Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen! - Dora Heldt

  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


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    Dora Heldt: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!, München 2013, Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-28007-5, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 351 Seiten, Format: 21,4 x 14,6 x 3,6 cm, EUR 17,90.


    „Es war Heinz in diesem Moment gleichgültig, ob es um Drogen, Geldwäsche oder andere Dinge ging. Aber es waren Unschuldige im Spiel. Und er, Heinz, war jetzt informiert und hatte die Pflicht zu handeln. Um Johannas Liebesgeschichte würde er sich später kümmern. Jetzt ging es um Menschenleben.“ (Seite 288)


    Die Frauen der Familien Schmidt und Müller haben gleich so ein komisches Gefühl, als Heinz und sein Schwager Walter, zwei pensionierte Beamte um die siebzig, gemeinsam an einer Kaffeefahrt teilnehmen wollen. Das heißt, für die beiden weltfremden Herren ist das natürlich keine Kaffeefahrt. Sie glauben den Werbeversprechen und halten sich für die Gewinner eines Preisausschreibens, das exklusiv unter gutsituierten Ruheständlern veranstaltet wurde. So packen sie ihre besten Klamotten ein und erwarten, im Kreise kultivierter Mitreisender ein luxuriöses Wochenende an der Schlei verbringen zu dürfen.


    Die ehemalige Schauspielerin Josefine „Finchen“ Jäger hat ähnliche Vorstellungen und überredet ihre Nichte, die Radiomoderatorin Johanna, sie zu begleiten. Johanna traut sich nicht „nein“ zu sagen und packt heimlich ein Aufnahmegerät in die Handtasche. Vielleicht springt bei dem Unfug ja wenigstens eine Reportage heraus ...


    Die Familie hat’s geahnt: Heinz und Walter kann man nicht mal fünf Minuten aus den Augen lassen, schon bricht das Chaos aus. Auf dem Weg zum Reisebus haben sie bereits eine Autopanne und latschen mitten durch eine polizeiliche Ermittlung. Die Busreise selbst ist weder exklusiv noch „all inclusive“. Das Hotel entpuppt sich als versiffte Bruchbude und der Reiseleiter nebst Assistentin will den Rentnern ein überteuertes Timesharing-Objekt aufschwatzen.


    Jüngere Begleitpersonen wie Johanna oder der neugierige Patrick Dengler, der mit Mutter und Tante mitgefahren ist, sind den Veranstaltern ein Dorn im Auge. Kritische Nachfragen haben sie nicht so gern. Die haben sie allerdings auch von Walter Müller, Heinz’ Schwager zu befürchten. Er war Finanzbeamter und merkt natürlich sofort, dass man ihm hier einen Blödsinn vorrechnet. Mit seinen Zweifeln und Einwänden macht er sich bei den Veranstaltern äußerst unbeliebt.


    Heinz, stets von dem Wunsch beseelt, die Angelegenheiten seiner Mitmenschen in Ordnung zu bringen, ob die das wollen oder nicht, widmet sich derweil mit Tante Josefine der Rettung von Johanna Jägers kriselnder Ehe. Er meint es von Herzen gut, doch wer ihn aus Dora Heldts vorigen Romanen kennt, der weiß: Wo Heinz helfend eingreift, da wächst kein Gras mehr!


    Als ein Bauer aus der Gegend im Lokal auftaucht und den Reiseleiter bedroht, beginnt auch Heinz zu ahnen, dass hier eine krumme Sache läuft. Dann wird auch noch in das Hotelzimmer von Josefine und Johanna Jäger eingebrochen und das Aufnahmegerät gestohlen. Für Heinz ist die Sache klar: Da steckt die Mafia dahinter!
    „Walter“, fing Heinz an und rutschte ein bisschen näher zu seinem Schwager. „Ich glaube, wir sind da einer ganz großen Geschichte auf der Spur.“ (Seite 252)



    Mit vereinten Kräften und den allerbesten Absichten schaffen es Heinz, Walter und Josefine, das Chaos auf die Spitze zu treiben. Zum tumultartigen Showdown treten an: Ein geknickter Ehemann, eine hysterische Autorin, eine besorgte Tochter mit einer Hiobsbotschaft, ein Bauer mit Axt, die Polizei und der Notarzt. Heinz und Walter sitzen unterdes auf ihren Klappstühlen vorm Hotel wie Waldorf und Statler in der Theaterloge und betrachten interessiert den Wirbel, an dessen Entstehung sie maßgeblich beteiligt waren. Ihre Frauen und Töchter hatten schon Recht: Man kann die zwei Herren einfach keine fünf Minuten aus den Augen lassen!


    Dachte man beim letzten Band KEIN WORT ZU PAPA schon, dass das Thema „Heinz sieht Gespenster und mischt sich ein“, jetzt wohl ausgereizt sei, gelingt es der Autorin in diesem Band doch, der Sache neuen Schwung zu verleihen. Heinz allein mit seinem Schwager Walter loszuschicken, war eine gute Idee. Dass die zwei ein gewaltiges zerstörerisches Potenzial haben, das klang schon in früheren Bänden der Reihe an.


    Irgendwie sind sie beide nicht von dieser Welt und wären ohne ihre Familien kaum überlebensfähig. Walter ist ein unsensibler Klotz, ein Geizkragen und staubtrockener Zahlenfreak, der keinerlei Interesse an den Befindlichkeiten seiner Mitmenschen hat. Während seine Tochter von ihrem neuen Freund erzählt und Fotos zeigt, schaltet er ab und löst Sudokus. Schwager Heinz dagegen hat eine Antenne für Beziehungsprobleme und möchte immer helfen. Leider lebt er von der Realität getrennt und steigert sich gern in abstruse Phantasiegeschichten hinein, die Walter dann unreflektiert glaubt. Wenn die beiden irgendwo eingreifen, kommt regelmäßig der fürchterlichste Unfug heraus.


    Diesmal läuft es ein bisschen anders, denn hier ist Walters Kernkompetenz gefragt: der Umgang mit Zahlen und Finanzen. Da macht ihm keiner was vor und da lässt er sich auch nicht von Heinz zu haarsträubenden Blödsinnsaktionen anstacheln. Im Gegenteil: Er kann seinen übereifrigen Schwager sogar mehrfach bremsen. Und Heinz wiederum vermittelt, wenn Walter seine kritische Meinung gar zu undiplomatisch äußern will. Die beiden realitätsfremden Pensionäre ergänzen sich in dieser Geschichte ganz wunderbar. Das Chaos bringen sie natürlich trotzdem zum Toben. Und der Leser kichert fröhlich vor sich hin, wenn die kauzigen alten Herren die Reisegruppe aufmischen und sich nebenbei unausgesetzt anzicken und zanken wie ein altes Ehepaar. Die Dialoge sind einfach zu köstlich!


    Was den Leser doch noch interessiert hätte: Müsste nicht eine der Damen unter falschem Namen gereist sein? Eine der Schwestern? Deutlicher kann ich jetzt nicht werden. Und hat Mareike tatsächlich k.o.-Tropfen ...? Wir werden es nie erfahren, denn nicht alles wird restlos aufgeklärt. Schade, aber nicht allzu dramatisch. „HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH, SIE HABEN GEWONNEN!“ ist ein locker-leichter Unterhaltungsroman, der allenfalls ein kleines bisschen verrückter daherkommt als das wahre Leben.


    Die Autorin
    Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, ist gelernte Buchhändlerin, seit 1992 als Verlagsvertreterin unterwegs und lebt heute in Hamburg. Mehrere ihrer Romane sind bereits fürs ZDF verfilmt worden. (Aber die Bücher sind um Längen besser. Anmerkung der Rezensentin.)

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Für Zwischendurch ist ein Roman von Dora Heldt wirklich ideal, da sie auf locker, leichte Art zu unterhalten weiß. Ich habe alle Erwachsenenromane von ihr gelesen, mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung. Dieser war definitiv einer ihrer guten, unterhaltsamen Romane.


    Anbei meine Bewertung:



    Titel: Walter und Heinz als Ermittlerduo


    Im neuen Dora Heldt Roman geht es endlich mal nicht um Christine, denn diese spielt nur am Rande mit, sondern um ihren liebenswerten, etwas stoffeligen Vater Heinz.


    Heinz` Schwager Walter hat bei einem Preisausschreiben gewonnen und darf an einer exklusiven Reise teilnehmen, was Heinz, der sich als ebenso wohlhabender Senior ansieht, gar nicht verstehen kann. Doch Walter nimmt den guten, alten Heinz kurzerhand mit an die Schlei und Frieden kehrt wieder ein. Die Frauen der beiden haben Zweifel an der Gewinngeschichte, doch die Männer lassen sich da nicht reinreden und treten die anstrengende Reise an. So auch die wohlhabende Josefine Jäger, die ihre Nichte Johanna mitschleppt, die dort ihren Liebeskummer um Ehemann Max verarbeiten soll.


    Doch die Luxusreise entpuppt sich schnell als Kaffeefahrt, wer hätte das gedacht? Es gibt jede Menge Verwicklungen, Verwirrungen, Verwechslungen, Streitereien und natürlich auch ein wenig Liebe. Als plötzlich alle Telefonkabel gekappt sind und geheime Dokumente im Hausmüll landen, ist das erst der Anfang.


    Der Roman hat mir gut gefallen, ermitteln hier doch die kauzigsten Sylter weit und breit. Leider reicht dieses Buch nicht ganz an die Knaller "Urlaub mit Papa" und "Kein Wort zu Papa" heran, denn die Charaktere blieben eher oberflächlich und Papa Heinz ist einfach nicht so witzig wie in den Vorgängern. Ich fühlte mich gut unterhalten, konnte aber nur einige, wenige Mal lachen.


    Fazit: Ein solider Roman, den sich kein Dora Heldt Fan entgehen lassen sollte. Neulinge sollten hingegen erst einmal zu ihren alten Werken greifen und sich begeistern lassen. Für Zwischendurch ideal und empfehlenswert, leichte Kost eben!


    Bewertung: 8,5/10 Eulenpunkten

  • Wenn der sparsame Walter mit seinem Schwager Heinz eine Reise an die Schlei macht, wird er sie vermutlich nicht auf dem üblichen Weg gebucht haben. Walter hat stattdessen durch ein Auswahlverfahren für gutsituierte Senioren zwei Plätze in einem Reisebus ergattert, der die beiden für drei Tage in die idyllische Ferienlandschaft bringt. Die Unterbringung und auch die Verpflegung seien exklusiv, versprach das persönliche Anschreiben. Schnell waren die Koffer gepackt, die Autofahrt zum Bus nach Bremen organisiert und der Reiseproviant verstaut.


    Leser der bereits erschienenen Romane von Dora Heldt haben bereits jetzt eine Ahnung, wie sich der Verlauf der Reise gestaltet. Kaum auf dem Autozug widerfährt den beiden schon das erste Missgeschick. Zusätzlich müssen sie sich eingestehen, dass nicht alles, was in diesen Annoncen versprochen, auch tatsächlich gehalten wird. Exklusiv bedeutet eben nicht alles inklusive, sodass durchaus noch Zusatzkosten auftreten können. Die beiden Senioren treten nebenbei in jedes Fettnäpfchen und entlarven ganz nebenbei noch einige schwere Jungs. Damit sie es nicht zu bunt treiben, fährt auch Christine an die Schlei. Nebenbei soll sie ihnen schonend den Vorfall mit dem abgebrannten Auto beibringen.


    Die Autorin hat erneut ihre feine Beobachtungsgabe bewiesen und damit urige Charaktere in der Reisegesellschaft geschaffen. Die Dialoge sind humorvoll und veranlassen teilweise zum lauten Lachen. Die trocken kommentierte Mundart passt zu den Figuren. Die Erzählgeschwindigkeit ist recht rasant und die Handlung baut sich logisch auf. Typisch für Heldts Romane sind die alltäglichen Themen, die jeder Leser so oder zumindest so ähnlich schon erlebt hat. Briefe mit Gewinnversprechen, die sich letztendlich als Verkaufsfahrt herausstellen, sind wohl schon in jedem Briefkasten gewesen. Diese Kenntnis schafft sofortiges Mitfühlen mit den Protagonisten. Diese begeben sich dann auch tatsächlich mit dem Veranstalter auf die Reise und erleben, was man selber insgeheim immer vermutet hat. Da Heinz bisher in jedem Buch auf verdeckte Ermittlung gegangen ist, darf das hier natürlich auch nicht fehlen. Zum Krimi wird dieser Roman dadurch natürlich nicht. Alles zusammen ergibt aber einige unterhaltsame Lesestunden und ich freue mich schon jetzt auf weitere Eskapaden der Familie Schmidt.

  • In der Fernsehzeitung gelesen:


    Am 4. Mai kommt "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen" im ZDF. Bin gespannt, wie viel oder wenig der Film mit dem Buch zu tun hat...

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Zitat

    Original von Gucci
    In der Fernsehzeitung gelesen:


    Am 4. Mai kommt "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen" im ZDF. Bin gespannt, wie viel oder wenig der Film mit dem Buch zu tun hat...


    Ich lese das Buch auch gerade mit Vergnügen! Aber ich habe noch keine Dora Heldt-Verfilmung sehen wollen. Ich hab immer das Gefühl, die Filme können nie so witzig sein wie die Vorlagen... :gruebel

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • So, ich habs durch und hatte mal wieder wunderbar vergnügliche Lesemomente! :-)


    Ins Detail geh ich hier jetzt mal nicht, da steht in den vorherigen Posts alles, was man wissen müßte. Mir hat der Roman auf jeden Fall wieder sehr gut gefallen: bei Heldt weiß man einfach, was einen erwartet und wenn man da Lust drauf hat, wird man nicht enttäuscht.


    Empfehlenswert für die leichte Unterhaltung zwischendurch!


    8 von 10 Punkten. 2 Punkte zieh ich ab, weil 10 Punkte bei mir der absolute Kracher sein müßten. :wave

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Gucci
    In der Fernsehzeitung gelesen:


    Am 4. Mai kommt "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen" im ZDF...



    Die Verfilmung kann man ja wohl nur als Rohrkrepierer bezeichnen.


    Was im Buch bzw. Hörbuch noch pointiert und überwiegend witzig ist, wirkt im Film einfach nur platt! Die Handlungsänderungen gehen voll nach hinten los!


    Schlechte Schauspielerleistungen drücken das Niveau, vor allen Yvonne Catterfeld ist wohl schon von der einfachsten Rolle überfordert.
    Auch Matthias Schloo und Daniel Aichinger waren schwach und austauschbar! Die anderen nicht mehr als routiniert.


    Dazu wirkt der Film, als wenn das ZDF sparen musste!


    Ich gebe 2,5 von 10 Punkte für den Film!


  • Das hab ich mir fast gedacht! Gut, daß ich diese Verfilmungen meistens gar nicht erst gucke... :rolleyes

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT