Sherrilyn Kenyon - The Guardian

  • Inhalt:
    Seth’s time is running out. If he can’t hand over the entrance to Olympus, his own life and those of his people will be forfeit. No matter the torture, Seth hasn’t been able to break the god in his custody. Then there’s the beautiful Dream-Hunter Lydia: She isn’t just guarding the gates of Olympus—she’s holding back one of the world’s darkest powers. If she fails, an ancient curse will haunt the earth once more and no one will be safe. But evil is always seductive...


    Meine Meinung:
    The Guardian ist ein Titel aus Kenyons Dream Hunter Serie. Die Story lässt sich eigentlich in drei Sätzen zusammenfassen:
    Der Halbgott Seth ist seit viertausend Jahren in den Verliesen des Dämonenherrschers Noir gefangen, in einer Existenz fortgesetzter Folter und Demütigung. In einer misslungenen Rettungsaktion für ihren Ziehvater Solin stolpert ihm die herzensgute und wunderschöne Dreamhunterin Lydia vor die Füße - das perfekte Druckmittel, um Solin zur Herausgabe eines magischen Schlüssels zu zwingen, den Noir unbedingt in die Finger kriegen will, um sich damit die ganze Welt zu unterwerfen. Doch ihre Herzensgüte schmilzt schon nach kurzer Zeit sein vernarbtes Herz ...


    Tja.
    Ich habe Sherrilyn Kenyon bis vor ein paar Jahren gern gelesen (zumindest im Original - die Übersetzungen sind ganz schlimm kitschig), weil ihre Bücher einen sehr unterhaltsamen Mix aus LoveStory und mythologisch angehauchter UrbanFantasy boten. Ihre Dark Hunter Serie war nett, und 'Acheron' fand ich sogar richtig gut als Roman.
    'The Guardian' ist allerdings der traurige Höhepunkt einer Serie von Fehlgriffen, die ich mit ihren Büchern neuerdings erlebe. Das fing mit ihrer teilweise unsäglich gefühlsduseligen League SciFi-Serie an (Born of Night, of Fire, of Ice...), und ist mit dem einen oder anderen Dream Hunter Titel, den ich immer mal wieder in den Händen hatte, nicht besser geworden.
    Bei diesem hier war ich allerdings erstmals an einem Punkt, an dem ich das Buch kapitelweise nur noch schräg überflogen und mir die letzten Seiten ganz geschenkt habe. Handlung und atmosphärische Details sind mittlerweile so weit runterreduziert, dass man sie auf einer Seite zusammenfassen könnte, während alles nur noch in endlosen Wiederholungen darum kreist, wie sich Seth und Lydia anschmachten, in völlig überzogenen und daher unfreiwillig komischen emotionalen Ausbrüchen.
    Die erste Hälfte des Buches beschäftigt die Autorin sich in epischer Breite mit der tragisch verkorksten Kindheit, Jugend und überhaupt gesamten Vergangenheit des Helden - und seinem Ringelreihen mit Lydia (Oh nein, warum ist sie so freundlich zu mir? Bestimmt, damit sie mir hinterher den Dolch noch tiefer in den Rücken rammen kann. - Aber nein, ich begeeeeehre sie doch so. Wie kann solch ein liebliches Wesen böse sein? - Bestimmt, bestimmt ist das alles nur eine Falle. Sie hasst mich, ich weiß es, sie will mich nur hinterhältig vernichten. - Aber ich begeeeehre sie so ... usw. usf.).
    Gegenpart Lydia: Sie schmachtet unablässig diesen wundervoll gebauten göttlichen Krieger an, dessen überirdische Schönheit mit den saphirblauen Augen und den dunkelroten Löckchen sie ganz wuschig macht. Auch ergeht sie sich stunden- und tagelang in inneren Monologen ob des Leides, das ihr der Anblick seines Leids verursacht und überhaupt der Ungerechtigkeit, dass er in der Dämonenhölle schmachten muss, wo er doch so hübsch und herzensgut ist und überhaupt, kein Mensch oder Gott sollte das erdulden müssen.
    Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Begegnung mit Jaden, einer weiteren halbgöttlichen Entität in der Unterwelt, der im Auftrag von Seth auf Lydia aufpassen soll und ihr zunächst einmal in aller Ausführlichkeit Szenen von Seths schrecklicher Kindheit im Kopf vorspielt (nur für den Fall, dass der Leser noch nicht genug Empathie mit dem wirklich aufs Schrecklichste missbrauchten und verlassenen Helden aufgebaut hat), was Lydia wiederum Gelegenheit gibt, ungefähr zehnmal vor lauter Mitgefühl zusammenzubrechen und zwanzig Mal zu bekunden, dass so etwas wirklich niemand erleiden sollte. (Falls der Leser noch nicht begriffen hat, wie abgrundtief herzensgut und empathisch sie ist).
    Auch das Aufeinanderprallen von moderner Welt und archaischem Götterpantheon, in ihren früheren Büchern immer mit einem netten Augenzwinkern und durchaus lustig umgesetzt, wirkt hier höchstens seltsam und vor allem unlogisch und unausgegoren. Ein Intermezzo, in dem sich Seth kraft seiner Spezialtalente einen Laptop mit Internetanbindung in seine Wohnkammer im Dämonenreich beschwört, wo ihm dann Lydia zeigt, wie Google funktioniert und er ihr daraufhin einen perfekt passenden Satz Klamotten beschwört, die er zufällig im Internet gesehen hat ... öhm, hüstel - keine weiteren Worte.
    Last but not least: Kenyons Neigung zu Übertreibungen nervt hier noch mehr als bei anderen Büchern. Sie behauptet die ganze Zeit grässliche Superlative, um die Schrecklichkeit der Unterwelt zu illustrieren - aber bleibt leider jegliche Details schuldig, die das auch spürbar machen. Da wird Seth in die epische Verteidigung einer Grenze zum Nachbardämonenreich gesendet, vorgeblich der schlimmste und entsetzlichste Kampfposten, der vorstellbar ist (die Landung in der Normandie ist ein Scheiß dagegen :grin). Jaden bringt ihn schwer verletzt zurück und als Lydia fragt, was geschehen sei, beteuert Jaden atemlos, er habe noch nie nie nie in seiner zehntausendjährigen Existenz als einer der größten Kriegsherren in unzähligen epischen Schlachten etwas so Entsetzliches gesehen.
    Schnitt in Seths Kammer: Jemand hat ihm ein Schwert in den Magen gerammt.
    Ja, das ist nicht schön.
    Aber nach Jadens Vorankündigung nicht ganz das, was man erwarten würde.


    Leider leider kann ich wirklich gar kein gutes Haar an diesem Buch lassen - und fürchte, damit ist mein Sherrilyn Kenyon Kaufreiz tatsächlich erst mal erloschen.
    The Guardian ist eine ganz schlimm abgedroschene, in Klischees ertrinkende und viel zu dick aufgetragene Love Story mit Figuren, die so viel Persönlichkeit haben wie Schießbudenpappen und die wirken, als seien sie die fünfte Abkupferung von Kenyons Tortured Hero & Herzensgute Maid - Schema, aber unendlich überzeichnet. Die mangelnde Atmosphäre und die hanebüchenen Unlogiken sind auch mit dem Label 'Fantasy' nicht mehr entschuldbar - und alles in allem ist dieser Titel ein Schlag ins Wasser, der nicht nur langweilig zu lesen ist, sondern mich auch noch verärgert hat, weil ich weiß, dass es die Autorin mal so viel besser konnte.


    Aber vielleicht ist es inzwischen einfach so, dass all ihre Bücher automatisch aufgrund des Namens auf der NY Times Bestsellerliste landen und Mühe beim Inhalt deshalb nicht mehr notwendig ist.


    Grmpfl.

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von elwe ()

  • Danke für die Rezi, Elwe. Sehr anschaulich und gut zusammengefaßt :lache Da mir Acheron so gefallen hatte, habe ich mir überlegt, ob ich es mal wieder wage. Das kann ich mir jetzt sparen.


    Irgendwie hat sich dieser drastische Qualitätsverlust abgezeichnet. Wie du schon sagtest, irgendwann ist eine gute Idee so ausgehöhlt, abgenutzt und abgelutscht, dass nur die Spucke bleibt. Ich hab S. K. deswegen nach der Lektüre etlicher Darkhunter-Bände in Originalfassung schon vor einigen Jahren den Rücken gekehrt und nur für Acheron noch einmal eine Ausnahme gemacht. Den Dreamhuntern konnte ich nie etwas abgewinnen. Bei den Darkhuntern hat wenigstens ab und an noch etwas Humor aufgeblitzt, aber der ist ihr mit der Zeit wohl völlig abhanden gekommen.

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Ja Suzann, Du sagst es. Die Spirale dreht sich schon seit längerem nach unten. Ich hatte nur immer wieder gehofft, dass S.K. mal zu früherer Form zurückfindet - aber das ist wohl vergebliche Hoffnung.
    Ich bin allerdings froh, dass ich nicht die einzige bin, der das auffällt und es ergo wohl nicht an mir liegt :lache

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