Wie man Lyrik zerstört

  • Wir behandeln gerade Lyrik in der Schule, aber statt über Gedichte zu diskutieren oder näheres zu Versmaßen oder Dichtern zu lernen, schreiben wir nur Interpretationen. Das ist so öde, das zerstört die ganze Stimmung von den eigentlich schönen Gedichten. Meine Freundin hat gesagt, ihr ist Mechanik lieber als Lyrik, und sie wählt (wie ich) Physik ab.
    Ist das nicht schade?
    Sollten Deutschlehrer ihre Schüler denn nicht eher zum Text hinführen als zu sagen "Da, find dasunddasunddas raus und schreib ne Interpretation!"?

  • hinterwäldlerin,
    du hast mein ganzes Mitgefühl. Das klingt ja schauderhaft.
    Und so vertraut. Dabei bin ich vor dreißig Jharen in die Schule gegangen. Ja, hat sich denn gar nichts geämdert???
    Natürlich soll man vor allem eine Menge Gedichte lesen. Und Erzählungen und Dramen und Romane.
    Man soll auch lernen, hinter den Text zu sehen. Das ist wichtig. Aber mal soll ihn nicht totreden!
    Laßt euch nicht verdrießen. Die Literatur lebt.
    Sag ich mal ;-)
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Auch bei mir kommen die böse Erinnerungen hoch. Denn es ist ja nicht nur so, dass Gedichte interpretiert werden soll, nein, die Lehrer wissen auch noch genau, was in der Interpretation stehen soll. ..

  • Zitat

    Original von Rabarat
    Auch bei mir kommen die böse Erinnerungen hoch. Denn es ist ja nicht nur so, dass Gedichte interpretiert werden soll, nein, die Lehrer wissen auch noch genau, was in der Interpretation stehen soll. ..


    Jaa! Genau, das war bei mir auch so. Ich konnte es als Schülerin gar nicht fassen!
    Dann habe ich Königs Erläuterungen entdeckt...
    :lache
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hatte ich erwähnt, daß ich mal als gewaltätige Soziopathin tituliert wurde, aufgrund einer Gedichtinterpretation, die von der Norm abwich???


    Stunden beim Direx gesessen mit Mutter Vater und Lehrkörper diskutiert.... nachher einfach geschrieben, was sie hören wollten und sonst die Ohren und das Hirn auf Durchzug gestellt. :wow :anbet
    ( :bruell Danke für diese Erfahrung)

  • Muß ja ein tolles Gedicht gewesen sein, das dich so angeregt hat.
    :grin
    Du hast aber auch einiges erlebt, kann ich bloß sagen!
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • ich weiß leider nicht mehr welches... seufz.. hab schon geschaut, hatte hier irgendwo schon mal was dazu geschrieben, aber auch da den Text nicht näher benannt... ich glaub es war der Erlkönig... aber ich weiß es nicht mehr :cry

  • das wr mir auch immer ein Dorn im Auge. Deutschlehrer bringen es fertig, dass man die Freude am Lesen verliert. Kein Wunder dass immer weniger junge Leute lesen wollen.
    Es ist doch so schade, wenn man sich auf ein Thema freut und was mach die lieben Lehrer daraus? DIe schaffen es doch glatt, dass man das Thema am Ende überhaupt nicht mehr mag und alles andere lieber tun würde.


    Lass dir den Spass daran nicht verderben, die Lehrer wissen es eben nicht besser.

  • Es ist allerdings auch nicht unbedingt, so, dass man auswählen kann.
    Es gibt leider / zum Glück die Rahmenrichtlinien, die einzuhalten sind. Allerdings plane ich als zukünftige Deutschlehrerin meine Schüler in den Entscheidungsprozess, welcher Text angemessen ist, so weit wie es geht mit einzubeziehen. Sie sollen lernen selbst zu entscheiden, was sie interessiert, auch wenn das natürlich in einer Gruppe nicht in der gleichen Dimension geschieht wie bei jedem Einzelnen selbst.
    Trotzdem finde ich, dass das einfach mit dazugehört. Außerdem möchte ich als Lehrerin auch nicht auf der Stelle stehen und jedes Jahr das gleiche machen, immer und immer wieder.


    Mal sehen, ob sich dieser Plan/ diese Vorstellung auch überhaupt in die Realität umsetzen lässt, aber noch bin ich nicht bereit, meine idealistisch- verklärten Gedanken aufzugeben. :-)

  • Schüler in Entscheidungsprozesse einbeziehen? Mein Gott, muss das schön sein, junge Leute, die bereit sind, über Lyrik nachzudenken! Ich empfinde es als ziemlich paradoxe Situation, dass man heute wie zu keiner anderen Zeit von allen Seiten mit Versen beschallt wird und allenthalben die Nase gerümpft wird, wenn ein Gedicht einem Leser erwartungsvoll entgegenblinzelt...
    Meine ganz persönliche Entspannungsübung - laute Punkmusik und als Kontrast Rilkeverse lesen!


    Viele Grüße Habedurst

  • So, der Aufsatz ist geschrieben. Weg mit der Lyrik, auf zum nächsten!
    Diese Lehrerin regt mich ja so auf. Ich wette, sie lässt im Aufsatz nur ihre eigene Interpretation als die einzig richtige gelten. (Bestimmt ist sie zu Eichendorff gegangen und hat ihn gefragt, wie er es gemeint hat!)


    Ich schenke der lyrikgequälten Freundin jetzt jedenfalls zum Geburtstag "Magazine" von Adam Green. Das ist moderne Lyrik in einer zweisprachigen Ausgabe, die sie lieben wird und die gleichzeitig noch eine gute Vorbereitung für ihren Englisch-Leistungskurs ist.

  • Zitat

    Original von Sterntaler
    Außerdem möchte ich als Lehrerin auch nicht auf der Stelle stehen und jedes Jahr das gleiche machen, immer und immer wieder.
    Mal sehen, ob sich dieser Plan/ diese Vorstellung auch überhaupt in die Realität umsetzen lässt, aber noch bin ich nicht bereit, meine idealistisch- verklärten Gedanken aufzugeben. :-)


    Nein, warum auch? Ich hatte übrigens nur gute Deutschlehrer und Deutschlehrerinnen. Mein Mitgefühl allen, bei denen das nicht so war oder ist.


    Solas :wave

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Stunden beim Direx gesessen mit Mutter Vater und Lehrkörper diskutiert.... nachher einfach geschrieben, was sie hören wollten und sonst die Ohren und das Hirn auf Durchzug gestellt. :wow :anbet
    ( :bruell Danke für diese Erfahrung)


    klingt wie DDR-schulsystem!


    Zitat

    Original von Sterntaler
    Außerdem möchte ich als Lehrerin auch nicht auf der Stelle stehen und jedes Jahr das gleiche machen, immer und immer wieder.


    ich wünsche dir, dass du es nach ein paar jahren schulpraxis auch noch so siehst!


    bo

  • Zitat

    Mal sehen, ob sich dieser Plan/ diese Vorstellung auch überhaupt in die Realität umsetzen lässt, aber noch bin ich nicht bereit, meine idealistisch- verklärten Gedanken aufzugeben.


    Wir werdens dir schon sagen, wenn du eine dieser grimmig-knausrigen Lehrerinnen wirst!:nono