Auf Facebook stieß ich auf den offenen Brief der Seite "Dinge die ein Buchhändler nicht sagt" (wenn ich das aus Urheberrechtsgründen löschen soll, bitte Bescheid sagen):
"Lieber Kunde! – Ein offener Brief
Die Kundenwelt beschwert sich über die Servicewüste Deutschland. Das ist auch im Buchhandel nichts Neues.
Doch lieber Kunde, haben Sie sich auch schon einmal Gedanken über IHR Auftreten gemacht? Stellvertretend für viele, viele Einzelhandelsmitarbeiter möchte ich mir nun einmal die Freiheit nehmen, Ihnen in freundlichster Gesinnung einige Kleinigkeiten vor Augen zu führen. Das Ziel ist es, Ihnen eine kleine Anleitung zum Kunde-Sein an die Hand zu geben und so vielleicht sogar zu einem besseren Verständnis zwischen Kunde und Mitarbeiter beizutragen.
Ausgehend von meiner eigenen Erfahrung möchte ich dabei das besondere Verhältnis zwischen Kunde und Buchhandel in den Mittelpunkt stellen. Aber ich bin sicher, mit ein wenig Fantasie und Geschick lassen sich die Tipps durchaus auch auf andere Einzelhandelsbranchen übertragen.
Beginnen wir doch zunächst einfach einmal mit den Basics. Und keine Sorge, auch wenn Sie am Anfang etwas Schwierigkeiten haben, alle Tipps genau so umzusetzen. Geben Sie nicht auf. Sie werden sehen, mit ein bisschen Übung bekommen Sie schnell Routine.
Also, wenn Sie soweit sind fangen wir an:
1. „Guten Tag“, „Danke“ und „Auf Wiedersehen“ sind drei einfache und grundlegende Bestandteile einer zivilisierten Konversation. Beachten Sie: Der Mensch spricht durchschnittlich etwa 16000 Worte am Tag. Was machen da 5 kleine Worte aus?
2. Lächeln tut nicht weh. Genaugenommen braucht man 54 Muskeln, um ein böses Gesicht zu machen, aber nur 43 Muskeln, um zu lächeln. Sie sehen, Lächeln ist also viel weniger anstrengend und erreicht gleichzeitig viel mehr! Studien haben außerdem gezeigt, das Lächeln das Immunsystem stärkt, das Leben verlängert und Sie jünger erscheinen lässt. Probieren Sie es aus!
3. Wir wollen Ihnen nichts Böses! Im Gegenteil, wir wollen Ihnen helfen, dafür sind wir ja da. Sie können ruhig davon ausgehen, dass wir nicht morgens aufgestanden sind und beim Frühstück geplant haben, ihnen den Tag zu vermiesen. Wenn also mal nicht alles glatt läuft, ist das normalerweise keine Absicht.
4. Wir haben da so einen Tick: Wir beschriften gerne alles korrekt. Wo also „Kasse“ dran steht, ist auch Kasse drin. Denn wenn es die Information wäre, hätten wir „Information“ dran geschrieben.
Bevor wir jetzt fortfahren, lesen Sie noch einmal in Ruhe die Punkte 1-4 und gehen Sie im Kopf ruhig auch einmal einen fiktiven Besuch bei uns durch und versuchen Sie dabei das eben Gelernte anzuwenden.
Alles verstanden? Sehr gut! Dann schreiten wir jetzt weiter zu den etwas spezielleren Abläufen:
1. „Buch!“ und „Geschenk!“ sind weder gesellschaftlich anerkannte Begrüßungsformen, noch ein grammatikalisch akzeptabler Ersatz für die Bitte, etwas als Geschenk zu verpacken. Verwenden Sie ruhig einige Ihrer 16000 Worte darauf – wie Sie es in der Schule gelernt haben – einen vollständigen Satz zu bilden. Subjekt, Prädikat, Objekt – Ihr Deutschlehrer wäre stolz auf Sie!
2. Dass Ihnen das Buch nicht gefallen hat, ist kein tauglicher Umtauschgrund.
3. Wenn Sie ein bestimmtes Buch suchen, ist es hilfreich, wenn sie mehr als nur die Farbe des Einbandes wissen. Da auch Farben leider trotz ihrer großen Vielfalt begrenzt sind, kann es manchmal vorkommen, dass es ein oder zwei Bücher in derselben Farbe gibt. Seien sie uns also bitte nicht böse, wenn wir nicht auf Anhieb wissen, von welchem Buch Sie sprechen.
4. Ihnen ein Lesezeichen oder eine Tüte anzubieten, ist nach aktueller Rechtslage in Deutschland bisher nicht strafbar. Sich schützend über Ihre Bücher zu werfen und zu reagieren, als hätten wir Ihnen gerade Drogen angeboten erscheint also etwas übertrieben. Keine Sorge, im Normalfall werden wir Sie nicht zwingen, sich etwas von uns schenken zu lassen.
5. Die Frage, ob etwas als Geschenk verpackt werden soll, ist eine reine „Ja“ oder „Nein“-Frage. Freuen Sie sich, hier haben Sie nun endlich Gelegenheit Worte zu sparen. Insbesondere der Satz „Dann muss ich es nicht selber machen“ ist nicht so witzig, wie Sie vielleicht glauben, wenn man sich 5 Artikel aus dem Angebot für je 2,99€ einzeln verpacken lässt, während hinter einem noch etwa zehn Kunden warten, um sodann kundzutun, dass ja eigentlich alle 5 Artikel für dieselbe Person sind.
6. Wenn wir Sie fragen, ob Sie es gerne es als Geschenk verpackt hätten, welche Antwort erwarten Sie dann auf ihre Gegenfrage „Machen Sie das denn?“?
7. Sie müssen sich den Playboy oder das Kamasutra nicht von uns als Geschenk verpacken lassen, nur weil es Ihnen peinlich ist zuzugeben, dass Sie die Lektüre für sich selbst kaufen. Seien Sie entspannt und ehrlich und ersparen Sie damit sich selbst den Stress eine Ausrede erfinden zu müssen und uns die unnötige Arbeit. Ich verspreche Ihnen, wir werden nicht mit dem Finger auf Sie zeigen und lachen.
An dieser Stelle möchte ich nun erst einmal schließen und Ihnen so die Möglichkeit geben, diese vielfältigen und sicherlich überraschenden Erkenntnisse zu verarbeiten.
Und wenn Sie sich dann bereit fühlen, sprechen wir vielleicht auch einmal über den essentiellen Unterschied zwischen einer Rolltreppe und einem WC...
Mit freundlichen Grüßen."
... Und habe darum eine Diskussion angezettelt dort, in der es vor allem darum ging, dass in diesem Text der Eindruck erweckt wird, dass Kunden für Buchhändler generell eher nervig sind. Laut diesem Brief (und den generellen Postings der Seite) muss ich mir ja jedes Mal genau überlegen, ob die Frage, die ich an den Buchhändler richten möchte, nicht vielleicht irgendwie blöd klingt oder nervig ist, oder ob der Buchhändler gerade einen schlechten Tag hatte und am liebsten gar nicht angesprochen werden möchte.
Ist die Spezies Kunde abgrundtief verdorben durch den Konsum? Denken wirklich alle Kunden, sie könnten sich alles erlauben?
Oder üben solche Buchhändler wie die Betreiberin der Seite vielleicht einfach den falschen Beruf aus? (Ich bin hier mal provokativ)