Plauderecke (vormals "Autorenknigge")

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann


    Und Kritik an einer künstlerischen Arbeit nimmt man immer persönlich, alles andere ist Gewäsch. Niemand bringt sich und alles, was er kann, fühlt, liebt, hasst, was ihm wichtig ist, bringt sich also ganz und gar selbst in ein Bild, eine Skulptur, ein Buch ein, ohne verletzt zu werden, wenn ein geschätzter Kollege das Werk öffentlich verreisst. Das kann niemand einfach sachlich sehen wie die negative Kritik an einem Haarspray, das man produziert.


    Das bringt es ziemlich gut auf den Punkt. Der Kritiker (v.a., wenn er selbst nicht Autor ist) mag ja meinen, dass er nicht den Autor als Person sondern nur das Buch angreift. Der Autor wird sich (meines Erachtens) aber immer auch persönlich getroffen fühlen, weil sein Buch ein Teil von ihm ist.


    Das heißt nicht, dass Autoren sich nicht verbessern wollen, und von manch harter Kritik kann man auch was lernen. Nur fallen Rezensionen eben auch sehr unterschiedlich aus, was der eine Leser grauenhaft fand, von dem ist der nächste begeistert. Viele Bücher, die mir selbst nicht besonders gut gefielen, waren kommerziell sehr erfolgreich. Sollten die Autoren sich da also nach meiner Meinung richten? Wozu denn? Damit sie eventuell weniger verkaufen?


    Um uns zu verbessern, haben wir Autoren unsere Testleser, Agenten und Lektoren, die die Texte vor Veröffentlichung kritisch prüfen. Hinzu kommt, das stimmt, die eine oder andere Rezension, bei der man sich an den Kopf langt und denkt: Oh Mist, warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen? :bonk


    Mir fällt zu dem Thema noch eine Geschichte ein, die vor ein paar Jahren in Autorenkreisen die Runde machte. Ein Autorenwesen (ich nenne natürlich keinen Namen und um der totalen Anonymisierung willen auch kein Geschlecht) hatte sich anonym unter diversen Nicks in diversen Foren angemeldet (in diesem hier nicht) und verfasste fröhlich Verrisse über die Bücher von Kollegen, die im selben Genre schrieben. Sprich: die Konkurrenz. Als das irgendwann aufflog, war man allgemein not amused. Das Autorenwesen wurde hochkant aus mindestens einer Autorenvereinigung geworfen und bekam auch vom eigenen Verlag eine aufs Dach, weil etliche der verrissenen Bücher ebenfalls dort erschienen waren. Man nannte das "potentiell geschäftsschädigendes Verhalten."
    Schon aus solchen Gründen hat es für mich immer einen schalen Beigeschmack, wenn ein Autor das Buch eines anderen öffentlich niedermacht.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann: Und Schweigen ist keineswegs die größte Lüge. Es ist eine Tugend, der sich viel mehr Leute befleißigen sollten, vor allem solche, die viel dummes Zeug erzählen.


    Demnach sollten auch Leser den Mund halten und das Forum kann auf der Stelle gschlossen werden.
    Was wir zwar nicht tun ;-), dennoch bleibt ein Nachgeschmack von Zweitklassigkeit bezogen auf Leserbeiträge. Kollegenschelte schmerzt, bei Lesermeinungen winkt man ab, weil dem durchschnittlichen Leser grundsätzlich ein literarisches Verständnis abgesprochen wird.


    Ganz allgemein:
    Übrigens, ich habe weniger Probleme mit kritischen Beiträgen von Schriftstellern als mit positiven Kommentaren im Forum. Wer bewusst durch das Forum streift, weiß, welcher Schriftsteller zu welcher Autorenvereinigung gehört und wer wem Schützenhilfe leistet. Genau an dieser Stelle regen sich meine Zweifel und manchmal würde ich mir wünschen, dass auf einen offensichtlichen "Anschub" verzichtet wird.


    @ beisswenger:
    Wenn Du Beiträge zu Büchern schreiben möchtest, dann lass Dich davon nicht abhalten. Ich jedenfalls lese Deine Kommentare mit Vergnügen und es besteht in unserem gemeinsamen Büchergeschmack mehr Deckungsgleichheit als Du es Dir vorzustellen vermagst.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Übrigens, ich habe weniger Probleme mit kritischen Beiträgen von Schriftstellern als mit positiven Kommentaren im Forum. Wer bewusst durch das Forum streift, weiß, welcher Schriftsteller zu welcher Autorenvereinigung gehört und wer wem Schützenhilfe leistet. Genau an dieser Stelle regen sich meine Zweifel und manchmal würde ich mir wünschen, dass auf einen offensichtlichen "Anschub" verzichtet wird.


    Willst du damit sagen, dass Autoren sich nur deshalb positiv über das Buch von Kollegen äußern, weil die in der selben Autorenvereinigung sind? Findest du nicht, dass das eine ziemliche Unterstellung ist?


    Ich befinde mich in einer Vereinigung und kann dir garantieren, dass ich keineswegs von allen Büchern, die andere Mitglieder verfassen, begeistert bin. Die meisten davon habe ich gar nicht gelesen, weil sie mich nicht interessieren. Wenn ich mich positiv über einen Roman äußere, dann nur, weil er mir gefallen hat. Ansonsten halte ich aus Solidarität mit allen Kollegen (egal, ob sie in irgendeiner Vereinigung sind oder nicht) den Mund.


    Ich steige jetzt mal aus der Diskussion aus, das wird mir langsam wieder zu unsachlich und boshaft.


    Tereza

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann



    Und Kritik an einer künstlerischen Arbeit nimmt man immer persönlich, alles andere ist Gewäsch. Niemand bringt sich und alles, was er kann, fühlt, liebt, hasst, was ihm wichtig ist, bringt sich also ganz und gar selbst in ein Bild, eine Skulptur, ein Buch ein, ohne verletzt zu werden, wenn ein geschätzter Kollege das Werk öffentlich verreisst. Das kann niemand einfach sachlich sehen wie die negative Kritik an einem Haarspray, das man produziert.


    Das magst du so empfinden, Dieter.
    Mir geht das ganz ausdrücklich nicht so.
    Ich weiß zu gut, dass Menschen unterschiedlich ticken und unterschiedliche Geschmäcker haben. Zu einige Leser irritieren mich mehr, was daran liegen kann, dass meine eigenen Lieblingsbücher sehr kontrovers besprochen werden.


    Und ganz ehrlich: Ich komme mit einem richtig heißen, gut geschriebenem, ironischen Verriss sogar viel besser klar, als mit einem "Es war ja ganz nett, das Buch."
    Solange was Wahres drin steckt, kann ich mich auch wunderbar drüber amüsieren.


    Und öffentlich? Aber klar doch! Unterschätze nie die mediale Macht eines Verisses :lache

  • Liebe Kollegen,


    danke für die Kommis, da entwickelt sich eine sehr interessante Diskussion. Bezüglich der "Rezi-unter-Kollegen"-Frage tendiere ich eher zur Groupie/Voltaire/Arter-Fraktion. Ich verstehe aber auch, dass eine sensible KollegIn anders denkt.


    Richtungsweisend empfand ich Didis Einwurf:


    Zitat

    Und Kritik an einer künstlerischen Arbeit nimmt man immer persönlich, alles andere ist Gewäsch.


    Da ist was dran Didi, aber als altgediente Soldaten wissen wir auch, dass wir uns darüber ärgern dürfen, ggf. einen Schnaps trinken, mal kurz einen Kameraden zusammenfalten, um anschließend eine Nacht drüber zu schlafen. Und am nächsten Tag sollten wir uns die Kritik zu Gemüte führen, ggf. mit anderen Kritiken vergleichen, um festzustellen, ob daran was dran ist (Tom hat das ja schon am Rande angesprochen). Daraus ergibt sich ein Diskurs, der tatsächlich eine konstruktive Veränderung bewirken könnte. Nachher freuen wir uns sogar über den Tritt in den Hintern, der aus einer anderen Perspektive mit dem nötigen zeitlichen Abstand betrachtet, durchaus hilfreich ist.


    Zitat

    Das Autorenwesen wurde hochkant aus mindestens einer Autorenvereinigung geworfen und bekam auch vom eigenen Verlag eine aufs Dach, weil etliche der verrissenen Bücher ebenfalls dort erschienen waren. Man nannte das "potentiell geschäftsschädigendes Verhalten."


    Liebe Tereza,
    mit Verlaub, aber die Reaktion auf das trollige Verhalten spiegelt die Ängste der Verlage ebenso wieder wie die der Autoren bezüglich meiner Eingangsfrage. Allerdings ist Angst ein ganz schlechter Ratgeber. Er hemmt uns dabei, das zu werden, was wir sein könnten.


    Didis Schweigen mag manchmal angemessen sein (Der Redende weiß nix, der
    Wissende schweigt), aber es könnte uns daran hindern, ein richtungsweisendes Feedback zu bekommen. Wozu haben wir Freunde, Didi?


    Interessante Betrachtung der Autorenvereinigung von Salonlöwin und auch von Tom. Daraus könnte man den Stoff für eine Erzählung machen, zum Roman wird es nicht reichen. Im Übrigen, liebe Salonlöwin: das gilt ganz meinerseits, was du zum Schluss geschrieben hast.


    Liebe Tereza: Cool bleiben, schließlich wollen wir hier aufdecken und dazu muss man auch manchmal den Mut haben, ein Denkmal zu enthüllen ...

  • Zitat

    Original von beisswenger


    So bin ich hin und wieder über Aussagen einiger Autoren gestolpert, die hier feierlich (mit einem Hauch moralischer Überlegenheit garniert) und stolz verkündet haben, man rezensiere die Bücher der werten Kollegen nicht.


    Aber warum denn nicht? Was motiviert Autoren zu dieser Aussage?
    Darf eine Krähe der anderen kein Auge aushacken? Oder hat ein Autor aus einem mir unbekannten Grund kein Recht dazu?


    Die Frage ist meiner Meinung nach nicht, ob, sondern woein Autor den Text eines anderen rezensiert.
    Problematisch wird es dort, wo "gemischtes" Publikum sitzt. Selbstverständlich ist ein forumsaktiver Autor immer gleichzeitig auch Leser und hat als solcher natürlich das Recht, das Buch eines anderen zu kritisieren. Vermutlich wird er aber vom größten Teil des lesenden Forums nicht in erster Linie als Leser wahrgenommen, sondern eben als Autor. Die Deutungsmöglichkeiten können dann in die abenteuerlichsten Richtungen gehen; angefangen vom "Stechen und Hauen" über Kollegenschelte bis zur wichtigtuerischen Selbstdarstellung. Was bleibt, ist häufig ein Geschmäckle...


    Was wäre, wenn es sich um eine andere Berufs- bzw. Personengruppe handeln würde?
    Zum Beispiel ist man in einem Gesundheitsforum unterwegs und gerät in eine spannende Diskussion über die Behandlung von allergischen Beschwerden. Mediziner A ereifert sich gerade über Mediziner B, da er einen völlig anderen Behandlungsansatz wählen, die vorgestellte Methode falsche Erwartungen wecken und nebenbei nicht die gängige sein würde. Was bleibt beim Leser zurück? Egal, wie professionell die Diskussion geführt wird, sie fühlt sich für den mitlesenden Teilnehmer irgendwie seltsam, zumindest deplaziert (?) an.
    Völlig anders erscheint die gleiche Diskussion, wenn sie in einem Forum für Fachkreise geführt wird, bei dem nur Mediziner und Therapeuten teilnehmen. Da würde fast jeder im Vorhinhein davon ausgehen, dass es sich um das Thema als Solches geht und nicht irgendwelche Marktplazierungswünsche durchgesetzt werden sollen.


    Die Frage ist also, ob die Autoren unter dem Strich wirklich etwas davon haben, öffentlich Kollegen zu kritisieren. Oder ob es nicht besser in einem speziellen Forum bleiben soll: dort, wo man in Ruhe Kübel des Lobes ausschütten oder sich eben auch durch den schon lange überfälligen Verriss Erleichterung verschaffen kann. :-)

    :lesend Die Sonnenposition - Marion Poschmann


    "Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen; Vorboten dessen, was wir zu leisten imstande sein werden." (Goethe)

  • Ich finde die Diskussion bisher sehr sachlich. Ein interessanter Austausch von Meinungen - auch unterschiedlicher Meinungen. Da gab es hier auch schon mal andere "Raufereien". :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Die Deutungsmöglichkeiten können dann in die abenteuerlichsten Richtungen gehen; angefangen vom "Stechen und Hauen" über Kollegenschelte bis zur wichtigtuerischen Selbstdarstellung.


    Mir fehlt da die Deutungsmöglichkeit "Ein Mensch hat ein Buch gelesen und schildert seine Eindrücke."


    Der Vergleich beispielsweise mit Medizinern hinkt gewaltig. Öffentliche Kollegenschelte ist da Gang und Gäbe, vor allem, wenn es um neue Therapiemöglichkeiten geht, die der eine entdeckt hat und die der andere (deshalb) ablehnt.

  • Zitat

    Original von beisswenger


    Liebe Tereza: Cool bleiben, schließlich wollen wir hier aufdecken und dazu muss man auch manchmal den Mut haben, ein Denkmal zu enthüllen ...


    Leider entzieht sich mir der Sinn dieser Aussage in dem Zusammenhang. Welches Denkmal willst du enthüllen?


    Wenn du hier offen kritische Beiträge über die Bücher anderer Autoren schreiben willst, dann tu das. Ich habe nur gesagt, wie darüber denke, und zu der Meinung stehe ich weiterhin. Ich bilde mir nicht ein, dass ich durch mein Urteil zu einem Buch den Autor oder die Menschheit wesentlich weiter bringe - und deshalb halte ich aus Rücksichtnahme den Mund.


    Ein Autor, der sich nicht daran hält, macht sich in Autorenkreisen eventuell unbeliebt und muss mit der einen oder anderer Retourkutsche rechnen. Das ist alles.


    Tereza

  • Zitat

    Original von Salonlöwin


    Demnach sollten auch Leser den Mund halten und das Forum kann auf der Stelle gschlossen werden.
    Was wir zwar nicht tun ;-), dennoch bleibt ein Nachgeschmack von Zweitklassigkeit bezogen auf Leserbeiträge. Kollegenschelte schmerzt, bei Lesermeinungen winkt man ab, weil dem durchschnittlichen Leser grundsätzlich ein literarisches Verständnis abgesprochen wird.


    Das ist doch grober Unfug, liebe Salonlöwin. Damit unterstellst du, dass Leser (und vor allem solche in diesem Forum) nur "dummes Zeug erzählen". Weder ist das richtig, noch sehe ich, dass irgendjemand das behauptet hätte. Warum ist es so schwierig, zwischen der Berechtigung fundierter Kritik und der Frage, ob man sie als Kollege öffentlich machen sollte, zu unterscheiden? Nur darum geht es doch. Und da kann man halt unterschiedlicher Meinung sein. Der Verdacht, Autoren hielten Lesermeinungen für "zweitklassig", die Behauptung, diese seien aus Autorensicht nicht von Bedeutung - beides kann ich aus der bisherigen Diskussion nicht herleiten.

  • Ich fand das hier bisher auch ziemlich sachlich.


    Von den meisten hier weiß ich nicht mal, ob sie Autoren sind. Und ich bin hier schon seit Jahren angemeldet und das auch aktiv. Trotzdem interessiert es mich auch kaum, wenn ich nicht grade an einer Leserunde mit Autor teilnehme.


    Von Hauen und Stechen war hier ja wohl nie die Rede. Man kann doch eine begründete Kritik nicht damit vergleichen.

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Der Verdacht, Autoren hielten Lesermeinungen für "zweitklassig", die Behauptung, diese seien aus Autorensicht nicht von Bedeutung - beides kann ich aus der bisherigen Diskussion nicht herleiten.


    Ich auch nicht.


    Unsachlich fand ich übrigens lediglich die Unterstellung, Autoren, die in derselben Vereinigung sind, würden sich hier durch Lobeshymnen gegenseitig pushen. Das hatte mit dem Thema auch nichts zu tun.


    Tereza

  • Zitat

    Was wäre, wenn es sich um eine andere Berufs- bzw. Personengruppe handeln würde? Zum Beispiel ist man in einem Gesundheitsforum unterwegs und gerät in eine spannende Diskussion über die Behandlung von allergischen Beschwerden. Mediziner A ereifert sich gerade über Mediziner B, da er einen völlig anderen Behandlungsansatz wählen, die vorgestellte Methode falsche Erwartungen wecken und nebenbei nicht die gängige sein würde. Was bleibt beim Leser zurück? Egal, wie professionell die Diskussion geführt wird, sie fühlt sich für den mitlesenden Teilnehmer irgendwie seltsam, zumindest deplaziert (?) an. Völlig anders erscheint die gleiche Diskussion, wenn sie in einem Forum für Fachkreise geführt wird, bei dem nur Mediziner und Therapeuten teilnehmen. Da würde fast jeder im Vorhinhein davon ausgehen, dass es sich um das Thema als Solches geht und nicht irgendwelche Marktplazierungswünsche durchgesetzt werden sollen.


    Bist Du Mediziner? Wenn ja, dann warst Du sicherlich schon mal auf dem deutschen Ärztetag, der grade im Moment wieder in Hannover stattfindet. Nur Ärzte da. Nee, ich glaub, Du bist


    a) kein Mediziner oder
    b) noch nie dort gewesen.


    Sonst würdest Du so einen Vergleich ganz sicher nicht tätigen. :grin

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Zitat

    Original von Mulle


    Das magst du so empfinden, Dieter.
    Mir geht das ganz ausdrücklich nicht so. (...)


    Wenn du etwas von einem freien Künstler kaufst, dann kaufst du nicht einfach nur ein Bild oder einen Roman oder einen Song. Sondern Du kaufst Hunderte Stunden Experimentiererei, Tausende Stunden voller Misserfolg. Du kaufst Tage, Wochen, Monate, Jahre der Frustration und Momente der puren Freude. Du kaufst Nächte, erfüllt von der Angst, die Miete nicht mehr bezahlen zu können, nicht genug mehr bezahlen zu können, nicht genug Geld zu haben, um sich Essen zu kaufen oder die eigenen Kinder, den Vogel, den Hund zu ernähren. Du kaufst nicht nur ein Ding, Du kaufst ein Stück Herz, ein Stück Seele, einen intimen Moment aus dem Leben von jemandem. Rebekah Joy Plett


    Wenn daran auch nur ein bisschen Wahrheit ist (und wir wissen das!), dann kann ich einfach niemandem diese scheinbare Abgeklärtheit glauben, mit der er / sie die öffentliche Kritik eines Kollegen angeblich wegstecken würde. Es sei denn, es steckte kein Herzblut in der Arbeit, alles wäre nur mal eben ganz leidenschaftslos so runtergeschrieben. Aber wer macht das schon?

  • Zitat

    Wenn daran auch nur ein bisschen Wahrheit ist (und wir wissen das!), dann kann ich einfach niemandem diese scheinbare Abgeklärtheit glauben, mit der er / sie die öffentliche Kritik eines Kollegen angeblich wegstecken würde. Es sei denn, es steckte kein Herzblut in der Arbeit, alles wäre nur mal eben ganz leidenschaftslos so runtergeschrieben. Aber wer macht das schon?


    Didi,
    diese von dir zitierte Leidenschaft ist die Grundlage künstlerischen Schaffens (ob alle Bücher tatsächlich Kunstwerke sind, lassen wir mal außen vor).


    Aber natürlich muss der Künstler sich auch der Kritik aussetzen und am besten der Kritik anderer Künstler.


    Deshalb hat Kleist seine Schriften an Goethe geschickt und nicht an Nachbars Lumpi. Zwar hielt Goethe angeblich nicht so viel von Kleists Werken, aber auch ein Dichterfürst kann mal irren.
    Und natürlich litt Kleist unter Goethes Kritik.


    Und warum? Ganz einfach: Neben der Leidenschaft gehört auch das Leiden zum Künstlerdasein!

  • Zitat

    Original von beisswenger
    Deshalb hat Kleist seine Schriften an Goethe geschickt und nicht an Nachbars Lumpi. Zwar hielt Goethe angeblich nicht so viel von Kleists Werken, aber auch ein Dichterfürst kann mal irren.
    Und natürlich litt Kleist unter Goethes Kritik.


    Und warum? Ganz einfach: Neben der Leidenschaft gehört auch das Leiden zum Künstlerdasein!


    Kleist wäre ja auch bescheuert gewesen, wenn er "Nachbars Lumpi" (ich hoffe, das soll kein Synonym für Leserezensenten sein - das Fass ist schon offen!) um ein Urteil gebeten hätte.


    ABER GOETHE HAT KLEISTS WERKE NICHT IN DER ÖFFENTLICHKEIT VERRISSEN!


    Sag mal, merkt ihr eigentlich nicht, worum es hier geht?

  • Groupie:



    Zitat

    Von Hauen und Stechen war hier ja wohl nie die Rede. Man kann doch eine begründete Kritik nicht damit vergleichen.


    Ich habe auch nicht behauptet, dass es damit zu vergleichen ist, sondern nur eine Deutungsmöglichkeit von vielen sein kann.


    Tom:


    Zitat

    Der Vergleich beispielsweise mit Medizinern hinkt gewaltig. Öffentliche Kollegenschelte ist da Gang und Gäbe, vor allem, wenn es um neue Therapiemöglichkeiten geht, die der eine entdeckt hat und die der andere (deshalb) ablehnt.



    Gut - ich hätte natürlich auch eine unverfänglichere Berufs- oder Interessengruppe anführen können, von mir aus eine Winzergenossenschaft - oder hätte ein Beispiel besser gleich weggelassen. Es ging mir nur um die Aussenwirkung, das Bild, dass jemand Außenstehendes haben kann (nicht muss).


    Das Gleiche kann ja auch für positive Kritik gelten. Fällt eine Rezension überaus wohlwollend aus - wie schnell kann dann wieder unterstellt werden, dass die gute Kritik auf rein sympathischer Ebene zustande kam, vielleicht weil die beiden Autoren irgendwann irgendwo einmal zusammen beim einträchtigen Bierchen gesehen wurden?


    Wie du schon sagtest: "Man macht sich angreifbar".

    :lesend Die Sonnenposition - Marion Poschmann


    "Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen; Vorboten dessen, was wir zu leisten imstande sein werden." (Goethe)

  • Didi, es ist zwar ein minor detail, aber falls die Überlieferungen der Realität entsprechen, dann haben die beiden ihren Zwist auch öffentlich ausgetragen. Angeblich habe Kleist sogar überlegt, Goethe zum Duell zu fordern.