Der Zeitgeist ist davon geprägt, dass man alles akzeptiert und in Ordnung findet - abgesehen von festen Überzeugungen. (Seite 113)
301 Seiten, gebunden
Originaltitel: Beautiful Outlaw
Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Günter
Verlag: Gerth Medien GmbH, Aßlar 2013
ISBN-10: 3-86591-760-7
ISBN-13: 978-3-86591-760-7
Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)
Jesus war schon immer ein Stein des Anstoßes. Zu seiner Zeit so sehr, daß er von den „Offiziellen“ gekreuzigt wurde. Durch die Jahrhunderte hindurch hat sich der Blick auf ihn immer mehr mit einem Schleier überzogen. Eldredge reißt diesen Schleier weg von diesem falschen Jesusbild, das sich eingebürgert hat. Ausgehend von den Berichten der Evangelien, die er auf eine ungewohnte Weise liest und interpretiert, entsteht ein neues, ungewohntes Bild dieses Jesus von Nazareth, der sich selbst als „Menschensohn“ bezeichnete. Befreit von allem Verzerrenden und Entstellenden wird der Blick frei auf einen Jesus, der radikal anders ist als der, den wir bisher zu kennen meinten.
Über den Autor (Quelle: eigene Angabe)
John Eldredge wurde 1960 geboren und ist als Berater, Redner und Autor tätig. Er ist verheiratet und hat drei Söhne. Mit seiner Familie lebt er in Colorado Springs / CO.
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Meine Meinung
Das ist so ein Buch, zu dem es vermutlich nur zwei Meinungen gibt: positiv oder negativ. Ein Buch, das polarisiert und zur Stellungnahme auffordert. Ein Buch, das überkommenes Denken in einer Radikalität infrage stellt, wie sie mir so bisher noch nirgends begegnet ist.
Eldredge spricht vom „Gift der Religion“ und davon, daß die Religion die Sicht auf den wahren Jesus verstellt, verzerrt bis unmöglich macht. Im Verlauf des Buches wird deutlich, was er damit meint; er führt immer wieder Beispiele dafür an. Auch wenn ich verstanden habe, worauf er hinaus will, hätte ich mir zu diesem Punkt aber eine genauere Definition gewünscht. Denn Religion = religio = Rückbindung an den Urgrund kann falsch nicht sein. Der Autor versteht den Begriff „Religion“ jedoch gleichbedeutend mit „organisierter Religion“, so gesehen wird es dann nachvollziehbar. Denn das ist genau das, woran - äußerlich gesehen - Jesus seinerzeit gescheitert ist: er verstieß immer wieder gegen die Gesetze und Bestimmungen der „organisierten Religion“ (mein Begriff), und deshalb suchten ihn die Oberen töten zu lassen.
Die erschreckende Erkenntnis dieses Buches ist es, daß sich daran bis auf den heutigen Tag eigentlich nicht viel geändert hat.
Man mag ihm vorwerfen, er sei respektlos gegenüber Jesus, dem Sohn Gottes. Aber wenn man sich die Texte der Evangelien, und wie dieser Jesus mit den Menschen umging, genau durchliest, relativiert sich das sehr schnell. Eldredge plädiert dafür, daß wir uns Jesus so nähern sollen, wie das seine Zeitgenossen damals auch getan haben.
In einer Weise, wie ich es bei keinem Autor gefunden habe, geht Eldredge an die Texte der Evangelien heran und interpretiert sie auf eine ungewohnte, frische sowie durchaus provokante Art und Weise. Ich habe einen Großteil der von ihm zitierten Stellen im Münchener Neuen Testament* nachgelesen - und seine Interpretation bestätigt gefunden. War mir zunächst der Gedanke an die falschen Propheten gekommen, von denen im NT die Rede ist, so bin ich, je weiter ich im Buch voran kam, mehr und mehr zu der Überzeugung gelangt, daß der Autor nicht zu diesen zu rechnen ist, sondern eine Sicht auf Jesus freilegt, die eigentlich so offensichtlich ist, daß man sie schon wieder übersieht. Weil sein Jesusbild so gar nicht zu dem „offiziellen“ paßt, weil es unbequem ist, und weil es der political correctness mindestens so stark widerspricht, wie Jesus selbst zu seiner Zeit dies tat.
Ich habe mich einmal gefragt, wann eigentlich das Feuer der Begeisterung der ersten Christen erloschen ist, und auch wodurch. Auch darauf gibt der Autor hier, wenngleich indirekt, eine Antwort. Es geschah, als diejenigen, die Jesus noch persönlich gekannt haben, langsam ausstarben, als sich ein Schleier der Veklärung über Jesus bzw. die Vorstellung und das Bild von ihm gelegt hat, der den wahren Jesus mehr und mehr verdeckte und verfälschte. Es ist das Verdienst dieses Buches, diesen Schleier erbarmungslos zu zerreißen und so einen Zugang zum ursprünglichen, authentischen Jesus zu bieten. Eine Sicht- und Erfahrungsweise, wie sie wohl die ersten Christen auch hatten.
Je weiter man im Buch kommt, je mehr sieht man sich unweigerlich selbst angesprochen, die eigene Position hinterfragt, dazu veranlaßt, das eigene Jesus-Bild neu zu definieren. Ob man dem Autor nun zustimmt oder nicht, auf jeden Fall zwingt er, sich intensiv mit dem Menschen, der vor rund zweitausend Jahren lebte und wirkte, starb und von den Toten auferstand, von dem Johannes schreibt „Und der Logos wurde Fleisch“ (Joh 1,14), auseinanderzusetzen. Ob man dabei zu einer neuen Sichtweise gelangt und was daraus folgt, wird jeder für sich selbst entscheiden müssen.
Kurzfassung
Eine radikal neue Sicht auf den Jesus der Evangelien. Lesens- und nachdenkenswert.
* = Münchener Neues Testament ist eine Übersetzung so „griechisch wie möglich, so deutsch wie nötig“. Es wird der Urtext ohne Rücksicht auf deutsche Grammatik wörtlich übersetzt, ähnlich wie die Buber/Rosenzweig - Übersetzung für das Alte Testament.
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