Taub oder blind?

  • Meine Wahl: ich kann mich nicht entscheiden.


    Ich finde diese Umfrage zwar nicht besonders gut aber auch nicht besonders abwegig. Natürlich macht man sich Gedanken drüber, wie es wohl wäre wenn ...


    Ich, als Betroffene von vielen Behinderungen, kann nur sagen - man lernt mit allem umzugehen. Als ich zB fünf Jahre im Rollstuhl saß, lernte ich die Welt von sitzender Position aus zu betrachten, als ich während eines starken Rheumaschubes in den Augen nur mehr ca 10 % Sehfähigkeit hatte, lernte ich binnen kürzester Zeit mich mit den anderen Sinnen zu orientieren und als ich nach einer sehr langen und komplzierten OP einen Hörsturz hatte, lernte ich es ebenso.


    Behinderungen, egal welcher Art, sind immer eine große Herausforderungen und man kann überhaupt nicht sagen "das ist besser". Nichts davon ist gut und Wertungen hier sind, weil Mensch ja gerne urteilt, total fehl am Platz. Wichtig ist, dass alles geht auch wenn mal was nicht geht.

  • Bin ja auch mehrfachbehindert. Was mich immer nur so stört sind Äusserungen wie "ich bewundere, wie Du Dein Leben meisterst" und ähnlich gelagerte Meinungen...beispielsweise, als ich meinen Führerschein gemacht oder geheiratet habe, sagten viele "Was denn? Das hast Du geschafft?" Hallo???? Diese Äusserungen machen es oft einem schwer, zu beweisen, dass man genauso gut ist, (oder eben auch genauso schlecht), wie alle anderen auch. Mit anderen Worten, ich muss mich doppelt so hart anstrengen, nur um zu zeigen, dass ich normal bin.


    Und dieses verzweifelte Bemühen um political correctness nervt auch ganz gehörig. Vor einigen Jahren gab es beispielsweise eine Werbespot von Mercedes Benz, da sass ein älterer Herr mit Hörgerät im Auto und dachte sein Apparat sei kaputt, weil er kein Motorengeräusch hörte, dabei wollten die Macher nur darauf hinweisen, wie leise der Wagen ist.
    Aber ein paar Interessensgruppen von Hörgeschädigten haben sich darüber aufgeregt, aber niemals hat sich ein Tauber selbst diskriminiert gefühlt.
    Ich meine, mein Gott, da reden alle von Integration von Behinderten und zu diesem Prozess gehöt nun mal die Tatsache, dass man sich auch über sie lustig machen kann. Ich meine, ich habe noch von keinen Blondinen oder Ostfriesen gehört, die deswegen Selbsthilfegruppen gegründet haben.


    Ich denke, dass man sich über Behinderte ruhig lustig machen kann, dass müssen sie nun mal verkraften, wenn sie Teil der Gesellschaft sein wollen.
    Deswegen finde ich auch sowas wie die Sendung Para-Comedy ( läuft auf dem Sender Comedy-Central ) einfach genial..


    OK, das war jetzt zwar ganz schön OT, aber das brannte mir halt unter den Nägeln...
    Also bitte geht ganz normal mit Behindis um. Und wenn Euch einer mal über die Füsse fährt oder umrennt, weil er Euch nicht gesehen hat, dann schnauzt ihn getrost an, das gibt ihm das Gefühl normal zu sein..


    Ich roll dann mal weiter im Batmobil..

  • @elorad:Ich bin auch dafür "Behindis" normal zu behandeln!Aber ich würde mich nicht unbedingt über sie lustig machen,so wie in Blondinen-Witzen und ähnlichem...ich weiß ja nicht , wie "zart beseitet" mein Gegenüber ist...kenne ich einen Behinderten aber gut genug, dann kann auch mal ein Scherz gemacht werden...Das betrifft ja auch das Taktgefühl gegenüber Ausländern, oder Religionsgemeinschften, über die ich gegebenenfalls auch nicht einfach "witzele", weil es der betreffenden Person weh tun könnte!!!-Soviel Anstand sollte doch wohl jeder haben!
    Ich ziehe aber den Hut vor allen Behinderten, wie sie ihr Leben meistern und dabei oft weit weniger klagen, als die "Normalis"!!!
    Zur Umfrage: Ich glaube ich stelle mir ein Leben als Tauber etwas einfacher vor!Man kann sich leichter in fremder Umgebung orientieren und notfalls ja auch mal etwas aufschreiben, was man nicht sagen kann!Beispielsweise denke ich da an den Lehrling unseres Malers:Mit dem Typ konnte man sich per Gesten und Mimik schon richtig gut verständigen!

    Nimm das Leben nicht so ernst-Du kommst eh nicht lebend raus!


    :lesend "Die Mumie"-Anne Rice
    Fastenzeit-SUB:30
    SUB-Abbau:6

  • elorad
    Ich stimme dir - zumindest größtenteils zu - aber irgendwie klingt das für mich wie ein Widerspruch:


    Zitat

    ich muss mich doppelt so hart anstrengen, nur um zu zeigen, dass ich normal bin.


    und


    Zitat

    Ich denke, dass man sich über Behinderte ruhig lustig machen kann, dass müssen sie nun mal verkraften, wenn sie Teil der Gesellschaft sein wollen.


    Ich finde nicht, dass ich es verkraften MUSS wenn sich andere Leute über mich lustig machen. (Ich finde die Handlung des Auslachens an sich schon unmenschlich. ) Wenn ich es aushalten muss, dass andere Leute über mich lachen, muss ich ja erst doppelt beweisen, dass ich normal bin. (??)


    Hingegen kann ich selbst mit etwas scharzem Humor und Selbstironie die Situation entkräften - für mich selbst aber auch im Umgang mit anderen Menschen. Ein wenig gemeinsam Lachen schadet nie.

  • Ich bin immer extrem neugierig. So konnte ich mir nicht vorstellen, wie praktische Fahrstunden vor sich gehen, wenn der Fahrschüler gehörlos ist. Bei den Hörenden sitzt der Fahrlehrer nebendran und gibt während des Fahrens Kommandos. Rechts, links, langsamer, schneller, schalten ...


    Gebärden kann er ja nicht, selbst wenn er das beherrschte, denn der Fahrschüler muss ja auf die Straße gucken und nicht auf den Lehrer.


    Noch rätselhafter war mir, wie ein gehörloser Bekannter den Motorradführerschein machen konnte. Da fährt der Lehrer ja normalerweise mit einem anderen Fahrzeug vorneweg oder hintendrein und gibt über Funk Kommentare an den Fahrschüler. Fällt aus wegen is' nicht, wenn jener nix hört.


    Da müssen also alle Kommandos und Erklärungen *vorher* gegeben werden, das korrigierende Eingreifen ist nur schlecht möglich. Halte ich schon für anstrengender und etwas gefährlicher als Fahrstunden von Hörenden.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • :gruebelda musik mein leben is würde ich absolut gar ncih klar kommen wenn ich taub wäre.-.. des mit dem blind hab ich mir schon ma vorgestellt und da gibts ja auch ewig viele vertrauensspile mti verbundenen augen.. und is zwar alles megaschön und so was du da verpast aber ohne musik und alles... neee!!!!!!!!

  • Ich tendiere ganz klar zu "lieber" taub.


    Ich denke, das Leben ist wesentlich lebenswerter, wenn man die Welt mit den Augen entdeckt. Außerdem kann man seine Gegenüber trotzdem verstehen - Gebärdensprache.


    Und bei blind kommt zum tragen, das ich keine Bücher mehr lesen könnte. So schön ein Hörbuch doch sein mag, aber ein richtiges Buch ist etwas ganz anderes.


    Außerdem ist die Gestik eines Menschen so vielschichtig. Manch einere sagt etwas im liebreizenden Ton, aber man sieht ihm an das er es gar nicht so meint. Nee nee. Für mich ist das sehen enorm wichtig.


    Dennoch bin ich dankbar, dass ich beide Sinne besitze und nutzen kann.

  • Ich weiß, das wär schon beides ganz schön sch***e, aber Bücher kann man sich vorlesen lassen, und ich finde, wenn jemand mit dir spricht und dich dafür blöd anguckt, hört man das trotzdem... Ja das mit den Büchern ist ein schlagendes Argument, das geb ich ja zu, trotzdem wär ich "lieber" taub!