Der Marlowe-Code - Leslie Silbert

  • Ich hab zwar gesehen, dass es bei Allerlei Buch schon ein Thread über den Marlowe-Code gibt, aber da dies hier eine Rezi ist, stell ich das bei Krimis / Thriller nochmals unter diesem Titel rein.


    Kurzbeschreibung laut Amazon:
    Im Mai 1593 wurde Londons berühmtester Dichter bei einem Wirtshausstreit erstochen. War es Notwehr? Oder Mord? Ein Unfall, erklärte damals der königliche Leichenbeschauer, doch bis heute kursieren andere Gerüchte: Denn Christopher Marlowe war als Spion im Auftrag von Königin Elizabeth I. unterwegs.


    Mehr als vierhundert Jahre später soll die New Yorker Privatermittlerin und Renaissance-Expertin Kate Morgan klären, wer ein wertvolles Manuskript mit verschlüsselten historischen Spionageberichten zu entwenden versucht. Als sie zu Nachforschungen über die Zeit Marlowes nach London reist, verstrickt sich Kate dabei immer tiefer im tödlichen Netz der internationalen Geheimdienste, in dem Lüge, Verrat und doppeltes Spiel zu den Regeln gehören. Als Kate realisiert, dass sie mit dem Code für das alte Renaissance-Manuskript auch den Schlüssel zu ihrem eigenen Leben in der Hand hält, ist es fast schon zu spät …


    Über die Autorin (Amazon):
    Leslie SiIbert ist Kate Morgan - ihr Alter Ego… Die junge Harvard-Absolventin und Renaissance-Expertin arbeitete in einer der weltweit führenden privaten Ermittlungsagenturen in Manhattan und erregte prompt die Aufmerksamkeit der Medien. Zeitungsartikel und TV-Reportagen machten sie schlagartig auch über die Grenzen Amerikas hinaus bekannt; CBS produzierte eine Fernsehserie auf der Grundlage ihrer Lebensgeschichte - und Leslie Silbert fasste den Entschluss, künftig als Romanautorin dunkle Geheimnisse der Kunst- und Literaturgeschichte mit Kriminalhandlungen aus der Gegenwart zu verbinden. Silbert lebt in New York und schreibt momentan an ihrem 2. Kate Morgan-Thriller.


    Meine Meinung:
    Der Roman wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Da wäre auf der einen Seite Christopher Marlowe, berühmter Dichter und Spion zur Zeit der Renaissance, auf der anderen Seite die Renaissance-Expertin Kate Morgan, die ein Dokument aus ebendieser Zeit in die Hände bekommt. Der Handlungsstrang, der in der Gegenwart spielt, teilt sich dann weiters in Kate Morgans Auftrag als Renaissance-Expertin und Morgans Auftrag als Privatermittlerin des CIA. Dass diese Aufträge irgendwann zusammenlaufen, ist keine große Überraschung.
    Durch die unterschiedlichen Ebenen des Romans entstehen - vor allem zu Beginn - immer wieder große Sprünge, lange wirkt der Roman wie eine miteinander verknüpfte Aneinanderreihung unterschiedlicher Geschichten. Deshalb ist er mM. nach stellenweise sehr zäh, vor allem, wenn man nicht die Zeit hat, länger an der Geschichte dranzubleiben und das Buch zwischendurch öfter weglegen muss. Der rote Faden ist zwar als solcher da, trotzdem steigert sich die Spannung erst langsam gegen Schluß hin.
    All in all war die Geschichte trotzdem nett zu lesen und besonders der Schluß hat mich für die Längen im Buch entschädigt, wenngleich er auch Fragen offenließ, was das private Umfeld der Heldin betrifft. Da Leslie Silbert aber bereits an einem weiteren Roman mit Kate Morgan schreibt, gehe ich davon aus, dass das beabsichtigt war. Ich denke, ich werde auch den nächsten Roman von ihr lesen, wenngleich ich vermutlich aufs TB warten werde. Ein "Muss" ist das Buch trotzdem mit Sicherheit nicht.

  • Ich habe dieses Buch kürzlich auf Englisch (OT: "The Intelligencer") gelesen und mir hat es gar nicht gefallen!
    Ich fand den Handlungsstrang mit Kate Morgan ungleich spannender (und auch sehr schön ironisch geschrieben) als den um Christopher Marlowe. Marlowe bleibt m.E. sehr blass, die Zeit nicht wirklich spürbar und das Geheimnis bzw. seine Aufdeckung am Schluss reichlich an den Haaren herbeigezogen. Mir kam das Buch wirr vor, zu sehr auf Effekte bedacht - schade, denn die Grundidee fand ich eigentlich ganz gut... :-(


    Muss man nicht wirklich gelesen haben, da gibt es ungleich bessere Romane dieses Genres!


    LG, Nicole :wave

  • Bin grade an dem Buch dran und ich finde es eben aus den bereits angeführten Gründen sehr anstrengend zu lesen. Bin neulich abend sogar darüber eingeschlafen, das ist mir bis jetzt noch nie passiert. Es ist so wie Azrael sagte, wenn man nicht drüber bleiben kann verliert man den Überblick über die verschiedenen handlungsebenen und muss immer wieder nachlesen, was vorher war. Trotzdem lese ich weiter, will ja doch wissen, was dran ist an der Sache.

  • Über den gerade aktuellen Thread Michelangelos Vermächtnis kam die gedankliche Assoziation, "da war doch auch irgendeins mit Marlowe …" :pille Ich hatte das Buch in der englischen OV im Winter 2004 gelesen, in OV hieß es "The Intelligencer", auf Deutsch wurde daraus "Der Marlowe-Code" gemacht, es ist nicht schwierig zu erkennen, woran der Titel anlehnt …
    Christopher Marlowe finde ich als Thema spannend, die Idee mit den Zeitebenen fand ich auch nicht schlecht. "The Intelligencer" von Leslie Silbert lies sich lesen, ich war aber insgesamt auch vom Buch enttäuscht, aus den Zutaten hätte man Besseres machen können, es hatte Längen und letztlich blieb es bei den üblichen Stereotypen.


    Jenes Buch von Herrn Brown habe ich nach 30 Seiten abgebrochen, sowie auch "Scriptum" von Raymond Khoury, weil ich beides übelst klischeehaft mit den typischen Versatzstücken zusammengezimmert fand. Die Covergestaltung sollte inzwischen auch schon eine Warnung sein. Das waren meine letzten Versuche in diese Richtung, dabei spricht mich ein Plot mit solchen Komponenten "Künstlerpersönlichkeit, uraltes Geheimnis, Renaissance, Templer …" durchaus sehr an. Deswegen habe ich ja auch "Michelangelos Vermächtnis" hier angeklickt. Falls jemand wider Erwarten ein GUTES Buch kennt, nehme ich gerne einen Tipp entgegen.


    Es soll doch angeblich so schwierig sein, ein Manuskript bei einem Verlag unterzubringen; aber da die Verlage bei einem "Erfolgsthema" noch eins und noch eins und noch eins rausbringen, wollen die Leser immer das gleiche lesen? Und gleich durchschnittlich? :gruebel


    Christopher Marlowe und Leonardo DaVince und Michelangelo Buonarroti waren großartige Künstler und sind bis heute spannende Persönlichkeiten. Traurig ist, dass sie in solchen Durchschnittsallerlei-Möchtegernbestseller-Büchern "verbraten" werden.

  • Also ich fand das Buch gar nicht soo schlecht :-)


    Meine Rezension:
    Kate Morgan hat ihr Studium der Kunstgeschichte abgebrochen und ist bei einem privaten Unternehmen, das von einem ehemaligen CIA-Agenten geleitet wird, als Agentin und Expertin für Renaissance tätig. Als einer ihrer Klienten sie um Hilfe bittet, als bei ihm eingebrochen wurde, ahnt sie nicht, dass hinter dem scheinbar harmlosen Einbruch viel mehr steckt als ein Routinefall. Gleichzeitig erfährt ihr Chef, dass er in der Vergangenheit einen großen Fehler gemacht hat, der ihn heute wieder einholt...
    Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, der Gegenwart und dem Jahr 1593, die munter hin und her wechseln. Aufgrund der Vielzahl an Personen, die auf beiden Ebenen agieren, ist es manchmal etwas schwierig den Überblick zu behalten, aber glücklicherweise hilft hier das Personenregister, das zudem noch angibt, bei welchen Figuren es sich um historische Persönlichkeiten handelt und welche fiktiv sind. Dennoch ist in beiden Erzählsträngen trotz der leichten und flüssigen Erzählweise Konzentration gefragt, denn die geschilderten Ereignisse, Zusammenhänge, Intrigen und Motive sind durchaus komplex. Leslie Silbert ist es meiner Ansicht nach gelungen, einen unterhaltsamen Roman zu schreiben, der durch seine parallele Erzählform und den ständigen Wechsel lebt. Die von ihr beschriebenen Ereignisse in der Vergangenheit sind (mit Ausnahme des Endes, das mir nicht so gut gefallen hat) schlüssig und machen neugierig auf die "wahre" Geschichte Marlowes, die auch heute noch den Experten Rätsel aufgibt. Ein bisschen unglücklich ist vielleicht, dass es auch in der Gegenwart zwei parallele Geschichten gibt, die sich (anders als üblich) nicht am Ende zu einer zusammenfügen. Hier wartet man vergebens auf den großen Aha-Effekt.
    Wer Romane liebt, die auf zwei Zeitebenen spielen, das elisabethianische Zeitalter mag und kein Problem damit hat, dass er nur häppchenweise die Informationen erhält, aus denen sich ein Gesamtbild ergeben, der wird mit dem Marlowe-Code zwar kein tiefgründiges, aber ein durchaus kurzweiliges Lesevergnügen haben.


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