James Sallis – Dunkle Schuld

  • • Taschenbuch: 304 Seiten
    • Verlag: Heyne Verlag (6. Juli 2009)
    • ISBN-13: 978-3453434103
    • Originaltitel: Cypress Grove
    • Übersetzt aus dem Amerikanischen von: Jürgen Bürger
    • Preis: 8,95 Euro (print), 7,99 Euro (ebook)


    Klappentext:


    Eigentlich hatte sich Ex-Cop Turner in das kleine Provinzkaff Cypress Grove zurückgezogen, um sein altes Leben hinter sich zu lassen. Doch als der unerfahrene Sheriff des Ortes mit einem Ritualmord konfrontiert wird, bittet er den Außenseiter um Hilfe. Ein Mann wurde gepfählt und als gekreuzigte Vogelscheuche aufgebaut. Turner nimmt die Ermittlungen auf und gewinnt nicht nur neue Freunde, sondern muss sich letztlich auch seiner Vergangenheit und damit sich selbst stellen.
    Der Auftakt einer neuen Krimi-Trilogie.


    Zum Autor:


    James Sallis wurde 1944 in Arkansas geboren und verbrachte dort seine Kindheit. Er studierte Literaturwissenschaften in New Orleans und arbeitete anschließend als Lektor und Drehbuchautor. Er übersetzte Raymond Queneau und Puschkin ins Englische und veröffentlichte eine Biografie von Chester Himes. Bekannt wurde er mit seiner Romanreihe um den schwarzen Privatdetektiv Lew Griffin. Seine Kriminalromane wurden mehrfach für Literaturpreise nominiert, u.a. für den Edgar, den Shamus und den Gold Dagger Award. 2008 wurde James Sallis mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Er lebt in Phoenix, Arizona.


    Meine Meinung:


    Das Sujet des Romans scheint klar: eine Kleinstadt, ein Underdog, der bei den Ermittlungen hilft und ein mysteriöser Ritualmord. Doch James Sallis versteht es, weit mehr daraus zu machen. Feinsinnige Charakterzeichnungen treffen auf subtilen Witz, der Charme einer Kleinstadt tritt zu Tage und man lauscht gebannt den Erzählungen des Autors.
    Aufgeteilt ist das Buch in zwei Handlungsstränge: die Gegenwart, die sich mit der Aufklärung des Mordes befasst und nichtlineare Rückblicke, die sich mit der Vergangenheit des Underdogs Turner beschäftigen. Kapitelweise werden die Stränge gewechselt.


    Wie in jedem beliebigen Schreibratgeber zu lesen ist, bremsen Rückblenden den Textfluss und sollten der Dynamik des Lesens zuliebe vom Autor gemieden werden. Ich bin mir nahezu zu 100 Prozent sicher, dass Sallis die Rückblenden gerade aus diesem Grund in seinen Text eingebaut hat. Sie entschleunigen den Text und versetzen den Leser in die behäbige Stimmung, die wie Melasse durch die Südstaatenkleinstadt rinnt und an sämtlichen Protagonisten zu kleben scheint.


    Ich fühlte mich beim Lesen eingebettet in dieses Milieu, als wäre ich Zuschauer und verfolgte das Geschehen sitzend auf einer Verandaschaukel.
    Genau genommen ist nur die Hälfte dieses Buches ein Krimi. Die andere Hälfte ist der Lebensgeschichte von Turner gewidmet, die nicht minder spannend zu verfolgen war. Denn Turner ist eine komplexe Figur mit einer bewegten Vergangenheit.


    Das Besondere an diesem Buch ist mit Sicherheit nicht ein besonders raffinierter Mordfall. Dieser gerät meines Erachtens sogar etwas in den Hintergrund. Es ist die Aneinanderreihung zahlloser Geschichten, witziger Bonmots, bildhafter Umschreibungen und intelligenter, teilweise nahezu philosophisch angehauchter Sprüche, die den Text für mich haben leuchten lassen. Hier zwei Textbeispiele:


    S. 193
    Langsam wie Gletscher schleppten sich Wolken über den Himmel.


    S. 297
    Sich von etwas zu trennen, das ist der Schlüssel, das Geheimnis, das einem niemand verrät. Vom ersten Tag deines Lebens an beginnen sich Dinge um dich herum aufzutürmen: Bedürfnisse, Wünsche, Ängste, Abhängigkeiten, Bedauern, verlorene Verbindungen. Sie sind immer da. Aber du kannst entscheiden, was du damit machst. Kannst sie polieren und ins Regal stellen. Kannst sie wegpacken hinter dem Haus bei der Trauerweide. Kannst sie auf die Veranda vor der Haustür schleppen und dich darauf setzen.


    Erzählperspektive: Ich-Erzähler aus Sicht Turners.


    Überblick über die Trilogie:
    Band 1: Dunkle Schuld
    Band 2: Dunkle Vergeltung
    Band 3: Dunkles Verhängnis


    Ich gebe 10 von 10 Punkten.