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'Die verlorene Ehre der Katharina Blum' - Kapitel 40 - Ende
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Ich muss sagen, dass ich wirklich begeistert war von dieser Erzählung!
Letztendlich sind wir wieder beim Anfang angelangt: Katharinas Mord am Journalisten Tötges, der die vernichtenden Berichte für die ZEITUNG geschrieben hatte, sogar den Tod von Katharinas Mutter beschleunigt haben könnte. Tötges ist ein Mann der Stunde, ein Schnüffler , ein Spürhund, der sich in sein Opfer verbeißt ohne Rücksicht auf Verluste, der sich mit Sicherheit auch noch als wichtiger Teil der Informationsgesellschaft sieht, aber Katharinas Mord an ihm ist nur eine Ersatzhandlung, eine symbolische Abrechnung, weil er auch nur Teil des Systems ist, ein Rädchen im Getriebe.
Interessant auch die Rolle des "lieben Ludwig". Er schwebt durch das Bild und durch Katharinas Leben wie zufällig und richtet es mit leichter Hand und wohl unabsichtlich zugrunde. Das ihm zur Last gelegte Verbrechen hat mit Katharinas Geschichte gar nichts zu tun. Trotzdem ist er so etwas wie der Katalysator der Ereignisse.
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Ich bin auch mit dem Buch fertig und mich hat das Buch auch wirklich begeistert.
Den letzten Teil musste ich erst einmal sacken lassen, da er viele Gefühle bei mir ausgelöst hat - Entsetzen, Bestürzung, Wut, aber auch Freude weil der Rechtsanwalt hinter Katharina steht und sie im Prozeß verteidigen will. Auch wenn seine Motivation vielleicht in der Schwärmerei für Katharina liegt, aber er und seine Frau nehmen materielle Verluste und Anfeindungen dafür in Kauf. Ich weiß jetzt nicht ob ich das richtig verstanden habe, aber wieso kann es sein das er als Verteidiger vielleicht wegen Befangenheit abgelehnt wird? Ist ein Verteidiger nicht immer befangen, weil er hinter dem Angeklagten steht?
Der Höhepunkt der Jagd durch die Zeitungen war für mich, als der Reporter bei der Mutter war und sie durch die Aufregung gestorben ist und die Zeitung das Katharina untergejubelt haben. Da war ich ja so richtig wütend.
Sicherlich ist Selbstjustiz keine Lösung, aber wenn ich ehrlich bin, ich kann sie vollkommen verstehen das sie zur Waffe gegriffen hat.
Und da mir das Buch so gut gefallen hat, habe ich mir in der Bücherei gleich noch ein Buch mit Erklärungen zum Roman geholt.
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Ich bin auch durch und auch mir hat das Buch sehr gut gefallen.
ZitatDer Höhepunkt der Jagd durch die Zeitungen war für mich, als der Reporter bei der Mutter war und sie durch die Aufregung gestorben ist und die Zeitung das Katharina untergejubelt haben. Da war ich ja so richtig wütend.
Das war für mich auch der Gipfel, einer alten kranken Frau aus reiner Sensationsgier so zuzusetzen.
ZitatSicherlich ist Selbstjustiz keine Lösung, aber wenn ich ehrlich bin, ich kann sie vollkommen verstehen das sie zur Waffe gegriffen hat.
Ich kann Katharina da auch sehr gut verstehen, vor allem wenn man dann noch den wiederlichen Auftritt des Reporters in ihrer Wohnung bedenkt.
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Also zu allererst ist es eine Abrechnung/Angriff auf die "Zeitung"... da muss sich was aufgestaut haben!
Meine Lieblingsszene ist die zwischen Blorna und Sträubleder und der blutenden Nase, in der der Künstler das Blut mit einem Löschpapier auffängt, es signiert und Blorna mit den Worten in die Hand drückt, dass dieser es für einen finanziellen Engpass verkaufen könnte.... ich habe dabei laut gelacht. Sehr sehr schön!!!!!
ZitatOriginal Clare Interessant auch die Rolle des "lieben Ludwig". Er schwebt durch das Bild und durch Katharinas Leben wie zufällig und richtet es mit leichter Hand und wohl unabsichtlich zugrunde. Das ihm zur Last gelegte Verbrechen hat mit Katharinas Geschichte gar nichts zu tun. Trotzdem ist er so etwas wie der Katalysator der Ereignisse.
Das finde ich auch bemerkenswert. Kurze prägnante Begegnung mit extremen Folgen nicht nur für eine Person.
Mir hat das Buch gut gefallen, obwohl ich manchmal von den irre langen und verschachtelten Sätzen etwas schwindelig war!!!!
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Ich hab heute morgen auch die letzten Seiten dieser Erzählung gelesen. Also wieder absolutes Nachzüglertum. Da ich aber erst vier Postings vor meinem zähle, bin ich nun etwas erstaunt - ich hoffe doch nicht, dass die anderen diese Erzählung kurz vor Schluss abgebrochen haben?
Was Böll (be-)schreibt, geht geradezu unter die Haut. Es stellen sich alle Haare auf, wenn man bedenkt, wie viele Leben hier zugrunde gehen, nur weil eine sensationsgierige ZEITUNG eine Schlagzeile wittert. Die Story ist aus den Tagesnachrichten bald verschwunden und auch aus den Köpfen der meisten Leute - aber das, was angerichtet wurde, ist für die Geschädigten irreparabel.
Natürlich handelt Katharina im Bewusstsein, Unrecht zu tun. Meines Erachtens ist der Mord schon geplant, warum sonst sollte sie sich Beiters Waffe besorgen? Und dennoch bleiben Zweifel, ob sie aufgrund ihrer seelischen Qualen (Wie verwindet ein Mensch das, wenn die eigene Mutter wegen der Aufregung, die ein schamloser Reporter verursacht, stirbt?) nicht doch zum Teil "neben der Spur" ist. Das Fass zum Überlaufen brachte dann noch die sexuelle Belästigung seitens Tötgens.
Das ganze Geschehen ist von Grund auf nachvollziehbar, irgendwie baut sich alles nach und nach logisch auf und führt schlussendlich zu einer fast schon unvermeidlichen Konsequenz. Es stellt sich wiederholt die Frage: Wie würde man selbst (re-)agieren, wenn man sich dermaßen in die Ecke gedrängt fühlt? Diese Erzählung regt wirklich zum Nachdenken an, auch wenn man für sich selbst wohl keine Lösung finden wird. Aber ich denke, eines hat der Autor auch über 35 Jahre nach Erscheinen des Buches erreicht: Eine noch kritischere Wahrnehmung so mancher Berichterstattung.
ZitatOriginal von Krimi-Mimi
Meine Lieblingsszene ist die zwischen Blorna und Sträubleder und der blutenden Nase, in der der Künstler das Blut mit einem Löschpapier auffängt, es signiert und Blorna mit den Worten in die Hand drückt, dass dieser es für einen finanziellen Engpass verkaufen könnte.... ich habe dabei laut gelacht. Sehr sehr schön!!!!!
Die Szene fand ich auch herrlich! Man kann ja eigentlich alles zu Kunst machen, auch hier ist wieder Bölls Ironie im Spiel.Alles in allem bin ich wirklich froh, das Buch durch diese Leserunde nochmals zur Hand genommen zu haben. Ein Dank an alle Beteiligten!
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Zitat
Original von LeseBär
Ich hab heute morgen auch die letzten Seiten dieser Erzählung gelesen. Also wieder absolutes Nachzüglertum. Da ich aber erst vier Postings vor meinem zähle, bin ich nun etwas erstaunt - ich hoffe doch nicht, dass die anderen diese Erzählung kurz vor Schluss abgebrochen haben?Nein, nicht abgebrochen. Aber mir ist aufgefallen, dass wir sehr wesentliche Punkte schon im mittleren Abschnitt herausgearbeitet haben. Und zwar ohne zu spoilern. Dies liegt natürlich daran, dass Katharina Bluttat schon am Ende der Geschichte erwähnt wird, vielleicht aber auch genau daran, was Du schreibst:
Das ganze Geschehen ist von Grund auf nachvollziehbar, irgendwie baut sich alles nach und nach logisch auf und führt schlussendlich zu einer fast schon unvermeidlichen Konsequenz. Es stellt sich wiederholt die Frage: Wie würde man selbst (re-)agieren, wenn man sich dermaßen in die Ecke
M.E. geht es Böll vor allem darum, diese Stringenz der Handlung aufzuzeichnen, die Unausweichlichkeit des Geschehens. Im letzten Abschnitt erfahren wir m.E. nur noch wenig Neues, auch die sexuellen Anzüglichkeiten und Belästigungen, denen Katharina ausgesetzt ist, sind nicht neu. Doch Böll lockert diese möglicherweise allzu glatte Abfolge immerhin mit der wunderbaren Löschpapier-Szene auf. Am Schluss hatte ich
das Gefühl, die Logik, aus der sich alles entwickelt, ist so (vereinfachend) gerade, dass man bei dem Text schon von einer Parabel sprechen kann. -
Zitat
Original von Nadja QuintAm Schluss hatte ich
das Gefühl, die Logik, aus der sich alles entwickelt, ist so (vereinfachend) gerade, dass man bei dem Text schon von einer Parabel sprechen kann.
Ja, das passt. Wobei Böll selbst in seinem Nachwort "Zehn Jahre später" von einem Pamphlet spricht. (Wobei ich nun nicht weiß, ob dieses Nachwort in jeder Ausgabe enthalten ist.) -
Zitat
Original von LeseBär
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Natürlich handelt Katharina im Bewusstsein, Unrecht zu tun. Meines Erachtens ist der Mord schon geplant, warum sonst sollte sie sich Beiters Waffe besorgen? Und dennoch bleiben Zweifel, ob sie aufgrund ihrer seelischen Qualen (Wie verwindet ein Mensch das, wenn die eigene Mutter wegen der Aufregung, die ein schamloser Reporter verursacht, stirbt?) nicht doch zum Teil "neben der Spur" ist. Das Fass zum Überlaufen brachte dann noch die sexuelle Belästigung seitens Tötgens.Ob die Tatsache, dass der Reporter den Tod ihrer Mutter mitverursacht oder beschleunigt hat, wirklich so direkt zu ihr durchgedrungen ist, bin ich mir gar nicht so sicher. Zu diesem Zeitpunkt scheint sie mir emotional bereits so abgeschottet, wenn nicht abgestumpft, zu sein, dass sie das vielleicht gar nicht mehr berühren konnte, sondern mehr als Fakt angenommen und mit auf die Liste der behangenen Ungerechtigkeiten aufgenommen wurde. So scheint es mir jedenfalls.
ZitatAlles in allem bin ich wirklich froh, das Buch durch diese Leserunde nochmals zur Hand genommen zu haben. Ein Dank an alle Beteiligten!
Dem kann ich mich nur anschließen!
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Wie ich bereits oben geschrieben habe war ich von dem Buch so begeistert, dass ich mir aus der Bücherei ein Buch mit Erklärungen zum Buch geholt hat.
Für alle Interessierten hier mal einige Aussagen, die für mich sehr informativ und interessant waren. Da der Thread ja den Schlußteil des Buches beinhaltet, denke ich brauche ich nichts in Spoilern zu setzen.
Mir ist z.B. nicht aufgefallen das Böll Namenssymbole verwendet.
Katharina - die Reine ( griech.)
Götten - ihr Freund, den sie wie einen Gott verehrt
Reporter Tötges - der Katharinas gesellschaftlichen Tod verschuldet hat
Reporter verkehren in der "Goldente" - Symbol für sprachmanipulierende und damit Geld machende Journalisten
Vertreter der Ermittlungsbehörde Hach, Zündach, Pletzer - Zischlaute und ch-Laute verursachen Unbehagen
Sträubleder - sträubt sich energisch dagegen in das Geschehen hineingezogen zu werden
Wohlklingend dagegen die Namen der Bekannten und Wohlgesinnten: Woltersheim, Moeding, Huelva, PuelcoZusammenfassend wird zum Buch gesagt:
Die Kritik Heinrich Bölls gilt:
- Den Arbeitsweisen einer Boulevardpresse, die täglich publizistische Gewalt ausübt und durch die Emotionalisierung Ihrer Leser Gegengewalt provozieren kann
- der Fragwürdigkeit der bestehenden Pressefreiheit
- die Übermacht der Presse
- dem Staat, der diese Praktiken toleriert
- der Unverhältnismäßigkeit behördlicher Ermittlungs- und Überwachungspraktiken sowie der Bespitzelung des ideologisch-politischen Gegners
- der Hilflosigkeit des Einzelnen gegenüber nicht mehr durchschaubaren Institutionen ( Staat, Presse )
- der Tatenlosigkeit von Gewerkschaften und Kirche
- der Geistlichkeit, die einseitig Stellung beziehtSehr informativ waren für mich auch die Anhänge zum Buch. So wird ein Artikel der Westfälischen Rundschau vom 11.2.76 angeführt, in dem es um den Rentner Heinrich Böll geht, der nur durch seine Namensgleichheit mit dem Schriftsteller bedroht und terrorisiert wird, so dass er sich nicht mehr aus dem Haus traut. Böll wurde wohl im Zusammenhang mit der Bader-Meinhof Gruppe als Sympahtisant erwähnt. Darauf begann der Telefonterror beim Namensvetter.
Der nächste Anhang ist ein Abschiedsbrief eines BILD-Opfers an seine Kinder. Was diesem Brief vorausging berichtet Wallraff in seinem Buch.
( keine Ahnung, weiß jemand worum es geht? )Die nächsten Anhänge handeln von einer Eleonore Poensgen, die angeblich die Mörderin des Bankchefs Jürgen Ponto sein sollte und dessen Unschuld sich später rausgestellt hat. Auch sie wurde durch die Medien vorverurteilt.
Und im letzten Anhang geht es um den Vorwurf von Heinrich Böll, dass die Polizei mit dem Springer Verlag zusammenarbeitet. Die BZ hatte wohl am 7.2.74 am frühen Morgen über die Hausdurchsuchung bei Bölls Sohn berichtet, diese soll aber erst am Nachmittag zwischen 14.00 und 16.00 Uhr stattgefunden haben.
Quelle:
Königs Erläuterungen und Materialien zu Heinrich Böll
"Die verlorene Ehre der Katharina Blum" -
Vielen Dank, Macska, das ist eine sehr interessante Zusammenstellung!
ZitatOriginal von Macska
Mir ist z.B. nicht aufgefallen das Böll Namenssymbole verwendet.
Katharina - die Reine ( griech.)
Götten - ihr Freund, den sie wie einen Gott verehrt
Reporter Tötges - der Katharinas gesellschaftlichen Tod verschuldet hat
Reporter verkehren in der "Goldente" - Symbol für sprachmanipulierende und damit Geld machende Journalisten
Vertreter der Ermittlungsbehörde Hach, Zündach, Pletzer - Zischlaute und ch-Laute verursachen Unbehagen
Sträubleder - sträubt sich energisch dagegen in das Geschehen hineingezogen zu werden
Wohlklingend dagegen die Namen der Bekannten und Wohlgesinnten: Woltersheim, Moeding, Huelva, Puelco
Sowas finde ich persönlich ja immer hochinteressant - Symbolik, die hinter einzelnen Figuren steht. Bei Katharina ist mir sowas tatsächlich auch in den Sinn gekommen (in der griechischen Tragödie bezeichnet man die Reinigung, die aus dem tragischen Geschehen hervorgeht, als "Katharsis"). Die anderen Namen habe ich dann allerdings als so gegeben hingenommen. -
Danke für die interessanten Hinweise!
Bei Götten und Tötgen drängen sich Assoziationen ja geradezu auf. Die anderen, gewählten Namen wirken ja eher unterbewusst. Schon interessant.
Dass es so eine Bedrohung eine Rentners des gleichen Namens gab, kann ich mir gut vorstellen. Die Leute überlegen auch echt nicht, ob der es überhaupt sein kann.
Ich denke, diese Erzählung ist auch durchaus geeignet uns dazu anzuregen unser eigenes Verhalten zu hinterfragen. Wie oft pauschalisieren wir und sind selber schnell bei der Hand mit Vorverurteiungen und der Weitergabe von Gerüchten...
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Ja, die Namenssymbole fand ich jetzt auch sehr interessant. Toll, danke!!!!
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Mir hat die Erzählung wirklich sehr gut gefallen. Danke an Macska für die weiteren Informationen. Einiges habe ich mir bereits so schon dazu gedacht. Sehr interessant finde ich auch, dass Böll in seinem Nachwort die "ZEITUNG" wirklich mit der Bild-Zeitung in Verbindung setzt. Diese Verbindung hat sich ja jedem irgendwie aufgedrungen.
Die Szene mit dem Löschpapier war super. Da stellt sich doch auch gleich wieder die Frage: Was ist Kunst und darf alles Kunst sein?
Gut gefallen hat mir auch das Ende. Katharina Blum kommt hier einmal selbst zu Wort und erzählt, was passiert ist. Damit weicht Böll von dem reinen Berichtstil ab und greift auch den Anfang wieder auf.
Eine Erzählung, die es auf jeden Fall wert ist, immer mal wieder gelesen zu werden.