'Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins' - Teil 4 - 5

  • Vierter Teil - Körper und Seele
    Genau das ist es, was Teresa nicht zusammenbringen kann, zumindest nicht, wenn es Tomas und seine ganz eigene Vorstellung davon betrifft. Teresa droht daran zu zerbrechen. Merkt er das nicht? Merkt er nicht, dass das Trösten und Hand halten nach einem Alptraum für das Kind, das im Körbchen an seine Ufer gespült wurde, nicht mehr ausreicht?
    Auch die politische Vergangenheit holt Teresa mit Schrecken ein und damit auch die eigene Naivität, mit der sie Soldaten aber auch Dissidenten fotografiert hat und sie damit, per Fotobeweis, angreifbar für die Geheimpolizei gemacht hat. Dass kein konkretes Unglück anhand ihrer Fotos passiert ist, ist wohl mehr ein glücklicher Zufall. So wird ihr auch das Glüch und die Freiheit, die sie beim Schießen dieser Fotos empfunden hat, nachträglich genommen.


    Vollkommen surreal ist die Szene, in der Tomas sie zum Laurenziberg schickt, damit sie dort die gesuchte Erlösung finden kann, durch den Tod. War das auch ein Traum? Ich mag es gar nicht anders glauben...Sehr seltsam.


    Sie definiert sich nur durch ihn, muss tun, was er will, auch wenn sie vor Schwäche gar nicht mehr kann.
    Eigentlich ist es so, dass sie nicht ohne einander können, aber auch nicht wirklich miteinander, und keiner hat die Kraft, sich zu befreien.


    Schließlich versucht sie, irgendwie einen Ausweg zu finden, und sie betrügt Tomas. Tiefer kann sie nicht mehr.


    Fünfter Teil - Das Leichte und das Schwere
    Unrecht ist hier ein großes Thema, Glaube/Überzeugung und ob diese vor Strafe schützen, und es geht um Tomas, um sein Leben abseits seiner Berufung als Arzt, seine Überzeugungen und die vielen Zufälle und Umstände, die ihn in den Augen der Geheimpolizei zum Systemfeind gemacht haben, der er eigentlich gar nicht ist.
    Tomas strandet durch die ewige Wiederholung, scheinbar ist alles schon da gewesen, und er erkennt nicht die Einzigartigkeit Teresas und ihrer Liebe zu ihm. Manchmal muss man einfach mal das festhalten, was man hat und es genau betrachten. Im 23. sucht er seine zweite Hälfte, dabei hat er sie vielleicht schon gefunden.

  • Nach dem letzten Teil und dem "vorweggenommenen Tod" habe ich es ja schon befürchtet - Tereza und Thomas sind wieder da.


    Inzwischen bin ich nicht mehr so extrem genervt und irgendwie habe ich auch Mitleid mit ihnen, d.h. bis zu einem gewissen Punkt.


    Beide leiden unter dem politischen System. Tereza arbeitet wieder als Barfrau weil sie Geld verdienen muss und wird von Spitzeln belästigt. Und auf Grund eines völlig bis zur Verfälschung gekürzten Artikels von Tomas in einer Zeitung verliert er seinen Job und seine angesehene Stellung und wird letztendlich Fensterputzer. Sicher ein ehrbarer Beruf, aber wenn man überlegt das er ein gut ausgebildeter Chirurg ist, ist es schon traurig.


    Tereza und ihre Abhängigkeit von Tomas, auch so ein Kapitel für sich. Auf der einen Seite tut sie mir leid, weil sie irgendwie überhaupt keinen Ausweg für sich findet und letztendlich auch bei einem fremden Mann landet.


    Tomas und seine Frauengeschichten nerven mich einfach. Irgendwie hatte ich ja gedacht er braucht den "Kick" des Fremdgehens, aber anscheinend sind die Frauen für ihn einfach nur Versuchsobjekte. Und was ich ja echt krass finde, er geht während der Arbeitszeit fremd und läßt sich das auch noch vom Arbeitgeber bezahlen. Gut, er hat bei den Frauen Leistungen erbracht, auch wenn es kein Fenster putzen war.


    Grausam fand ich einfach nur, wie er Tereza auf den Laurenziberg schickt und was da passiert. Ich hoffe allerdings wie Clare, das das alles nur ein Traum war und man nicht einfach auf so einen Berg gehen kann um sich töten zu lassen.


    Mein Highlight in diesem Abschnitt war folgende Aussage:

    Zitat

    Die Liebe ist die Sehnsucht nach der verlorenen Hälfte von uns selbst.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Macska
    ...
    Tomas und seine Frauengeschichten nerven mich einfach. Irgendwie hatte ich ja gedacht er braucht den "Kick" des Fremdgehens, aber anscheinend sind die Frauen für ihn einfach nur Versuchsobjekte. Und was ich ja echt krass finde, er geht während der Arbeitszeit fremd und läßt sich das auch noch vom Arbeitgeber bezahlen. Gut, er hat bei den Frauen Leistungen erbracht, auch wenn es kein Fenster putzen war.


    Ja, dass es gar nicht der ständige Drang nach Sex mit wechselnden Frauen ist, sondern schlichte Neugier, die diese Episoden zu Experimenten macht, macht ihn auch nicht unbedingt sympathischer.


    Zitat

    Grausam fand ich einfach nur, wie er Tereza auf den Laurenziberg schickt und was da passiert. Ich hoffe allerdings wie Clare, das das alles nur ein Traum war und man nicht einfach auf so einen Berg gehen kann um sich töten zu lassen.


    Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das alles real passiert sein soll. Was sollen das denn für Herren gewesen sein, die da völlig Fremde beim Ableben unterstützen?
    Vielleicht verwirrt sich auch Teresas Geist langsam. :gruebel

  • Ich habe Eure Beiträge noch nicht gelesen - ich stecke noch im 5. Teil fest.


    Tomas "Frauengeschichten" sind schon heftig! Und die Geschichte mit dem Berg und dem Erschießen - war das real oder ein Traum von Tereza? Irgendwie kann ich diese Szene nicht richtig einordnen. Ich hoffe, daß dafür noch eine Erklärung kommt. Und dann geht Tereza fremd - aber helfen tut ihr dies leider auch nicht... :wave

  • Den vierten Teil fand ich irgendwie extrem nervig beim Lesen. Es kommt irgendwie nichts neues darin vor, alles wiederholt sich. Ich finde Teresa ein bisschen absurd, was sie wahrscheinlich auch sein soll. Viele Darstellungen waren für mich abstoßend und ich finde diese ewige Suche nach der sexuellen Identität wohl einfach nicht sonderlich interessant.


    Der fünfte Teil hat mir dafür umso besser gefallen. Die politischen Umstände finde ich spannend und ich fand es interessant zu lesen, was für unterschiedliche Beweggründe und besondere Umstände (Zufälle) jemanden dazu bringen können, vom Chirurgen abzusteigen zum Fensterputzer. Ein differenziertes Bild, bei dem Tomas weder zum Held noch zum Gegenteil davon wird. Tomas Frauengeschichten nehmen hier zum Glück nicht so einen großen Platz ein, die waren für mich genauso ermüdend wie Teresas Probleme im vierten Teil.


    Der Schluss war überraschend romantisch. Tomas liebt Teresa so sehr, dass er für sie sogar die Frau verlassen würde, mit der er wirklich glücklich sein könnte. Den Traum, den er ihr "schenkt", finde ich irgendwie total rührend.


    Im vierten Teil ist Teresa überzeugt, dass ihre Ehe nur funktioniert, weil sie treu ist und ohne diese Treue auseinander fallen würde. Aber in Tomas' Überlegungen dazu, warum er bei ihr bleibt, spielt dieser Punkt überhaupt keine Rolle. Sehr interessant...


    Den Gedanken vom Leben als Experiment, bei dem man nie weiß, ob es geglückt ist oder nicht, weil man es nur einmal lebt, finde ich spannend. Und dass ein Roman eine Möglichkeit ist, die Konsequenzen der Handlungen, gegen die man sich entschieden hat, zu Ende zu denken. Das sind Ideen, die ich sicher von diesem Buch behalten werde.

    It’s not enough for the phrases to be good; what you make with them ought to be good too. - Aldous Huxley

  • Hallo Lesebiene, nein ich glaube in diesem Teil kam Sabina gar nicht mehr vor, weil Tomas und Teresa ja wieder in Prag zurück sind und Sabina noch in der Schweiz.


    Gestossen habe ich mich zum Anfang dieses Teils an Teresas Vergleich zwischen dem Leben bei ihrer Mutter und einem Konzentrationslager. Ich weiß zwar schon worauf sie hinaus will, sie meint, dass eben keine Privatssphäre mehr bleibt, aber ich finde den Vergleich trotzdem etwas krass, schließlich steckt hinter einem Konzentrationslager ja ein Völkermord und aus deutscher Sicht sollte man einen solchen Vergleich nicht so leichtfertig aussprechen.


    Nun ist sie also Barfrau und versucht es mit der Koketterie. In dem Versuch der Untreue sieht sie einen möglichen Ausweg aus dem Irrgarten ihrer Eifersucht. Die Szene auf dem Laurenziberg fand ich auch etwas schwierig einzuordnen, schließlich ist sie nicht so wie bisher eindeutig als Traum gekennzeichnet. Allerdings ist sie ja auch alles andere als real. Vielleicht soll sie ein Bild darstellen, einfach die Situation, in der Teresa sich durch Tomas sieht. Im übertragenene Sinne lässt sich diese Erschießung vielleicht mit dem Fremdgehen gleichsetzen, sie gibt ihre bisherigen Moralvortellungen auf und versucht sich dem Lebensentwurf von Tomas und seiner Leichtigkeit anzunähern. Allerding schürt dies wiederum nur ihre Eifersucht, weil sie selbst merkt, dass sie sogar bereit wäre sich neu zu verlieben. Aber es ist ihr gelungen, sich auf die rein körperliche Liebe einzulassen und sie sieht ihren Körper danach etwas anders (Szene in der Sauna)


    Später kommen ihr dann Zweifel,ob es sich bei dem Ingenieur eventuell um einen Spitzel gehandelt haben könnte. Er taucht auch nicht wieder auf. Während ihres Ausflugs in den Kurort keimt in Teresa der Wunsch auf dem Land zu leben, sie traut sich jedoch noch nicht Tomas davon zu erzählen.
    Zum Schluss gibt es wieder eine irreale Szene an der Moldau, wo auf einmal die Parkbänke treiben. Das kann doch auch nicht wirklich sein, zumal niemand sonst es beachtet. Sei sieht darin eine Abschied, entweder von der Stadt, weil sie doch später wirklich auf dem Land leben - oder von ihrem bisherigen treuen Leben und ihren bisherigen Moralvorstellungen? Seltsam.

  • Ich habe bei Diskussion den Teil vermisst, wo Teresa Sabrina fotografiert und so weiter. Weiß nicht genau wo das war, ich habe das Buch ja schon vor einiger Zeit gelesen - und die 2. Hälfte ziemlich flott, weil es mir nicht so behagte. :wave

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Ich habe bei Diskussion den Teil vermisst, wo Teresa Sabrina fotografiert und so weiter. Weiß nicht genau wo das war, ich habe das Buch ja schon vor einiger Zeit gelesen - und die 2. Hälfte ziemlich flott, weil es mir nicht so behagte. :wave


    Ich glaube, die Szene war im Teil 3, Lesebiene. :wave

  • Zitat

    Original von Amalia
    ...Allerding schürt dies wiederum nur ihre Eifersucht, weil sie selbst merkt, dass sie sogar bereit wäre sich neu zu verlieben. Aber es ist ihr gelungen, sich auf die rein körperliche Liebe einzulassen und sie sieht ihren Körper danach etwas anders (Szene in der Sauna)


    Ist es ihr wirklich gelungen, sich auf rein Körperliche Liebe einzulassen?
    Sie selbst gibt ja zu, dass sie, nur auf z.B. den richtigen Klang der Stimme des einmaligen Liebhabers bereit gewesen wäre in sein Bett zurückzukehren. Dass sie es nicht tut, ist nach meiner Meinung nur Resultat eines Missklangs, den sie wahrnimmt, einer Unstimmigkeit.
    Aber du hast Recht: Für den Umgang mit der eigenen Körperlichkeit war dieser Seitensprung sehr wichtig für sie.


    Zitat

    Später kommen ihr dann Zweifel,ob es sich bei dem Ingenieur eventuell um einen Spitzel gehandelt haben könnte. Er taucht auch nicht wieder auf. ...


    Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Vielleicht wollte man auch nur ein Druckmittel gegen sie aufbauen und damit indirekt gegen Tomas, Material, mit dem man sie irgendwann mal unter Druck setzen könnte.

  • Ich poste jetzt schon mal nach dem vierten Abschnitt, sonst vergesse ich so viel.


    In diesem Abschnitt kippt die Stimmung. Die lockere, leichte, ironische Stimmung des drittenTeils wird abgelöst durch eine düstere, enge und beängstigende Stimmung. Die Bedrohung wächst.


    Teresa steht wieder im Mittelpunkt und ihr Verhältnis ihres Körpers zu ihrer Seele. Sie versucht, Tomas nachzueifern und möchte die Leichtigkeit der körperlichen Liebe erlernen.
    Wie schwer ihr das fällt!
    Ich denke, dass die Laurenziberg-Szene die Hörigkeit zu Tomas darstellen soll. Er befiehlt, sie handelt. Sie schafft es nicht, den Befehl zur Erschießung zu Erteilen.
    Mir hat es beim Lesen alles innerlich zusammengezogen. Die Todessehnsucht Teresas ist deutlich spürbar und doch ist der endgültige Schritt, in die unendliche Leichtigkeit, unendlich schwer, vielleicht gibt es nichts Schwereres.
    Für mich hatte diese Berg-Szene auch eine tröstliche Seite, eine Erlösung.


    Als sie mit dem Ingenieur schläft und sich ihre Seele wieder in ihre Eingeweide zurückgezogen hat, verspürt sie trotz allem Ekel auch Lust. Das fand ich schwer nachvollziehbar.


    Der Ausflug und der Versuch, abzuschalten, misslingt. Selbst in dem kleinen Dorf holt sie die politische Situation ein. In diesem Teil ist mir ganz extrem aufgefallen, dass Tomas und Teresa kaum miteinandre reden. Das Schweigen verbindet sie viel mehr.


    Die Szene an der Moldau habe ich als einen Fluss unendlicher Traurigkeit empfunden.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das Interessanteste an diesem Abschnitt war der Gedanke, des Lebens ohne Wiederkehr. Es gibt kein zurück, keine zweite Chance für wichtige Entscheidungen. Und doch überwiegt in Tomas' Geschichte der Gedanke, egal, welche Entscheidung er trifft, es kann immer falsch sein.
    Tomas wird zunehmend depressiv, seine sexuellen Eskapaden verlangen immer mehr nach Absurditäten und neuen Reizen. Er wirkt ebenfalls lebensmüde.
    Der verdacht, dass der Autounfall ein Selbstmord ist, drängt sich auf.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Das Interessanteste an diesem Abschnitt war der Gedanke, des Lebens ohne Wiederkehr. Es gibt kein zurück, keine zweite Chance für wichtige Entscheidungen. Und doch überwiegt in Tomas' Geschichte der Gedanke, egal, welche Entscheidung er trifft, es kann immer falsch sein.


    Aus dieser These heraus können sich völlig verschiedene Schlussfolgerungen ergeben, verschiedene Wege des weiter gehens. Diese Unwiederholbarkeit eines Ereignisses, diese Einzigartigkeit einer Entscheidung kann auch ein Stück Freiheit bedeuten, zu vorwärts gehen animieren, von der Schwere, der Last, der Entscheidungen entbinden.
    Tomas treibt diese Unausweichlichkeit eher in eine Depression, eine Verzweiflung am Leben an sich, in ein Zu-Viel an Belastung.


    Zitat

    Tomas wird zunehmend depressiv, seine sexuellen Eskapaden verlangen immer mehr nach Absurditäten und neuen Reizen. Er wirkt ebenfalls lebensmüde.
    Der verdacht, dass der Autounfall ein Selbstmord ist, drängt sich auf.


    Der Gedanke kam mir auch. Teresa beginnt eher in sich zu ruhen und anzukommen. Tomas wirkt mehr wie ausgeleert. Auf meinen Lesenotizen steht "ungebremst in den Tod", und so kommt es mir auch vor. Für Tomas könnte das wirklich seine Flucht, seine Lösung gewesen sein. Einmal den Wagen nicht richtig gewartet und zack...Ruhe und Frieden für immer, keine Sorgen mehr, keine Zwänge...

  • Sio, ich bin mit beiden Abschnitten durch und muss sagen, Teil 5 behagt mir bisher am meisten. Hier kommen die politischen und historischen Umstände zum tragen, das Verraten, das Nicht-Verraten, Denunziation, Gewissen ... alles, was die einfachen Menschen so umtreibt. Perfide und gleichzeitig recht nüchtern geschildert. Dieser Abschnitt kam mir gleichzeitig recht philosophisch vor. Und Kundera hat sich konkret als Autor geäußert, zu seinen Figuren. Das ist recht selten. Als Fazit gebe ich zu, dass ich die handelnden Personen in dem Land zu jener Zeit auf beiden Seiten (nicht die der Russen natürlich) ein wenig besser verstehe. Die persönlichen Belange von Teresa und Tomas treten bei mir da ein wenig zurück.


    Erschreckend für mich ist aber dennoch, wie sehr es Tomas gelingt, Liebe und Sexualität zu trennen. Wenn ich versuche einer Frau hinterher zu telefonieren um sie ins Bett (oder auf den Teppich) zu bekommen und sie dann nicht erkenne, wenn sie mich anspricht ... beliebiger und irgendwie anonymer können Sexualpartner ja wohl kaum sein.


    Teresa finde ich einfach nur anstrengend. Nur Leid, immer Verzagtheit, schlechtes Gewissen ... eigentlich bemitleidenswert. Vielleicht liegt es daran, dass ich persönlich mir einfach mehr wert bin ...

  • Zitat

    Original von Liesbett
    ...
    Teresa finde ich einfach nur anstrengend. Nur Leid, immer Verzagtheit, schlechtes Gewissen ... eigentlich bemitleidenswert. Vielleicht liegt es daran, dass ich persönlich mir einfach mehr wert bin ...


    Was ich eher sehr bedrückend finde, als dass es mich nervt, ist dass Terasa da nicht rauskommt aus eigener Kraft, dass sie den Kreis nicht unterbrechen kann, auch nicht in Momenten, wo sie sich ihrer Situation wirklich bewusst wird, auch der Gründe dafür.


  • Eigentlich finde ich sogenannte Traum- und Vorstellungsszenen immer toll. Aber bei Kundera hat mich immer der Übergang zu diesen total verwirrt. Aus einer alltäglichen Szene heraus, entsteht eine Traumwelt, die erst erkenntlich wird, wenn etwas surreales, nicht zur Geschichte passendes passiert.


    Ansonsten kann ich hier Regenfisch vollständig zustimmen. So habe ich die Szene auch empfunden. Das Fast-Durchleben des unbewusst gewünschten Todes öffnete Teresa die Augen. So wusste sie wieder, was sie wirklich will und hat Mut wieder in ihre Beziehung zu Tomas zu investieren und daran zu arbeiten.



    Zitat

    Original von Regenfisch
    Als sie mit dem Ingenieur schläft und sich ihre Seele wieder in ihre Eingeweide zurückgezogen hat, verspürt sie trotz allem Ekel auch Lust. Das fand ich schwer nachvollziehbar.


    Ich habe es mir so erklärt, dass sie Ekel vor dem verspürt, was sie macht. Die Lust aber kam von dem Moment des Verbotenen. Teresa ist eine treue Seele, so ist sie immer beschrieben worden und hier verrät sie sich selbst. Sie ekelt sich vor sich, findet aber auch die Möglichkeit der körperlichen Erfahrung, des fremden männlichen Glieds erregend.



    Mir ist eigentlich vor allem ein Zitat aus dem 5. Teil im Kopf geblieben, das ich fantastisch fand. Es beschreibt die Beziehung des Autors zu seinen Figuren und kann vermutlich auf viele Schreiberlinge umgelegt werden:


    "Oder stimmt es, daß ein Autor nur über sich selbst reden kann?Hilflos über den Hof schauen und nicht zu wissen, was zu tun; das Rumoren des eigenen Bauches im Moment verliebter Erregung zu hören; zu verraten und nicht innehalten zu können auf dem schönen Weg von Verrat zu Verrat; die Faust zu erheben im Zug des Großen Marsches; seinen Scharfsinn vor den geheimen Mikrophonen der Polizei zur Schau zu stellen - alle diese Situationen habe ich selbst kennengelernt und erlebt, und trotzdem ist aus keiner die Person erwachsen, die ich selbst in meinem curriculumm vitae bin. Die Personen meines Romans sind meine Möglichkeiten, sie sich nicht verwirklicht haben. Deshalb habe ich sie alle gleich gern, deshalb machen sie mir alle die gleiche Angst. Jede von ihnen hat eine Grenze überschritten, der ich selbst ausgewichen bin. Gerade diese unüberschrittene Grenze (die Grenze, jenseits derer mein Ich endet) zieht mich an. Erst dahinter beginnt das große Geheimnis, nach dem der Roman fragt. Ein Roman ist nicht die Beichte eines Autors, sondern die Erforschung dessen, was das menschliche Leben bedeutet in der Falle, zu der die Welt geworden ist." S. 212

    "Schweigen bedeutet für einen großen Teil der Menschheit Gewinn."Borondria, Großmeisterin der Golgariten


    Mein Blog: Büchervogel

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  • Zitat

    Original von imandra777


    Ich habe es mir so erklärt, dass sie Ekel vor dem verspürt, was sie macht. Die Lust aber kam von dem Moment des Verbotenen. Teresa ist eine treue Seele, so ist sie immer beschrieben worden und hier verrät sie sich selbst. Sie ekelt sich vor sich, findet aber auch die Möglichkeit der körperlichen Erfahrung, des fremden männlichen Glieds erregend.


    Danke für deine Interpretation. :wave


    Jetzt, wenn ich wieder darüber nachdenke, kann auch gemeint sein, dass sie ihre Gefühle auszublenden versucht. Ihre Seele ist in ihren Eingeweiden auch verborgen und geschützt, dass quasi nur ihr Körper mit dem Ingenieur schläft.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

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