Die letzte Versuchung - Nikos Kazantzakis

  • Autor
    Nikos Kazantzakis (* 2. März 1883 in Iraklio, Kreta; † 26. Oktober 1957 in Freiburg im Breisgau) war einer der bedeutendsten griechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
    In mächtigen Bildern und einer wortgewaltigen Sprache, die an Homer erinnert, schrieb Kazantzakis viele Romane und Theaterstücke.
    Weltberühmt wurde er durch den Roman "Alexis Sorbas". Weitere bekannte Werke sind "Freiheit oder Tod", "Brudermörder", "Mein Franz von Assissi", "Griechische Passion", "Rechenschaft vor El Greco" und die philosophischen Schriften "Askese" und "Der Felsengarten". Außerdem verfasste er, der auf der ganzen Welt unterwegs war, Reisebeschreibungen und übersetzte u.a. "Die göttliche Komödie" und "Faust". Er „reinigte“ das Neugriechische vom byzantinischen Ballast und machte das Volksgriechische literaturfähig. Mehrfach wurde er für den Nobelpreis vorgeschlagen, der ihm aber versagt blieb. Als einzigen Preis erhielt Kazantzakis am 28. Juni 1956 den Internationalen Friedenspreis in Wien.
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    Inhalt
    Nikos Kazantzakis schildert Jesus nicht als den, wie ihn viele Christen gerne sehen, als den Sohn Gottes und Messias, der nahezu klaglos unvollstellbare Leiden auf sich nimmt, um durch seine Kreuzigung die Menschheit zu erlösen.
    Bei ihm ist Jesus in erster Linie ein zerrissener Mensch, der versucht, gegen verschiedenste Versuchungen und Schwächen, vor allem gegen die Furcht, anzukämpfen. Er hat Furcht davor, den von Gott vorgegeben Weg zu gehen, und ebenso, den von ihm selbst gewünschten. Er leidet unter Selbstzweifeln und fragt Gott: "Wer bin ich? Weshalb bin ich geboren? Was soll ich tun, um die Welt zu erretten?"
    Seine Berufung als Messias will er lange Zeit nicht hören. Er will eigentlich wie ein ganz normaler Mensch Familie gründen und als Zimmermann arbeiten. Doch Gott läßt ihn nicht. Manche seiner Mitmenschen verachten ihn, während andere eine göttliche Aura um ihn wahrnehmen.
    Schließlich gibt er den Kampf gegen Gott auf. Er lässt es zu, Gott als Sprachrohr zu dienen, verliert die Angst vor dem Tod und geht den Weg, den man von den Evangelien her kennt, doch keineswegs immer unbeirrt. Lange Zeit irrt er zwischen dem Weg der Liebe und dem Weg des Feuers hin und her, bis er schließlich seinen richtigen Weg erkennt, den Weg zum Tod. Am Kreuz wird er in einer Vision der letzten Versuchung ausgesetzt.


    Jesus' Gegenpart ist Judas. Er ist nicht der feige Verräter des Neuen Testaments. Er ist eine starke Persönlichkeit, der sich leidenschaftlich und furchtlos einsetzt für die Befreiung Israels von den Römern, als Wegbereitung für den Messias. Zunächst will er Jesus, in seinen Augen ein Verräter, töten, kommt aber immer mehr in Zweifel, wer Jesus eigentlich ist. Um das herauszufinden, schließt er sich ihm an und führt mit ihm Steitgespräche über den richtigen Weg. Ihm, als dem Stärksten von allen Jüngern, fällt schließlich eine schwere Aufgabe zu.


    Auch andere Personen, wie seine Mutter, Maria Magdalena und die Apostel erscheinen dem Leser in einem anderen Licht als vom Neuen Testament gewohnt.


    Meinung
    Kazantzakis malt ein eindringliches Bild der damaligen Situation, als die Römer Israel beherrschen und unterdrücken. Die jüdische Bevölkerung ist am Ende ihrer Leidensfähigkeit. Deshalb rennen sie jedem Propheten hinterher, der ihnen voraussagt, dass das neue Königreich bevorsteht. Und jedesmal werden sie von neuem enttäuscht. Manche haben schon völlig resigniert.


    Inwieweit es dem Übersetzer Werner Kerbs gelungen ist, Kazantzakis' wortgewaltige Sprache adäquat ins Deutsche zu übertragen, kann ich nicht beurteilen. Ich jedenfalls bin sehr angetan. Seine Sprache ist sehr bilderreich, vor allem, wenn er Träume und Visionen wiedergibt, manchmal poetisch. Man spürt als Leser selbst den Staub der Wüste an den nackten Füßen und die köstliche Erfrischung eines Schlucks klaren Wassers und ist immer mitten im Geschehen dabei. Man fühlt mit den verzweifelten Eltern, die ihre Söhne an Jesus verlieren.


    Der Autor lässt seinen Personen viel Raum, ihre Gedanken über Gott, Leiden, Liebe, Freiheit, Paradies und Glauben mitzuteilen. Gerne hielt ich immer wieder inne, um über das Gelesene nachzudenken. Das Buch bietet jede Menge Diskussionsstoff, wobei grundlegende Bibelkenntnisse von Vorteil sind, da sich der Autor auf die wichtigsten Ereignisse im Leben Jesu oder anderer Personen des Neuen und Alten Testaments bezieht.
    9 Eulenpunkte


    Edit: Autorenname im Threadtitel ergänzt und ISBN hinzugefügt. LG JaneDoe