Paradies für alle - Antonia Michaelis

  • Inhalt:


    Das Paradies ist machbar, glaubt der 9-jährige David. Man müsste nur das Geld ein wenig umverteilen. Oder die Kühe von nebenan freilassen, die noch nie auf der Weide waren. Dass David begonnen hat, seine oft wilden Pläne in die Tat umzusetzen, erfährt seine Mutter Lovis erst, als er nach einem Unfall im Koma liegt. Sie findet seine Aufzeichnungen und beginnt zu kämpfen: um ihren Sohn, um ihre zerrüttete Ehe und um das Paradies auf Erden, das zu scheitern droht.
    Am zweiten Mai kommt der neunjährige David nicht von der Schule nach Hause.
    Am Abend wird er auf der Autobahn überfahren, 50 Kilometer entfernt von zu Hause. Dies ist die Geschichte seiner Mutter, die versucht, herauszufinden, was geschehen ist. Dies ist die Geschichte einer Schreibmaschine und einer Mappe, die ein Jahr lang mit geheimen Projekt-Einträgen gefüllt wurde.
    Dies ist die Geschichte eines Klinikbettes und eines kleinen Mädchens, das neben dem Bett sitzt und auf einen Prinzen wartet, der nicht zurückkommt.
    Dies ist die Geschichtee einer himmelblauen Kaugummiblase - oder vieler.
    Dies ist die Geschichte eines Jungens, der versucht hat, das Paradies auf Erden zu schaffen. Und der daran gescheitert ist.
    Oder auch nicht.


    Pressestimmen
    "Eine traurige, doch zugleich wunderschöne Geschichte." Madonna, 11.05.2013
    "Ein Denkanstoß für kluge Leser." wien-heute.at, 25.05.2013



    Über die Autorin :


    Antonia Michaelis, 1979 geboren, begann bereits als Kind zu schreiben. Sie ist eine renommierte Autorin von zahlreichen Büchern und Theaterstücken für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ihr Roman „Der Märchenerzähler“ wurde für den Deutschen Jugendbuchpreis und den Buxtehuder Bullen 2012 nominiert. Antonia Michaelis lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in einem Dorf nahe der Insel Usedom.



    Meine Meinung:


    Eine Rezension zu diesem Buch zu schreiben fällt mir etwas schwerer, denn es ist ein besonderes und anspruchsvolles Buch.
    Antonia Michelis beweist mit diesem Erwachsenenroman wieder ihr Können und begibt sich in eine leicht philosophische Richtung, ganz anders als beim „Märchenerzähler“ oder bei „Solange die Nachtigall singt“.


    Das Cover sticht schon mit seiner Eigenwilligkeit heraus und passt dennoch im Nachhinein zur Geschichte, die den Leser fordert und , wie schon in ihren anderen Büchern, erst einmal nur Fragen aufwirft und keine Antworten bietet. Der Klappentext lockt den Leser mit einer vermeintlich lockeren, lustigen Geschichte, aber weit gefehlt. Ich wusste , dass das täuscht und trotzdem war ich beeindruckt, welch Tiefe und Intensität sie wieder einmal geschaffen hat. Schon die ersten 20 Seiten zeigen, was auf den Leser zukommt. Man fühlt mit und wird von den Figuren vereinnahmt. Die Sätze sind gehaltvoll , voller Emotionen und Bedeutungen , mit denen die Autorin es auch in kurzen , knappen Sätzen schafft, beim Leser viel auszulösen. Dicht gewebte Tiefe reist den Leser mit ins Geschehen und wird nicht losgelassen, denn der Kopf wird gefordert. In anderen Büchern stehen nur Sätze hintereinander gereiht , die zwar eine Geschichte ergeben, aber den Leser außen vor lassen und nicht tief ins Hirn und Herz eindringen. Ich vergleiche es mit Musik. Es gibt Musik, die verursacht Gänsehaut und geht durch und durch, erzeugt Emotionen und Gedanken und andere Musik, sie muss nicht schlecht sein, verursacht nichts ,sondern hört sich nur gut an. So ist es zum Bsp. mit „Cassia & Ky -- Die Auswahl„ , nett aber mehr auch nicht.
    Antonia Michaelis erzeugt beim Lesen so viele Gefühle zwischen den Zeilen, legt Gefühle in einzelne Worte, die den Leser beflügeln. Sie verzaubert ihre Buchstaben, so denke ich manchmal, denn ich weiß nicht wie sie es schafft mich so zu beeindrucken, bisher konnte das noch kein Autor so wie sie. Sie vermag es mit so vielen Beschreibungen, die aber auch kurz und knapp sind, unnütz wirken und doch so vielsagend sind, den Leser in die Geschichte hinein zu ziehen ,ohne dass der Leser sich beim Zuhören langweilt , ja zuhören, denn wenn ich ihre Bücher lese ist es wie ein Film in meinem Kopf , der sich abspielt und ich ihm gebannt folge.
    Sehr beeindruckend ist die Hauptperson David, ein 9 jähriger Junge , durch den wir der Philosophie näher kommen und gebannt staunen dürfen, was in einem Kinderkopf so für Gedanken schweben. Er ist ein außergewöhnlicher Junge, der anders ist als andere gleichaltrige und der dem Leser gleich ans Herz wächst.
    Ich frage mich, wie man als Autor auf eine solche Story kommt. Die "normalen" Bücher mit ihren Zukunfts- oder Krimigeschichten finde ich dagegen langweilig. Ich bin der Meinung, dass Frau Michaelis ziemlich viel auf dem Kerbholz hat, dass sie sehr begabt ist, denn so tiefe, bedeutungsschwere Geschichten kann sich nicht jeder ausdenken.
    Ich mag diese ganzen undurchsichtigen Dinge, die einen mit einem Fragezeichen über den Kopf dastehen lassen, denn man weiß, am Ende hat alles einen Sinn und seine Richtigkeit. Zum Glück stört es mich nicht, dass man während der Geschichte keine Antworten bekommt, ich find es eher spannend, man kann sich selber Gedanken machen, obwohl ich es nicht so richtig tue. Ich lasse mich treiben, nehme die Fragen auf und weiß, dass am Ende alle Antworten kommen die ich brauche.
    Für dieses Buch finde ich es wichtig, dass man sich Zeit nimmt, es in Ruhe aber in einem Rutsch ohne große Unterbrechungen liest, denn Davids philosophische Gedanken können einen doch ziemlich beschäftigen und wenn man mitphilosophieren und richtig eintauchen möchte, kann man das nicht in der sBahn oder kurz vor dem Schlafen gehen.
    Jeder Satz ist pure Poesie für mich.
    Das Ende ist so herzbewegend, so traurig und doch wunderschön geschrieben. Es ist glaubhaft ,aufklärend und alles andere wäre nicht passend gewesen.
    Frau Michaelis beweist immer wieder, dass sie keine normalen Geschichten schreibt, sondern immer etwas besonderes, das im Herzen und im Kopf bleibt und ich werde alles von ihr verschlingen was ich zwischen die Finger bekomme. Man muss sich auf ihre Geschichten einlassen, eintauchen und abwarten, am Ende wird man belohnt und es werden alle Fragen geklärt.



    Ein Muss für Fans von Antonia Michaelis, die der leichten Philosophie nicht abgeneigt sind , in Verbindung mit viel Ruhe und Zeit zum lesen und nur für Leser geeignet ,die nicht immer gleich Antworten haben wollen, sondern sich bis zum Ende gedulden können.

  • Klappentext:
    Das Paradies ist machbar, glaubt der 9-jährige David. Man müsste nur das Geld ein wenig umverteilen. Oder die Kühe von nebenan freilassen, die noch nie auf der Weide waren. Dass David begonnen hat, seine oft wilden Pläne in die Tat umzusetzen, erfährt seine Mutter Lovis erst, als er nach einem Unfall im Koma liegt. Sie findet seine Aufzeichnungen und beginnt zu kämpfen: um ihren Sohn, um ihre zerrüttete Ehe und um das Paradies auf Erden, das zu scheitern droht.
    Autorin:
    (Quelle: Droemer Knaur)
    Antonia Michaelis, 1979 geboren, begann bereits als Kind zu schreiben. Sie ist eine renommierte Autorin von zahlreichen Büchern und Theaterstücken für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ihr Roman „Der Märchenerzähler“ wurde für den Deutschen Jugendbuchpreis und den Buxtehuder Bullen 2012 nominiert. Antonia Michaelis lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in einem Dorf nahe der Insel Usedom.


    Eigene Meinung:
    Als der 9-jährige David bei einem Verkehrsunfall so schwer verletzt wird, dass er ins Koma fällt, ist seine Mutter Lovis zu tiefst erschüttert. Angeblich sei er extra auf die Autobahn gelaufen. Wie aus dem Nichts dort aufgetaucht. Doch wie ist er dort hingekommen? Was wollte er dort? Lovis ganzes Leben ist nun durcheinander gebracht. Dabi hatte sie zuvor schon genug Probleme. Mit ihrem Job als Künstlerin, mit ihrer Ehe, mit der dicken Mauer um sie herum ... Doch dann findet sie Davids "Werkstattberichte" und beginnt die Dinge aus einem anderen Winkel zu sehen. Und mit der neuen Betrachtungsweise beginnt sie nicht nur darüber nachzudenken, sondern aktiv an ihrem Leben und ihrem Umfeld zu arbeiten.
    Davids Werkstattberichte sind eine Art Experiment. Der Junge entdeckt, dass das Leben nicht gerecht zugeht und positive und negative Lebenseinflüsse häufig schier willkürlich verteilt. Das findet er gemein. Er möchte, dass es allen gut geht. Dass es "das Paradies" auf Erden gibt. Für Jeden. Für die arme alte Nachbarin, die nicht ins Heim möchte, die humpelnde Spaziergängerin und seine Freundin Lotta, deren Mutter viel zu viele Kinder und zu wenig Geld hat. Er beginnt eine ganze Reihe von Versuchen und vielleicht gelingt es ihm die Welt zumindest ein klein wenig zu verbessern.
    Ich bin ein großer Fan der Autorin Antonia Michaelis und mag an ihr vor allem, dass man nie genau weiß, was einen erwartet. Eins ist mir jedoch schon immer aufgefallen: sie ist sehr poetisch und hat häufig einen besonderen Blick auf manche Dinge. Verschleiert sie gern oder stellt sie so dar, dass jeder seine eigene Betrachtungsweise entwickeln kann. In ihrem Roman für Erwachsene "Paradies für Alle" vereint sie eine Mischung aus Philosophie und Religion. Wer vor allem mit dem Letzteren nichts anfangen kann, ist in dem Buch sicher falsch aufgehoben, wobei es vielleicht auch dazu beiträgt diese Sichtweise ein wenig zu ändern...
    Einer der Hauptcharaktere des Buches ist der 9-jährige David, der mit seinen Experimenten nicht nur sein unglaublich gutes Herz unter Beweis stellt, sondern auch zum Nachdenken anregt. Mir gefällt es sehr gut, dass der Leser dabei nicht auf sich allein gestellt wird, sondern quasi in Begleitung von Lovis durch diverse Gedankengänge geführt wird. Allerdings finde ich viele Gedanken des Jungen wenig authentisch. Natürlich gibt es Kinder, die in diesem Alter schon besonders schlau sind, und ich denke es geht gerade darum, dass Kinder sich viele Gedanken machen, Ängste und Nöte der Menschen ernster nehmen und auch ihre eigenen Sorgen entwickeln, aber David ist mir manchmal ein wenig zu fern von einem realistischen 9-jährigen, was mich ein bisschen gestört hat. Ebenso die Länge des Buches, denn an manchen Stellen wird es doch etwas langatmig.
    Eine weitere große Rolle spielt Davids Mutter Lovis. Sie ist diejenige, die Davids Geheimnissen auf den Grund geht. Sie ist diejenige, deren Leben den größten Bedarf an Veränderung hat. Manchmal muss man zuerst in ein tiefes Loch fallen, um selbst wieder bergauf zu finden ...
    Fazit:
    “Paradies für Alle” ist, wie der Titel schon ahnen lässt, ein Buch, das sich mit dem Paradies beschäftigt. Ein Paradies, das dazu beiträgt, dass die Ungerechtigkeit auf der Welt ein kleines bisschen besser verteilt wird, und das alle Menschen glücklich machen soll. Dafür sorgen möchte ein 9-jähriger Junge, der dafür ein hohes Risiko eingeht. Ein Roman, der an manchen Stellen etwas langatmig ist und auf mich teilweise gestellt wirkt, mich dann aber mit großen Gefühlen, Gänsehaut und unvorhersehbaren Wendungen wieder versöhnlich stimmen kann.

  • Danke für diese beiden wunderbaren Rezensionen.


    Es ist schon ein paar Wochen her, dass ich Paradies für alle gelesen habe und ich kann sagen, dass mich dieser Roman auch im Nachhinein noch beschäftigt hat.
    Für eine ausführliche Rezension reicht meine Energie zurzeit nicht aus, daher nur ganz kurz: Ja, es gibt ein paar Längen, das empfand ich auch so. Aber es ist ein so einmaliger und tiefgehender Roman, dass er trotzdem von allen anderen absticht, die ich kenne und mir im Gedächtnis und im Gefühl haften bleibt.


    Aus meiner Sicht ein 9-Punkte-Roman.

  • Den muss ich mir noch unbedingt anschaffen, ist jetzt auf der WL, danke für die schönen Rezis. :knuddel1
    Ich freue mich, dass ich für mich eine neue, interessante Autorin entdeckt habe, vor allem, da ich meine Nichten, Neffen usw, damit versorgen kann.

  • Paradies für alle habe ich im Mai diesen Jahres gelesen, es war mein erstes "Erwachsenen"-Buch der Autorin. Von Antonia Michaelis kannte ich bis dahin nur ihre Kinderbücher, die ich auch als Erwachsener gern gelesen habe und vor allem wegen ihres anschaulichen und bildhaften Schreibstils sehr mag. Diesen Stil fand ich teilweise auch in Paradies für alle wieder, außerdem noch überraschende Tiefe und Ernsthaftigkeit. Ich finde, es ist ein wirklich lesenswertes und nachdenklich machendes Buch, das einen dazu bringt, eigenes festgefahrenes Verhalten zu überdenken.


    Einige Aktionen der neunjährigen Hauptfigur David waren sehr anrührend und oft auch verblüffend, allerdings fand ich ihn in seinem Verhalten und seinem Denken oft zu erwachsen für sein Alter und damit ein bisschen "unecht". Wenn ich ihn aber nicht nur als gewöhnlichen kleinen Jungen betrachte, sondern gleichzeitig als eine Art allgemeine Metapher oder Symbol für ein kindliches Weltbild, für die schlichte, unverbaute kindliche Sicht auf die Welt, von der wir uns als Erwachsene mit unserem oft viel zu komplizierten Denken eine Scheibe abschneiden können, dann funktioniert er als Charakter für mich sehr gut.


    Was mir das Lesevergnügen aber echt verleidet hat, war die Figur der Lovis, Davids Mutter. Diese Figur, die im Buch einen beträchtlichen Platz einnimmt, fand ich einfach nur absolut nervig und unsympathisch, selbstgerecht, egoistisch und in ihren Gedanken immerzu nur um sich selbst kreiselnd. Für mich war das eine absolut schreckliche Person und ich war jedesmal froh, wenn ich diese Passagen hinter mir hatte, und es wieder um die Erlebnisse ihres Sohns ging, in den ich mich viel besser hineinversetzen konnte.


    Alles in allem hat mir das Buch aber wirklich gut gefallen und ich habe es als Bereicherung empfunden. Auch wenn David die Welt nicht wirklich verbessern und zum Paradies für alle machen konnte, so hat die Autorin ja vielleicht wenigstens den einen oder anderen Leser dazu anstiften können, es zu versuchen.