Fusznoten zu einem nichtgeschriebenen Werk
Suhrkamp, 2010
Kurzbeschreibung:
Ich bin in der anstalt ist ein Buch der Betrachtungen von Körperlichkeit und Körperempfinden, ein Tasten nach den ständig sich verschiebenden Grenzen von Innen und Außen, ein Versuch ihrer Auflösung im Moment des Schreibens, radikal und schonungslos.
Über die Autorin:
Friederike Mayröcker, Jahrgang 1924, ist eine besessene Vielschreiberin und Sprach-Experimentiererin, die mit den Methoden der freien Assoziation und der surrealistischen Collage arbeitet und deren dichterisches Werk über 80 Bände umfasst. 2009 wurde sie mit dem Hermann-Lenz-Preis geehrt. 2011 bekam sie den Bremer Literaturpreis.
Mein Eindruck:
Wie man schon dem Untertitel des Buches „Fusznoten zu einem nichtgeschriebenen Werk“
entnehmen kann, handelt es sich bei diesem Buch nicht um einen Roman im traditionellen Sinne, sondern um 243 Fußnoten zu einem Werk, dass es nicht gibt. Somit sind die Fußnoten das eigentliche Werk, es sind überwiegend kleine Prosatexte, die nur lose zueinander Bezug nehmen. Die Sprache ist hier die Hauptsache!
Friederike Mayröcker hat sich durch diese Art zu schreiben, viel Freiheit verschafft.
Eine kontinuierliche Handlung gibt es nicht in diesem Buch, wohl aber Themen die mehr oder weniger häufig auftauchen. Hauptthema ist das Alter, die Autorin war zum Zeitpunkt des Schreibens Mitte Achtzig. Viele altersbedingte körperliche Einschränkungen und Beschwerden beschreibt sie vollkommen uneitel.
Diese kleinen experimentell wirkenden Texte besitzen viel Kraft. Sie machen Eindrücke und Empfindungen deutlich oder es sind funkelnde Skizzen von Erinnerungen, z.B. an Ernst Jandl, ihrem Lebensgefährten, der 2000 starb. Das sind berührende Passagen.
Der Einfluss von Literatur, Musik und Philosophie durchzieht das Buch. Sehr häufig wird der Name Jacques Derrida genannt. Manche Texte sind wie eine Hymne auf ihn. Auch Jean Genet und Roland Barthes werden als ihre Lektüre genannt, die ihr offenbar viel bedeutet. Oder sie erwähnt ihre Dichterfreunde Elke Erb, Marcel Beyer.
Immer wieder ist es das Lautenspiel aus dem Werk von John Dowland, das sie hört. Billie Holiday oder Miles Davis werden ebenfalls erwähnt.
Auch Gemälde spielen eine Rolle. Es gibt viel zu entdecken.
Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass viele Abschnitte vollkommen rätselhaft sind und bleiben, denn oft fehlt der Schlüssel zum Verständnis ihrer Gedankengänge und -sprünge. Manche Sprachexperimente sind vielleicht auch etwas prätentiös.
Es besteht keine Notwendigkeit, das Buch in einem Rutsch durch zu lesen. Ich habe es im Verlaufe von 2 Jahren öfters in die Hand genommen und werde sicher noch ein paar Mal einen Blick hineinwerfen!