Verlag: Matthes & Seitz
Broschiert: 130 Seiten
Aus dem Italienischen von Anna Wheill
Buchrückseite:
In einem Keller in Amsterdam lebt Beeklam, ein alleiniger Mensch, umgeben von Statuen. Er redet mit ihnen, beschwört Erinnerungen, verliert »die Kontrolle über die Stunden und das Leben«, geht selten aus und meistens nachts.
Er ist einer von »denen, die als Verlorene geboren sind und an ihrem Ende debütieren«. Er hat früh seinen Vater verlassen, um »Statuen kaufen zu gehen«. In ihm verbinden sich Alter und Kindheit. Ein frühreifes Gewahren der Vergänglichkeit schien ihm von jeher den Glauben verbeten zu haben, daß die Dinge einen Sinn haben könnten. Sein einziges Tun ist eine fortwährende schweigsame Zeremonie für die Abwesenden. Der würdevolle Diener, mit dem er lebt, selbst die Statuen, das rauschende Wasser, das ihn ruft hinter Wänden: Sie sind die Komparsen eines Schattentheaters, wo die Leere sich prächtig mit Scheinbarkeiten kleidet. Zu Victor, seinem Diener, und Lampe, der der Diener seines Vaters war, spürt Beeklam eine dunkle Ähnlichkeit. Das, was sie verbindet, ist wenigstens die »Berufung zur Erinnerung« und das perverse Vergnügen am Verzicht. Auf jeden von ihnen drückt eine Art metaphysischer Wunderlichkeit, jeder bewahrt etwas von der Unschuld - und der Raserei - die gänzlich alleinigen Menschen eigen ist.
Und eines Tages wird Beeklam die Statuen und den Keller verlassen und daraus hervorgehen »wie in den Märchen, schwer geworden an Jahren«. Wir finden ihn wieder in einem Pavillon in der Nähe eines Felsen, der Schiffbrüchige anzieht. Dort, auf der beinahe Böcklinschen »Toteninsel« wohnt Katrin, der die Zeit schon angefangen hat, die kindlichen Wangen zu zernagen. In ihr erkennen wir Beeklams.weibliches Double wieder. In Katrins Haus, und in ihrem Geist, den immer noch Alpträume von Refektorien und Pensionaten heimsuchen, atmet man eine Luft ähnlich der, in der die Statuen getaucht waren. Becklams Keller sind jetzt zerstört, unter einem unermeßlichen Himmel, an einem hybriden Ort, dem Traum und dem Reich der Toten.
Über die Autorin:
Fleur Jaeggy wurde 1940 in Zürich geboren und ist in verschiedenen Schweizer Internaten aufgewachsen. Seit 1968 lebt sie in Mailand und schreibt auch in italienischer Sprache. Für ihre literarischen Arbeiten erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt den Premio Moravia.
Mein Eindruck:
Nachdem mir Fleur Jaeggys Roman Die seligen Jahre der Züchtigung sprachlich so gut gefallen hat, wollte ich noch etwas bei ihrer Prosa verweilen und habe ihr Frühwerk Wasserstatuen gelesen. Im Original wurde der Roman 1980 in Italien veröffentlicht, 1984 dann in deutscher Übersetzung.
Ein Roman, der noch mehr auf sprachliche Raffinesse setzt und ansonsten besonders durch seine rätselhafte Handlung auffällt.
Beeklam hat nach dem Tod seiner Mutter den Vater, zu dem er keinen Zugang hat, verlassen und lebt für Jahrzehnte in einem komfortablen Kellergewölbe umgeben von Wasserstatuen, die er sammelt. Außer zu diesen leblosen Objekten hat er nur Kontakt zu seinem Diener. Keine realistische Ausgangsposition und doch vergleichbar mit Jaeggy seligen Jahren, wobei diesmal ein Mann ihre Rolle der von der Familie distanzierten einnimmt und anstatt dem Personal des Mädchenpensionats ist es diesmal ein Butler.
Hier hat Jaeggy ihren autobiographischen Background noch geschickt verborgen.
Das Thema der Isolation und Entfremdung ist jedoch greifbar. Teilweise wirkt die Sprache schon gestelzt. Der ganze Text ist kühler als Jaeggys andere Prosa. Doch das jemand etwas stilistisch wagt, ist nur zu begrüßen.
Im zweiten Teil des Romans gibt es einen Bruch. Beeklam verlässt seinen Keller und trifft auf einer Insel Katrin. Auch in diesem Abschnitt sind wieder phantastisch anmutende Versatzstücke integriert.
Dennoch finde ich dass die zweite Hälfte etwas abfällt. Die Form der Rollenprosa wird noch verstärkt, eine geradlinige Handlung findet sich noch weniger. Die Dialoge sind umso verwirrender.
Wasserstatuen ist ein interessantes Buch, aber es lässt mich am Ende ratlos zurück.