Jonas Torsten Krüger – Blutrotes Wasser
• Gebundene Ausgabe: 302 Seiten
• Verlag: Ueberreuter (Juli 2011)
• ISBN-13: 978-3800056415
• Vom Verlag empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
• Preis: 14,95 Euro
Klappentext:
Als tiefrotes Wasser ins berühmte Gellértbad eindringt, wird ein Team von Höhlenforschern damit beauftragt, dem Phänomen auf den Grund zu gehen. So viel ist klar: Das Wasser kommt über ein unterirdisches Tunnelsystem in das Bad. Doch handelt es sich dabei um ein natürliches Phänomen oder um Sabotage? Als Lena, die Tochter eines der Höhlenforscher, den jungen Ungar Lázlo kennenlernt, entwickelt sich bald eine Romanze zwischen den beiden. Doch ist Lázlo wirklich der, der er zu sein scheint, oder spielt er ein doppeltes Spiel mit Lena?
Zum Autor:
Jonas Torsten Krüger wurde 1967 in Frankfurt am Main geboren, studierte u.a. Kunstgeschichte, Germanistik, Musikwissenschaft und Botanik. Er arbeitete in einer psychologischen Praxis und als Barpianist, veröffentlichte Gedichte und Kurzgeschichten. Seit 1993 lebt der Autor bei Freiburg im Breisgau.
Meine Meinung:
Der Roman beginnt recht drastisch: Der 16-jährigeLázlo erwacht im Krankenhaus nach einem gescheiterten Selbstmordversuch. Die Figur hat mich sofort angesprochen, ich mochte den Jungen, wollte wissen, wie es mit ihm weiter geht. Berührend fand ich folgende Beschreibung, als der Psychologe Dr. Anday Lázlo am Krankenbett aufsucht (S. 17):
„Also, Lázlo. Ich könnte dir helfen. Selbstmordversuche in der Pubertät, das gibt’s häufiger, als du vielleicht denkst. Du musst dich nicht schämen.“Lázlo starrte ihn an, und sein Herz war eine Betonmischmaschine. Als er klein war, hatte er diese Dinger stundenlang auf Baustellen beobachtet, diese sich drehenden Trommeln mit Beton drin, grau und dünnflüssig. Genauso drehte sich jetzt sein Herz, immer wieder um und um, schleuderte die Gefühle im Kreis: Verzweiflung, Wut, Angst. Lázlo konnte nur hoffen, dass aus dieser Mischung auch bei ihm eine harte Kruste werden würde, eine Beton-Rüstung, die ihn schützte.
S. 19„Ich versteh dich, Lázlo“, sagte der Doktor. „Wir glauben immer, dass alles einen Sinn hat. Dann passiert eine Sache, die uns umhaut. Aber das schaffen wir noch. Der zweite Schlag kommt und wir gehen in die Knie. Stehen aber wieder auf. Verstehen nicht, aber glauben weiter. An ihn, an den Sinn. Meistens geschehen auch wieder schöne Dine. Verarzten uns. Heilen. Aber manchmal, Lázlo, sind die Schläge so unbarmherzig und folgen so rasch aufeinander, dass wir es nicht mehr schaffen. Plötzlich liegen wir im Dreck und werden ausgezählt. Wir verlieren. Manchmal schickt uns Gott oder der Teufel Ereignisse wie Briebomben. Jeden Tag Post. Aber wir können sie nicht entschärfen, können sie nur aufmachen und zusehen, wie uns wieder und wieder ein Stück unseres Lebens umd die Ohren fliegt. Wir sind gefangen. Und suchen nach der Schuld. Irgendjemand muss für all das bezahlen. Und wenn wir niemand anderen finden …“ Anday brach ab und schien zu warten.Lázlo tat ihm den Gefallen – er wusste, was der Typ hören wollte: „Dann bestrafen wir uns selbst. Wenn kein anderer schuld ist, bin ich’s selber.“
Am ehesten würde ich das Buch als Thriller bezeichnen. Die im Klappentext angedeutete Liebesgeschichte bleibt von untergeordneter Bedeutung. Viel zentraler ist der Strudel nationalsozialistischer Aktivitäten, in den Lázlo gerissen wird.
Insgesamt weist die Erzählung immer wieder Längen auf, verursacht durch geschichtliche Exkurse und Einschübe über die Tätigkeit eines Polizisten.
Der Autor hat sich bemüht, viel Lokalkolorit, sprich Beschreibungen der Stadt Budapest in den Text zu pressen. Allerdings ist das Verb „bemüht“ hier für mich Programm: Es wirkte auf mich zu aufgesetzt, nicht richtig in die Erzählung integriert. Der Fairness halber möchte ich hinzufügen, dass ich nicht viel Geduld mit Schauplatzbeschreibungen habe. Weniger ist bei mir hier oft mehr.
Genervt hat mich das ständige Kauen auf der Unterlippe des Mädchens Lena. Diese Marotte wurde inflationär beschrieben.
Zum Schluss sind es ganz allein die zwei Jugendlichen Lena und Lázlo, die Unheil verhindern und die Erwachsenen ziemlich überflüssig erscheinen lassen.
Fazit: Der Autor hat es nicht geschafft, mich emotional an das Buch zu binden. Ich hätte mir mehr Tiefe gewünscht.
Ich gebe 6 von 10 Punkten.