Antje Wagner - Mottenlicht
• Taschenbuch: 160 Seiten
• Verlag: KiWi-Paperback; Auflage: 1 (19. August 2003)
• ISBN-13: 978-3462033465
• Preis: 7,90 Euro (print)
Klappentext:
»Elf außerordentliche Geschichten von Lücken im Leben und der Herausforderung, sie zu füllen« Abgründe lauern im Alltäglichen, kaum zu sehen, aber deutlich zu spüren. In Antje Wagners faszinierenden Erzählungen bewegen sich die Figuren auf dem unsicheren Boden des Bekannten und geraten langsam aus dem Tritt. Sie alle – die allein erziehende Mutter, der jüngere Ehemann, das stille Kind – kommen ins Rutschen, zunächst kaum merklich, dann in wachsender Geschwindigkeit, bis sie aus dem Leben fallen. Da ist Lena, ein unauffälliges Mädchen, das eines Nachts heimlich in den schimmligen Keller des Nachbarhauses zieht, nicht mehr schläft und nur noch von Insekten spricht. Da ist ein Ehepaar, das, in einer Waldhütte eingeschneit, monatelang ohne Aussicht auf Rettung ausharrt und schließlich aneinander irre wird. Antje Wagner zieht den Leser hinein in das prekäre Leben ihrer Figuren, die ihm immer vertrauter werden und doch merkwürdig fremd bleiben, und lässt ihn fassungslos zurück. Ihre an der Romantik geschulte Sprache, der Bildreichtum und die präzise Dramaturgie entwickeln einen machtvollen Sog.
Zur Autorin:
Antje Wagner, geboren 1974 in Wittenberg, studierte deutsche und amerikanische Literatur und Kulturwissenschaften in Potsdam und Manchester und lebt seit 1999 als freischaffende Autorin in Potsdam. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nahm sie 2012 in den Kanon der 20 besten deutschsprachigen Schriftsteller unter 40 Jahren auf.
Meine Meinung:
Müsste ich meine Meinung zu "Mottenlicht" in einem einzigen Satz zusammenfassen, dann würde er lauten:
Es ist ein sehr, sehr gutes Buch, aber es gefällt mir nicht.
Das Gefallen war bestimmt auch nicht beabsichtigt. Es ist kein Kuschel- oder Wohlfühlbuch, das man liebt und das einen selig macht. Es ist ein wortgewaltiges, ein forderndes, ein erschreckendes und ein dramatisches Buch. Ein Buch, das einen zum Nachdenken zwingt.
Man liest die Geschichten und wenn man den Schluss gelesen hat, liest man sie noch einmal. Aus einem völlig anderen Blickwinkel heraus.
Zuerst dachte ich, das ist ein Buch über psychisch kranke Menschen. Aber als ich fertig damit war, mir alle Geschichten durch den Kopf gehen ließ, habe ich das eigentliche Thema erkannt.
Antje Wagner hat ein Buch über die Liebe geschrieben. Aber nicht über die Liebe, so wie wir sie gerne sehen, die zarte, die feine, die mit dem lieblichen Antlitz, sondern über die Kehrseite der gleichen Medaille. Die Liebe, die uns ihre verzerrte Fratze zeigt, die unangenehm ist, die wir nicht sehen wollen, von der wir möchten, dass es sie gar nicht gibt, die aber dennoch existiert.
Die Autorin zeigt sie uns mit ihren Geschichten, zwingt den Leser unerbittlich hinzusehen, nicht die Augen zu verschließen, vor Dingen, die es nun mal gibt, auch wenn wir sie nicht sehen wollen. Die Texte haben eine hohe Intensität, sie graben sich ein ins Gedächtnis, sie verursachen Unbehagen, Wut, Trauer, Entsetzen.
Am meisten beeindruckt hat mich "Ausfälle". Das Thema Magersucht ist mit so zärtlicher Anmut, schmetterlingsgleicher Zartheit beschrieben, wie ich es nie für möglich gehalten hätte bei so einem Thema. TOP!
Die Geschichte "Glitzern" hat mich an "Die Wand" von Marlen Haushofer und "Der Nebel" von Stephen King erinnert. Sehr atmosphärisch!
Eine beeindruckende Leseerfahrung!
Ich gebe 10 von 10 Punkten.