• Ich fände es wunderbar, wenn hier eine Sammlung von Drabbles entstehen würde. Die Vorgaben sind einfach:


    Ein Drabble ist eine pointierte Geschichte, die aus exakt 100 Wörtern besteht. (ohne Überschrift)


    Mitmachen kann jeder, je mehr umso besser. Ich freue mich auf eure Beiträge!


    Lg, Rosha :wave


    PS: Bitte hier nur die Drabbles posten. Für Kommentare zu den Texten gibt es diesen Thread: Link

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. Franz Kafka

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  • Kindermund


    „Und, was habt ihr heute gemacht, du und der Opa?“


    „Wir sind am Bach gewesen und haben Steine reingeschmissen. Ganz große!“


    Die Kinderaugen leuchten, als hätten sie die Sonne eingefangen, die das Wasser reflektierte.


    „Das ist ja großartig! Habt ihr noch was gemacht?“


    „Ja, Opa hat Quetschen“, er stolpert über das noch schwierige Wort, „vom Baum gepflückt. Die haben gut geschmeckt.“


    Die Mutter nickt anerkennend.


    „Und dann hat Opa in die Wiese geschissen.“


    „Was hat Opa?!?“


    „Na, mit dem Ball in die Wiese geschissen.“


    „Geschossen heißt das, mein Schatz!“ lacht die Mutter und drückt ihren kleinen Sohn fest an sich.

  • Jeff


    „Tasche, sah den Typen, schaute mich direkt an“, schreibt er und fällt ins Reich der Träume. Ins Reich der Albträume. Detonation, Inferno, Blut. Er spürt nichts mehr. Ein Junge, ein netter Kerl mit braunen Locken lächelt ihn an: „Wo sind deine Beine?“, fragt er. Seinen Mund umspielt ein feines Lächeln. Wo sind meine Beine? Ja wo sind sie? Eben waren sie noch da.


    Man reißt ihn aus dem Schlaf. Sonnenbebrillte Männer fragen ihn aus, stundenlang. Er muss sie ertragen. Die Fragen, die Videos, das Grauen.


    „Du hast Schande gebracht, für das Volk von ganz Tschetschenien“, schreit der Mann im Fernsehen.

  • Vampire


    Sie sitzen neben uns in der U-Bahn. Sie sind Richter, Priester oder Bauarbeiter.
    Es gibt keine gesellschaftliche Schicht, die sie noch nicht unterwandert haben.
    Sie haben freundliche Gesichter, wohlklingende Namen und schrecken vor nichts zurück.
    Ihre Tarnung ist perfekt, dass ermöglicht ihnen, unter uns zu wandeln.
    Sie zerfallen nicht zu Staub, wenn die Sonne ihre Haut berührt.
    Es sind keine Menschen, denn das was das Menschensein ausmacht, haben sie abgelegt.
    Sie schenken kein ewiges Leben, nur unfassbares Grauen.
    Wir haben ihnen nichts entgegenzusetzen.
    Fassungslos schauen wir auf die Opfer und hoffen darauf, dass wir verschont bleiben.


    Sie sind unter uns!

    Fay
    Ein Roman ist wie der Bogen einer Geige und ihr Resonanzkörper wie die Seele des Lesers. (Stendhal)

  • Frau im Spiegel


    Langsam schlich sie in das Badezimmer und näherte sich vorsichtig dem lauernden Spiegel.
    Auch heute Morgen begegnete sie wieder der Fremden, die gleichgültig durch sie hindurchsah.
    „Ich werde dich jetzt waschen!“ Mit trotziger Entschlossenheit schaufelte sie kaltes Wasser in das Gesicht.
    Die Fremde reagierte nicht.
    Wütend verpasste sie der anderen eine gehörige Abreibung mit dem Handtuch.
    Mechanisch verteilte sie großzügig das flüssige Make-up.
    Mit Lidschatten und Puder verdeckte sie die Gesichtslose.
    Mit dem Auftragen des Lippenstifts riskierte sie, dass die Fremde ein Eigenleben entwickelte.
    „Und- was machen wir heute Schönes?“
    Eilig verließ sie das Badezimmer. Der Spiegel duldete keine Lüge.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Imaginationsübung anhand der FÜRCHTERLICHEN FINSTERSPINNEN
    Die FÜRCHTERLICHEN FINSTERSPINNEN hausen gerne unter Straßengullideckeln, verirren sich aber manchmal auch, besonders in ländlichen Gegenden, auf die weißen Wände der Waschküche und können schlankerhand einen Herzkasper auslösen mit ihren langen, schwarzen, dichtbehaarten Beinen, ihrem gruseligen, fetten Korpus und alles durchschauenden, glitzernden Facettenaugen. Sie beobachten die unschuldige, arbeitsame Hausfrau bei ihrem Wirken und überlegen (das steht wirklich außer Zweifel), ob sie einen Sprung vom einen Ende der Waschküche zum anderen bewerkstelligen können, um schnellstmöglich ihrem schreckerstarrten Opfer in die Haare zu geraten oder es zu einem hochfrequenten Schrei zu animieren.
    Ich habe überhaupt keine Schwierigkeit, mir solch ein Exemplar vorzustellen.

    Wissen Sie, Intelligenz ist ein Rasiermesser: Man kann sie sinnvoll nutzen, sich damit aber ebenso gut auch die Gurgel durchschneiden. Im Grunde ihres Wesens ist sie ungesund. Lem


    The farther one travels, the less one knows. George Harrison

  • Zärtlichkeiten des Alters


    Emma deckte den Frühstückstisch und brühte Kaffee, wie Karl ihn gerne mochte.


    „Guten Morgen, Du Hübsche“, gähnend umarmte er sie von hinten und gab ihr einen Kuss in den Nacken. Seine Hand klatschte auf ihren Hintern und packte fest zu. „Lass das doch“, kicherte Emma.


    „Dein Hintern kann sich aber immer noch sehen lassen, wie früher.“


    „Als Du noch Haare auf dem Kopf hattest?“


    „Du musst grade reden, Du hast doch heute selber so eine Haubitzenfrisur!“


    „Du alter Klappskalli...hey...wo willst Du denn jetzt hin?“


    „Muss noch was besorgen, bevor die Geschäfte zumachen.“


    „Bring' Corega Tabs mit, die gehen langsam aus!“


    „Okay!“

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Ein unvergesslicher Sonnenuntergang


    Ihre Hände lagen auf der Reling, sie blickte aufs Meer.


    Ein Körper presste sich von hinten an sie, eine Stimme murmelte in ihr Ohr:


    „Dreh‘ dich nicht um.“ Hände wanderten ihre Taille hinab, umarmten sie.


    „Du!“, sagte sie und lächelte.


    „Schau dir den Sonnenuntergang an“, wisperte er, die Stimme war rau.


    Zart knabberte er an ihrem Ohrläppchen, gleichzeitig schlüpften seine Hände unter ihr T-Shirt. Seine Fingerspitzen wanderten über ihre Haut.


    Sie erschauerte.


    Mit Küssen bedeckte er ihren Hals, sein Atem ging schneller.


    Erregung durchzuckte sie.


    Prächtig ergoss sich das Licht über Himmel und Wasser, als die Sonne hinterm Horizont versank.

  • Generation Porno


    Basti und Julian sitzen vor dem Fernseher und sehen sich eine Dokumentation über Delphine an. Mama musste kurz einkaufen. Aber mit zwölf ist Julian eindeutig alt genug, auf seinen 4-jährigen Bruder aufzupassen.


    „Basti, guckst du gern Filme mit Tieren?“
    „Ja. Guck, die schwimmen alleine im großen Wasser.“
    „Weißt du, wie man solche Sendungen nennt?“ Basti schüttelt den Kopf.
    „Das sind Pornos!“ Unbeteiligt guckt der Kleine weiter.


    Am nächsten Tag hat Oma Gerda Geburtstag. Trotzdem bekommt auch der kleine Basti ein Geschenk von Tante Renate. Eine Benjamin-Blümchen-DVD. Großzügig reicht er sie seinem Bruder. „Die kann Julian haben. Ich guck lieber Pornos.“

  • Die Tür


    Er schloss die Tür und packte seine Tasche. Sie saß auf der anderen Seite der Tür, am Küchentisch, und schälte die Kartoffeln für das Abendessen. Die Tür zwischen ihnen, stellte für beide eine gewisse Barriere dar. Ihr war jedoch klar, dass die Tür nicht nur für Ruhe stand sondern, dass er auf der anderen Seite auch seine Freiheit suchte.
    Ihre Hände begannen zu zittern, als er nach einiger Zeit wortlos die Tür öffnete. Sie sah aus dem Augenwinkel, dass er einen Koffer in der Hand hielt. Zum Abschied blieb er neben ihr stehen und schwieg. Als er ging weinte sie.

  • Das Herz, das schreit


    "Ich kann nicht ohne ihn leben!"


    "Doch du kannst."


    "Aber ich liebe ihn so sehr!"


    "Du musst das Loslassen lernen. Du kannst ihn nicht festhalten, das erstickt deine Seele. Lass ihn frei!"


    "Aber ich kann nicht!"


    "Du musst." Er ist längst nicht mehr da.


    "Aber was bleibt dann noch?"


    "Die Liebe, sie bleibt. Für immer."


    "Wir hatten nur so wenig Zeit miteinander. Das ist nicht fair!"


    "Die Zeit war begrenzt, aber die Liebe ist es nicht! Deine Liebe zu ihm ist unendlich!"


    "Es tut trotzdem so entsetzlich weh…"


    "Ich weiß."


    Er war doch dein Sohn, noch kein Jahr alt. Tot.

  • Sinnlichkeit


    Ich liebe meine Sinne. Ein Duft kann mich so gefangen nehmen, dass ich ihn in meinem Gedächtnis für immer speichern möchte. Ein Klang hat die Macht, mich so zu betören, dass er tagelang immer wieder in meinem Kopf erklingt. Das Fühlen meiner Fingerspitzen ruft unter gewissen Umständen Echos im gesamten Körper hervor. Der Geschmack einer Substanz kann mein Innerstes in Entzücken versetzen. Und wenn ich eine Form in ihrer ganzen Pracht erblicke, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie bewirken das Gefühl des Lebens in mir, meine Sinne, und es schmerzt, dass die Zeit sie mir wieder nimmt.

    Wissen Sie, Intelligenz ist ein Rasiermesser: Man kann sie sinnvoll nutzen, sich damit aber ebenso gut auch die Gurgel durchschneiden. Im Grunde ihres Wesens ist sie ungesund. Lem


    The farther one travels, the less one knows. George Harrison

  • Sie lässt sich auf dem Rücken im Meer treiben, schlägt träge mit ihrer Schwanzflosse und schaut den Wolken zu. Ihr Haar weht schwerelos um ihren Kopf, ein Schleier aus grünen Fäden mit Muscheln und Perlen geschmückt. Die Möwen segeln reglos im Wind und werden plötzlich zu schnellen, tödlichen Pfeilen, wenn sie auf die Wasseroberfläche zustürzen um Beute zu machen. Wo er jetzt wohl ist? Geht er barfuß am Strand entlang, setzt er einen Fuß vor den anderen in den weichen Sand? Sie wird ihn fragen, wie sich das anfühlt. Sie muss, bevor sie die Meerhexe um die Verwandlung bitten kann.

  • Klagelied


    Ich sitz im Fitnessstudio auf dem Rad
    und les' die
    Brigitte.


    Da kommt Marie, die kaum was hat
    und ich schau ihr auf die
    Beine.


    Sie hat so schöne Muskeln
    und stramm sind ihre
    Waden.


    Und ich denk, ich frag sie
    Kann ich dich mal zum...
    ...kotzen.


    Ei jei jei jei
    jaaaaaaa-ha jei
    jei jei.


    Ei jei jei jei
    jaaaaaaa-ha jei!


    Die Wimperntusche ist verschmiert,
    Schweiß auf ihrer
    Stirn.


    Was denkt sie nur, was geht nur vor
    in ihrem spatzengleichen
    Busen.


    Sie schaut interessiert in meine Zeitung
    in die blöde
    Brigitte,


    hat schöne Beine, schöne Augen,
    aber keine große
    Lust.

  • T-Shirt-Botschaften


    „Der Mensch ist ein Herdentier und auf Kommunikation ausgerichtet.“


    „Manchmal wird auch zu viel geredet.“


    „Stimmt, sogar nonverbal.“


    „Was meinst du damit?“


    „Ich spreche von den T-Shirt-Botschaften.“


    „Ach, die meisten sind doch ganz witzig, wie das von dem stämmigen Typen neulich: Sixpack im Speckmantel.“


    „Ja, der hatte Humor. Sich selbst auf den Arm zu nehmen ist immer noch eine der schwierigsten Turnübungen.
    Aber was ist mit den unterschwelligen Botschaften?
    Was will uns diese aufgetakelte Frau dort drüben sagen, über deren Doppel-D-Busen sich Bambi spannt?“


    „Vielleicht: Ich bin niedlich?“


    „Wohl eher: Ich bin mindestens fünfzig Jahre zu alt für das Shirt!“

  • Eingang zum Spieleparadies


    Sein Gesicht ist hinter einem silbernen Visier, aber ich weiß genau, dass er mich ansieht. Er beobachtet mich. Fixiert mich, durchbohrt mich mit seinen Blicken. Unbeweglich ist er in seiner metallenen Rüstung, in seiner Hand ein großes, glänzendes Schwert. Damit kann er teilen. Stoff, Äste, Haut, Fleisch und Knochen. Mich. Wenn er will. Ich muss an ihm vorbei, aber ich kann nicht. „Geh' schon, kleiner Schatz.“ Mama gibt mir einen sanften Schubs. „Es gefällt Dir ganz bestimmt. In einer Stunde hole ich Dich wieder ab.“


    Als ich durch die Tür gehe, klappert seine Rüstung vor Erwartung. Ich höre es ganz genau.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Noch nicht


    Er lag auf der Seite, die rechte Wange ins Kissen gedrückt.
    Die Lippen waren geöffnet, sie konnte seinen Atem hören.
    Speichel hatte sich im Mundwinkel gesammelt, glänzte im Mondlicht, das durch die Fenster fiel.
    Die Stirn war glatt, sein Zorn war verschwunden, das Gesicht keine verzerrte Fratze mehr.


    Langsam hob sie die Arme, krallte ihre Hände um den Stiel des klobigen Hammers.
    Sie fixierte seine Schläfe. Eine sehr empfindliche Stelle.
    Mit der Zunge tastete sie nach ihrer aufgeplatzten Lippe, schmeckte Blut, spürte den Schmerz.
    Sie zitterte, trat vom Bett zurück. Nicht heute. Das nächste Mal. Dann würde sie es tun.

  • Seine beste Rolle


    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
    Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Rekursion


    Ich sehe mich im Spiegel, in der Hand halte ich einen Spiegel, in dem erkenne ich mich im Spiegel des Spiegels, während ich in der Hand einen Spiegel halte, in dem ich mich im Spiegel des Spiegels des Spiegels erblicke, in der Hand einen Spiegel haltend, in welchem ich mich als Spiegelbild des Spiegels eines weiteren Spiegels dessen Spiegelbild einen Spiegel wiederspiegelt, sehen kann, wie ich einen Spiegel in der Hand halte, in welchem sich ein Spiegel im Spiegelbild eines Spiegels spiegelt, dessen Spiegelbild sich im Spiegel eines Spiegels spiegelt, in dem ich einen Spiegel halte…


    ICH WILL HIER RAUS!