'Das Salz der Erde' - Seiten 896 - 966

  • Zitat

    Original von beowulf
    Na ja, ich hoffe doch, dass heute beim Erhängen oder Verbrennen von Menschen nicht mehr alles zusammenrennen würde, mit Colaständen und Bratwurst und fröhlichem Tanz. Wir sind vielleicht virtuelle Killer, aber nicht mal Tiere höhnen die meisten von uns heute schlachten.


    Ich wage mal zu behaupten, dass wir unsere "dunkle Seite" nicht verloren haben, sondern dass wir nur gesellschaftliche Strukturen geschaffen haben, die es nicht mehr gestatten, sie auszuleben. Das ist ja gerade der Sinn von Zivilisation: die Bestie im Menschen zu zügeln. Ich denke aber auch, dass das zivilisatorische Eis sehr dünn ist. Käme es zu einer umwälzenden Katastrophe o.ä., würde sich die Bestie wohl sehr schnell wieder zeigen. Man hat ja in der Nazizeit gesehen, wie schnell brave Familienväter zu Massenmördern werden, wenn die gesellschaftlichen Umstände es ihnen gestatten.


    Insofern sollten wir einfach akzeptieren, dass eine gewisse Sehnsucht nach Gewalt in uns steckt, statt das zu verleugnen, und schauen, wie wir sie kanalisieren können, sodass sie möglichst wenig Schaden anrichtet. Deshalb sind die oft verteufelten Horrorfilme und brutalen Videospiele vielleicht gar nicht so schlecht. Wenn die Leute auf diese Weise ihre dunkle Seite ausleben, ist das allemal besser, als wenn sie wirklich zur Waffe greifen.


    Vielleicht war das ja auch eine Funktion von öffentlichen Hinrichtungen in früheren Zeiten: Die Obrigkeit spürte, dass die Menschen ein Verlangen nach Grausamkeit haben, und gab ihnen auf diese Weise, was sie wollten, damit sie den Rest des Jahres brav waren ...


    Meine philosophischen Gedanken zum Morgen ... :gruebel


    Daniel

  • "Meine philosophischen Gedanken zum Morgen ... " (Daniel Wolf)



    ...Welche ich sehr einleuchtend finde.
    Vor einiger Zeit hörte/las ich irgendwo etwas über psychologische Versuche, bei denen die menschlichen Versuchskaninchen in dem Glauben waren, anderen Menschen mittels Knopfdruck Stromschläge verpassen zu können.
    Einige haben da ganz doll "zugeschlagen". :-(

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Ich wage mal zu behaupten, dass wir unsere "dunkle Seite" nicht verloren haben, sondern dass wir nur gesellschaftliche Strukturen geschaffen haben, die es nicht mehr gestatten, sie auszuleben. Das ist ja gerade der Sinn von Zivilisation: die Bestie im Menschen zu zügeln. Ich denke aber auch, dass das zivilisatorische Eis sehr dünn ist. Käme es zu einer umwälzenden Katastrophe o.ä., würde sich die Bestie wohl sehr schnell wieder zeigen. Man hat ja in der Nazizeit gesehen, wie schnell brave Familienväter zu Massenmördern werden, wenn die gesellschaftlichen Umstände es ihnen gestatten.


    :write
    So sehe ich das auch. Zivilisatiorische dünne Eisschicht gefällt mir sehr gut.


    Zitat

    Insofern sollten wir einfach akzeptieren, dass eine gewisse Sehnsucht nach Gewalt in uns steckt, statt das zu verleugnen, und schauen, wie wir sie kanalisieren können, sodass sie möglichst wenig Schaden anrichtet. Deshalb sind die oft verteufelten Horrorfilme und brutalen Videospiele vielleicht gar nicht so schlecht. Wenn die Leute auf diese Weise ihre dunkle Seite ausleben, ist das allemal besser, als wenn sie wirklich zur Waffe greifen.


    Als Mutter zweier Söhne, jetzt freilich schon erwachsen, tue ich mir noch immer etwas schwer, dass sie mit Leidenschaft solche Filme anschauen. Die Entwicklung der letzten 20 Jahre geht ja zu immer detailgetreueren und grausameren Darstellungen und vor allem das Quälen und Foltern nimmt meiner Meinung nach immer mehr Raum ein in diesen Filmen. Ich denke also schon, dass diese Art von modernen Voyeurismus früher durch so eine Hinrichtung gestillt wurde. Neben anderen politischen und gesellschaftlichen Gründen zur öffentlichen Hinrichtung.


    Ich denke ja, wir sind dem Neandertaler noch viel näher, als wir manchmal meinen. :grin

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • In diesem Abschnitt ist mir so richtig deutlich bewusst geworden, wie nachtragend die Gesellschaft damals war, besonders was Frauen betraf. Es sind ja schon einige Jahre ins Land gegangen, seit Isabelle Varennes verlassen hat, und doch wird ihr bei ihrer Rückkehr eine Wiedereingliederung verwehrt. Michel hat ja im Endeffekt das gleiche "Verbrechen" begangen, ist aber seit Jahren schon wieder ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft.
    Dass Isabelle nun auf die Kirchenmänner schimpft, kann ich sehr gut verstehen, und mit ihrer Meinung, diese Herren hätten allgemein etwas gegen Frauen, liegt sie sicher auch nicht ganz falsch. :gruebel


    Aber wie man an Thomasins Schicksal sieht, konnten durchaus auch Männer ins Gerede kommen bzw. verurteilt werden, sobald sie von der akzeptierten Norm abwichen.
    Ein Satz von Thomasin, kurz vor seiner Hinrichtung, hat mir besonders zu denken gegeben, denn da ist so viel Wahres enthalten: "Es gibt keinen Satan und keinen Dämon. Die Hölle ist das, was wir Menschen auf Erden einander antun."

  • Zitat

    Original von Klusi


    Ein Satz von Thomasin, kurz vor seiner Hinrichtung, hat mir besonders zu denken gegeben, denn da ist so viel Wahres enthalten: "Es gibt keinen Satan und keinen Dämon. Die Hölle ist das, was wir Menschen auf Erden einander antun."


    :write Und bis heute gültig

  • Der Krieg erreicht auch den Hof von Isabelle's Ehemann - und sein Liebhaber wird getötet. Dadurch scheint er völlig aus der Bahn geworfen zu werden. Er, der immer so vorsichtig war, wird leichtsinnig. Leider wird sein Lebenswandel auch schnell entdeckt - und er wird hingerichtet. Isabelle steht wieder allein da. Und dann kommt der Krieg ein zweites Mal in ihre Gegend.


    Michel und Isabelle sind wieder zusammen - aber Isabelle hat noch eine lange Buße vor sich.... :wave


    Zitat

    Original von Findus


    :write Und bis heute gültig


    Ein sehr wahres Zitat!

  • Zitat

    Original von Findus


    :write Und bis heute gültig


    Ein sehr wahres Zitat![/quote]


    @ Daniel


    war das eine rein zufällige Referenz an Huis Clos von Sartre? Er hat das in diesem Stück so eindringlich aufgezeigt, dass ich diesen Satz "l'enfer c'est les autres", "Die Hölle, das sind die anderen", nie mehr vergessen habe, nachdem ich das Stück gesehen hatte.

  • Leider habe ich keine Zeit für ein langes Post, ich MUSS weiterlesen :grin


    Mir tut es zwar um Thomasin leid, aber es ist eine elegante Lösung gewesen, um Isabelle wieder mit Michel leben zu lassen.
    Auch wenn ich ihre weitere Strafe als sehr hart empfinde, scheint es sich ja zum Guten zu wenden.


    Remy braucht bestimmt etwas Zeit.

    Anna Karenina (LR), Der blinde Mörder (LR), Alias Grace (LR), Die Bücherdiebin (LR), Das Rosenholzzimmer (LR), Töchter des Nordlichts

  • Auf Vogtei Altrip herrscht Kriegszustand. Nach dem Angriff lässt sich Thomasin gehen. Auch wegen der Geheimhaltung seiner neuen Liebschaft gibt er wenig Acht. Doch sein Geheimnis kommt ans Licht und er wird hingerichtet.


    Michel hat eine Geliebte, denkt bei ihr aber an Isabelle. Wen wundert es?


    Während Ottos Krieger in der Vogtei Altrip wüten, kommt Michel und holt Isabelle und Remy nach Varennes. Dass sie hier in wilder Ehe zusammenwohnen, gibt natürlich gleich Ärger. Um heiraten zu können, muss sich Isabelle 4 Jahre den frommen Frauen anschließen. Sie fühlt sich dort aber sehr wohl und wird bald zur Buchhalterin befördert.


    Durch unglückliche Umstände erfährt Remy, dass Michel sein Vater ist, was er so gar nicht wahrhaben wollte.

  • Ich musste nach diesem Abschnitt auch unbedingt sofort weiterlesen und hatte in den letzten Tagen keine Zeit zum Posten.


    Thomasins Tod hat mich sehr geschockt. Sicher, dramaturgisch war er vorhersehbar, denn wie hätte es sonst mit Michel und Isabelle weitergehen sollen. Trotzdem fand ich die Szene sehr grausam - die harte Strafe, und auch, wie schnell Menschen dazu übergehen, jemanden zu verurteilen und zu verstoßen, der jahrelang angesehenes Mitglied ihrer Gemeinschaft war. Schön fand ich, was Thomasin sagte, dass Gott ihn so gemacht habe und er deswegen kein schlechter Mensch sei. Leider passte diese Ansicht so gar nicht in die damalige Zeit, und stieß daher auf taube Ohren. :-(


    Isabelle kehrt nach Varennes zurück, wo sie immer noch als ehrlose Frau gilt - wie unfair, sie so schlecht zu behandeln, während Michels Anteil an der Geschichte längst vergeben und vergessen zu sein scheint.


    Isabelle geht nun für 4 Jahre zu den Beginen, und scheinbar fühlt sie sich dort wohl - es würde mich gar nicht wundern, wenn sie sich entschiede, bei den Beginen zu bleiben und nicht mehr zu Michel zurückginge.


    Remys Verhalten kann ich nachvollziehen - den Menschen, den er für seinen Vater hielt, hat er gerade unter sehr schlimmen Umständen verloren, und nun erfährt er, dass nicht Thomasin sondern Michel sein Vater ist. Dass er darauf verwirrt und wütend reagiert, kann ich verstehen. Um die rechtlichen Konsequenzen wird er sich wohl keine Gedanken gemacht haben, er war ja noch sehr jung.

  • Zitat

    Original von Klusi
    In diesem Abschnitt ist mir so richtig deutlich bewusst geworden, wie nachtragend die Gesellschaft damals war, besonders was Frauen betraf. Es sind ja schon einige Jahre ins Land gegangen, seit Isabelle Varennes verlassen hat, und doch wird ihr bei ihrer Rückkehr eine Wiedereingliederung verwehrt. Michel hat ja im Endeffekt das gleiche "Verbrechen" begangen, ist aber seit Jahren schon wieder ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft.
    Dass Isabelle nun auf die Kirchenmänner schimpft, kann ich sehr gut verstehen, und mit ihrer Meinung, diese Herren hätten allgemein etwas gegen Frauen, liegt sie sicher auch nicht ganz falsch. :gruebel


    Aber wie man an Thomasins Schicksal sieht, konnten durchaus auch Männer ins Gerede kommen bzw. verurteilt werden, sobald sie von der akzeptierten Norm abwichen.
    Ein Satz von Thomasin, kurz vor seiner Hinrichtung, hat mir besonders zu denken gegeben, denn da ist so viel Wahres enthalten: "Es gibt keinen Satan und keinen Dämon. Die Hölle ist das, was wir Menschen auf Erden einander antun."


    Ja, mit diesem Satz hat Thomasin allerdings Recht! Das denke ich zu oft. Und Menschen tun das nciht nur anderen Menschen an, sondern auch Tieren, der Natur etc etc! :-(
    Manchmal denke ich, dass die Welt besser dran wäre ohne Menschen!


    Oh, da sprichts du was an, Klusi.
    Das ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Michel ist wirklich wieder ein ehrenwerter Mann für die anderen, aber die Frau nicht. Wengistens geht es ihr bei den Beginen nicht schlecht, ich denke, sie fühlt sich sogar zu Hause dort, mal ohne Männer, die auf einen runterschauen oder auf einen zeigen!!


    Zitat

    Original von Lesehest
    Leider habe ich keine Zeit für ein langes Post, ich MUSS weiterlesen :grin


    Mir tut es zwar um Thomasin leid, aber es ist eine elegante Lösung gewesen, um Isabelle wieder mit Michel leben zu lassen.
    Auch wenn ich ihre weitere Strafe als sehr hart empfinde, scheint es sich ja zum Guten zu wenden.


    Remy braucht bestimmt etwas Zeit.


    Ja, ich hoffe doch, dass Rémy nur Zeit braucht! Der Junge könnte sicher viel von seinem Vater lernen!
    Ich hoffe, dass die beiden in dem nächsten Abschnitt endlich heiraten werden!!
    Haha ja, gute Lösung! Und auch sehr realistisch, leider!

  • Ich kann nun offiziell sagen, dass meine Lieblingscharas nun allesamt das Zeitliche gesegnet haben oder untergetaucht sind. Das ist irgendwie arg deprimierend und vermiest mir gerade ein wenig die Lust am Weiterlesen, auch wenn es von Vorneherein klar war, dass Tomasin nicht überleben kann, immerhin stand er Michels und Isabells Glück von Anfang an arg im Weg. Ich hatte zwar noch ein kleines Bisschen gehofft, dass er mit seinem Geliebten eine Chance bekommt irgendwo anders neu anzufangen, aber eigentlich wusste ich, dass es dazu nicht kommen wird. Dass die beiden jedoch auf jeweils so dramatische und grausame Art sterben, fand ich ziemlich traurig *schnief*


    Es scheint in diesem Buch ja keinem vergönnt zu sein, glücklich zu sein. Mir tut es vor allem auch um den kleinen Remy leid und ich kann seine Reaktion zum Schluss gut verstehen. Es war allerdings auch vorhersehbar, dass die Wahrheit in Varennes früher oder später ans Licht kommt, immerhin leben in dieser Stadt doch recht viele Menschen, die die Sache mit Michel und Isabelle mitbekommen haben und nebenbei noch rechnen können. Und Remy scheint seinem Vater in jungen Jahren ja auch recht ähnlich zu sein.
    Wiederum finde ich auch die Rückkehr von Varennes von Michel, aber auch ein wenig von Isabelle unfair gegenüber dem Kind. Nicht nur, dass sie dem Jungen seine Wurzeln entreißen, ich denke immer auch daran, dass Michel sein Kind in die Reichweite von Aristide bringt.
    Er könnte Isabelle nun haben, sie könnten irgendwo ungestört neu beginnen, ohne Remys Leben in Gefahr zu bringen und ihn als uneheliches Kind zu brandmarken, also warum immer zurück in dieses verdammte Varennes? Das kann es einfach nicht wert sein.


    Michel ist für mich wie eine dicke Fliege, die immer und immer wieder gegen die Fensterscheibe prallt, weil sie nicht versteht, dass es da kein Durchkommen gibt.


    Und ich denke schon, dass Remy begreift, dass es nichts Gutes ist ein uneheliches Kind zu sein, sonst hätte er sich ja kaum mit seinen Freunden geprügelt.


    Ich fand es hingegen gut, dass Isabelle in dieser Gemeinschaft untergekommen und dort auch gut aufgehoben ist. Ich hätte es auch seltsam gefunden, wenn man es schweigend akzeptiert hätte, dass sie unverheiratet bei Michel einzieht und ich kann Duval und die anderen Gildenmitglieder da gut verstehen. Immerhin hat Michel ja bisher nicht besonders viel Hirn an den Tag gelegt, wenn es um Isabelle ging. Ich finde vier Jahre auch nicht unbedingt so übertrieben viel, wenn man bedenkt, was Geroux von Michel gefordert hat. Eine derartige Reise hätte wahrscheinlich ähnlich viel Zeit in Anspruch genommen, besonders in Zeiten wie diesen.

    "Sobald ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich Bücher; und wenn noch was übrig bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung." - Desiderius Erasmus

  • Ich finde es plätschert momentan vor sich hin und Thomasins Strafe war heftig ja ich weiß das war so damals. Den Satz von Thomasin fand ich auch sehr weise.



    Klar eine gute Lösung um das Isabelle und Michel wieder zusammenkommen und doch habe ich mit den Augen gedreht, denn das ist ja so Heile Welt Happy End ich denke da kommt noch was.


    Das Isabelle zu den Beginen geht und so herzlich aufgenommen wird finde ich großartig

    <- Falls das erst im nächsten Abschnitt kommt.
    Remy mag ich er setzt sich durch und das gefällt mir.



    ich bin gespannt wie es weiter geht udn sethle mir jede freie Minute um endlich fertig zu werden aber ich hab enoch den ganzen nächsten Abschnitt vor mir. Ich glaube soo lange habe ich schon lange nicht mehr an einem Buch gelesen. :gruebel

  • Ich bin schon ein wenig weiter, meine Leseflaute scheint erstmal überwunden, nun überlese ich schon die Abschnite;-)


    Damit ich nichts vorwegnehme, falls doch noch jemand wie ich hinterherhinkt, beschränke ich mich auf ein paar kurze Anmerkungen.


    Thomasins Entdeckung und seine Hnrichtung waren schockierend, wenn ich auch bereits damit gerechnet habe, dass jemand ihn sehen muss, so unvorsichtig, wie er geworden ist.


    Besonders beschäftigt hat mich in diesem Abschnitt, wie hinsichtlich Männern und Frauen mit zweierlei Maß gemessen wurde: Nur Männer können sich freikaufen, Frauen müssen Buße tun.


    Ich bin froh, dass Isabelle sich so in das Beginenleben eingefügt und hat und ihre Zeit dort doch recht erfüllt ist, denn 4 Jahre sind eine lange Zeit.