Ursula Poznanski: Blinde Vögel
Inhalt (Quelle: Verlagsseite)
Zwei Tote in Salzburg. Sie stranguliert, er erschossen. Die Tat eines zurückgewiesenen Liebhabers?
Aber die beiden scheinen zu Lebzeiten keinerlei Kontakt miteinander gehabt zu haben. Oder täuscht der erste Blick? Das Salzburger Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger ist ratlos. Aber Beatrice mag die Sache nicht auf sich beruhen lassen und verfolgt die Spuren, die die Toten im Internet hinterlassen haben. Auf Facebook wird Beatrice fündig: Beide waren dort Mitglieder in einem Forum, das sich ausgerechnet mit Lyrik befasst. Gedichte werden hier mit stimmungsvollen Fotos kombiniert und gepostet. Ganz harmlos.
Ganz harmlos?
Bald ahnt Beatrice, dass die Gedichte Botschaften enthalten, die nur wenige Teilnehmer verstehen. Düstere Botschaften, in denen es um Angst und Tod geht. Und dann stirbt eine der Lyrik-Liebhaberinen...
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Ursula Poznanski wurde 1968 in Wien geboren. Sie war als Journalistin für medizinische Zeitschriften tätig. Inzwischen widmet sie sich ganz dem Schreiben und lebt mit ihrer Familie im Süden von Wien.
Aufbau/Allgemeines
"Blinde Vögel" ist nach "Fünf" der zweite Fall des Salzburger Ermittlungsteams Beatrice Kaspary und Florin Wenninger.
Erscheinungstermin: 2.April 2013 im Wunderlich Verlag
Broschiertes Taschenbuch mit 480 Seiten
Erzählung aus der personalen Perspektive
Der auf 20 Kapitel verteilten Haupthandlung sind ein Auszug aus einer Facebook-Diskussion und ein Prolog vorangestellt. Zwischen den Kapiteln befinden sich Abschnitte, in denen ein (zunächst) Unbekannter als Ich-Erzähler zu den Vorgängen Stellung nimmt.
Zum Inhalt
In Salzburg wird ein junges Paar tot aufgefunden, der Mann hat sich offenbar erschossen, nachdem er die junge Frau erdrosselt hat. Das Szenario deutet auf eine Beziehungstat hin, aber nach Auskunft seines Mitbewohners hat der Germanistikstudent Gerald Pallauf die aus Hannover angereiste Sarah Beckendahl bis vor wenigen Tagen gar nicht gekannt.
Beatrice Kaspary, Florin Wenninger und ihrem Kollegen Stefan Gerlach gelingt es zunächst nicht, eine Verbindung zwischen den beiden Toten herzustellen, doch Beatrice glaubt nach der Vernehmung von Pallaufs Vater nicht mehr an die Täterschaft des schüchternen Studenten. Ihr Misstrauen scheint gerechtfertigt, als ein Anrufer, der bezeugen will, dass die beiden jungen Leute ermordet wurden, vor seinem geplanten Treffen mit Beatrice und Florin tot aus der Salzach gefischt wird. Der zum Schweigen gebrachte Mann verkehrte im Drogenmilieu. Während die offiziellen Ermittlungen sich auf dieses Umfeld konzentrieren sollen, meldet sich Beatrice sich mit einem Fake-Account als "Tina Herbert" in einer Lyrik-Gruppe auf Facebook an, denn sie hat inzwischen festgestellt, dass die Mitgliedschaft in dieser Gruppe die einzige dünne Verbindung zwischen dem jungen Paar war.
Hoffmann, der bereits aus dem ersten Buch bekannte Chef der Abteilung "Leib und Leben", dem Beatrice ein Dorn im Auge ist, hält sich in diesem Fall mit Einmischungen zurück, da er wegen der Krebserkrankung seiner Ehefrau wenig im Präsidium anwesend ist. Umso gedeihlicher verläuft die Zusammenarbeit von Florin und Beatrice. Die Nachforschungen in der Facebook- Gruppe werden immer bedeutsamer, denn es scheint zwischen einigen Mitgliedern Kontakte jenseits der Lyrik-Gruppe zu geben. Schließlich wird die Gruppe durch neuerliche Todesfälle um zwei weitere Mitglieder dezimiert und ein Unbekannter hackt sehr geschickt "Tina Herberts" Account und postet unter ihrem Namen verstörende Beiträge.
Im Laufe der Ermittlungen verdichtet sich der Verdacht, dass das Motiv für die Todesfälle weit in die Vergangenheit zurückreicht. Mit höchster Energie bemühen sich Beatrice und Florin, hinter den tieferen Sinn der im Lyrik-Forum geposteten düsteren Gedichte und Fotos zu kommen, bevor es zu spät ist...
Eigene Meinung
"Blinde Vögel" setzt die Geschichte des Ermittlerduos Kaspary/Wenninger fort, neben dem aktuellen Fall erfährt der Leser auch einiges über das Privatleben der beiden Hauptfiguren. Beatrice und ihr Ex-Ehemann Achim bemühen sich den beiden gemeinsamen Kindern Mina und Jakob zuliebe um einen friedlicheren Umgang. Achim hält sich mit seiner Kritik an Beatrices großem beruflichen Engagement zurück und nimmt die Kinder öfter zu sich, sodass seine Ex-Frau entlastet wird. Auch ihre Mutter und ihr Bruder kümmern sich um die Kinder, sonst wäre es Beatrice gar nicht möglich, solchen Einsatz bei der Arbeit zu leisten. Auch in Florins Leben gibt es Veränderungen: seine Fernbeziehung zu der Holländerin Anneke steckt in einer Krise, die offensichtlich mit Beatrice zusammenhängt. Seit dem dramatischen Finale des letzten Falls ("Fünf") entwickelt sich die Beziehung von Beatrice und Florin über ein rein kollegiales Verhältnis hinaus...
Das Privatleben der Ermittler wird jedoch nicht so intensiv behandelt, dass die eigentliche Krimihandlung darunter leiden würde. Die Nachforschungen der Mordkommission werden sehr realistisch dargestellt, besonders die zahllosen Ausdrucke der Diskussionen auf Facebook vermitteln den selbst in Internetforen aktiven Lesern das Gefühl, alltägliche Situationen mitzuerleben. Die Mordfälle werden eher unblutig geschildert, sodass auch sensible Leser mit dem Buch keine Probleme haben werden. Aber dann folgen Rückblicke auf Kriegsereignisse, in denen unbeschreibliche Gräueltaten schonungslos geschildert werden. Diese Abschnitte sind äußerst fesselnd geschrieben, aber auch schwer zu ertragen.
Diese beeindruckenden und bedrückenden Szenen lassen die aktuellen Ereignisse in Salzburg und die seltsame Dynamik im Lyrik-Forum in einem ganz neuen Licht erscheinen und werfen Fragen nach Schuld und Sühne im Zusammenhang mit jahrelang ungesühnten Verbrechen auf.
Die Handlung des Romans ist intelligent konstruiert, glaubwürdig präsentiert und mit dem Schluss, der die Facebook-Diskussion der allerersten Seite wieder aufnimmt, perfekt abgerundet. Nachdem sich alle zuvor unverbundenen Puzzleteilchen zu einem komplexen Gesamtbild zusammengesetzt haben und der Leser jetzt alle Hintergründe kennt, fühlt er sich versucht, das Buch gleich noch einmal zu lesen.
Fazit
Eine gelungene Fortsetzung der Serie um das Ermittlerteam Kaspary/Wenninger, ansprechend geschrieben, intelligent und glaubwürdig konstruiert. Unbedingt lesenswert!
10 Punkte