Suhrkamp
OT: Lacrimi si sfinti
Aus dem Französischen von Verena von der Heyden-Rynsch
Kurzbeschreibung:
Spätestens seit dem aus einer religiösen Krise entsprungenen Jugendwerk Von Tränen und von Heiligen, das vor allem den Spuren der christlichen Heiligen folgt und eine Erklärungskunst der Tränen zu entwerfen versucht, ist Cioran, der Sohn eines griechisch-orthodoxen Popen, Feuer und Flamme für die Mystiker dieser Welt, die eines mit den Skeptikern gemeinsam haben: Sie üben sich in „Entfaszination“, gehen den Illusionen nicht auf den Leim.
Über den Autor:
E. M. Cioran wurde 1911 in Rasinari bei Hermannstadt in Siebenbürgen als Sohn eines griechisch-orthodoxen Priesters geboren. 1928 bis 1931 Studium der Philosophie an der Universität Bukarest. Bis 1939 erschienen fünf Bücher in rumänischer Sprache. 1937 kam Cioran als Stipendiat nach Paris, wo er als freier Schriftsteller lebte. Er starb am 20.6.1995 in Paris.
Mein Eindruck:
Schon in seinem ersten Buch “Auf den Gipfeln der Verzweiflung” hat sich der rumänische Philosoph Cioran zur Religion geäußert, wenn auch nur kurz. Nur wenige Jahre später schrieb er dieses Buch, welches sich zentral mit dem Thema christlicher Glauben beschäftigt. Er geht dabei sehr in die Tiefe, sprachlich ist “Von Tränen und von Heiligen” aber viel verhaltener als der übersprudelnde Erstling. Dennoch fallen immer wieder einzelne Sätze auf, die wirklich kraftvoll sind. Aphorismen sind Ciorans große Stärke.
Der Text ist 1937 entstanden, die vorliegende Version ist aber später vom Autor selbst bearbeitet und gekürzt worden. Solche Nachbearbeitungen schätze ich als Leser nicht, da das dem Text seine Ursprünglichkeit und Authentizität nimmt.
Trotzdem gibt es viel zu entdecken.
Nicht selten nimmt Cioran bei seinem Denken über Gott Bezug zu den Künsten. Das ist das, was ich an diesem Buch wirklich schätze.
Cioran erwähnt im Bereich Malerei Rembrand, El Greco, Van Gogh u.a.
Bei der Musik ist es vor allen Bach, bei der Literatur Dostojewski, Rilke, Novalis, Baudelaire u.a.
Ich mag es, wenn Cioran die Künste vergleichend betrachtet, z.B. Maler und Musiker:
“Bach vereint die dramatische Vision eines Grünewald mit der Innerlichkeit eines Holbein; Händel vereint die Schwere und die Linearität von Dürer mit der visionären Kühnheit Baldung Griens.”
Natürlich bezieht Cioran in seinen Betrachtungen auch Philosophen ein, z.B. Aristoteles oder besonders Meister Eckhart.
Cioran schreibt aber keineswegs neutral.
Verächtlich äußert er sich über die Idee des jüngsten Gericht oder die übermenschliche Feigheit Jesus.
Mehr anfangen kann ich aber mit Sätzen, wenn Cioran offen zynisch wird, was mich insgeheim als Leser amüsiert.
Beispiel: “Der Wein hat mehr dazu beigetragen, die Menschen Gott anzunähern als die Theologie.”
Man könnte noch viele Sätze aus dem lesenswerten Buch finden, die es Wert sind, zitiert zu werden.