Hier kann zu den Teilen 1 - 2 geschrieben werden.
'Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins' - Teil 1 - 2
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Dann fange ich mal an:
Erster Teil - Das Leichte und das Schwere
Ich hoffe, die Erstleser lassen sich nicht gleich abschrecken ;-), denn der Roman beginnt mit philosophischen Betrachtungen über Schicksal und Leichtigkeit oder Schwere des Lebens. Ich verstehe das erste Kapitel als Einstimmung auf die Geschichten, die erzählt werden sollen und auf den unterschiedlichen Blickwinkel der Figuren auf Ereignisse, die völlig unterschiedlich erlebt werden.Teresa tritt in Tomas' Leben "wie ein Kind, das er aus einem pechbestrichenen Körbchen gehoben und an das Ufer seines Bettes gelegt hat". Und da sind wir auch schon beim Grundlegenden in Tomas' Leben: Er trennte seine Körperlichkeit und seine Gefühle in seinen Beziehungen zu Frauen, ohne die er nicht kann, komplett. Teresa wird zur einzigen Ausnahme, zum "Kind, das er beschützen möchte", zur Geliebten, die von seiner Sucht, das Einzigartige in den verschiedensten Frauen zu finden, ausgeschlossen ist.
Seine wechselnden erotischen Abenteuer führt er weiter, kann nicht anders. Eine weitere Ausnahme ist Sabina, die Künstlerin, die eine Konstante in seinem Leben darstellt und am ehesten seine beste, auch erotische Freundin ist. So bringt Tomas die Trauer und die Eifersucht in Teresas Leben.Nun fließen auch die politischen Ereignisse ein, der Einmarsch der Sowjetarmee in der damaligen Tschechoslowakei. Und Teresa fotografiert, hält quasi das Leben selbst fest, etwas unbedarft, aber plötzlich voller Lebendigkeit, vielleicht ihre beste Zeit.
Zweiter Teil - Körper und Seele
Wir erleben mit, wie sich Teresa aus dem Kokon ihrer beengten, von einer unglücklichen, indiskreten Mutter bestimmten Kindheit befreit. Sie schleppt die Erniedrigung und die resultierenden Unsicherheiten weiter mit sich herum. Dass sie sich in Tomas verliebt, einen Mann, der nichts dabei findet, weiter mit anderen Frauen zu schlafen, weil diese keine Bedeutung für seine Gefühle haben, hilft ihr auch nicht gerade auf ihrem Weg zu einem gesunden Selbstbewusstsein. Sie hat schlimme Alpträume, Sehnsucht danach, dass es aufhört, nach dem Fallen:
"Schwindel ist etwas anderes als Angst vor dem Fall. Schwindel bedeutet, dass uns die Tiefe anzieht und lockt, sie weckt in uns die Sehnsucht nach dem Fall, eine Sehnsucht, gegen die wir uns dann erschrocken wehren."Der Roman nimmt mich sofort gefangen, wie er es schon beim ersten Lesen vor vielen Jahren getan hat.
Die kursiv geschriebenen, eingeklammerten Zitate stammen aus meiner Ausgabe vom Fischer Taschenbuch Verlag.
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Hallo Clare und LR-Teilnehmer,
ich lese still mit, da ich den Roman bereits vor vielen Jahren gelesen habe.
Eine Sache geht mir nicht aus dem Kopf, spoilere mein Anliegen aber, da ich den anderen Lesern keine Bilder vorwegnehmen möchteHaben diejenigen, die den Film kennen, bei der Lektüre Daniel Day-Lewis in der Rolle des Tomas ebenso wie ich vor Augen? -
Zitat
Original von Salonlöwin
Hallo Clare und LR-Teilnehmer,ich lese still mit, da ich den Roman bereits vor vielen jahren gelesen habe.
Eine Sache geht mir nicht aus dem Kopf, spoilere mein Anliegen aber, da ich den anderen Lesern keine Bilder vorwegnehmen möchteHaben diejenigen, die den Film kennen, bei der Lektüre Daniel Day-Lewis in der Rolle des Tomas ebenso wie ich vor Augen?Darauf muss ich die Antwort schuldig bleiben, denn ich habe den Film nicht gesehen.
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Clare, wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann sieh Dir den Film an.
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Ich schließe mal daraus, dass du die Verfilmung für gut befunden hast?
Ich habe immer ein Bisschen Angst vor Verfilmungen von Büchern, die ich mochte... -
Ich mochte die Verfilmung sogar mehr als das Buch.
Grundsätzlich gehöre ich zu denjenigen, die ein Buch lesen wollen, bevor sie sich den Film ansehen.
Bei diesem Roman war es allerdings umgekehrt, der Film war damals in aller Munde und mir das Buch völlig unbekannt und so hat Kundera erst später seine Chance erhalten. -
Den ersten Teil habe ich bereits gelesen und bin mitten im zweiten Teil. Bisher gefällt mir das Buch sehr gut, vorallem die Bilder, die der Autor beschreibt (so z.B. das von Clare zitierte" Kind , das er aus einem pechbestrichenen Körbchen gehoben und an das Ufer seines Bettes gelegt hat".
Für Teresa scheint das Leben sehr schwer zu sein - Tomas mit seinen erotischen Freundinnen bringt sie zur Eifersucht (erschreckend auch ihre Träume!) und auch ihre Kindheit mit einer selbst unglücklichen Mutter.
Ich bin neugierig, wie das Buch weitergeht....
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Danke für den Tipp mit dem Film. Ihn zu sehen hört sich interessant an. Bin jetzt fast mit dem ersten Teil fertig und fange dann den zweiten an.
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Zitat
Original von Salonlöwin
Hallo Clare und LR-Teilnehmer,ich lese still mit, da ich den Roman bereits vor vielen Jahren gelesen habe.
Eine Sache geht mir nicht aus dem Kopf, spoilere mein Anliegen aber, da ich den anderen Lesern keine Bilder vorwegnehmen möchteHaben diejenigen, die den Film kennen, bei der Lektüre Daniel Day-Lewis in der Rolle des Tomas ebenso wie ich vor Augen?Aber absolut!
Niemand hätte für mich die Rolle perfekter spielen können al Daniel Day Lewis. Heiß!Ich habe erst das Buch gelesen
Da sah der Tomas in meiner Phantasie ganz genau so aus! -
Ich habe heute Nacht auch mit dem Buch angefangen und weiß echt noch nicht was ich zum Buch sagen soll. Mein erster Eindruck, mein Fall ist das Buch nicht unbedingt.
An den philosophischen Betrachtungen kann es nicht liegen, denn die waren bei meiner allerersten Querbeet-LR und dem Buch "Die Eleganz des Igels" auch vorhanden. Aber irgendwie haben sich bei dem Buch die philosphischen Betrachtungen besser in die Handlung eingefügt, als es hier der Fall ist. Irgendwie ist es für mich wie 2 Paar Schuhe, die zwar nebeneinander stehen, aber irgendwie ( noch ) nicht zusammenpassen.
Mit Tomas und Teresa werde ich auch nicht warm bzw. empfinde keine Sympathie für sie, weil mir deren Denk- und Handlungsweise so überhaupt gar nicht nachvollziehbar sind.
Da ist z.B. Tomas, einen Arzt der sich selbst für bindungsunfähig erklärt, die Frauen wechselt wie die Unterwäsche und trotzdem Teresa heiratet und ihr folgt wie ein Schoßhündchen. Die einzige Konstante in seinem Leben scheint die erotische Geliebte Sabina zu sein.
Dann ist da Tereza, ein junges Mädel das dem Elternhaus entfliehen möchte und sich im Prinzip dem ersten besten Mann an den Hals wirft und ihn in Besitz nimmt. Anders kann ich es echt nicht beschreiben. Hinzu kommt ihre Angst ihn wieder zu verlieren. Dann läßt sie ihn aber in der Schweiz sitzen und haut von ihm ab, eigentlich ohne erkennbaren Grund, weil fremd gegangen ist er vorher auch schon. Und noch unverständlicher für mich, dass sie unbedingt ihre "Rivalin" Sabina kennenlernen möchte und mit ihr im Prinzip Freundschaft schließen möchte.
Und dann gibt es Abschnitte, die verstehe ich erst gar nicht bzw. ich frage mich immer, will der Autor mir da was anderes sagen als er eigentlich schreibt? Ich denke da an die Beschreibung von Terezas Mutter. Sie wird als sehr schön beschrieben und das sie die Auswahl zwischen 9 verschiedenen Männern hatte. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist Theresas Mutter in der Mitte und die Männer sitzen im Kreis auf Knien um sie herum und es werden sogar die Schwielen an den Knien erwähnt. Sorry, dafür reicht meine Phantasie echt nicht. Klar gibt es begehrte Frauen, meinetwegen auch das 9 Männer gleichzeitig hinter ihr her sind. Aber das auf den Knien rutschen ist mir irgendwie zu übertrieben und ich frage mich, ob da irgendwie eine Aussage hinter steckt, deren Sinn mir noch verborgen ist.
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Macska - ich kann Dich verstehen, so ging es mir auch damals beim Lesen. Mit Teresa und Tomas wurde ich auch nicht warm. Dein Posting kann ich voll unterschreiben.
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Zitat
Original von Clare
Ich hoffe, die Erstleser lassen sich nicht gleich abschrecken ;-), denn der Roman beginnt mit philosophischen Betrachtungen über Schicksal und Leichtigkeit oder Schwere des Lebens. Ich verstehe das erste Kapitel als Einstimmung auf die Geschichten, die erzählt werden sollen und auf den unterschiedlichen Blickwinkel der Figuren auf Ereignisse, die völlig unterschiedlich erlebt werden.
Das glaube ich auch. Tomas und Teresa sind dann wohl die Verkörperung von der "leichten" Art zu leben und der "schweren": Er nimmt keine Beziehung so richtig ernst, sie hält völlig zufällige Ereignisse für sehr bedeutend und macht aus ihnen ein Schicksal/eine Bestimmung.
Bisher scheinen die beiden nicht sonderlich gut zusammen zu passen. Wenn er hat, was er will, ist sie unglücklich. Wenn er sich dagegen so verhält, wie sie es sich wünscht und sie glücklich macht, dann kriegt er Bauchschmerzen. Das Glück des einen scheint das Glück des anderen auszuschließen.ZitatOriginal von Clare
Teresa tritt in Tomas' Leben "wie ein Kind, das er aus einem pechbestrichenen Körbchen gehoben und an das Ufer seines Bettes gelegt hat". Und da sind wir auch schon beim Grundlegenden in Tomas' Leben: Er trennte seine Körperlichkeit und seine Gefühle in seinen Beziehungen zu Frauen, ohne die er nicht kann, komplett. Teresa wird zur einzigen Ausnahme, zum "Kind, das er beschützen möchte", zur Geliebten, die von seiner Sucht, das Einzigartige in den verschiedensten Frauen zu finden, ausgeschlossen ist.Sie ist von der Suche nach dem Einzigartigen ausgeschlossen, aber genau das ist ihr Problem:
Sie war zu ihm gekommen, damit ihr Körper einzigartig und unersetzlich würde. Und auch er hat ein Gleichheitszeichen zwischen sie und die anderen Frauen gesetzt(...) (S. 57 in der Fischer-Ausgabe)Mir gefällt das Buch bisher sehr gut, weil es so vielschichtig ist. Sabinas Bilder würde ich gerne mal sehen. Sympathisch sind mir die Hauptfiguren auch nicht gerade, aber ich glaube auch nicht, dass das die Absicht des Autors war.
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Zitat
Original von Macska
Und dann gibt es Abschnitte, die verstehe ich erst gar nicht bzw. ich frage mich immer, will der Autor mir da was anderes sagen als er eigentlich schreibt? Ich denke da an die Beschreibung von Terezas Mutter. Sie wird als sehr schön beschrieben und das sie die Auswahl zwischen 9 verschiedenen Männern hatte. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist Theresas Mutter in der Mitte und die Männer sitzen im Kreis auf Knien um sie herum und es werden sogar die Schwielen an den Knien erwähnt. Sorry, dafür reicht meine Phantasie echt nicht. Klar gibt es begehrte Frauen, meinetwegen auch das 9 Männer gleichzeitig hinter ihr her sind. Aber das auf den Knien rutschen ist mir irgendwie zu übertrieben und ich frage mich, ob da irgendwie eine Aussage hinter steckt, deren Sinn mir noch verborgen ist.
Ich glaube, Kundera wollte uns einfach etwas über den Charakter der Mutter mitteilen. Sie hatte vom Leben etwas erwartet, was sich nicht erfüllt hat. Ihr standen alle Möglichkeiten offen, aber was dann tatsächlich heraus kam, entsprach nicht wirklich ihren Wünschen. Und dafür macht sie Teresa verantwortlich. Ich denke, die Beschreibung geht so ins Absurde, weil es darum geht, wie Teresa ihre Mutter sieht. Und vielleicht auch, wie die Mutter sich selbst sieht. Es ist eine subjektive Darstellung. So habe ich das wenigstens verstanden.
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Zitat
Original von Macska
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An den philosophischen Betrachtungen kann es nicht liegen, denn die waren bei meiner allerersten Querbeet-LR und dem Buch "Die Eleganz des Igels" auch vorhanden. Aber irgendwie haben sich bei dem Buch die philosphischen Betrachtungen besser in die Handlung eingefügt, als es hier der Fall ist. Irgendwie ist es für mich wie 2 Paar Schuhe, die zwar nebeneinander stehen, aber irgendwie ( noch ) nicht zusammenpassen.Ich bin natürlich nicht der Kundera-Experte, aber vielleicht ist es gerade das, was er ausdrücken wollte, diese zerrissene, nicht zusammenpassende und zusammengehende Unwirklichkeit menschlichen Zusammenlebens in einem totalitären System. Die gibt es mit Sicherheit auch anderswo auf der Welt, aber hier geht es halt darum. Für mich passt der Wechsel zwischen den Betrachtungen und der Geschichte um Tomas und Teresa gerade zusammen. Und wenn man genau liest, dann findet man Kunderas Thesen in der Geschichte auch wieder.
ZitatMit Tomas und Teresa werde ich auch nicht warm bzw. empfinde keine Sympathie für sie, weil mir deren Denk- und Handlungsweise so überhaupt gar nicht nachvollziehbar sind...
Sympathie empfinde ich auch nicht, aber viel Mitleid. Sie sind beide gefangen, jeder auf seine Weise. Es ist als säßen sie in nebeneinander liegenden Gefängniszellen und träfen sich nur beim Hofgang.
ZitatUnd dann gibt es Abschnitte, die verstehe ich erst gar nicht bzw. ich frage mich immer, will der Autor mir da was anderes sagen als er eigentlich schreibt? Ich denke da an die Beschreibung von Terezas Mutter. Sie wird als sehr schön beschrieben und das sie die Auswahl zwischen 9 verschiedenen Männern hatte. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist Theresas Mutter in der Mitte und die Männer sitzen im Kreis auf Knien um sie herum und es werden sogar die Schwielen an den Knien erwähnt. Sorry, dafür reicht meine Phantasie echt nicht. Klar gibt es begehrte Frauen, meinetwegen auch das 9 Männer gleichzeitig hinter ihr her sind. Aber das auf den Knien rutschen ist mir irgendwie zu übertrieben und ich frage mich, ob da irgendwie eine Aussage hinter steckt, deren Sinn mir noch verborgen ist.
Die Schwielen an den Knien sind natürlich eine Überspitzung. Sie wurde lange umworben, und sie hat wahrscheinlich einfach zu lange geprüft, ob sich nicht noch 'was Bessres findet.
Die Mutter verachtet in Teresa die Schönheit, die sie bereits verloren hat. All ihr Gemeinheit und Indiskretion resultiert aus den eigenen Verlusten, der Trauer und Bitterkeit über ungenutzte Chancen und ungegangene Wege.Maksca, ich hoffe, du gibst noch nicht auf! Allerdings kann es natürlich sein, dass es nicht dein Buch ist.
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Gerade auch diese Zerrissenheit fand ich damals so deprimierend.
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Zitat
Original von Macska
Aber irgendwie haben sich bei dem Buch die philosphischen Betrachtungen besser in die Handlung eingefügt, als es hier der Fall ist. Irgendwie ist es für mich wie 2 Paar Schuhe, die zwar nebeneinander stehen, aber irgendwie ( noch ) nicht zusammenpassen.Das sehe ich absolut genauso! Und es ist vom Autor so gewollt. Später im Buch wird er es ansprechen: Die Romanfiguren sind Platzhalter. Das ist auch der Grund, warum man mit den Protagonisten nicht so richtig warm werden kann. Das war vom Autor gar nicht so beabsichtigt. Sie sind Beispiele für seine Theorien und philosophischen Betrachtungen.
Gerade dieser Abstand, mit der der Autor an sein Thema herangeht, hat mich ungemein fasziniert. Wer bei dem Buch einen Liebesroman erwartet, kann nur enttäuscht werden. Es ist eine Parabel, ein durch und durch geistiges Buch.
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@ Macska
Kann gut sein, dass sich dieses "Nicht-Passen" durch das ganze Buch für dich zieht. Es ist eines dieser Romane, die man entweder liebt oder die man nicht mag. Da kann man nichts machen. -
Oje, ich habe die ersten paar Seiten (hundemüde zwar) gelesen und bin ein bisschen abgeschreckt...
Das ist definitiv kein Buch, das ich nebenher bei der Kinderbetreuung lesen kann, und entsprechend lange werde ich wohl brauchen.