Taub oder blind?

  • Zitat

    Original von Morgaine
    Wenn du taub bist, bist du der Umwelt auch ausgeliefert. Was ist wenn z.B. ein Auto von hinten kommt und du hörst es nicht?


    Und wenn ein Elektroauto von vorne kommt und Du siehst es nicht?


    Prinzipiell sind beide Sinne phänomenal wichtig. ich habe eben abgestimmt, dass ich im Bedarfsfall bei der Auswahl lieber taub wäre. Das Argument Film zählt nicht. Gibt ja Untertitel.


    Abgesehen davon finde ich die Umfrage nicht wirklich gelungen. Klingt vielleicht makaber, aber spontan sehe ich gewisse Ähnlichkeiten. Stellt Euch eine Umfrage vor: Wenn Ihr zum Tod verurteilt werdet, wollt Ihr lieber eine Giftspritze oder den elektrischen Stuhl?


    Ist zugegeben der berühmte Vergleich Äpfel gegen Birnen. ;-)

  • Ich kenne eine schwerhörige Frau (90% taub) und einen tauben Mann und ich sehe, dass sie sich gut zurechtfindet und sogar Fremdsprachen gelernt hat und als Übersetzerin fúr Japanisch und Chinesisch arbeitet, aber er sich schnell hängenlässt oder sich dumm stellt, weil ihm die Familie und sein Partner ihm das Leben lösen sollen, wenn es ihm zu anstrengend wird.


    Sie kann keine Gebärdensprache und war immer in normalen Schulen, weil die Eltern der Meinung waren, dass sie vor der Mittelohrentzündung gut hören konnte und daher lieber Lippen lesen sollte, weil sie keine Probleme mit der Sprache hatte.


    Er hingegen kann sich nur schwer artikulieren, will keine neue Untersuchung oder Implantate und stützt sich lieber auf andere.


    Bei beiden waren wohl die Eltern wichtig für das Verhalten heute.



    Ich persönlich möchte weder blind noch taub sein, ich kenne eingeschränkte Lebensqualität und ich kann mir das sehr limitierend vorstellen.

  • Ich nehm die Giftspritze....


    Lieber Hurz,


    ist es nicht völlig legitim, sich Gedanken darüber zu machen, was einem im Leben so alles passieren könnte, wie man dann damit fertig werden würde?


    Für mich ist das ganz normal - ich mach mir darüber immer wieder so meine Gedanken und finde es schade, wenn einem hier der Mund verboten wird.


    Manche Menschen haben Ängste blind, taub, gelähmt zu werden ... wenn sie hier Menschen finden mit denen sie über ihre Ängte sprechen können, dann ist das doch nicht so "daneben", daß man ihnen die Diskussion darüber verbieten müsste.


    Und ich will im hohen Alter meinen Haushalt erledigen, ein Buch lesen, neben einer ausgesoffenen Flasche Wein einschlafen und nicht mehr aufwachen, wie meine Oma das gemacht hat.


    Aber das hindert mich nicht daran, mir über Schicksalsschläge, die mich treffen könnten Gedanken zu machen.


    Liebe Grüße


    Buchling

  • lieber taub als blind.


    es gibt doch noch so viel zu lesen :)


    ja blindenschrift aber da bekommt man auch nicht alles.
    außerdem ist dam dann sehr auf andere angewissen gegensatz zu taub.
    da aknn ich auch schon mal alleine los.

  • Ich möchte mir das lieber garnicht vorstellen, weil ich weder blind, noch taub sein möchte. Logisch, wer möchte das schon.


    Aber wenn dann würde ich blind nehmen, weil Musik einfach das WICHTIGSTE im Leben ist und ohne Musik könnte ich mir garkein Leben vorstellen. Wie sollte man sich sonst entspannen, abschalten, träumen etc. Undenkbar.


    Und somit verlasse ich das Thema gleich wieder, weils einfach eine Unbehaglichkeit hat. Über sowas will und sollte man nicht nachdenken, wenn man nicht muß.

  • Ich gehe mal davon aus, dass keiner von euch, die sich bisher für eine der vorgestellten Varianten entschieden hat, auch nur den Hauch einer Ahnung hat, wie sich so eine Behinderung auswirkt, jedenfalls nicht aus eigener Erfahrung. Seid froh drum und nutzt eure Zeit für sinnvollere Fragen. ;-)

  • Hi Idgie,


    jemand der es vermutlich weiß hat mal gesagt: "Blindheit trennt von den Dingen - Taubheit von den Menschen".


    Ist es nicht ganz interessant, daß sich trotzdem viele Menschen für die Taubheit entscheiden würden?
    Was ist sinnlos daran, sich damit auseinanderzusetzen, was man in Extremsituationen in seinem Leben tun würde.


    Schon wenn ich eine Patientenverfügung schreibe - oder mit meinen Angehörigen darüber spreche, unter welchen Umständen ich leben will - bzw. unter welchen Umständen ich auf keinen Fall "gerettet" werden will, wo für mich die Grenze des Erträglichen überschritten wäre, dann muß ich über solche Schicksalsschläge nachdenken.


    Ich wollte und durfte z.B. über die Umstände sprechen, wie ich eines Tages "entsorgt" werden will, wie man mit mir im Falle eines Schlaganfalles, Unfalles unter verschiedensten Umständen umzugehen hätte.


    NOCH kann ich das ändern, wenn mir jetzt für mich ein Leben unter gewissen Umständen als FÜR MICH nicht mehr lebenswert erscheint, dann kann ich doch Argumente hören und meine Meinung ändern.


    Gott sei Dank hat niemand gesagt, "Beschäftige Dich mit etwas Sinnvollem"
    ... jetzt habe ich deutlich weniger Angst vor solch einer Situation - und kann nur hoffen, daß ich mich klar genug ausgedrückt habe... nur für alle Fälle.


    Liebe Grüße


    Buchling

  • Ich habe blind angeklickt.


    Wie es ist, blind zu sein, habe ich am eigenen Leib erfahren. Natürlich ein großer Schock, eine riesige Umstellung....
    Aber ich habe doch recht schnell gelernt, damit umzugehen und war überrascht, was ich auf einmal alles hören und auch unterscheiden konnte.


    Gott sei Dank wurde mir im Krankenhaus geholfen und ich kann wieder ganz normal sehen, bräuchte nicht einmal unbedingt eine Brille (hab aber fürs Autofahren darauf bestanden)

  • Wenn ich wählen müsste, wäre ich lieber taub. Ich könnte mir nicht vorstellen, jemals blind zu sein und nichts mehr sehen zu können. Obwohl taub sein genau so schlimm ist. Wenn man sich auszudrücken versucht und du den anderen nicht verstehen kannst, sofern du und er die Gebärdensprache nicht können.


    Ich glaube aber, man sollte sich darüber lieber keine Gedanken machen, bevor es nicht wirklich mal passiert. Wie schwer es wirklich ist, kann niemand sagen, der es am eigenen Leib erfahren hat.


    Lg, Blaze

  • Diese Umfrage finde ich garnicht so abwegig.


    Es kommen Gedanken auf, dass dieses Schicksal einen jeden von uns treffen könnte....


    Wenn ich mich entscheiden müsste, dann würde ich mich eindeutig auch für "taub" entscheiden...weil ich mir so doch meine Unabhängigkeit bewahren könnte.


    Demütig sein, dankbar sein....und hoffen, dass uns das erspart bleibt!

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von Buchling
    jemand der es vermutlich weiß hat mal gesagt: "Blindheit trennt von den Dingen - Taubheit von den Menschen".


    Das sagt eine gehörlose Bekannte von mir auch immer. Ein Freund meines Mannes ist im Erwachsenenalter erblindet. Man kann das schwer gegeneinander aufrechnen und sagen, was "besser" oder "schlimmer" ist.


    Wir haben subjektiv den Eindruck, die gehörlose Freundin kommt mit weniger Hilfe klar und führt ein sehr aktives Leben. Der erblindete Freund ist beruflich und privat doch recht eingeschränkt. Mag aber damit zusammenhängen, dass die gehörlose Freundin die Behinderung vom Kleinkindalter an hat und damit aufgewachsen ist, der blinde Freund dagegen sich erst im mittleren Alter an die Behinderung gewöhnen musste.


    Die Gehörlosigkeit ist eine für die Mitmenschen unsichtbare Behinderung, und ich komme manchmal aus dem Kopfschütteln nicht heraus, wenn die Freundin erzählt, in welche haarsträubenden Situationen sie gerät, weil die Leute nicht kapieren, was es bedeutet, wenn einer nichts hört. Er *kann* nicht mal eben anrufen oder angerufen werden und er *kann* beim Arzt die Lautsprecherdurchsage nicht hören, die ihn ins Arztzimmer ruft. Wenn das Personal schon auf der Patientenkarte stehen hat: "Patientin gehörlos", muss halt mal eine von den Damen den @rsch lupfen und Frau X. im Wartezimmer abholen.


    Wenn der blinde Freund mit Stock und/oder Hund unterwegs ist, kapieren die Leute sofort, was Sache ist und verhalten sich meist entsprechend.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam
    Er *kann* nicht mal eben anrufen oder angerufen werden und er *kann* beim Arzt die Lautsprecherdurchsage nicht hören, die ihn ins Arztzimmer ruft. Wenn das Personal schon auf der Patientenkarte stehen hat: "Patientin gehörlos", muss halt mal eine von den Damen den @rsch lupfen und Frau X. im Wartezimmer abholen.


    Wurde dann schon mal genervt reagiert bzw. gedacht, der Patient sei einfach gegangen, oder wie meinst Du das jetzt?

  • Faye, das läuft dann so: Frau X wird per Lautsprecher ausgerufen, kriegt aber davon nix mit, bleibt sitzen und liest weiter in ihrem Buch. Die Mitpatienten wissen auch nicht, dass *sie* gemeint ist und können sie deshalb nicht drauf aufmerksam machen, dass sie ausgerufen wurde.


    Irgendwann mal fällt's der gehörlosen Patientin dann auf, dass andere drankommen, die nach ihr reinkamen und sie geht rein fragen. Dann kommt Genöle wie: "Wir haben Sie dreimal ausgerufen. Wenn Sie nicht reagieren ...?!"


    Meine Bekannte ist zum Glück des Sprechens mächtig und nicht nur der Gebärdensprache. Sie sagt dann unumwunden, dass in den Unterlagen der Praxis vermerkt ist, dass sie gehörlos sei. Eine Konsequenz dessen sei nun mal, dass sie Lautsprecherdurchsagen nicht wahrnehmen kann.


    Der Hit war auch: Lautsprecherdurchsage bei einer Veranstaltung, dass die Mitglieder der Gehörlösengruppe doch bitte zu Ausgang A kommen sollten. Ja, ganz toll. :grin Obwohl ... da hätte ich spontan auch keine praktische Lösung gewusst, wenn man keinen kennt, der dazugehört.


    Oder, anderes Beispiel: Schulsekretariat ruft zu Hause an, weil irgendwas mit dem Kind ist, obwohl auch da in den Unterlagen steht, Mutter gehörlos, Benachrichtigung nur per Fax möglich.


    Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Leute sich zwar vorstellen können, wie es ist, nichts zu sehen, aber was es für den praktischen Alltag bedeutet, nichts zu hören, das ist schwieriger.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Hauptsache nicht geschmacklos. :grin


    Nein, ich könnte mich auch nicht entscheiden, obwohl ich mir die Frage schon tausendmal gestellt habe ... Alles, was ich weiß, ist, dass ich ohne Musik ohnehin sterben würde - also wäre die Blindheit wohl das Gesündere für mich. Aber warum darüber nachdenken. Ich freue mich, dass ich nichts von beiden bin! :-)


    Ach ja: Soviel ich weiß, sagt man nicht taub, sondern "hörgeschädigt". :-)

    Roxane :-]



    Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort,
    und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort ...