB haben genaugenommen keinerlei freie Plätze mehr..... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.