Kurzbeschreibung:
Er weiß genau, welches Buch welche Krankheit der Seele lindert: Auf seinem Bücherschiff, der »literarischen Apotheke«, verkauft der Pariser Buchhändler Jean Perdu Romane wie Medizin fürs Leben. Nur sich selbst weiß er nicht zu heilen, seit jener Nacht vor 21 Jahren, als die schöne Provenzalin Manon ging, während er schlief. Sie ließ nichts zurück außer einem Brief – den Perdu nie zu lesen wagte. Bis zu diesem Sommer. Dem Sommer, der alles verändert und Monsieur Perdu aus der kleinen Rue Montagnard auf eine Reise in die Erinnerung führt, in das Herz der Provence und zurück ins Leben.
Über die Autorin:
Die Publizistin Nina George, geboren 1973, arbeitet seit 1992 als freie Journalistin, Schriftstellerin und Kolumnistin. George schreibt Wissenschaftsthriller und Romane, Reportagen, Kurzgeschichten sowie Kolumnen. Ihr Roman „Die Mondspielerin“ erhielt 2011 die DeLiA, den Preis für den besten Liebesroman. Für ihren Kurzkrimi „Das Spiel ihres Lebens“ wurde Nina George 2012 mit dem Glauser-Preis ausgezeichnet. Unter ihrem Pseudonym Anne West gehört sie zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Erotikautorinnen. Nina George ist verheiratet mit dem Schriftsteller Jens J. Kramer und lebt im Hamburger Grindelviertel. Mehr über die Autorin unter www.ninageorge.de.
Meine Meinung:
Als Manon ihn in dieser Nacht vor 21 Jahren verlässt, da nimmt sie ein Stück seiner Seele mit und lässt eine große Leere zurück. Niemand füllt diese Leere in den kommenden Jahren aus, da Jean keine Nähe mehr zulassen kann und will. Er lebt für die anderen, schaut in ihre Seele und heilt ihren Kummer mit den passenden Büchern aus seiner schwimmenden Bücherapotheke. Er verschreibt "Papierboote für die Seele". Nur für seine eigenen Seele scheint es keine Medizin zu geben. Als ihm der Zufall einen Brief von Manon in die Hände spielt, fangen die Mauern, die er 21 Jahre lang erfolgreich um sich herum hoch gezogen hat, Stück für Stück an zu brechen. Jean Perdu, der sich vor 21 Jahren verloren hat, macht sich auf die Suche nach sich selbst. Begleitet wird er auf dieser Reise unfreiwillig von dem jungen Schriftsteller Max, der auch bei großer Hitze gerne Ohrenschützer trägt und mit seinem schnellen Ruhm eher auf Kriegsfuß steht, sowie weiteren ganz wunderbar gezeichneten Figuren, die sich nach und nach auf dem Bücherschiff einfinden. Suchende, wie Perdu. Mit all diesen Figuren liebt und leidet man mit, freut sich mit ihnen, genießt und schwelgt in der vor Lebenslust glühenden Provence. Man glaubt auf jeder der über 300 Seiten den Duft von Lavendel, Rosmarin und Thymian zu riechen und zu schmecken, die Freude zu fühlen und die Liebe, die unter, über und zwischen den Zeilen so greifbar ist: Die Liebe zwischen Menschen, die Liebe zum Land und die Liebe zum Leben - und die Liebe der Autorin zu ihren Figuren und zu ihren Lesern.
Ein Papierboot für die Seele, genau das ist Nina Georges Buch für alle die, die in ihrem Leben etwas verloren haben, sei es die Hoffnung, liebe Menschen, oder den Glauben und das Vertrauen in sich selbst. So wie Jean Perdu Schritt für Schritt die Türen seiner Seele öffnet, die er über 20 Jahre lang verschlossen hatte, so musste auch ich mich Schritt für Schritt den Dingen stellen, die ich ganz tief irgendwo in mir vergraben hatte, denn man kann diese Reise mit Jean Perdu nur antreten und letztendlich auch vollenden, wenn man bereit ist, sich den eigenen tief in sich verschlossenen Ängsten zu stellen. Ich habe mich oft wiedererkannt in seinen Zweifeln, seiner Trauer und seiner Wut. In seinem Sichweigern, sich der Vergangenheit zu stellen und statt dessen lieber die Augen zu verschließen, nach dem Motto: was ich nicht an mich ranlasse, das kann mich nicht verletzen. Um dann am Ende vielleicht feststellen zu müssen, die beste Zeit seines Lebens ungenutzt verstreichen lassen zu haben.
Sich selbst mit allen Schwächen und Stärken anzunehmen, sich selbst wieder fühlen und bewusst wahrnehmen lernen, Verluste anzunehmen und ohne Schuldgefühle das eigene Leben weiterzuleben, das ist für mich die Botschaft von Nina Georges wunderbarem Lavendelzimmer. Paul Coelho hat mal gefragt: "Wie aber berührt man die Seele?". In Nina Georges Lavdelzimmer fand ich die Antwort: In dem man sich völlig herschenkt, ohne sich selbst dabei aufzugeben.
Jean Perdu sagt an einer Stelle: "Es gibt Bücher, die nur für einen einzigen Menschen geschrieben sind". Und oft, sehr oft, hatte ich genau diesen Eindruck: Dieses Buch wurde nur für mich geschrieben. Natürlich ist mir klar, dass das nicht so ist. Aber Nina George schafft es mühelos, dass ich mich als Leser Besonders und Einzigartig fühlte und wirklich das Gefühl hatte, dass dieses "Papierboot der Seele" darauf gewartet hat, nur von mir gelesen zu werden.
Die Tür zum Lavendelzimmer habe ich geschlossen, aber ganz fest das Gefühl, dafür eine andere geöffnet zu haben.