Immer wieder das Meer - Natasa Dragnic

  • Immer wieder das Meer
    Natasa Dragnic
    ISBN: 978-3421045829
    Deutsche Verlags Anstalt
    362 Seiten, 19,99 Euro


    Über die Autorin: Nataša Dragnic wurde 1965 in Split, Kroatien, geboren. Nach dem Germanistik- und Romanistikstudium in Zagreb schloss sie eine Diplomatenausbildung ab. Seit 1994 lebt sie in Erlangen und ist als freiberufliche Fremdsprachen- und Literaturdozentin tätig.


    Kurzbeschreibung (lt. Amazon): Am Ende wird der italienische Dichter Alessandro Lang eine der drei Schwestern Alessi zum Altar führen. Aber welche: Roberta, die älteste, die er vor dem Fresko der schwangeren Madonna in einer toskanischen Kapelle kennenlernt, die Medizin studiert, nach San Francisco zieht und darunter leidet, kein Kind zur Welt zu bringen? Lucia, die erfolgreiche Bankerin, die ihn bei einer Lesung in Florenz anspricht und ihm nicht verrät, wer sie ist? Oder aber die jüngste, Nannina, die als Übersetzerin in München mit ihrem unehelichen Kind lebt? Die drei Frauen lieben und hassen, unterstützen und belügen einander, schweigen sich an und kehren trotzdem immer wieder nach Hause zurück, zu den Eltern und zum Meer. Aber nur eine wird Alessandros Braut: Werden die beiden anderen ihr das je verzeihen?


    Meine Meinung: Im letzten Jahr hatte ich „Jeden Tag, jede Stunde“ von Natasa Dragnic gelesen und war total begeistert von ihrem Stil und von der Geschichte. Natürlich musste ich nun unbedingt auch das neue Buch von ihr sofort haben und lesen. Schon die Beschreibung klingt interessant, sind es doch gleich drei Frauen, die um einen Mann konkurrieren. Da es sich bei den Dreien um Schwestern handelt, kann man sich vorstellen, dass hier Konflikte vorprogrammiert sind.


    Wie schon beim ersten Buch musste ich mich eine ganze Zeit an den etwas ungewöhnlichen Stil der Autorin gewöhnen und mich auf das Buch einlassen. Dragnic springt zwischen verschiedenen Zeitebenen und Erzählern hin und her und bis jetzt bin ich nicht sicher, ob ich immer genau wusste, wer welcher Sequenz zuzuordnen war. Zeitweise wollte ich ihr das übel nehmen, denn es stiftet einiges an Verwirrung, doch dann waren es immer wieder die sehr einprägsamen und sehr intensiv eingeworfenen Szenen, die mich so sehr berührt haben, dass ich gar nicht anders konnte, als weiterzulesen.


    Fast alles dreht sich um Allessandro, der zuerst mit Roberta, der ältesten der Schwestern zusammen ist. Er ist nicht wirklich greifbar, wirkt unstet und man erfährt nichts über seine Motive, Gedanken, Gefühle. Die Schwestern sind es, deren Innerstes er berührt und von denen man erfährt, was in ihnen vorgeht. Fast schon ärgerlich ist es, dass er immer wieder abtaucht und doch von keiner vergessen wird. Innerhalb der Familie stellt das Verhältnis zu Allessandro nicht nur die Schwestern, sondern auch die kranken Eltern auf eine harte Zerreißprobe und auch meine Geduld als Leserin mit ihm war schnell beendet und er machte mich nur noch wütend. Genau das ist aber für mich der Beweis, wie tief man in die Handlung eintauchen kann und das geschieht nur, wenn der Schreibstil so nahe geht, wie der von Natasa Dragnic.


    Fazit: Das Cover suggeriert locker leichte Sommerkost, doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen, sonst wird man enttäuscht. Ich muss sagen, dass es sich wieder einmal gelohnt hat, etwas von der Autorin zu lesen. „Immer wieder das Meer“ hat mir zwar wegen der vielen verwirrenden Erzählperspektiven und Zeitsprünge nicht ganz so gut gefallen, wie der erste Band, doch ist es trotzdem ein berührender und absolut lesenswerter Roman geworden. 8 Eulenpünktchen dafür.

  • Ich mochte "Jeden Tag, jede Stunde" von der Autorin sehr sehr gerne. Daher habe ich mich auch unwahrscheinlich auf ihr neustes Buch gefreut. Leider kam dann die Ernüchterung, nicht nur, daß ich häufig nur erahnt habe, wer hier gerde erzählt und zu welchem Zeitpunkt die Erzählung stattfindet, nein das Buch war schlichtweg furchtbar langatmig. Seite um Seite habe ich mich durch gequält, immer wieder hoffend, daß jetzt doch mal langsam irgendwas passieren müßte, damit ich das Buch nicht ganz so furchtbar fände.
    Letztlich wurde ich für mein bewiesenes Durchhaltevermögen belohnt. Gegen Ende nimmt die Geschichte tatsächlich mehr Fahrt auf, die Langweile schwindet und die Belanglosigkeiten werden nicht mehr allzu breit getreten.
    Dennoch kann ich mich, obwohl das Buch mich sicherlich berührt hat und die Geschichte eigentlich eine recht interessante war, zu keiner guten Bewertung hinreißen lassen.
    Eigentlich ist diese Durchschnittswertung schon etwas geschmeichelt, was sicherlich an meiner Begeisterung für den Erstling liegt.
    150 Seiten weniger hätten dieser Geschichte wahrlich nicht geschadet, sondern im Gegenteil ihr deutlich genutzt.
    Der Stil der Autorin und die Charaktere sind auch hier außergewöhnlich und sicherlich lesenswert, einzig konnte es mich eben auf de ersten 200 Seiten einfach nicht fesseln und ich mußte mich wirklich zwingen diesem teilweise doch sehr wirren Geschreibsel zu folgen.
    Wie gesagt, das Ende rettet einiges, aber leider nicht alles.

  • Sie wollte schon immer Schauspielerin, Schriftstellerin oder Lehrerin werden. Wirft man einen Blick in ihren Lebenslauf, offenbart sich, dass die 1965 in Kroatien geborene Nataša Dragni ihre Wünsche in die Tat umgesetzt hat. Sie hat ein Diplom in Germanistik und Romanistik, spricht fünf Sprachen, arbeitete als Reiseleiterin und absolvierte eine Diplomatenausbildung. Darüber hinaus war sie als Lehrerin tätig, schlüpfte in Theaterproduktionen u. a. in die Rollen der Klytämnestra, Nike oder Caesonia. Und als Autorin ist sie spätestens seit ihrem Debütroman Jeder Tag jede Stunde ein Begriff.


    Wer knisternde Spannung sucht, sollte die Finger ebenso wie diejenigen von Immer wieder das Meer lassen, die stets Lesequickies bevorzugen. Die Leichtigkeit, die das Covermotiv suggeriert, findet man im Buch nicht wieder. Mit ihrem zweiten Roman präsentiert die Autorin kein Buch für nebenbei. Dazu passiert in ihrem Roman zwar nichts absolut Spektakuläres; insgesamt jedoch zu viel über zu viele Jahre und das Ganze in einigen Zeitsprüngen, die etwas Konzentration erfordern.


    Dragni rollt dabei die Geschichte quasi vom Ende her auf und stellt ihren LeserInnen eine Familie vor, in der sich drei sehr verschiedene Schwestern in ein und denselben Mann verlieben. Alle drei fangen etwas mit ihm an, eine von ihnen heiratet ihn. Der Roman ist gespickt mit Rückblenden auf das Leben der drei Schwestern. Teils auf das aller, teils getrennt. Neben den eifersuchtsbedingten Querelen bleiben zahlreiche familiäre Schicksalsschläge nicht aus. Krankheit und Alter spielen eine Rolle und machen deutlich, dass es um mehr als problematische partnerschaftliche Beziehungen geht. Die Familie schweißt alle zusammen, egal was geschieht.


    Das Buch hat eine sehr schwermütige Grundstimmung, geht es doch in weiten Teilen nicht nur um die Sehnsucht und Suche nach der großen Liebe und darum, dass bestehende Gefühle nicht gelebt werden dürfen oder sukzessive ersticken. Dragni lässt ihren Figuren nicht nur herbe Enttäuschungen erleben, sondern auch einige Schicksalsschläge einstecken. Verluste sind omnipräsent. Das fällt besonders auf, weil bestimmte Figuren aufgrund der Zeitsprünge und Perspektivwechsel quasi zwei Mal gehen. Das kann bisweilen für Verwirrung sorgen.


    Liegt es daran, dass jedem für sich zu vieles widerfährt? Ich weiß es nicht und kann den Finger nicht wirklich darauf legen. Doch durchweg alle Charaktere wirkten in ihrer Darstellung nicht immer authentisch auf mich. Hinzu kommt, dass besonders Allesandro bei mir aufgrund seines Verhaltens nicht mit Sympathie punkten konnte. Sieht man von seiner Begeisterung für die Kunst und ihre Geschichte ab, wirkt er eher leidenschaftslos und zu passiv. Was ich jedoch sehr gelungen fand, war die innere Zerrissenheit der Schwestern. Diese wird durch den Schreibstil der Autorin, der in weiten Teilen von kurzen Sätzen geprägt ist, sehr deutlich. Doch obwohl die Autorin auf gelungene Art ein breites Spektrum an Gefühlen transportiert, birgt der Roman einige Längen, die durch aus Perspektivwechseln und Zeitsprüngen resultierenden Wiederholungen entstehen. Diese Längen wiederum werden teilweise aufgefangen durch die Zeitformen, die die Autorin für ihren Roman gewählt hat. Ein Teil wird in der Gegenwart von der Schwester erzählt, die Allesandro gleich eingangs heiratet, die Rückblenden in der Vergangenheit und aus verschiedenen Perspektiven.


    Fazit: :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend
    Obwohl einiges fast zu geballt wirkt, was den Charakteren in Dragnis Roman widerfährt, wirkt die Geschichte insgesamt nicht völlig aus der Luft gegriffen. Ein Roman über Familie, Glück, Kompromisse und Liebe, aber auch über Egoismus, Verzweiflung, Wut und Trauer. Leise, unaufgeregt, bewegend, nachdenklich machend. Insgesamt möchte ich acht von zehn Punkten vergeben.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
    Mark Twain

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Da bin ich froh, dass es mir mit der Verwirrung bei den Erzählern nicht allein so ging... :-)


    Ich bin auch froh, dass es euch mit diesem Buch so ging wie mir und ihr ähnliche Empfindungen beim Lesen hattet.


    Anbei meine Meinung zu dem Buch:


    Titel: Vom Lieben und Sterben


    Die Familie Alessi ist mit drei tollen Töchtern gesegnet, Roberta, der Ältesten, Lucia, die Mittlere und Nannina, dem Nesthäkchen. Der Familie geht es gut, die Schwestern verehren sich und helfen sich, wo sie nur können. Doch dann taucht ein Mann auf, der alles verändert: Alessandro Lang, ein italienischer Dichter. Roberta trifft ihn zuerst und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Für ihn löst sie sogar ihre Verlobung mit Marcello auf. Doch die Liebe ist nur von kurzer Dauer. Doch bei Roberta bleibt es nicht, denn der mysteriöse Dichter, der den Frauen den Kopf verdreht, stößt auch auf die beiden anderen Schwestern und fängt mit jeder eine Liebelei an. Fragt sich nur, wer am Ende Frau Lang wird? Und können die anderen Schwestern den Verlust verwinden?


    Dies war mein erstes Buch der Autorin und ich muss gestehen, dass es mir unheimlich schwer fiel in die Geschichte zu finden, da ständig zwischen den Zeiten gesprungen wird und auch die Erzählerperspektiven dauernd wechseln. Orientierung liefern allein die Orts- und Jahresangaben, damit man als Leser überhaupt weiß, wo man sich befindet. Einige Male war ich dabei, das Buch beiseite zu legen, da es mir zu schwer erschien, doch ich kämpfte mich durch und wurde mir einer Liebesgeschichte der anderen Art belohnt.


    Während man von dem ominösen Alessandro und dessen Anziehungskraft sehr wenig erfährt, kehren die drei Schwestern ihr Innerstes nach Außen und geben dem Leser tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelten. Zudem behandelt der Roman nicht nur die Liebesgeschichten der Schwestern, sondern auch die schweren Zeiten, in denen geliebte Menschen sie für immer verlassen.


    Fazit: Wahrlich keine leichte Kost, aber wer durchhält wird belohnt mit einer dramatischen Geschichte, die ein Ende findet, dass ich mir so sehr gewünscht hatte. Lesenswert!


    Bewertung: 8/10 Eulenpunkte