Sonntag, der 9.6.2013. Was für ein fantastischer Tag. Sonnig ist es und warm. Ich hätte aber lieber dunkle Wolken. Denn heute treten Depeche Mode im Olympiastadion auf und Depeche Mode und Sonne passt einfach nicht. Als wir in die S- Bahn steigen, die uns zum Stadion bringt und die voll von schwarzgekleideten Pilgern ist, zieht der Himmel sich endlich zu. Als wir das Stadion erreichen, gießt es in Strömen. Erstmal bin ich froh, *hust* einen überdachten Bühnenplatz im ausverkauften Stadion bekommen zu haben. Hier ist es trocken. Allerdings habe ich unterschätzt, WIE riesig das Olympiastadion ist. Es ist unfassbar groß und die Bühne klassisch an einem Ende platziert. Die (viel zu kleinen) Leinwände an den Seiten verheißen nichts Gutes. Die Sitzplätze sind eng und es ist ein bisschen wie im Kino. Will einer durch, müssen alle aufstehen.
Die Vorband bestätigt meinen Eindruck: heute werde ich Abstriche machen müssen, beim Sound und beim Gefühl, auf einem echten Konzert zu sein. Obwohl wir "gute" Tribünenplätze haben, sind wir gefühlte Kilometer außen vor.
Als DM die Bühne betreten, öffnet der Himmel endgültig seine Schleusen. Was egal ist. "Welcome To My World" begrüßt Sänger Dave Gahan seine Fans und die antworten. Von Anfang an ist alles da. Umwerfendes Charisma, Energie, Groove, Tiefe. Das Bühnenbild ist nahezu schlicht, aber einnehmend. Ein Drummer und ein zusätzlicher Keyboarder neben Andy Fletcher sind dabei, wie üblich Martin Gore an der Gitarre. Bereits die dritte Nummer ist ein Höhepunkt für mich: Walking In My Shoes Zum ersten Mal von noch vielen folgenden singen 70 000 Menschen im Chor. Der unglaublich fit und gleichzeitig stark gealtert aussehende Gahan setzt seinen Hüftschwung ein, ist sehr sexy und schmust mit Martin Gore, bevor er ihm schließlich das Mikro übergibt. Der singt: "Oh god, It's raining, but I'm not complaining" und läuft durch einen Steg in den niemals mehr versiegen wollenden Regen hinein. Es ist herzergreifend, zum Gänsehautkriegen, ganz groß. Überhaupt gefällt mir Gore an diesem Abend sehr. Zerfurcht sieht er aus und als er Home singt, würde ihn wahrscheinlich jeder seiner Fans gerne in den Arm nehmen und ihn liebhalten. Die Songauswahl stimmt an diesem Abend, er fantastischer Mix aus alt und neu. Halo, A Question Of Time, Policy Of Truth, Black Celebration, Barrel Of A Gun :anbet, I Feel You, Just Can' Get Enough. Natürlich "Enjoy The Silence", und wieder singen 70 000 Menschen. Ich glaube, diese Fans gibt es nur bei DM. Als letzte Nummer wie immer Never Let Me Down Again und der mittlerweile halbnackte Dave Gahan hebt zusammen mit 140 000 anderen seine Arme winkend in den dunklen Himmel. Ein furioser, zweieinhalbstündiger Auftritt einer fantastischen, immer noch grandiosen Liveband ist zu Ende. Und ich..ich...
...ich bin fast ganz unberührt. Denn bei mir kam so gut wie nichts davon an. Ich war irgendwie zu weit weg. Außen vor, der Sound war nicht um mich herum. Als würde ich das ganze auf einem Fernseher an einem anderen Ort verfolgen. Ich habe wohl gesehen, wie fantastisch der Abend war, aber gefühlt habe ich ihn nicht. Ich weiß, wovon Gore und Gahan singen und ich verstehe es. Wie gerne hätte ich unten im strömenden Regen gestanden, direkt vor der Bühne. Und mitgelitten. Es hätte gepasst.
Vielleicht beim nächsten Mal, versuchen werde ich es immer wieder.