Zeig mir den Tod - Petra Busch

  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


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    Petra Busch: Zeig mir den Tod, München 2013, Knaur Taschenbuch, ISBN 978-3-42-651124-4, Softcover, 422 Seiten, Format: 18,8 x 12,4 x 3 cm, EUR 9,99 (D), EUR 10,30 (A).


    „Mit der Familie stimmt etwas ganz und gar nicht.“ Jo strich sich über den Schnauzbart und schob dann Akten in vergilbten Umschlägen vor sich hin und her. „Irgendwas haben die zu verbergen. Ich wette, das hat mit Annika zu tun.“ (Seite 282)


    Der Schauspieler Günther Assmann, nicht mehr ganz jung, glaubt, endlich vor dem großen Karrieredurchbruch zu stehen. In wenigen Tagen ist seine Premiere als Faust im Großen Haus in Freiburg – und der Intendant des Wiener Burgtheaters wird im Publikum sitzen. Assmann sieht sich schon am Ziel seiner Träume: auf der Bühne in Wien. Doch statt des erwarteten Triumphs kommt es zu einer Katastrophe: Am Abend vor der Hauptprobe werden seine Kinder Marius (18) und Rebecca (10) entführt. Assmann hat sie am Morgen zur Straßenbahn gebracht, doch dort verliert sich ihre Spur. Sie sind weder eingestiegen noch in der Schule angekommen.


    Kriminalhauptkommissar Moritz Ehrlinspiel und sein Kollege Paul Freitag können sich die sonderbaren Reaktionen der Eltern der verschwundenen Kinder nicht erklären. Die Mutter, Lene Assmann, ist ja noch halbwegs kooperativ. Aber der Schauspieler-Vater mauert und hat eindeutig mehr Interesse an seiner Karriere als am Schicksal seiner Kinder. Er ist auch sonst ein ganz entzückender Zeitgenosse. Es ist weder ausgeschlossen, dass seine Kinder weggelaufen sind, weil sie es zu Hause nicht mehr aushielten, noch, dass sie jemand entführt hat, um sich an ihm zu rächen. Eine schnöde Lösegeldforderung ist natürlich ebenfalls denkbar. Frau Assmann ist von Haus aus vermögend. Doch noch hat niemand Forderungen gestellt.


    Den Assmanns muss man wirklich jede Information aus der Nase ziehen! Tochter Rebecca ist Diabetikerin und wird ohne regelmäßige Insulingaben ins Koma fallen und sterben. Aus dieser Krankheit macht die Familie ein großes Geheimnis. Dass vor 20 Jahren schon einmal eine Assmann-Tochter – die sechsjährige Annika – spurlos verschwunden und nie wieder aufgetaucht ist, darüber verliert das Ehepaar ebenfalls kein Wort. Ein älterer Polizeibeamter erinnert sich an den Fall. Nur gut, dass gerade Moritz Ehrlinspiel bei den Assmanns ist, als dort eine SMS vom Entführer eingeht, sonst hätte die Polizei von dessen Forderungen wohl auch nie etwas erfahren.


    Geld verlangt der Entführer nicht. Er will, dass Günther Assmann am Premierenabend auf die Bühne tritt und in Reim und Vers erklärt, wer in Wirklichkeit Marius’ Erzeuger ist. Doch genau das kann Assmann nicht, selbst wenn er es wollte.


    Unterdessen sind Marius und seine kleine Schwester irgendwo eingesperrt, wo’s finster, kalt und gammelig ist. Rebecca, die auch noch eine starke Erkältung hat, geht es stündlich schlechter. Die Kriminalpolizei ermittelt mit Hochdruck, denn das Mädchen hat nicht mehr viel Zeit.


    Blöd nur, dass es so viele Verdächtige gibt.


    Durch die Ermittlungen gerät wieder einmal Hauptkommissar Moritz Ehrlinspiels Privatleben total ins Hintertreffen. Das ist er zwar schon gewöhnt, doch gerade jetzt ist das besonders ungünstig: Seine Freundin, die Journalistin Hanna Brock, zieht endlich bei ihm ein und sitzt jetzt alleine zwischen Kisten und Kasten in der Wohnung. Zudem ist Kater Bentley krank, und der Kommissar hat nicht einmal Zeit, ihn zum Tierarzt zu bringen. Darum kümmert sich Hanna – und bringt den Kater ausgerechnet zu einem Tierheilpraktiker, der zu den Verdächtigen im Fall Assmann zählt. Ein Gespräch, das sie in seiner Praxis aufschnappt, weckt ihre journalistische Neugier.


    Was zwei ältere Herrschaften bei einem Waldspaziergang entdecken, gibt dem Fall eine völlig unerwartete Wendung ...


    Große und kleine Sünder, verkrachte Existenzen, arme Socken und ein paar echt kranke A***löcher bevölkern diesen packenden Kriminalroman. Petra Busch versteht es, die Personen und ihr Tun so lebendig und nachvollziehbar zu beschreiben, dass man sogar die Beweggründe derer versteht, die mehr oder weniger stark neben der Spur sind. Alle haben ihre Geschichte, ihre Beschädigungen sowie ihre Träume und Ziele, die sie beharrlich verfolgen. Die Erkenntnis, dass das Risiko, das sie dabei eingehen, nicht immer beherrschbar ist, kommt jedoch für manchen zu spät.


    Selbst als routinierter Krimileser verdächtigt man diesen und jenen, doch nicht unbedingt den wahren Drahtzieher. Die Auflösung ist plausibel, aber man hat sie beim Lesen einfach nicht auf dem Zettel. Bei so vielen Personen, die mit dem Vater der Kinder ein Hühnchen zu rupfen haben, ist das auch kein Wunder.


    Genau das ist es ja, was wir LeserInnen uns wünschen: einen Krimi mit überraschenden Wendungen. Aber logisch müssen sie sein! Diese Autorin kann das! Am Schluss ist der Leser zufrieden. Ja, nur so kann es gewesen sein! Das hätte man vielleicht hier und da und dort schon erahnen können. Hat man aber nicht. Es stimmt schon, was laut Klappentext der WDR sagt: „So einfühlsam und genau wie Petra Busch erzählt im Augenblick keine andere Autorin von Verbrechen und Mord.“


    Die Autorin
    Petra Busch, geboren 1967 in Meersburg, arbeitet als freie Texterin und Journalistin für internationale Kunden aus Wissenschaft, Technik und Kultur. Sie studierte Mathematik, Informatik, Literaturgeschichte und Musikwissenschaften und promovierte in Mediävistik. Für ihren Kriminalroman "Schweig still, mein Kind" erhielt sie den renommierten Friedrich-Glauser-Preis für das beste Debüt des Jahres 2010. Sie lebt im Nordschwarzwald.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Oh, vielen Dank für diese Rezi. Ich hab mir das Buch vor kurzem gekauft, liegt aber noch auf meinem SuB. Da bekomme ich ja gleich noch mehr Appetit darauf :-)

    Liebe Grüße
    Sabine


    Ich :lesend"Talberg 1935" von Max Korn

    Ich höre "Mein Leben in deinem" von Jojo Moyes

    SuB: 163

  • Zur Story nur einige Sätze, ich will nicht zuviel verraten
    Die Handlung dreht sich um die Familie des Schauspielers Günther Assmann. Für ihn ist seine bevorstehende Premiere das wichtigste Ereignis. Daß genau in dieser Vorbereitungszeit seine beiden Kinder Marius und Rebecca verschwinden passt nicht in sein Konzept. Eile ist angesagt und sie müssen unbedingt gefunden werden, weil Rebecca Diabetikerin ist und dringend ihre Medikamente benötigt.


    Als Ermittler sind auch in diesem Band Moritz Ehrlinspiel und sein Kollege Paul Freitag eingesetzt.


    Die Autorin versteht es auch in ihrem dritten – und für mich besten – Band dem Leser zuerst die Figuren und deren Umfeld nahezubringen und wirklich detailliert zu beschreiben. Vor allem auf die Familiensituation der Assmanns geht sie sehr genau ein. Sie beschreibt Günther wie er noch immer um seine vor 20 Jahren verschwundene Tochter Annika trauert. Auch sie hatte Diabetis, die verheimlicht wurde. Er traut sich nicht, Marius und Becci seine Liebe und Zuneigung zu zeigen, zu groß ist seine Angst, auch diese zu verlieren. Nun tritt tatsächlich diese Situation ein. Andererseits wird auch seine Verbindung zur Chefdramaturgin Edith Berger genau durchleuchtet. Seine Ehefrau Lene geht mit der Situation vollkommen anders um. Sie ist verzweifelt und will selbst aktiv die Kinder suchen. Dann charakterisiert die Autorin sehr genau die beiden Kinder und beschreibt das Gefühlsleben von Marius, der keine Freunde hat und in der Schule gemobbt wird. Becci hält auf Verlangen der Eltern ihre Krankheit geheim und liebt Tiere. Die Autorin versteht es, jede noch so nebensächliche Figur feinfühlig zu beschreiben.


    Vom Privatleben von Moritz Ehrlinspiel und Hanna Brock erfährt man in diesem Buch nur häppchenweise Neues, aber es passt und ist so völlig in Ordnung.



    Für mich ist dies der beste Band von Petra Busch. Fesselnd von Anfang bis Ende. Es ist kein blutiger Krimi, aber er zerrt an den Nerven des Lesers, denn er möchte, daß alles einen guten Ausgang nimmt. Bis es zum endgültigen Finale kommt, wird die Spannung immer weiter aufgebaut und am Ende bleibt dem Leser nur zu hoffen, daß es bald einen Nachfolgeband geben wird.



    Von mir eine eindeutige Leseempfehlung!

  • Günther Assmann hofft auf den großen Durchbruch als Schauspieler. Auf diesem Weg denkt er nur an sich und vernachlässigt seine Familie. Die beiden Kinder nimmt er gar nicht wahr.
    Doch dann werden die Kinder entführt und er wird erpresst. Allerdings geht es nicht um Geld sondern es wird ein Psychospiel. Hinzu kommt noch, dass Rebecca, die Tochter, an Diabetes leidet.


    Es beginnt die Suche nach den Kindern und die Suche nach dem Täter. Es tauchen sehr viele Verdächtige auf und jeder ist in seiner Rolle sehr glaubhaft.
    Besonders bedrückend waren die Stellen im Versteck aus der Sicht der kleinen Rebecca.


    Alles in allem ein guter, flüssig zu lesender Krimi, in dem es nicht zu blutig zugeht, der aber sehr spannend ist.


    9 von 10 Punkten

  • Marius und Rebecca, die Kinder des Schauspielers Günther Assmann, werden am helllichten Tag an der Straßenbahnhaltestelle entführt. Das sollte doch eigentliche jeden Vater aus der Bahn werfen, steht die Sicherheit der Kinder doch an erster Stelle. Nicht aber so bei Assmann, der kurz vor der Premiere eines Stückes steht, welches ihm möglicherweise den Weg zum Wiener Burgtheater ebnet. Denn nur wer dort engagiert wird, der hat es in der Welt der Theaterschauspieler geschafft. Zumindest flüstert ihm das seine Agentin, Edith Berger, ständig ins Ohr. Mit ihr und ihrem Mann Uwe ist er schon jahrelang befreundet, sie sorgt schon dafür, dass er sie nicht vergisst. Denn für Assmann ist seine Karriere enorm wichtig - sogar wichtiger, als seine entführten Kinder. Zumindest macht es den Polizisten gegenüber den Eindruck, denn besonders besorgt reagiert Assmann nicht. Im Gegensatz zu seiner Frau Lene, die völlig aufgelöst ist und keinen klaren Gedanken mehr fassen kann, ist doch schon mal ein Kind aus ihrem Garten verschwunden. Annika, ihr erstes Kind, noch vor Marius' Geburt. Kommissar Moritz Ehrlinspiel nimmt umgehend die Ermittlungen auf, obwohl er doch eigentlich mit seiner Freundin Hannah zusammen ziehen wollte. Die sitzt nun alleine auf einem Berg voller Kartons in einer ihr noch fremden Wohnung und einer fremden Stadt, in der sie niemanden kennt.


    Günther Assmann ist vom ersten Augenblick an unsympathisch. Wie unglaublich dreist, gerade jetzt seine Kinder zu entführen, wo er durch kurz vor seinem Karrieredurchbruch steht, wie ihm seine Agentin nur allzu deutlich zu verstehen gibt. Seine Frau Lene sieht das anders, sie bangt um ihre Kinder, vor allem, da Rebecca nicht lange ohne Medikamente überleben kann. Die Polizei ermittelt in ihrem Umfeld, und bringt Erschütterndes zu Tage. Marius war in der Schule ein ziemlicher Außenseiter, seinen Mitschülern scheint es egal zu sein, was mit ihm passiert, Freunde hatte er eh nicht. Es ist immer wieder deprimierend, wie grausam Kinder und Teenager doch sein können, im Glanze ihres eigenen Selbstbewusstseins zeigen sie es anderen deutlich, dass sie über ihnen stehen. Und finden immer genug Anhänger, die das Spielchen mitspielen und gar nicht merken, was sie mit ihrer psychischen Brutalität bei anderen anrichten.


    Petra Busch hat einen rasanten Psychothriller geschrieben, in dem sie die Abgründe menschlichen Verhaltens genauestens durchleuchtet. Von Anfang an wird man durch den Stil regelrecht in das Buch gezogen, immer wieder gibt es neue Wendungen, das Ende ist überraschend. Die Charaktere sind allesamt merkwürdig, man fragt sich doch immer wieder, wie groß das psychische Leiden doch sein muss, bis man eine Beziehung beendet, in der man sich schon lange nicht mehr wohlfühlt. Betrug, Krankheit, Ehrgeiz und Mobbing sind nur ein paar der Themen, die gekonnt eingebracht werden. Das Privatleben der Ermittler kommt auch keinesfalls zu kurz, die Balance zwischen Beruf und Privatleben, zwischen einer neuen Beziehung und dem Bedürfnis, dringend einen Fall aufzuklären, hat die Autorin hervorragend ausgearbeitet. Marius ist in diesem Fall der Einzige, der sich ins Herz schleicht und für den man viel Verständnis und Mitleid aufbringt - über die anderen Personen schüttelt man nur den Kopf über die fehlende Empathie.


    Fazit


    Der fesselnde Schreibstil tröstet bei Zeig mir den Tod von Petra Busch über die unsympathischen Charaktere hinweg. Trotz aller Merkwürdigkeiten will man dann doch wissen, wie es ausgeht und was hinter allem steckt. Meisterhaft versteht es die Autorin, falsche Fährten zu legen und immer wieder neue Wendungen ins Spiel zu bringen.


    LG
    Patty

  • Schon das Buch " Schweig still mein Kind " war für mich spannend. Nach dem ich jetzt die vielen positive Rezi gelesen habe wandert der Krimiroman " Zeig mir den Tod" von Petra Busch auf meine WL.

    Wenn man die Ruhe nicht in sich selbst findet, ist es umsonst,
    sie anderswo zu suchen.


    FRANCOIS DE LA ROCHEFOUCAULD

  • Hm, ich habe jetzt den 3. Band vor dem 2. gelesen....toll. :rolleyes


    Nun es ist wie es ist, ich fand den Krimi gut zu lesen und kurzweilig. Kein Blut und keine grausig entstellten Leichen zu Hauf, gute solide Krimikost. Geht ja auch gleich in die vollen. Ich lese jetzt gleich den 2. Teil dann weiß ich darüber auch bescheid. :grin




    Armer Bentley, der wird wohl im 4. Teil wenns denn einen gibt, nicht mehr da sein. :-(

  • Wer zeugt die Lüge; was Du errätst, packst Du in Zeilen, wirst damit auf die Bühne eilen. Falls du spielst wie alle Tage, so sterben sie-ganz ohne Gnade. (Auszug aus dem Buch)
    Günther Assmann Schauspieler und Vater von zwei Kindern hat die Rolle seines Lebens ergattert. Er spielt Faust um will diesmal damit groß herauskommen, den schließlich möchte er danach zum Burgtheater in Wien, was schon immer sein Traum war. Marius und Rebecca die beiden Kinder sind weniger glücklich, den der Vater hat kaum Zeit für sie. Da passiert es vor der Premiere, das die beiden Kinder der Assmanns spurlos verschwinden. Erst geht man davon, aus das die Kinder evtl. verunglückt sind, doch dann taucht eine Nachricht auf. Die Kinder wurden entführt und Günther Assmann bekommt ein Rätsel gestellt, das soll er lösen und auf der Bühne präsentieren. Hauptkommissar Ehrlinspiel und sein Team ermitteln und stellen bei ihren Recherchen fest, das in der Vergangenheit schon einmal ein Kind der Assmanns verschwunden ist. Die Zeit läuft gegen Rebecca, die dringend lebensnotwendige Medikamente braucht. Deshalb setzen die Ermittler alles daran, um diesen Fall schnellstens zu lösen, doch sie stoßen auf eine Mauer des Schweigens.


    Meine Meinung:
    Wieder einmal ein Krimi, der mich total in den Bann gezogen hat. Der sehr gute und fesselnde Schreibstil der Autorin hat mich wie schon bei Nele Neuhaus wirklich beeindruckt. Ich bin immer wieder beeindruckt was für gute Autoren wir doch in unserem Land haben. Die Recherchen über das Theater, Diabetes, überhaupt zum ganzen Fall haben mich wirklich beeindruckt. Man merkt, mit welcher Liebe zum Detail die Autorin ans Werk geht. Auch wenn es vielleicht nicht der blutigste, spannendste Krimi war, so hat er mich trotzdem so gefesselt, das ich bis zum Ende mit den Protagonisten mitgefiebert habe. Durch die recht kurzen Kapitel, den verschiedenen Handlungssträngen und den detaillierten Ausführungen, hatte ich das Gefühl mitten im Geschehen dabei zu sein. Auch die Ermittler Moritz Ehrlinspiel und Paul Freitag waren mir sehr sympathisch. Eine Autorin vor er ich meinen Hut ziehe, die ich mir definitiv merken werde und von der ich nicht das letzte Buch gelesen habe. Deshalb von mir 10 Eulen für dieses Werk.

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."