Dr.Fischer aus Genf – Graham Greene

  • oder Die Bomben-Party


    Rowohlt, 139 Seiten
    OT:Doctor Fischer of Genevaor The Bomb Party
    Deutsch von Peter Michael und Hans W.Polak


    Kurzbeschreibung:
    Der Genfer Krösus Dr.Fischer bedenkt die Gäste seiner exklusiven Parties für Wohlhabende mit makaberen Scherzen. Doch die habsüchtigen Reichen verschlingen selbst den pappig-kalten Porridge, weil sie als Lohn der Demütigung Platinuhren und Millionenschecks erhalten. Ehe der satanische Gastgeber auf seinem letzten, gewagtesten Fest zum Opfer der eigenen Menschenverachtung wird, erwächst ihm in seinem Schwiegersohn, einem mittellosen Übersetzer von Geschäftsbriefen aus der Schokoladenindustrie, ein idealistischer Gegenspieler. So jedenfalls scheint es...
    Ein mit Spott und Spannung erzähltes Gleichnis von der Gier und der Gottverlassenheit des Menschen.


    Über den Autor:
    Graham Greene, 1904 in Berkhamsted / England geboren, 1991 in Vevey / Schweiz gestorben. Sein Werk umfasst alle Gattungen der Literatur, viele seiner Romane wurden mit großem Erfolg verfilmt.


    Mein Eindruck:
    Graham Greene hat mit „Das Ende einer Affäre“ und „Der stille Amerikaner“ wichtige Romane geschrieben hat. Ebenso bekannt sind Der dritte Mann und Unser Mann in Havanna.
    Diese wurden auch erfolgreich verfilmt. Dr Fischer aus Genf ist ein vergleichsweise kleiner Roman, wurde 1985 als Fernsehfilm aber auch verfilmt. James Mason spielte Dr.Fischer. Dieser Film hatte mich beeindruckt, den Roman, der 1980 geschrieben wurde, wollte ich daher auch lesen. Man kann ihn als Spätwerk von Graham Greene betrachten. Roman und Film sind sich sehr ähnlich.


    Das besondere ist, dass Graham Greene mit diesem Dr.Fischer eine wirklich negative Figur erschaffen hat, der dennoch nicht unrealistisch wirkt.
    Reich geworden durch die Erfindung einer Zahnpasta, die er selber nicht benutzt, hat sich Dr.Fischer zurückgezogen und feiert regelmäßig aufwendige Partys mit seinen reichen Freunden.
    Diese Freunde demütigt er aber regelmäßig bei den protzigen Partys, die lassen sich das gefallen, weil sie durch kostspielige Geschenke entschädigt werden. Nicht zu Unrecht werden sie als Kriechtiere (in Abwandlung zu Kriecher).
    D.Fischer ist ein Zyniker und ein Ekelpaket. Mehr noch verurteilt Graham Greene aber die Opportunisten.


    Die Erzählperspektive nimmt Fischers Schwiegersohn Alfred Jones ein, der ein klar beobachtender Mann ist. Er liebt seine Frau. Als diese tödlich verunglückt kommt es auf der letzten Dinnerparty zur Konfrontation zwischen ihm und Fischer, und damit zwischen zwei Weltanschauungen.


    Für mich funktioniert das Buch auf 2 Ebenen. Einmal aus der melancholischen Erzählweise und dann aus dem psychologischen Ansatz, der zwar in einfachen Belletristikansprüchen gefangen bleibt, aber deswegen grundsätzlich nicht falsch ist. Die Sachlage ist zwar überspitzt dargestellt, portraitiert in Ansätzen aber so manche gesellschaftliche Situation von Machtbesessenheit, Weltverachtung, Opportunismus, Abhängigkeiten und Hass.
    Greene schreibt auch nicht einseitig. In der Mitte des Buches diskutiert er, ob Dr.Fischer immer schon gefühlskalt war oder ob er erst allmählich verbitterte. Waren Dr.Fischers Tränen beim Begräbnis seiner Frau echt oder vom Heuschnupfen? Letztlich bleibt das aber offen.


    Dass der Roman einen altmodischen Touch besitzt, hat mich nicht gestört.
    Zu den vielen Themen des Buches gehören auch Hass und Vergebung und die Frage nach der Existenz der Seele.