Penny Hancock - Ich beschütze dich

  • Englischer Originaltitel: Tideline



    Klappentext
    Plötzlich stand er vor ihrer Tür. Sie beschloss, ihn bei sich zu behalten. Für immer.


    Sonia liebt das alte Haus an der Themse, in dem sie schon ihre Kindheit verbracht hat und in dem sie jetzt mit ihrem Mann Greg lebt. Doch eines Tages geschieht etwas, das ihren geordneten Alltag in den Grundfesten erschüttert – denn es steht ein junger Mann vor ihrer Tür, der sich eine seltene Schallplatte von Greg ausleihen möchte. Vom ersten Moment an übt Jez eine verstörende Wirkung auf Sonia aus, und sie spürt, dass sie von einem dunklen Sog erfasst wird, der stärker ist als sie selbst. Noch kann sie nicht ahnen, dass sich ihr Leben von diesem Moment an unaufhaltsam auf einen Abgrund zubewegt. Denn Jez rührt an die tiefsten Obsessionen ihrer Seele – und Sonia ist bereit, zum Äußersten zu gehen, damit sie endlich ihren Frieden findet …




    Die Autorin
    Penny Hancock wuchs in Südost-London auf und unternahm ausgedehnte Reisen als Sprachlehrerin. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Kindern in Cambridge.




    Der Klappentext beschreibt treffend den Anfang. Der 15jährige Jez steht vor Sonias Tür. Sein Besuch legt einen Schalter bei Sonia um, und ungeplant setzt sie ihn mit Wein und darunter gemischten Schlaftabletten außer Gefecht. Dabei hat Sonia nicht unbedingt etwas erotisches im Sinne. Zwar findet sie Jez schön und anziehend, einfach vollkommen in seiner Jugend, aber eigentlich erinnert er sie an Seb, ihre Jugendliebe.


    Sonia funktionierte bis dahin einwandfrei in ihrem Leben. Sie kümmert sich fürsorglich um ihre Mutter, die in einem Altersheim wohnt, obwohl sie zu ihr ein sehr unterkühltes und von Schuldbewusstsein geprägtes Verhältnis hat. Sie ist ihrem Mann eine gute Ehefrau, obwohl sie sich vor seiner Berührung ekelt. Die meisten Kapitel spielen aus Sonias Sicht, und sie zeigen einen dunklen Charakter mit einer sehr eigenwilligen Sicht auf die Dinge, die sie da tut. Immer öfter hat sie Flashbacks an ihre Kindheit und Jugend mit Seb. Dabei zeigt sich, das Seb ein sehr seltsamer und dominanter Mensch war, der Sonia schlecht behandelte, dem sie aber trotzdem hörig war und dem sie einfach nur gehorchen wollte.


    Die andere Erzählstimme ist Helen, Jez Tante, die mit ihren eigenen Problemen genug zu tun hat und Jez Verschwinden zuerst gar nicht so ernst nimmt. Helen ist mit Sonia befreundet, durch sie hat Sonia Jez erst kennengelernt. Durch sie sehen wir, welche Auswirkungen Jez' Verschwinden auf seine Familie hat.


    "Ich beschütze dich" ist ein düsteres Buch. Es ist mehr eine Studie über die psychischen Niedergang Sonias. Sonia ist als Figur sehr speziell. Mir fiel es schwer, sie zu verstehen oder gar zu mögen, obwohl man ihre Gedankengänge kennt. Ihre blinde Abhängigkeit zu Seb, ihr Verhalten ihrer Familie gegenüber und die Gefangenhaltung von Jez sind schon befremdlich. Das macht sie eigentlich zu einer interessanten Buchfigur, der man mit perfiden Erstaunen folgen kann. Das Buch ist ruhig, leider aber auch etwas unspannend geschrieben. Man kann sich denken, das es nicht gut ausgehen wird, das es in irgendeiner Form zu einem bitteren Ende kommen wird. Sonia kann einem schon fast leid tun, einfach weil sie so verquer ist und anscheinden niemand es erkannte und ihr so auch nicht helfen konnte.


    Ich stehe dem Buch etwas zwiespältig gegenüber. Einerseits hat es ein interessantes Thema, andererseits ist es teilweise zu behäbig, um wirklich als Psychothriller durchzugehen. Und doch hat die Geschichte mit ihrem dunklen Sog, der gleich auf der ersten Seite entsteht, ein leicht morbide Neugier bei mir geweckt. Es ist irgendwie ein etwas anderes Buch, das eine durchgehende düster Stimmung verströmt. Wer sich von dem langsamen Erzählstil nicht abschrecken lässt und gerne mal in menschliche Abgründe sieht, wird hier gut bedient.


    Ich schwanke zwischen 6 und 7 Punkten.